Neumünster
Schülerkritik : Klaus-Groth-Schule:
Wirbel um weggeworfene Bücher
vom 26. Juli 2015
Aus der Redaktion des Holsteinischen Couriers
Schüler ärgerten sich über Bücher im Abfallcontainer / Ihre Kritik im Jahrbuch wurde vom Schulleiter moniert
Neumünster | Die Verlegung einer Schulbibliothek ist an sich kein besonderer Vorgang. Doch an der Klaus-Groth-Schule (KGS) hat das eine Diskussion bei Schülern und Eltern ausgelöst, die selbst in den Ferien noch andauert. Bei dem Umzug waren in einer Hau-Ruck-Aktion mehrere hundert Bücher in einem Abfallcontainer gelandet.
Schüler des 10. Jahrgangs reflektierten ihre Erlebnisse in ihrem Jahrbuch mit einer Bilderseite; eine Klasse kritisierte den Schulleiter Jörg Jesper deutlich. Als der das Jahrbuch-Team aufforderte, ein Zitat zu entfernen, sprachen Eltern von Zensur und Amtsanmaßung. Das weist Jesper (44) deutlich zurück, aber er räumt ein: „Es ist schon etwas unglücklich gelaufen.“ Am Ende gab es eine Einigung, trotzdem bleibt das Ganze Gesprächsstoff.
Aber von vorne: Die Leihbibliothek der Schule lag in einem Trakt, der für Schüler nicht immer zugänglich ist. Das sollte geändert werden – im Sinne der Leseförderung, wie Jesper betont. Bei dem Umzug in die Nähe der Aula sollte der Bücherbestand durchforstet und von Altlasten befreit werden. „Ich habe die Fachschaften aufgefordert, durchzuschauen, es gab vielen alten Kram. Dann hat der Bibliothekar ebenfalls den Bestand durchforstet.“ Der Rest landete in einem Abfallcontainer. Wie viele Bücher das waren, kann der Schulleiter nicht sagen.
Diesen Ablauf bestätigt auch der Vater eines Abiturienten, der seinen Namen nicht in der Zeitung sehen möchte: Sein Kind schätzt, dass etwa Dreiviertel des Bücherbestandes im Container landete. Es gab Aushänge, aber viele Schüler bekamen das nicht mit. Als der Container auf dem Schulgelände stand, kletterten diverse Schüler hinein und fischten sich Bücher heraus. „Die weggeworfenen Bücher sind den Schülern übel aufgestoßen“, sagt der Vater. Schulleiter Jesper räumt ein: „Das hätten wir schlauer lösen können, zum Beispiel mit Büchertischen. Ich habe mich inzwischen mehrfach entschuldigt, auch in der Schulkonferenz im Juni.“
Die Schüler des 10. Jahrgangs machten die Aktion in ihrem aktuellen Jahrbuch zum Thema. Zum Einen gibt es darin eine Seite mit mehreren Fotos von Schülern im Container, dazu Zitate über das Kulturgut Bücher: „Ein Raum ohne Bücher ist wie ein Körper ohne Seele“ oder „Von allen Welten, die der Mensch erschaffen hat, ist die der Bücher die Gewaltigste.“ Zum Anderen kritisierte eine Klasse Jesper namentlich: „Unsere Klasse war der Meinung, dass ein Lateinlehrer, wie Sie einer sind, Bücher wertzuschätzen weiß. Doch wir wurden eines Besseren belehrt. Eine Schandtat, die seinesgleichen sucht, wurde vollzogen. Es wurden Bücher von unschätzbarem materiellem und ideellem Wert vernichtet.“
Als der Schulleiter speziell letzteren Eintrag las, forderte er das Organisationsteam auf, dieses Zitat zu entfernen. ...
Der Vater ist wie andere Eltern empört: „So eine Art, Schüler unter Druck zu setzen, ist der Hammer.“ Ein anderer Vater fragt: „Wie soll man den Kindern beibringen, dass Bücher etwas Wertvolles sind in Zeiten von Internet & Co.?“ Inzwischen gab es Gespräche und eine Einigung, sagt Jesper: Das Zitat wird aus den Jahrbüchern entfernt, die Foto-Seite nicht. Nach den Ferien wird die neue Bibliothek, die im Laufe der nächsten Wochen und Monate mit frischer Literatur aufgeforstet werden soll, beim Einzug der neuen Sextaner eingeweiht. „Wir planen Projekte wie Lesenächte und ähnliches“, sagt Jesper.
Autor: Gabriele Vaquette
shz.de 26.7.2015
01. | A. Nebaier | 26.07.2015 | 19:32 Uhr
Gerechtfertigt?
Als Schulleiter darf ich nicht eingreifen, ich habe kein Recht auf Zensur, das habe ich auch ausdrücklich gesagt. Aber ich habe meinen Unmut geäußert und darf das auch. Dann frage ich mich warum sämtliche Jahrbücher nachdem sie bereits an die Schüler ausgehändigt worden waren wieder eingesammelt wurden. Es ist kein Einzelfall, dass in Jahrbüchern und Schülerzeitungen auch Kritik, und zum Teil in überspitzter und satirischer Form geäußert wird, aber mir ist kein Fall bekannt in dem ein Buch (von den Schülern für die Schüler) so zensiert, ja sogar konfisziert wurde...
(Mit Hervorhebungen des Elternvereins.)
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