Kleine Zeitung
06.08.2004 16:52
Spiegel und Springer kehren zur alten Rechtschreibung zurück
Neue Rechtschreibung tritt nach den Beschlüssen der Kultusminister im nächsten Jahr verbindlich in Kraft.
Foto: AP
Kehrtwende. Die Axel Springer AG und der Spiegel-Verlag kehren in ihren Publikationen zur alten Rechtschreibung zurück. Das kündigten beide Unternehmen am Freitag in einer gemeinsamen Erklärung an. Gleichzeitig richteten die Verlage einen Appell an andere Medienunternehmen sowie an die Nachrichtenagenturen, sich diesem Schritt anzuschließen.
Bisher hatte als einzige überregionale Zeitung sich die Frankfurter Allgemeine Zeitung der neuen Rechtschreibreform verweigert. Die neue Rechtschreibung wird nach den Beschlüssen der Kultusminister im nächsten Jahr verbindlich in Kraft treten.
In der Praxis gescheitert. Hintergrund der Initiative ist die mangelnde Akzeptanz und die zunehmende Verunsicherung bezüglich des vorgegebenen Regelwerks für die deutsche Schriftsprache. Nach fünf Jahren praktischer Erprobung in den Druckmedien und sechs Jahren in den Schulen hat die Reform weder für professionell Schreibende noch für Schüler Erleichterung oder Vereinfachung gebracht. Im Gegenteil: Die Verunsicherung wächst, Vermischungen von alter und neuer Rechtschreibung sind an der Tagesordnung. Wer vor der Reform sicher schreiben konnte, macht heute Fehler. Eltern benutzen eine andere Orthographie als Kinder. Lehrer sind zutiefst verunsichert.
Verschiedene Sprachen. Heutigen Schülern begegne der ganz überwiegende Teil der deutschen Literatur und literarischen Überlieferung in der bisherigen Rechtschreibung. Da auch die Mehrheit der deutschsprachigen Schriftsteller von Grass bis Enzensberger es ablehnt, daß ihre Werke in neuer Schreibung erscheinen, tut sich eine verhängnisvolle, immer breitere Kluft zwischen gelerntem und gelesenem Deutsch auf, schreibt der Spiegel in seiner Online Ausgabe.
Konkurrenz zieht nicht mit. Bei Europas größtem Zeitschriftenverlag Gruner + Jahr (Stern, Brigitte, Geo) haben sich die Chefredakteure der einzelnen Titel mehrheitlich gegen eine Rückkehr zur alten Rechtschreibung ausgesprochen. Es gebe keine konzernübergreifende Direktive, sagte ein Verlagssprecher am Freitag in Hamburg. Die Chefredakteure entschieden selbstständig über die Rechtschreibung, die meisten hätten sich aber in einer konzerninternen Umfrage gegen eine Wiederumstellung von neuer auf alte Schreibweise ausgesprochen, sagte der Sprecher.
Wichtigere Probleme. Eindeutige Worte fand Focus-Chefredakteur Helmut Markwort: Deutschland hat derzeit wichtigere Probleme als einen neuen Streit um die Rechtschreibreform. Die Focus-Redaktion habe seit Wochen Informationen darüber wie hier im Zusammenspiel zwischen Journalismus und Politik diese Kampagne vorangetrieben wird, sagte Markwort am Freitag in Berlin. Focus werde dabei nicht mitmachen. Markwort: Wer sich über Chaos beschwert, sollte nicht das Chaos vergrößern.
Die Präsidentin der deutschen Kultusministerkonferenz (KMK), Doris Ahnen (SPD), hat für den Kurswechsel von Springer-Verlag und Spiegel bei der Rechtschreibung kein Verständnis: Wenn in der Debatte um die Rechtschreibreform laufend von Chaos und Verunsicherung die Rede ist, erlaube ich mir die Frage: Wer verunsichert hier eigentlich die Menschen?, so Ahnen gegenüber der dpa. Die Entscheidung der beiden Verlage zeige keinen Weg auf, wie mit den widerstrebenden Interessen in der Reformdebatte umzugehen sei und wie sich Sprache künftig weiter entwickeln soll.
Fakten
Einheitlich. Die zum Spiegel-Verlag und zu Axel Springer gehörenden Titel, die nach eigenen Angaben rund 60 Prozent der Bevölkerung in Deutschland erreichen, werden ihre Schreibweise schnellstmöglich umstellen. Es gehe darum, eine einheitliche deutsche Rechtschreibung wiederherzustellen, hieß es.
Ablehnung. Zahlreiche Umfragen belegen, dass die Reform von der Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt wird. Der Grund hierfür liegt nicht in einer angeblichen Reformscheu, sondern in der von vielen Bürgern erkannten oder empfundenen Unausgegorenheit der Neuregelung.
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Zum Thema
Streit um Rechtschreibung tobt seit zwanzig Jahren
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Vertreter der Chefredaktionen von Kleine Zeitung, Presse, Der Standard, Kurier, Krone und Salzburger Nachrichten sprachen sich alle dafür aus, die Rechtsschreibreform beizubehalten.
Kommentare
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Rückkehr zur alten Rechtschreibung: Sinnvolle Rücknahme einer Fehlgeburt oder neue Verwirrung? Wie stehen Sie zur neuen Rechtschreibung und zur möglichen Kehrtwende?
Von Fritzi am 06.08.2004
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Mir war und ist die neue Rechtschreibung ziemlich egal. Was mich aber sehr stört, wundert,oder ärgert.... war, dass man dabei das ß nicht wegrationalisierte. In keinem anderen Land und auf keiner ausländischen Tastatur gibt es das ß. Dass man daß nur mit ß schreibt, wenn man nicht mit welches...... fragen kann......ist fürs ss genauso anwendbar. Und es gibt ja auch kein scharfes ß in Blockbuchstaben.....Jetzt wieder die Reform zurück zu reformieren halte ich für vollkommen unnütz.
Von Pregetter Werner am 06.08.2004
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Schon vor mehr als 20 Jahren als es die neue Rechtschreibung noch gar nicht gab, war ich ein revolutionärer Vorreiter, welcher u. a. die neue Rechtschreibung angewandt hatte. Leider hatten die Lehrkräfte schon damals kein Verständnis für meine zukunftsorientieren Reformansätze... ;-}
Von Gucker am 06.08.2004
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Verwende alte und neue Schreibweise, je nach Wunsch des Auftraggebers (Zeitschrift, Buchverlag). Die Reform ist allerdings ordentlich missglückt die Rückkehr zu den bewährten Regeln begrüßenswert!
Von Manfred am 06.08.2004
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Das war von Anfang an ein Unsinn ersten Ranges! Mit dem Geld daß man da zum Fenster hinausgeworfen hat, hätte man Sinnvolleres anfangen können. Es ist nur Schade, daß man so lange gebraucht hat um Gescheit zu werden.
Von marlene bessiak am 06.08.2004
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Wer zuvor nicht rechtschreiben konnte, kann es jetzt auch nicht besser. Die neue Rechtschreibung hat in mir keinen Anhänger. Ich werde sie immer negieren.
Von NataschaHanni am 06.08.2004
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Erster Eintrag war nur ein Test. Aber wir sind der Meinung, das die neue Rechtschreibung auch eine reine Idiotie ist denke das es jemanden langweilig war und nichts besseres zu tun hatte als uns Normalsterblichen im Berufsleben zu quälen abschaffen!!!
Von NataschaHannni am 06.08.2004
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null
Von Michael Gerstenberger am 06.08.2004
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Ich habe schon immer eine Rechtschreibreform für Schwachsinn gehalten.Da waren sicher einige Leute nicht ausgelastet.Gut,daß die Jetzige im Sterben liegt!
Von Otto Rauchenwald am 06.08.2004
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Die Sparache ist Kulturgut und müsste vor Willkür Einzelner geschützt werden. Was heute mit dem geschriebenen Wort durch Printmedien aller Art geschieht und durch sicherlich geistreiche Kommentare der hiezu Berufenen und wer fühlt sich nicht berufen?? ergänzt wird, führt zu immer mehr Verunsicherung! Wer glaubt, die Schüler verfügen über ein fundiertes Wissen über das neue Regelwerk, irrt gewaltig! Lehrer/Professoren, selbst nicht immer absolut sicher, verlangen dies, mitlernende/helfende Eltern oder Großeltern kennen sich nicht ganz aus, und in den Zeitungen findet man auch unterschiedlichste Schreibweisen. Dazu noch die Anleihen aus anderen Sprachen..... Na danke! Für eine Umkehr ist es aber sicher zu spät! Zu viel wurde bereits zerstört! Information in Form von Schulungsangeboten auch für ältere Herrschaften und ein konsequentes Durchziehen der sicher nicht in allen Bereichen ausgegorenen Neuen Regeln wäre notwendig und könnte diese wunderschöne, ausdruckreiche Sprache wieder zu dem machen, was sie war und auch sein sollte!
Von Heinz G. Konsalik am 06.08.2004
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Gut so! Das willkürliche Herumbasteln tut der deutschen Sprache ganz gewiß nicht gut nach Jahren kennt sich keiner mehr so richtig aus, was denn nun richtig ist/war. Herausgekommen ist ein großes Kauderwelsch auf Basis von nicht ausgegorenen Regeln. Die Schreib- und Lesefähigkeit wird tatsächlich abnehmen, die neue Rechtschreibung und das Anbiedern an ein Pseudo-Englisch, wohin man auch blickt, tragen ihren Teil dazu bei. Für SMS, Chats und E- Mail braucht man aber ohnehin gar keine Rechtschreibung mehr, oder?
Von Elfriede am 06.08.2004
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Was sind denn das für T rotteln????? Die neue Rechtschreibung ist zwar nicht perfekt (vielleicht müsste man sie noch ein wenig überarbeiten), aber auf alle Fälle weniger verwirrend als die alte!!!!! Sollen jetzt alle Kinder, die in der Schule auf neu getrimmt wurden und werden (und im Gegenzug zu manch Ewiggestrigen auch keinerlei Problem damit haben) wieder umlernen? Sehr schlau, liebe deutsche Nachbarn!
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