OREOS VERLAG GMBH Krottenthal 9 83666 Waakirchen
Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel
Herrn Dr. Hendrik Markgraf
Postfach 10 04 42
60004 Frankfurt am.Main 20. März 2002
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Sehr geehrter Herr Dr. Markgraf,
Leserbriefe oder redaktionelle Beiträge zum Thema Rechtschreibreform wiesen Sie vor einigen Monaten zurück, sinngemäß mit der Begründung, dieses Thema hätte keine Aktualität. Mit dem Vorliegen des 3. Berichts der Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung und insbesondere den dazu in der Tagespresse erschienenen Kommentaren ist das Thema nun allerdings doch wieder auf dem Tisch.
Im Börsenblatt erschien am 12. März denn auch ein Bericht, »Reform wird Zielscheibe der Kritik«, in dem hauptsächlich die Darstellung der Kommission wiedergegeben wird, mit dem »Fazit«, die neue Schreibung habe sich »weitgehend durchgesetzt«.
Verwiesen wird auf die Schulen und Schulbücher. Jedermann weiß, daß hier von Akzeptanz keine Rede sein kann. Die Schulen müssen auf Anweisung der Kultusminister die »reformierte« Orthographie unterrichten, die Schulbuchverlage hatten also gar keine Wahl. Aus demselben Grund wurde auch oft gegen den Willen der Autoren die »reformierte« Orthographie in den Jugend- und Kinderbuchverlagen umgesetzt, von den dabei entstandenen Sinnentstellungen und Fehlern soll hier nicht die Rede sein.
Es wird des weiteren auf eine »Umfrage« des Börsenvereins verwiesen, an dem sich 140 Unternehmen beteiligt haben sollen. Einmal abgesehen davon, daß diese Umfrage wohl nur in einem nach welchen Gesichtspunkten auch immer auserwählten Kreise stattgefunden haben muß (ausgewiesene Reformgegner haben davon nie erfahren), ist das Ergebnis dennoch insofern bemerkenswert, als bestätigt wird, daß »wissenschaftliche Werke und hohe Literatur meist den alten Regeln folgen.« Diese die ganze Reform gründlich disqualifizierende Tatsache wird in einen Nebensatz gepackt, als handle es sich bei »wissenschaftlichen Werken und hoher Literatur« um einen völlig nebensächlichen Bereich im deutschsprachigen Schrifttum! Das gibt doch sehr zu denken.
Nicht weniger zu denken gibt die Tatsache, daß die Informationspolitik des Börsenblatts auch ansonsten so tut, als seien Reformgegner nur noch ein paar nicht sonderlich ernstzunehmende Sektierer. So wurden von der Redaktion verschiedene Angebote, zu diesem Thema sachkundige kritische Beiträge von namhaften Sprachwissenschaftlern und Journalisten zu veröffentlichen, nicht aufgegriffen. Hingegen erscheint im »Pressespiegel« der Ausgabe vom 19. März 2002 ein Auszug eines Artikels der »Zeit«, in der Reformkritik wieder hingestellt wird, als weinten da ein paar Ewiggestrige einer »heiligen und alten Schreibung des Duden« nach und als hätten diese einen »Hang zum autoritären Charakter, der sich vom Strafinstrument einer verbindlichen Orthografie nicht verabschieden will.« In der Chefredaktion des Börsenblatts liest man sicherlich auch Zeitungen wie die FAZ oder die WELT, und man weiß es ja auch sowieso ganz genau, daß es völlig am Ernst des Themas und auch an der Wahrheit vorbeigeht, wenn auf diese einseitige Weise darüber berichtet wird. Über die Gründe hierfür kann man nur spekulieren.
Sie finden beiliegend den Text eines Beitrags von Hans Krieger, der im Bayerischen Rundfunk am 17. März gesendet wurde. Es wäre ein Zeichen für den guten Willen zu »ausgewogener« Berichterstattung, wenn Sie diesen in einer der nächsten Ausgaben des Börsenblatts veröffentlichen würden. Außerdem wissen Sie sehr gut, an wen Sie sich wenden können, wenn Sie an substantieller Kommentierung dieses Themas, das unseren Berufsstand nun wahrlich ganz zentral betrifft, interessiert sind.
Mit freundlichen Grüßen
OREOS VERLAG GMBH
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Walter Lachenmann
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