Interpretation
Das Schweizerländchen ist nur klein –
Eben. Und weil dem so ist, ist von einem „Ländchen“ die Rede, nicht von einem Land. Das kurze Wörtchen „no“ kann im St. Galler Dialekt (ich bin gebürtiger St. Galler) zwei verschiedene Bedeutungen annehmen, nämlich „noch“ oder „nur“ („nu“), je nachdem, wie deutlich oder undeutlich es ausgesprochen wird. Im Liedlein aber ist „nur“ gemeint, um nicht „immerhin“ zu sagen.
Aber schöner könnte es nicht sein –
Diese Behauptung wird bis heute hartnäckig aufrechterhalten; der Tatsache zum Trotz, daß der größte Teil des Schweizerländchens völlig zersiedelt ist. Darum sind auch die Grundstückspreise in der Schweiz so exorbitant hoch.
Gehe in die Welt, so weit du willst,
Schönere Ländchen gibt es nicht –
Der unbedarfte, meist kindliche Sänger, wird gedanklich auf Weltreise geschickt, um die Behauptung, daß es keine schöneren Ländchen gibt, zu überprüfen. Um ihn jedoch davon abzuhalten, wird diese Behauptung nochmals bekräftigt, wohl in der Hoffnung, daß er sie glaubt und daheim bleibt. Ein alter, bewährter Trick wird hier angewandt: Das Beten von Litaneien, gemäß des Prinzips der geisttötenden Wiederholung. Ein musikalisches Mittel also, das schon zu Zeiten Anwendung fand, als es noch keine Tonbänder gab.
Trala tralala
Trala, tralala,
Schön’ri Ländli git’s gar nit –
Das besondere an diesem Refrain ist, daß er nur einmal gesungen wird: nach der ersten Strophe. Umso größer ist seine Wirkung, zumal er selbst eine Wiederholung des bereits Gesagten oder Gesungenen beinhaltet. Nur wer sehr schwer von Begriff ist, wird jetzt noch immer nicht glauben, daß es keine schöneren Ländchen gibt.
Zu diesem Zeitpunkt und an dieser Stelle, bitte ich den wißbegierigen, sinnsuchenden Leser meiner Interpretation zur geistigen Einkehr und Andacht. Er stelle sich ein Bauernkind vor, das nur Kartoffelschalensuppe zu essen bekommt, darum, weil ihm die gütige Mutter nichts anderes zu Essen geben kann. Das einzige Schwein im Stall ist mager. Es darf aber nicht geschlachtet und aufgegessen werden, weil es verkauft werden soll. Also, guter Leser, singe: „Trala tralala.“
Den Rest meiner Interpretation liefere ich nur auf ausdrücklichen Wunsch.
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