Ausreden und Argumente
Ihre Idee, Argumente und Entgegnungsstrategieen zu sammeln, sozusagen um sich scharf zu machen, finde ich gut. Nur ein Haken ist dabei: Da die Befürworter der Reform sich meistens sowieso nicht auf qualifiziertere Debatten einlassen, rennt man auf diese Weise oft gegen die Wand.
Ein paar mögliche Einwürfe gibt es allerdings, die meistens aus den Fehlern der Reform oder ihrer Einführung selbst resultieren:
1. „Das kann man jetzt nicht mehr (rückgängig) machen, das kostet doch die Verlage zuviel!“
Auf folgendes ist hier hinzuweisen: Die RSR war anfangs als „kostenneutral“ versprochen worden und die Menschen, die sie zuerst ausarbeiteten, bekamen dafür tatsächlich nichts. Diejenigen aber, die letztlich darüber entschieden haben, standen oft in direkter Verbindung (oder zumindest unter Druck) mit eben diesen Verlagen (Wörterbücher, Lexikas etc.), die dabei mächtig verdient haben. Diese Chance bestünde bei Rücknahme der RSR ein weiteres Mal.
2. „Das tut ja die armen Kinderlein jetzt nur umso mehr verwirren!“
a) Das hatte man aber nicht bedacht, als man die RSR einführte, oder gab es da keine Verwirrung?
b) Die wirklich irritierenden Veränderungen treten noch nicht in der Grundschule hervor. Richtig schätzen lernt man die „Alte Version“ erst bei der Beschäftigung mit anderer Literatur als Schul- und Sachbüchern.
3. Wenn man in einer weiteren Übergangszeit, in der ebenfalls beide Schreibungen geduldet würden, auf die bewährte zurückkäme, hätten auch die Schulbuchverlage noch genügend Zeit, ihre alten Lehrbücher zu verkaufen, da sowieso etwa alle zwei Jahre neue Lehrmittel auf den Markt kommen. Außerdem steht jetzt das G8 an, dazu kommen ganz neue Lehrpläne raus, die ebenfalls neue Bücher brauchen das wäre die Chance zur Kostenersparnis !!!
4. Schließlich eines der primitivsten, aber leider häufigsten „Argumente“, die Basta-Version:
„Das ist jetzt so beschlossen worden, da muß man sich dran halten bzw. da gibt es nichts mehr zu ändern!“
Und ob!
Diese Leute haben sich nur selbst nie richtig mit der RSR oder gar ihrer Geschichte auseinandergesetzt. Die einzigen Informationen darüber entnehmen sie aus den Schlagzeilen der Medien.
Man muß hier versuchen, ihnen klarzumachen, warum man jetzt durchaus noch das „Recht“ hat, „alt“ zu schreiben:
a) Weil jetzt ersteinmal nur beschlossen wurde, sie August nächsten Jahres für verbindlich zu erklären,
b) Weil selbst dieser Zeitplan von der KMK absichtlich vorgezogen wurde, die Kommission hatte sich die „Erprobung“ ganz anders vorgestellt. (siehe Beitrag „Ein Reformer packt aus“ mit Zitaten von Hr.Munske in Foren/ Dokumente)
c) Als man die Einführung offiziell beschloß, ist diese Übergangszeit (egal wie lange) gleichzeitig auch ausdrücklich als Testzeit festgelegt worden, nach der es immer noch die Option geben sollte, zurückzukehren.
5. Zuletzt bleibt noch ein Problem, aber da gibt es kaum eine greifende Strategie dagegen, das sind nämlich die Medien selbst. Bis auf wenige verzichten sie auf sachliche, neutrale und informative Artikel/ Beiträge, die einem z. B. etwas über die ursprünglichen Hintergedanken der RSR, die ja ganz anders aussahen, sachlich berichtet. Stattdessen war neulich überall zu lesen:
„Neue Rechtschreibung jetzt verbindlich“, "... endgültig beschlossen“ oder ähnliches – womit die (vorgesehene!) Gesetztlichkeit der RSR im nächsten Jahr schon vorweggenommen wurde. Solche Medienarbeit hatte auch ja dazu geführt, daß die Reform schon viel früher (und überstürzter), als von der Kommission geplant, eingeführt wurde (siehe auch o. g. Beitrag von Hr. Munske!). Auch Duden und die Schulbuchverlage sind dafür verantwortlich.
Hier ist noch viel dringende Aufklärungsarbeit in der Bevölkerung gefragt, die sich wegen dieser einseitigen Informationen oft kein richtiges Bild machen kann.
Bernhard Schühly
PS.: Diesen Beitrag hatte ich vor einiger Zeit schon einmal unter Strategie geschickt, und hierfür jetzt erweitert.
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