Wahrnehmung
Lieber Herr Dräger.
als sozusagen unser Mann vor Ort könnten Sie vielleicht folgende Frage kompetent klären:
Könnte es sein, daß der e-Mail-Verkehr mit RuBland nur in einer Richtung funktioniert, nämlich von RuBland hinaus in die Welt, und umgekehrt nicht?
Mit einem Gesprächspartner, mit dem ich ansonsten durchaus in vernünftigem Umgang gestanden habe, gelingt es mir plötzlich nicht mehr, diesen vernünftigen Umgang fortzusetzen, seit dieser sich in RuBland aufhält oder aufhaelt. An den Umlaeuten und dem Dreierles-B kann es doch wohl nicht liegen.
Jedenfalls ging es mir so, daB ich mit diesem Menschen, so lange er nicht in RuBland irgendwie abgetaucht war und sich nur noch mit ae's, ue's, oe's und B's in der Heimat in Erinnerung brachte, gewohnt war, einen durchaus vernuenftigen und einvernehmlichen und respektvollen Umgang zu pflegen.
Ist es nun der Wodka oder sind es die nicht vorhandenen Umlaute oder das fehlende Dreierles-B, oder die sprichwoertlich große russische Seele oder irgendwas mit der Taiga oder der Balalalaika, daB dieser mir ansonsten verstaendig erschienene Mensch nicht mehr imstande zu sein scheint, wahrzunehmen, was ich ihm mitteilen moechte?
Um ehrlich zu sein, so wahnsinnig wichtig ist es mir gar nicht, ihm das mitzuteilen, weil es sich eher um Dinge handelt, die auf der Hand liegen, um Selbstverstaendlichkeiten, die man sich unter gescheiten Menschen nicht groB erklaeren muB, die man wahrnimmt oder auch nicht, und wenn nicht, dann helfen alle Erklaerungen auch in ausgeschriebenen Umlaeuten und Dreierles-B's auch nicht weiter.
Rein technisch haette mich das jetzt aber schon interessiert: Kann man in RuBland deutsche E-Mails lesen und begreifen, oder gibt es da Einschraenkungen der Wahrnehmung.
Mit oesterlichen GrueBen nach RuBland,
Ihr in christlicher Langmut jeglichen Ohrfeigen standhaltender
WL
(Die rechte steht zu Ihrer voelligen Verfuegung)
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Walter Lachenmann
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