Orwelsch
Am 8.8.98 erschien in den Kieler Nachrichten ein Bericht:
Streit um verwirrenden Stimmzettel
Dazu schrieb ich einen Leserbrief, kurz und mit einem Körnchen Witz, um die Chancen für einen Abdruck zu erhöhen – eine Taktik, die so gut funktionierte, daß mitunter sogar zwei Leserbriefe gleichzeitig erschienen:
Zwangsschreibe
Der Mönch, der sein Stück Fleisch durchs Wasser zieht und es „Fisch tauft, um es am Freitag essen zu dürfen, betrügt nur seinen höchsten Herrn der sicher ein Auge zudrückt. Die unchristlichen Umtaufen der Regierungskoalition aber betrügen das Volk. Die vernünftige Forderung der Reformgegner, wonach in den Schulen die „allgemein übliche Rechtschreibung unterrichtet werden soll, wird den Bürgern nun auch vom Kultusministerium zur Zustimmung feilgeboten, aber durch den folgenden Satz zum Einverständnis mit der Neuschreibe umgetauft besser umgefälscht. Nur die abschwächende Floskel: „Als allgemein üblich gilt ... bewahrt die regierenden Kulturbürokraten davor, als kriminelle Trickbetrüger verfolgt zu werden. „Allgemein üblich ist die neue Schüler-Zwangsschreibe noch lange nicht und man kann ihr entgehen, wenn man sein Kreuz auf dem Stimmzettel ganz oben einsetzt. Dann entgeht man auch der als Ablehnung getarnten Zustimmung, zu der man uns ganz unten übertölpeln will. (Abgedruckt am 25.8.98)
Der Sieg der Reformgegner in der Volksabstimmung am 27.9.1998 verhinderte nicht, daß ein Jahr später der Joker-Kandidat der oppositionellen CDU, Volker Rühe, wieder zur „allgemein üblichen Volksübertölpelung drängte und seiner Intimfeindin, der SPD-Ministerpräsidentin Simonis, Schützenhilfe leistete, um die plebiszitären Elemente in der Verfassung, Stolz gerade der Rotgrün-Regierungen, in der Kieler Förde zu versenken.
__________________
Sigmar Salzburg
|