SWR Südwest-Rundfunk
10.8.2004
Verlage steuern auf Wirrwarr bei Rechtschreibung zu
Bald mit alter Rechtschreibung: Der Spiegel und die Publikationen des Springer-Verlages.
Mit ihrer Ankündigung, zur alten Rechtschreibung zurückzukehren, haben Spiegel, Axel-Springer-Verlag und Süddeutsche Zeitung die Diskussion über die richtige Schreibweise in Deutschland wieder voll entfacht. Wie sich jedoch nun herausstellt, wissen die Verlage selbst noch nicht, welche Rechtschreib-Norm für sie gelten soll.
Spiegel lässt sich Zeit
Entgegen einer vorherigen Ankündigung werde der Spiegel sich noch nicht in seiner kommenden Ausgabe von der derzeitgen Rechtschreibung verabschieden, erklärte Pressesprecher Hans-Ulrich Stoldt gegenüber tagesschau.de. Der Verlag werde zu der Form zurückkehren, die wir vor der Reform hatten, sagte Stoldt. Allerdings sei man Neuerungen gegenüber aufgeschlossen, wenn sie im Konsens aller Beteiligten getroffen werden.
Die Axel Springer AG kündigte eine zügige Änderung an. In etwa vier Wochen stellen wir die Schreibung um, sagte Unternehmenssprecherin Edda Fels dem Berliner Tagesspiegel. Welche Blätter im Verlag den Anfang machen, stehe noch nicht fest.
SZ muss erst den Status quo ante finden
Der Süddeutsche Verlag teilte auf Anfrage mit, es sei noch unklar, wann die Süddeutsche Zeitung (SZ) umstelle. Auch müsse intern noch geklärt werden, zu welchem Standard die Zeitung zurückkehre, sagte Pressesprecher Sebastian Lehmann. Am Samstag hatte die Zeitung geschrieben, eine Rückkehr müsse nicht die ausnahmslose Wiederherstellung des Status quo ante meinen.
FAZ ändert Schülertexte
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung, die als erste überregionale Zeitung in Deutschland schon seit langem die alte Rechtschreibung verwendet, trimmt nun auch die von Schülern verfassten Texte für die Jugendseite nachträglich auf alt. Die Kinder liefern ihre Beiträge für die Seite Jugend schreibt in neuer Rechtschreibung an, wie die FAZ am Montag der Nachrichtenagentur dpa bestätigte. Die FAZ-Redaktion redigiert die Texte und ändert sie dabei gemäß den alten Rechtschreibregeln ab. So finden die jugendlichen Autoren eine Schreibweise in ihren gedruckten Beiträgen, die ihnen im Diktat in der Schule als falsch angestrichen würde.
Schröder kritisiert Beschluss
Bundeskanzler Gerhard Schröder hält eine Rücknahme der Rechtschreibreform für falsch. Das bekräftigte der stellvertretende Regierungssprecher Hans-Hermann Langguth in Berlin. Er verwies aber zugleich darauf, dass es sich um eine Angelegenheit der Länder handele.
Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), Doris Ahnen, sprach sich gegen eine Volksabstimmung im Streit um die Rechtschreibreform aus. In der ARD-Sendung Sabine Christiansen sagte Ahnen, die Mehrzahl der Bürger in diesem Land hätten ganz andere Sorgen. Die SPD-Politikerin verwies auf einen einstimmigen Beschluss in der KMK, die Rechtschreibreform zum 1. August 2005 einzuführen. Zur Demokratie gehöre auch Verlässlichkeit, fügte die rheinland-pfälzische Kultusministerin hinzu und betonte: Wir können nicht alle drei Tage die Pferde wechseln.
Der Chefredakteur der Bild am Sonntag, Claus Strunz, hatte sich in der Sendung für eine Volksabstimmung in der Frage ausgesprochen.
Keine Änderung bei der ARD
Die ARD wird bei ihrer bisherigen Haltung bleiben und an der Rechtschreibreform festhalten. Damit wird auch tagesschau.de weiter nach den neuen Regeln schreiben.
Quelle:
tagesschau.de
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