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Klage gegen Rechtschreibreform abgewiesen
Das Niedersächsische Verwaltungsgericht hat heute eine Klage gegen die Rechtschreibreform (6 A 6717/04) abgewiesen. Das Gericht begründete seine Entscheidung mit einem Verweis auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes. Niedersachsens Kultusminister Bernd Busemann (CDU) freut sich nach eigenem Bekunden über das Urteil des Gerichts. Eine Schülerin hatte eine Anordnung des Kultusministeriums an ihre Schule beantragt, daß die bewährte Rechtschreibung weiterhin nicht als Fehler zu markieren und zu werten sei. Außerdem hatte sie einen Erlaß gefordert, sie in alter Rechtschreibung zu unterrichten. Die Klägerin will nun vor das Oberverwaltungsgericht Lüneburg ziehen, obwohl eine Berufung nicht zugelassen wurde.
Der Prozeßbevollmächtigte der Schülerin, Rolf Gröschner, betonte vor Gericht, daß sich die neue Rechtschreibung nicht durchgesetzt habe. Als Beweis verwies er auf die aktuelle Diskussion. Schüler müßten mit Nachteilen im späteren Beruf rechnen, wenn sie nicht auch die bewährte Rechtschreibung beherrschten. Bis es eine allgemein akzeptierte Schreibweise gebe, müßten darum in der Schule beide Rechtschreibungen gelten.
Das Gericht teilte heute mit:
6. Kammer weist Klage gegen Rechtschreibreform ab
Heute wies die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Hannover die Klage einer Schülerin gegen das Kultusministerium ab, mit der diese sich gegen die Unterrichtung in neuer Rechtschreibung wandte.
In ihrer Sitzung am 09.06.2005 wies die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Hannover die Klage einer Schülerin gegen das Kultusministerium ab, mit der diese sich gegen die Unterrichtung in neuer Rechtschreibung wandte (Az.: 6 A 6717/04). Am 31.7.2005 läuft der Übergangszeitraum ab, in dem in schriftlichen Arbeiten von Schülerinnen und Schülern in Niedersachsen Abweichungen von der neuen Rechtschreibung nur als überholt gekennzeichnet, nicht aber als Fehler gewertet werden.
Die Schülerin, die die 10. Klasse eines Gymnasiums in Oldenburg besucht, und deren Eltern sich bereits vor einigen Jahren gegen die Rechtschreibreform (letztlich erfolglos) gerichtlich zur Wehr gesetzt hatten, begehrt eine Anordnung des Kultusministeriums gegenüber ihrer Schule, die Benutzung der alten Rechtschreibung weiterhin nicht als Fehler zu markieren und zu werten. Ferner begehrt sie den Erlass einer Anordnung an die Schule, sie in alter Rechtschreibung zu unterrichten.
Die Schülerin beruft sich darauf, dass der überwiegende Teil der Presse und der Verlage bereits wieder zur herkömmlichen Rechtschreibung zurückgekehrt sei. Es sei davon auszugehen, dass sich die neue Rechtschreibung nicht durchsetzen werde. Wer nach der neuen Rechtschreibung unterrichtet werde, habe daher mit Nachteilen bei einem Einstieg in das Berufsleben zu rechnen. Auch wenn die Entscheidung darüber, was in Fragen der Orthographie richtig oder falsch sei, formal bei der Kultusbürokratie liege, müsse diese die Inhalte der Rechtschreibung auch am allgemeinen Schreibgebrauch außerhalb der Schule messen. Sie habe daher einen Anspruch darauf, diese herkömmliche Orthographie diskriminierungsfrei verwenden zu dürfen.
Das Verwaltungsgericht wies die Klage unter Berufung auf die grundlegende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Rechtschreibreform aus dem Jahre 1998 zurück. Das Bundesverfassungsgericht habe entschieden, dass die Einführung eines bestimmten Rechtschreibunterrichtes Grundrechte von Schülern nicht verletze. An die tragenden Gründe dieser Entscheidung sei das Verwaltungsgericht gebunden.
Die Begehren, die nunmehr verfolgt würden, seien mit dem vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Streitgegenstand so eng verknüpft, dass eine Trennung nicht möglich sei. Damit gebe es keine Rechtsgrundlage für die geltend gemachten Ansprüche. Wenn die Schule in neuer Rechtschreibung unterrichten dürfe, müsse auch eine Rechtschreibung, die damit nicht in Einklang stehe, als falsch bewertet werden dürfen. Des Weiteren könne die Schule dann nicht verpflichtet werden, auch in alter Rechtschreibung zu unterrichten.
Die Niedersächsische Verfassung und die Vorschriften des Niedersächsischen Schulgesetzes gewährten ebenfalls keine Ansprüche auf bestimmte Unterrichtsinhalte und Korrekturrichtlinien. Das Gericht hat eine Berufung gegen diese Entscheidung nicht zugelassen. Die Klägerin hat aber die Möglichkeit, die Zulassung der Berufung beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht zu beantragen.
geschrieben von dsw am 09.06.2005
Anmerkung:
Ob die Richter wohl von unserer Josephine gefragt wurden,
– bei wem sie denn, bitte schön, die Kommasetzung lernen kann, die in ausnahmslos allen Zeitungen und Zeitschriften verlangt wird? Und wo die geforderte bewährte Rechtschreibung?
– ob die Richter eine verbindliche Liste der nun immer noch verbotenen Wörter festlegen können?
Was werden die Lehrer und die Richter machen, wenn Josephine ein verbotenes Wort (z.B. kennenlernen, allgemeinverständlich, allgemeingültig, offenlegen) benutzt?
Ministerpräsident Wulff glänzt auch nicht durch Führungsstärke, wenn sein Kultusminister ungerüffelt sich derart respekt-, sinn- und pietätlos freuen darf.
Kleiner Wink an Josephine:
Wie man mit solchen Lebenslagen umgehen kann, hat Mahatma Gandhi gegen eine viel riesigere Übermacht vorgemacht: Einfach machen und Vorbild sein.
Es gab in den 70er Jahren einen ausgezeichneten Film über Gandhi; der wird sicherlich als DVD erhältlich sein – im Geschichtsunterricht anschauen! (3 Stunden.)
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Detlef Lindenthal
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