Christian Dörner wundert sich, „wieso sich [in Luxemburg] kein Widerstand regt, wenn ihre eigene ‚Sprache’ durch eine ‚Reform’ in Deutschland so verunstaltet wird“.
Im Gegensatz zu Deutschland scheint man in Luxemburg der Meinung zu sein, dass es dringlichere Probleme zu lösen gibt, als sich jahrelang gegenseitig mit Lamentos über den Untergang des Abendlandes zu quälen, bloß, weil „Seeelefant“ mit 3 ‚e’ geschrieben werden soll, oder „Pseudosubstantivierungen“ nun groß statt klein geschrieben werden. Jahrhunderte lange (oder meinetwegen ‚jahrhundertelange’) Erfahrungen haben gezeigt, dass man die Deutschen am besten unter sich streiten lässt, solange behelligen sie wenigstens ihre Nachbarn nicht. Ansonsten arrangiert man sich halt mit dem, was von jenseits der Mosel herüberkommt und sieht zu, dass man sein eigenes Süppchen gekocht kriegt. Soviel zur Nicht-Unterzeichnung der Wiener Absichtserklärung.
Die Sprachensituation in Luxemburg ist kompliziert genug – 40% vorwiegen franco- oder lusophone Ausländer, mit denen man sich auch verständigen muss – , so dass man eher die Prinzipien Vernunft und Pragmatismus walten lässt, statt sich mit „Méckepéilereien“ (ein schönes luxemburgisches Wort) abzugeben. Wenn’s juristisch akkurat sein muss, greift man halt auf die Sprache des südlichen Nachbarn zurück (der, nebenbei gesagt, auch seit Jahrzehnten an einer Orthographiereform laboriert, die breite Öffentlichkeit damit aber weitgehend unbehelligt lässt). Ansonsten gibt man sich Mühe, die deutsche Rechtschreibung (wie die auch immer gerade aussehen mag) zu lehren, und die eigene Sprache schreibt ohne viel Federlesens jeder privat so, wie er’s für richtig hält. Für Texte, die sich an ein breiteres Publikum richten, versucht man, „dans la mesure du possible“, wie es das Sprachengesetz von 1984 auf das trefflichste formuliert, die neue Orthographie von 1999 einzuhalten.
Und stellen Sie sich vor: Man versteht sich!
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