Natürlich enthält jedes Wörterbuch immer nur eine ziemlich willkürliche Auswahl aus dem Gesamtwortschatz. Über die Wörter höchster Vorkommenshäufigkeit kann man sich schnell einigen, aber dann?
Interessant ist an den Wörterbüchern nicht, daß sie in den Bereichen geringer Häufigkeit unterschiedliche Einträge haben, sondern daß und wie sie sich verändern. Im Duden-Universalwörterbuch zum Beispiel habe ich ja bereits auf seltsame Streichungen hingewiesen.
Gerade fällt mir noch auf, daß Agape jetzt fehlt, dafür aber das extrem seltene, rein fachsprachliche Agamogonie hinzugekommen ist. Das dürfte kaum mit der Gebrauchshäufigkeit zusammenhängen, sondern eher mit einer kulturpolitischen Entscheidung: gegen Tradition und (historische) Bildung, hin zu Technik und Wissenschaft sowie augenblicklichen Moden (Szenedeutsch, New Economy). Gestrichen ist auch Agnat. Aus der Reformliteratur wissen wir ja, daß nach Auffassung der Reformer sowieso fast nichts gelesen wird und gelesen zu werden braucht, was älter als fünf Jahre ist. Das Große Wörterbuch von Duden hat sich vorübergehend bemüht, sein Klassik-Defizit auszugleichen. Das ist aber nicht mehr die Politik der Dudenredaktion von heute.
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Th. Ickler
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