ON Nachrichten (T-online)
28.7.2004
Deutsche wollen lieber die alte Rechtschreibung
Jetzt ist es offiziell: Eine Mehrheit der Deutschen wünscht sich an Schulen, in Behörden und den Medien die alte Rechtschreibung zurück. 55 Prozent der Bundesbürger sind der Ansicht, dass die Reform rückgängig gemacht werden sollte. Lediglich 38 Prozent der Deutschen wollen bei der neuen Rechtschreibung bleiben. Sieben Prozent der Befragten haben dazu keine Meinung. Das ergab die jüngste Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag des Magazins Stern.
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Alte und neue Rechtschreibung im Vergleich (Foto: ddp)
Angst vor Reformen
Der Vorsitzende der Zwischenstaatlichen Rechtschreibkommission Karl Blüml rechnet nicht damit, dass das Reformwerk rückgängig gemacht wird. In Deutschland steht der neu entfachte Streit um die Rechtschreibung seiner Auffassung nach in Zusammenhang mit den sozialen Einschnitten. In Deutschland gibt es gerade eine gewisse grundsätzliche Angst vor Reformen, so der Österreicher Blüml. Da wird die Rechtschreibreform genutzt, um einen Stellvertreterkrieg zu führen um Inhalte geht es bei der neuen Diskussion gar nicht.
Position ist altersabhängig
Stellvertreterkrieg oder doch pure Ablehnung? Besonders Ältere sind mit der Reform unzufrieden: Bei den über 59-Jährigen wollen sogar 64 Prozent die Reform rückgängig gemacht haben. Dagegen sind die unter 30-Jährigen mehrheitlich dafür, die neue Schreibweise beizubehalten: 50 Prozent sprechen sich dafür aus, nur 44 Prozent dagegen.
Thema im Herbst wieder auf dem Tisch
Um die Rechtschreibreform tatsächlich zu kippen, müssten die Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer einstimmig den 1996 gefassten Beschluss ihrer Kultusminister aufheben. Bei dem Treffen der Regierungschefs im Herbst wird die seit 1998 eingeführte Schreibweise auf die Tagesordnung kommen, weil einige Unionsministerpräsidenten die geänderten Schreibregeln wieder in Frage stellen. Etliche Regierungschefs, aber auch die Bundesregierung und der Bundeselternrat haben sich bereits gegen eine Rücknahme der Reform gewandt.
Privat können die Leute machen, was sie wollen
Vom 1. August 2005 an soll die neue Rechtschreibung verbindlich an den Schulen gelten. Auf Ämtern und in Behörden wird die neue S- sowie die veränderte Getrennt- und Zusammenschreibung bereits seit mehreren Jahren praktiziert. Es gibt nur zwei Bereiche, in denen der Staat vorschreiben kann, wie geschrieben werden soll. Das sind die Behörden und über die Kultusministerkonferenz die Schulen, erklärte der stellvertretende Kommissionsvorsitzende Gerhard Augst. Privat können die Leute machen, was sie wollen. Gerade von Schriftstellern komme aber mit die meiste Kritik, bilanzierte der Wiener Blüml. Dabei berührt sie die neue Schreibweise ja gar nicht.
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