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Detlef Lindenthal
11.12.2017 08.11
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Träume und Freunde

Der Volksmund sagt:
Der Tag hat 24 Stunden, und wenn die nicht reichen, nehmen wir die Nacht zur Hilfe
– so auch ich:

Der Traum brachte mir heute eine Erkenntnis, die mir, obgleich ich zuvor 66 Jahre lang jeden Tag über Sprache nachgedacht habe, tagsüber noch verborgen geblieben war und die ich heute im Traum verstanden habe:

Freunde sind welche, sie sich beim Wiedersehen freuen; Sie sind Freuende, und damit sie ein eigenes Wort bekommen, lassen wir das zweite e weg und bekommen die Freunde, und wenn wir das zweite e weglassen, den Freund. In unserer Muttersprache klappt das voll gut.

Im Englischen haben wir zwar auch den friend, aus dem niederdeutschen Angeln mitgebracht (Een Fründ is een, de sick freiht, u.s.w. = un so wieder), aber die Verbindung zum freuen ist bei den Briten unterbrochen, weil sie das Wort freuen  on de boat over de northsea  nicht mitgenommen haben, statt dessen heißt dann viel mühsamer
    rejoice (immerhin mit Verbindung zu joy) oder
    to gloat (als Schadenfreude) oder
    to be glad oder
    to be pleased oder
    to be delighted – also viele Wörter, die erst einzeln gelernt werden müssen.

Irgendwie fehlt dort also unser Wort freuen, weil damals bei der Eroberung der britischen Inseln die Sprachschützer nicht aufgepaßt haben und jenes Wort über Bord fallen ließen (they have let it fall over board).
Ganz vielleicht lebt es noch im Wort
    to frolic,
welches von froh und fröhlich und frohlocken kommen könnte.


Wenn ein deutscher Reifeschüler mit 19 Jahre (mal angenommen) die Hälfte des Wörterbücherwortschatzes von sagen wir 140.000 Wörtern soweit gelernt haben wird, daß er sie verstehen oder erschließen kann, muß er vom 2. bis zum 19. Lebensjahr 18 Jahre lang an jedem einzelnen Tag 70.000/(18 * 365) = zehn Wörter lernen, und auch am Sonntag und auch in den Ferien. Das klappt nur, wenn solche Wortverbindungen wie
    freuen, Freuende, Freunde, Freund, Freundin, Freundschaft, freundlich und
    Freude, froh, Frohsinn, frohgemut
verfügbar und lebendig sind.

Diese Wortverbindungen klappen deshalb so gut, weil die Muttis ihren Kindern genau die Wörter beibringen, die in den erst noch reifenden Kindergehirnen gut erinnert werden können: Der Muttersprachunterricht der Mütter und Väter und Ahnen und Kitatanten ist ein ganz wesentlicher Grundbaustein für die Sprachpflege einer leistungsstarken Alltagssprache.

Naja, und wenn es im Einzelfall mit dem Spracherwerb und der Sprachliebe etwas weniger gut geklappt hat, dann gibt es ja noch die Zeitung mit den großen Bildern und großen Buchstaben und den kürzeren Sätzen und wenigeren Wörtern. – Es gilt als eine Königsdisziplin der Journalisten, die leicht verständlichen Wortlaute zwischen den dicken Bildern und dicken Schlagzeilen zu schreiben. In meinen jungen Jahren war Peter Boenisch sowohl Regierungssprecher wie abwechselnd auch Chefredakteur der Bild-Zeitung (so ähnlich wie Conrad Ahlers, gleichfalls Springer-Presse). Das hat mich beeindruckt.

Muttersprache ist am besten bei Müttern, (Groß-)Eltern und Psychologen aufgehoben und weniger bei Lateinlehrern, Kanzleischreibern und Journalisten; denn sonst kommt sowas dabei heraus wie bei den Angelsachsen: Die haben keine eigenen Wörter für frei, Mensch, Recht, Heimat (die in einer Kolonialmacht vielleicht ohnehin nicht so hoch im Ansehen stehen), ingleichen sind sie die treibende Kraft in der Kolonialierungs-Nachfolgemodell namens Globalisierung.


So wie ordentliche Hunde aus gutem Grund eine Beißsperre haben gegenüber Rudelführer und Welpen, so sehe ich im Deutschen eine Hemmung gegen die Verwendung eines Wortes in einer anderen Bedeutung als der gelernten Bedeutung.
Beides hat sehr nützliche Ergebnisse: Lebendigen Nachwuchs ebenso wie eindeutige Wortfelder. Das klappt im Deutschen recht gut.

Und es könnte deutlich werden, daß es in der Sprachpflege eine eigene Abteilung gebe namens Wortpflege oder Wörterpflege. Ich bin begeistert, welche herrlichen Wörter bei Adelung und Grimm verzeichnet sind. Neue Wörterbücher braucht das Land.


Zusammenfassung:
Sprachpflege lohnt sich, denn wir haben in unseren Muttersprachen ausgezeichnete Werkzeuge für eine erstklassige Gedankenübertragung und Zusammenarbeit für allen Menschen, Völker, Kulturkreise, Bevölkerungen, Schichten, Fachgruppen.
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Detlef Lindenthal

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