Notice: Undefined variable: goto in /home/www/rechtschreibung.com/html/Forum/showthread.php on line 3 Notice: Undefined variable: goto in /home/www/rechtschreibung.com/html/Forum/showthread.php on line 3 Forum - Passiver Widerstand
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Forum > Schule
Passiver Widerstand
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Norbert Schäbler
06.04.2001 09.42
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Schülerzeitung (letzte Folge)

Aus der Schülerzeitung Boh-ey 10, vom 19.06.97, ursprünglich S. 70.
Autor: N. Schäbler, veröffentlicht in „RSR...läuft“.

Schlußgedanken

Ein erfolgreiches Jahr für unsere Schülerzeitung neigt sich dem Ende zu.
Wir haben enorme Fortschritte gemacht, vor allem in der Gestaltung.
Wir hatten ein hervorragendes und überaus zuverlässiges Redaktions-team.
Christian Münstermann, Katja Münz, Sabine Lippert, Brigitte Kirsch, Tamara Roth (alle 9 b) und Christiane Warner (7a) gilt mein besonderer Dank.
Insbesondere will ich mich dafür bedanken, daß die jungen Redak-teure mir erlaubt haben, zur Rechtschreibreform so ausführlich Stellung zu nehmen. Sie hätten durchaus die Zeitung ohne meine Texte fertigstellen können.
Doch, ich hielt es für meine Pflicht, über Mißstände zu informieren,
die Hintergründe der Reform anzudeuten. Dabei wäre noch viel zu sagen und zu schreiben gewesen. Sie können aber selbst nachlesen in:
Homepage der Lehrerinitiative und/oder der Universität Würzburg: http://www.raytec.de/rechtschreibreform/
http://www. Wuerzburg.de/spec/rechtschreibreform/ortho98b.html
Daneben sind die bereits erwähnten Broschüren lesenswert.
Ich habe beim Verfassen meiner Texte besonders an die Lehrkräfte und die Eltern gedacht.
Vielleicht könnten wir in Laufach eine Podiumsdiskussion über die Rechtschreibreform mit Landtagsabgeordneten und Sprachwissen-schaftlern organisieren!
Mein Texte, geben ausschließlich meine eigene Meinung, bzw. die Meinung der Lehrerinitiative wieder. Gegendarstellungen und andere Meinungen sollen in der nächsten Ausgabe zu Wort kommen.
Vielleicht habe ich einige Mitstreiter gefunden. Ich schaffe das alles nicht mehr alleine, obwohl ich zäh bin und 1997/98 im achten Jahr eine Schülerzeitung produziere.
Wie sagte Friedrich Roemheld? „Sprache ist nur als eine Beziehung zwischen mehreren möglich.“ Nehmen wir Beziehungen auf! Sowohl meine Adresse, als auch Telefonnummer wurden bereits genannt.
Ich bitte um Unterstützung bei der Initiative gegen die Rechtschreib-reform. Es gibt viel zu tun. Packen wir`s an!
Lassen Sie sich (mich) nicht hängen!


Abschließender Kommentar:
Zum Ende des Schuljahres 1996/97 legte ich mein Amt als Betreuer der Schülerzeitung nieder. Es fand sich keine Lehrkraft, die das Amt übernehmen wollte. Die Publikation der Schülerzeitung wurde eingestellt.
Im Schuljahr 1999/2000 reichten Schüler einer von mir geführten neunten Jahrgangsstufe bei der Schulleitung den Antrag ein, die Schülerzeitung Boh-ey wieder aufleben zu lassen. Der Antrag wurde abgelehnt.

Eine Podiumsdiskussion über die Rechtschreibreform an meinem Dienstort fand niemals statt. Nur kurzfristig nahmen Eltern Kontakt auf, waren allerdings sehr behilflich bei zwei Unterschriftensammlungen gegen die Rechtschreibreform, die in Aschaffenburg (im Sept. 1997 und im Januar 1999) stattfanden und zusammen rund 5300 Unterschriften gegen die RSR einbrachten.

Der aktive Kampf gegen die RSR hat reichlich Konflikte – aber auch einige Dokumente – eingebracht. Von Anfang an war es das Ziel, angstfrei Gegenargumente zu formulieren und Nachweise zu schaffen! Mitgliedschaften in der Lehrerinitiative und im Verein für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege (VRS) verliehen die nötige Sicherheit.

Dokumente sind und werden in diesem Forum veröffentlicht unter dem Leitfaden „Briefwechsel...“


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Norbert Schäbler
04.04.2001 11.36
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Schülerzeitung (Folge 8)

Aus Schülerzeitung Boh-ey 10, vom 19.06.97, ursprünglich vorgesehen als S. 37.
Autor: N. Schäbler, veröffentlicht in „RSR...läuft“.


„Preisgabe von Dienstgeheimnissen? Ehrverletzung?“

Was halten Lehrer von der sog. Rechtschreib-Reform?

Oberflächlich betrachtet hält der weitaus größte Teil der bayerischen Lehrer-schaft viel von der „Reform“, denn in nahezu allen bayerischen Grundschulen ist die Neuregelung verfrüht angelaufen. Sie sollte ursprünglich erst zum 01.08.1998 in Kraft treten, doch jenen Termin wollte Kultusminister Zehetmair nicht abwarten. Der Reformstart wurde auf den 01.08.1996 vorgezogen.
Ich kann mich dunkel erinnern, daß wir zu Beginn dieses Schuljahres an unserer Schule über die Reform gesprochen haben. Mehrheitlich haben wir der Empfeh-lung des Rektors entsprochen, man solle insbesondere in den ersten Klassen mit der neuen Rechtschreibung beginnen. Die Reform komme so oder so!
Ein Protokoll über diese Konferenz existiert, nicht erfaßt ist das Abstimmungs-ergebnis. Ebensowenig gibt es Aufzeichnungen darüber, ob Personalvertre-tungen, Elternbeiräte oder die Schüler selbst befragt wurden. Es müssen aber Dienstanweisungen an Schulämter und Schulen vorliegen. Sie wären lesenswert.
Fakt ist: Wir befolgten ohne tiefere Kenntnisse die Weisungen. Gegenmeinun-gen wurden nicht sonderlich begrüßt. Es sollte so sein, also wurde es so!
Ich behaupte schlußfolgernd: Lehrer sind zu loyal. Obwohl viele innerlich gegen die Reform sind, tragen sie durch Passivität zur Verwirklichung der Reform bei.
Schlimmer noch! Sie verweigern ihre Eigenbildung, stecken den Kopf in den Sand, um nicht mit dem Dienstherrn in Konflikt zu geraten!!
Man schämt sich, nicht rechtzeitig Einwand erhoben zu haben, und läßt die Entwicklung über sich ergehen!!!
Meine Entgegnung: „Nicht wir müssen uns schämen, sondern die Kultusmini-ster! Die nämlich sind schuld an der Misere, z.B. dem Rechtschreib-Chaos in zehn Wörterbüchern!“
Die Kultusminister haben sich einer Reihe von Amtspflichtverletzungen schuldig gemacht: Sie haben haushaltsrechtliche Grundsätze nicht beachtet, sie haben dringend notwendige Prüfungen unterlassen. Sie haben alle zehn Wörter-bücher ohne das Zulassungsverfahren anerkannt und genehmigt. Sie haben lange Zeit Reformideen verheimlicht. Sie haben Verdunkelung betrieben und sowohl die Parlamente als auch die Lehrerschaft überrumpelt.
Nicht einmal das Allernotwendigste war zu erfahren.
Aber – das Wahrnehmen demokratischer Rechte und verantwortungsvolles Handeln ist nur dort möglich, wo Informationen fließen.
Wir müssen daraus lernen. Wenn Informationen fehlen oder verheimlicht werden, müssen wir künftig unsere Zustimmung verweigern. Wir sollten uns unbedingt mit allen Inhalten der Reform vertraut machen, die Auswirkungen und Motive jenes Zwangseingriffes in unsere Sprache erkennen, vielleicht sogar unsere reichhaltige Sprache von neuem schätzen lernen und versuchen, den Beschluß von damals rückgängig zu machen. Auch an anderer Stelle können wir gegen die Reform antreten.
Es darf nicht sein, daß dieser Fehler, in alle Ewigkeit stehenbleibt. Wir sind Lehrer und kämpfen gegen Fehler an, auch gegen eigene, bitteschön!



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Norbert Schäbler
03.04.2001 11.13
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Schülerzeitung (Folge 7)

„Rasenmäherpolitik?!“

Aus Schülerzeitung Boh-ey, vom 19.06.97, ursprünglich: S. 32.
Veröffentlicht in Sonderbeilage „RSR ...läuft“. Autor. N. Schäbler

Gedankengänge von Kultusministern
(ein kurzer geschichtlicher Streifzug)
Unsere gegenwärtige Rechtschreibung fußt auf den Ergebnissen zweier Orthographischer Konferenzen in Berlin (1876 und 1901).
1876 bestand echter Handlungsbedarf, denn fünf Jahre zuvor (1871) war der ersehnte Wunsch der Deutschen nach Einheit erfüllt worden – nichts lag also näher als die Vereinheitlichung der Schriftsprache. Der Reichsgründer, Otto von Bismarck, war übrigens ein erbitterter Gegner der Sprachreform.
Konrad Duden, sein Gegenspieler, faßte 1880 und 1902 die Konferenz-Ergeb-nisse zusammen. Sein letztes Buch im Jahre 1902 wurde ein Riesenerfolg, und obwohl es aus politischen Gründen zunächst nur als „vorläufiges Ergebnis“ und „Zwischenziel“ veröffentlicht wurde, hat dieses Reformwerk schon viele Angriffe überlebt, den ersten im Jahr 1908 – als Reformer unter anderem die Abschaffung der Dehnungszeichen und Großbuchstaben forderten.
In der neueren Zeit wurden die heftigsten Attacken durch Kultusministerien geführt. So in den siebziger Jahren, als im Bundesland Hessen die „Rahmen-richtlinien“ und die sogenannte emanzipatorische Pädagogik geschaffen wurden. Man entdeckte die Bildungsreserven der nichtakademischen Bevölkerungs-schicht. Der „Duden“ stand deren Selbstverwirklichung im Wege.
Die Kultusminister aller deutsch-sprachigen Länder einigten sich sehr bald auf ein Schlagwort. Weg mit dem „Rohrstockersatz Rechtschreibung“ forderten sie und sie fanden im Jahre 1980 – betriebsblind – die Lösung. Sie beauftragten den Internationalen Arbeitskreis für Orthographie, der innerhalb von neun „Tagun-gen“ im November 1994 ein „vorläufiges Ergebnis“ präsentierte, das das MONOPOL von Konrad Duden abschaffte und dem Großkonzern Bertelsmann gleiche Rechte einräumte wie dem bis dahin einzig gültigen Regelwerk.
Kritiker wiesen seit Frühjahr 1995 der Neuregelung sogleich eine Fülle von Fehlern nach, worauf die Kultusminister inclusive Reformer sogleich mit künstlich erzeugtem Termindruck und Zwängen reagierten.
Das Argument „zu spät“ wurde geboren, als im Frühjahr 1996 (Herbst 1996/nachträgliche Änderung) die Schriftsteller, Verleger und Wissenschaftler mit ihrer Frankfurter Erklärung die Reform ablehnten, nachdem sie erstmals vollständige Wörterverzeichnisse in die Hand bekommen hatten.
Ein Zitat des bayerischen Kultusministers Zehetmair mag den geschichtlichen Rückblick abschließen. Im Spiegel vom 11.9.95 antwortete er auf die Frage: „Wissen denn die Deutschen, was auf sie zukommt?“ mit folgenden Worten: „Nein überhaupt nicht. Die breite Öffentlichkeit ist so gut wie nicht informiert. Deshalb werden viele erschrecken, wenn es nun zu einer Reform kommt, und zwar auch dann, wenn noch einiges geändert wird...
Man wird uns Kultusminister fragen, was habt ihr denn da angestellt? Es wird große Aufregung und viel Streit, sogar erbitterten Streit geben, und es würde mich nicht wundern, wenn er mit der Schärfe von Glaubenskämpfen ausgetra-gen würde...“
Zum 1.8.96 lief die RS-Reform in Bayern an! Es lebe die Rasenmäherpolitik!!!



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Norbert Schäbler
02.04.2001 20.58
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Schülerzeitung (Folge 6)

„Veto der Gesellschaft“

aus: Schülerzeitung Boh-ey, vom 19.06.97.
Ursprünglich vorgesehen auf Seite 29. Wegen Zensur veröffentlicht in Sonderbeilage „Rechtschreibreform life – live – läuft“.
Autor: Norbert Schäbler


Wer ist gegen die Reform?
Laut Umfrage von Meinungsforschungsinstituten sind mindestens 75 Prozent bis 90 Prozent der Bevölkerung gegen die Reform.
Aber die Reform ist da. Mehr als 50 Prozent haben folglich kapituliert. „Man kann die Reform nicht aufhalten“, sagen sie. Das sagen auch meine Kollegen.

Was sagen die aktiven Gegner?
Wer sind die überhaupt?
Dagegen sind 50 namentlich bekannte Bundestagsabgeordnete, die reklamieren, daß der Bundestag hätte entscheiden müssen.
Dagegen sind ungezählte Lehrer, die sich zur Initiative „Wir Lehrer gegen die Rechtschreibreform & für eine einheitliche, systematische Rechtschreibung“ zusammengeschlossen haben (Leitung: Manfred Riebe, Schwaig bei Nürnberg)
Dagegen sind darüber hinaus elf landes- und bundesweite Bürgerinitiativen, die miteinander Kontakt halten (Schüler, Eltern, Juristen...). Adressen der jeweiligen Initiativen können besorgt werden!
Dagegen sind 25 Prozent der Sprachwissenschaftler (Ickler, Veith, Stetter...)
Dagegen sind sogar zwei Reformer, die Mitglieder der Zwischenstaatlichen Rechtschreibkommission sind. Sie sollen als erstes zu Wort kommen.
Reformer Prof. Peter Eisenberg (Potsdam) erklärte am 3. Mai in der Talk-Show „Berliner Platz“ im Sender Freies Berlin: „Diese Rechtschreibreform gehört sprachwissenschaftlich auf den Müll!“
Reformer Prof. Horst Munske (Erlangen) formuliert in seinem Buch „Orthogra-phie und Sprachkultur“, daß dieses Kuckucksei zerstört werden müsse.
Prof. Theodor Ickler (Erlangen) schreibt in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (22.05.97) von mafiaähnlichen Verhältnissen, die im Internationalen Arbeits-kreis für Orthographie geherrscht haben müssen und kommt in seiner Broschüre „Die Rechtschreibreform auf dem Prüfstand“ zu der Erkenntnis, daß die Reform irreparabel ist.
Zu gleichen Erkenntnissen kommen die Sprachwissenschaftler Prof. Werner Veith (Mainz) und Prof. Christian Stetter (Aachen).
Die Reform ist laut Professor Ickler übersät mit Beliebigkeitsklauseln und angefüllt mit faulen Kompromissen, die sprachlich unannehmbar sind. Bei allen Bereichen
a) Laute und Buchstaben
b) Getrennt-, Zusammen- und Bindestrichschreibung ;
c) Groß- und Kleinschreibung
d) Zeichensetzung
e) Worttrennung (Silbentrennung)
handelt es sich schlichtweg um eine Mogelpackung, bei der die Schreiber nicht weniger, sondern eher mehr Fehler produzieren. Das hat die Lehrerinitiative zwischenzeitlich nachgewiesen, allen voran Studiendirektor Wolfgang Illauer, der Schüleraufsätze getrennt nach neuer und alter Schreibung bewertete.
– geändert durch Norbert Schäbler am 04.04.2001, 13:09 –
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Norbert Schäbler
02.04.2001 14.13
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Schülerzeitung (Folge 5)

„Vetogerecht?“

Einzeln sind hier meine Beiträge zur Rechtschreibreform in der Schülerzeitung Boh-ey 10 mit jeweiligem Titel aufgelistet. Artikel, die laut Veto der Schulleitung anrüchig sein könnten, werden auf dieser Internet-Seite im Original veröffentlicht. Selbstverständlich entbehren sämtliche Artikel eines Neuigkeitscharakters. Schließlich entstanden sie im Mai 1997.
Anrüchig oder nicht; fair oder foul – das sind hier die Fragen!

Aus dem Inhalt der Schülerzeitung „Boh-ey“ 10

S. 25: Neuregelung auf den Müll! (Anlage zu Folge 5)
S. 27: Was hält die Bevölkerung ...(statistische Erhebungen/verblieben in der Ausgabe)
S. 29: Wer ist gegen die Reform? (Folge 6)
S. 32: Gedankengänge von Kultusministern (Folge 7)
S. 33: Ein bißchen Inhalt (über Etymologie und die neue S-Laute-Regelung)
S. 34: Die Schrift ist nicht zum Schreiben da (Auszüge aus Friedrich Roemheld)
S. 36: Ich wette, daß die neue Schreibweise schwer fällt! (zwei Diktattexte)
S. 37: Was halten Lehrer von der sog. Rechtschreibreform? (Folge 8)
S. 70: Schlußgedanken (Folge 9)

Neuregelung auf den Müll!

Eine Reform ist normalerweise etwas Gutes. Sie dient dem Fortschritt – vor allem im Arbeitsleben. Wer nicht rationalisiert und reformiert, bleibt zurück und kann innerhalb kurzer Zeit seinen Laden dichtmachen. Folglich ist in der freien Wirtschaft nichts schlimmer als die Untätigkeit. Man darf nicht auf der Stelle treten.
Wirtschaftliche Denkgewohnheiten beherrschen unsere Leistungsgesellschaft. Ruhelosigkeit steckt alles und jeden an: sogar die Kultusminister.
Deren Aufgabe ist es, verehrungsvolle Pflege zu betreiben und die geistigen Errungenschaften zu wahren – eigentlich ein stockkonservativer Job! Für Fort-schritt bleibt da wenig Raum.
Trotzdem haben die Kultusminister aller deutschsprachigen Länder versucht, eine Reform auf den Weg zu bringen, die sog. Rechtschreibreform. Ich nenne sie, „den Versuch einer Neuregelung“, bzw. „die Deformierung der deutschen Sprache“.
Mein Verhältnis zu dieser Neuregelung ist damit geklärt. Ich bin ein erbitterter Gegner dieses Rechtschreibmachwerks. Das will ich im folgenden erläutern.
Vorab vier Thesen:
Die Neuregelung der Rechtschreibung durch die Kultusministerkonferenz ist ein Verstoß:
- gegen sprachliche Grundsätze
- gegen rechtliche und demokratische Grundsätze
- gegen haushaltsrechtliche Grundsätze
- gegen pädagogische Grundsätze
Ich bitte unsere Leser:
- die folgenden Berichte zur Rechtschreibreform zu lesen
- an der Unterschriftenaktion teilzunehmen
- gemeinsam die Neuregelung zu bekämpfen
Ich fordere die Kultusminister auf:
- zu ihrer Hauptaufgabe, der Wahrung des Kulturgutes, zurückzukehren
- die „Rechtschreibreform“ zu stoppen
Die Rechtschreibreform ist irreparabel. Sie hat ein sprachliches Chaos angerichtet. Zehn verschiedene Wörterbücher unterscheiden sich in über 1000 Fällen durch widersprüchliche Schreibweisen. Die Neuauflagen von Duden, Bertelsmann, Aldi, Eduscho, Wahrig ... sind jetzt schon überholt und Altpapier. Sie gehören genau wie die Reform auf den Müll!!

Diese und die folgenden Seiten geben die Meinung des Verfassers (Norbert Schäbler, Lehrer in... Tel...) wieder. Sie stimmt weitgehend überein mit der Meinung der bundesweiten Lehrerinitiative „Wir Lehrer gegen die RS-Reform & für eine einheitliche und systematische Rechtschreibung“. Wenn Sie in einer Initiative (Schüler, Eltern, Juristen, ...) aktiv mitmachen wollen, rufen Sie mich an!

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Norbert Schäbler
01.04.2001 17.03
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Schülerzeitung (Folge 4)

„Veto der Schulleitung“

An die Redaktion
der Schülerzeitung der
Volksschule...

17.06.97 (ausgehändigt am 20.06.97)

Die Herausgabe bzw. Verbreitung der neuesten Ausgabe der Schülerzeitung der Volksschule... wurde untersagt.
Begründung:
Nach Art. 63 (3) des Bay. EuG sind in einer Schülerzeitung die Grundsätze einer fairen Berichterstattung zu beachten; auf den Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule ist Rücksicht zu nehmen. Einige der vorgelegten Artikel wurden diesem Anspruch nicht immer gerecht. Zudem wird neben einigen unrichtigen Feststellungen und Anmerkungen, die Fehlverhalten der Schulleitung suggerieren, wiederholt das Recht der persönlichen Ehre verletzt. Schließlich unterliegen Inhalte einer Lehrerkonferenz der Geheimhaltungspflicht.

Ich bitte darum, besagte Ausgabe der Schülerzeitung zu überarbeiten, die vorgelegten Texte, soweit sie zur oben begründeten Ablehnung führten, durch sachgerechte Texte zu ersetzen und vor Veröffentlichung den neuen Entwurf vorzulegen.

Mit freundlichen Grüßen
(der Schulleiter)

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Norbert Schäbler
01.04.2001 06.51
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Schülerzeitung (Folge 3)

„Ein Eklat ist unausweichlich“

Der folgende Bericht paßt möglicherweise nicht so ganz in das Leitthema „Passiver Widerstand“, denn er handelt von einem sehr aktiven Schlagabtausch. Allerdings kann der Bericht sehr wohl begründen, warum es die meisten Lehrer vorzogen, passiv zu bleiben.

Im Mittelpunkt des Rückblicks steht die Veröffentlichung der Schülerzeitung Boh-ey, Ausgabe 10, die am 19.06.1997 erschien. Eine Chronik der Ereignisse und die bisher aufgezählten Hintergründe (nachzulesen in „Schülerzeitung Folgen 1 und 2“ sowie „Briefwechsel mit Schulamt, Regierung und Ministerium“) dokumentieren, warum ein Eklat unausweichlich war.

Unbeantwortet bleiben die äußerst wesentlichen Fragen der Schulbehörde:
„Kann und darf eine Schülerzeitung zur Plattform einer politischen Auseinandersetzung (z.B. über das Thema Rechtschreibreform) werden?“
„Ist eine Schülerzeitung ausschließlich den Schülern vorbehalten, oder dürfen hier auch Kommentare schulnaher Personen erscheinen?“
„Inwieweit spielen Abhängigkeit bzw. Hörigkeit eine Rolle, wenn Schüler sich einer Idee der ihre Schülerzeitung betreuenden Lehrkraft anschließen?“
In der Beantwortung obiger Fragen bezogen Behörde und ich gegensätzliche Standpunkte.

Die Chronik der Ereignisse.
März 1997: Redaktioneller Beginn der zweiten Schülerzeitungsausgabe. Ankündigung bei der Schulleitung, daß „Rechtschreibreform“ Schwerpunktthema sein würde. Ab April wöchentlich mehrmalige Unterrichtung des Rektors über den Stand der RSR. Teile der späteren Veröffentlichung werden vorgelegt.
09.05.97: Ankündigung von Aktionen gegen die RSR an das Schulamt (bis Mitte Juni ignoriert).
12.05.97: Unterrichtung des Lehrerkollegiums zur RSR in einer Dienstbesprechung (eigener Redebeitrag von 9.20 bis 9.30 Uhr. Vorstellung und Auslage der Peil'schen Liste und T. Icklers Broschüre „Rechtschreibreform auf dem Prüfstand“). Beginn der ständigen Veröffentlichung diverser Zeitungsartikel am Schwarzen Brett.
17.05.97: Beginn der Pfingstferien in Bayern. (Zeit zur Erstellung mehrerer Berichte für die Schülerzeitung/01.06. Ende der Pfingstferien).
31.05.97: Gründung des Vereins für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege. Vertiefung der Zusammenarbeit mit Manfred Riebe, der vorgesehene Schülerzeitungsartikel redigiert.
04.06.97, 7.45 bis 17.45 Uhr: Abschlußkonferenz der Schülerzeitung. Erkundigung des Rektors über Berichte zum Thema „Rechtschreibreform“. Der Bitte, mich aufgrund des Termindrucks zur Einsichtnahme in den Informatikraum zu begleiten, wird nicht entsprochen.
05.06.97: Übergabe der Manuskripte an Fa. Offset Druck Müller, Aschaffenburg.
Aushang der Petitionsliste an den Deutschen Bundestag.
06.06.97: Unverbindlicher Hinweis des Rektors, Informationen und Unterschriftenlisten gegen die Rechtschreibreform abzuhängen.
09.06.97: Zufällige Anwesenheit des Schulrates. Diskussion über die RSR im Beisein von 20 Lehrern. Die öffentliche Kampfansage gegen die RSR beantwortet der Schulrat mit eigener Loyalitätserklärung.
10.06.97: Ankündigung der Fa. Müller, die Schülerzeitung könne am 13.06.97 ausgeliefert werden.
11.06.97: Rigorose Forderung des Rektors, Petitionslisten abzuhängen. Scharfe Diskussion initiiert die zusätzliche Forderung des Rektors, Manuskripte der Schülerzeitung einsehen zu wollen. Diese werden zusammen mit einem Gesuch, das Aushangverbot schriftlich zu bestätigen, per Fax zugestellt.
12.06.97, 7.45 Uhr: Anruf des Rektors bei Fa. Müller, den Druck der Schülerzeitung sofort anzuhalten.
10.35 Uhr: Eröffnung des Rektors, daß Druck der Schülerzeitung gestoppt sei. Verhandlungen über weiteres Vorgehen: Zur Debatte stand u.a. die Unkenntlichmachung des Textes durch einen sog. Zahlenspiegel. Rektor verlangt schließlich Ersatz durch neue Artikel.
15 Uhr: Einberufung der Schülerzeitungsredakteure (durch mich). Photograph der Süddeutschen Zeitung besucht Schülerzeitungskonferenz. Anschließende Produktion von drei neuen Textseiten. Hinzufügen weiterer drei Seiten aus älteren Schülerzeitungsausgaben. Antrag, das Schulforum wegen der Vorfälle einzuberufen, findet in der Schülerzeitungsredaktion keine Mehrheit.
17.20 Uhr: Aufhebung des Fertigungsstops (durch mich). Aushändigung der Ersatzseiten an Fa. Müller.
13.06.97: Größerer Bericht über meine Aktivitäten gegen die RSR erscheint in der Heimatzeitung, „Main-Echo“. Erklärung vor dem Lehrerkollegium zum Thema Pressezensur.
Rechtfertigung der Schulleitung bzgl. ihres Vorgehens vor den neunten Klassen. Forderung der Schüler, Einwände gegen Schülerzeitung schriftlich zu formulieren.
15.06.97: Fax an Schulamt mit der Forderung, das Aushangverbot schriftlich zu bestätigen.
17.06.97: Anweisung der Regierung zu einem Führungsgespräch.
18.06.97: Antritt zum Führungsgespräch in Würzburg.
19.06.97: Bericht in Süddeutscher Zeitung über Schülerzeitung. Beginn des Verkaufs der zensierten Schülerzeitung. Geschäftsinhaber bzw. Inserenten der Schülerzeitung vertreiben eine Sonderbeilage mit Berichten gegen die Rechtschreibreform.
Schriftliche Bestätigung des Schulamts bzgl. Aushangverbot.
20.06.97: Aushändigung der schriftlichen Begründung der Schülerzeitungszensur durch den Rektor.
Schriftliche Rückmeldung über das Führungsgespräch an die Regierung mit Anlage der Schülerzeitung nebst Sonderveröffentlichung.
28.06.97: Bericht in den Nürnberger Nachrichten über Schülerzeitung.
17.07.97: Androhung disziplinärer Verfolgung durch die Regierung von Unterfranken.
24.07.97: Rückmeldung zur Androhung disziplinärer Verfolgung.

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Stephanus Peil
31.03.2001 12.28
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Lämpel als Vater - Folge 9

Herr Regierungsschuldirektor Knirsch ist der Meinung, daß das Verhalten der Schule von Isabell Lämpel in keiner Weise zu beanstanden sei. Dies widerspricht Vater Lämpels Auffassung, deshalb beantwortet er Knirschs Schreiben wie folgt:

1. April 2001
Aufklärung der Eltern über die geltende Rechtslage in bezug auf die Rechtschreibreform
Ihr Schreiben vom 15.3.2001, Ihre Zeichen 35 – 51 301

Sehr geehrter Herr Regierungsschuldirektor Knirsch,

vielen Dank für Ihre rasche Antwort auf meinen Brief vom 5.3.2001 und Ihre Klarstellung, daß die Verwendung von bisherigen Schreibweisen nicht als Fehler gewertet werden darf. Damit haben Sie indirekt meine Haltung bestätigt, daß eine Vereinbarung zwischen einem Lehrer und Schülern mit dem Ziel, nur noch neue Schreibungen zuzulassen, die Verwaltungsvorschrift nicht außer Kraft setzt und deshalb nichtig ist. Doch darum ging es erst in zweiter Linie.

In erster Linie geht es um die Frage:
Wird an der Schule meiner Tochter gemäß diesen Vorschriften verfahren?

Aus der traurigen Chronik in der Anlage des Briefes lese ich folgendes heraus:

  • Der Lehrer meiner Tochter, Herr Strohkopf, vertritt hinsichtlich der Rechtschreibung eine Position, die nicht mit den geltenden Vorschriften zu vereinbaren ist.
  • Herr Strohkopf glaubte, sich rechtlich abzusichern, indem er Schüler einer 9. Klasse, die über die Notengebung von ihm abhängig sind, in einer „Abstimmung“ seine Position bestätigen ließ.
  • Der Schulleiter deckt dieses Vorgehen und wirbt sogar noch dafür, es durchzusetzen und zu akzeptieren.
  • Gleichzeitig weigert er sich, zu Einwänden gegen dieses Vorgehen schriftlich Stellung zu beziehen.

    Meine Bedenken, ob die Verwaltungsvorschrift über die „Neuregelung der deutschen Rechtschreibung“ an der Realschule meiner Tochter korrekt angewendet wird, sind alles andere als beseitigt, da die obigen Verhaltensweisen eher darauf abzielen, dies nicht zu tun.
    Das Bekanntmachen der Rechtslage durch einen Elternbrief scheint mir vor diesem Hintergrund nahezu geboten, denn bisher erfolgte eine Klarstellung nur durch Sie (nicht durch die Schule) und nur mir gegenüber (und nicht gegenüber allen Betroffenen). Alle Kinder glauben noch, die „Vereinbarung“ befolgen zu müssen. Alle Eltern glauben noch, daß an der Schule ihres Kindes neue Regeln gelten, die sie befolgen müssen, wenn sie sich nicht dem Vorwurf aussetzen wollen, nicht konstruktiv mit der Schule zusammenzuarbeiten. Welche Verunsicherung fürchten Sie? Entweder ist die Rechtslage, wie Sie schreiben, seit Jahren allen bekannt (warum dann eigentlich nicht auch Lehrer Strohkopf?), dann wird eine bekannte Information kaum Verunsicherung verursachen (allenfalls Verwunderung, weshalb sie nochmals erfolgt). Ist sie dagegen nicht bekannt, dann sollte es im Interesse der Verwaltung eines demokratisch verfaßten Staates stehen, seinen Bürgern die geltenden Regeln zu vermitteln. Helfen Sie doch einfach mit, den Eindruck zu vermeiden, dies würde unterlassen, um jene zu unterstützen, die ungestört dagegen verstoßen wollen. In diesem Elternbrief soll doch nur die geltende Rechtslage dargestellt und unmißverständlich klargestellt werden, daß Verstöße, Umgehungen durch scheindemokratische, aber rechtlich wirkungslose Abstimmungen etc. nicht geduldet werden, was eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte.

    Ich kann nicht erkennen, daß die Gründe für meine Forderungen an die Schulleitung in meinem Brief vom 7.1.01 entfallen sind:

  • Der Beschluß der Klasse 9 wird in der gleichen Form, also öffentlich vor der Klassengemeinschaft, die ihn faßte, aufgehoben bzw. für unwirksam erklärt, weil ihm die Rechtsgrundlage fehlte.
  • Die geltende Rechtsgrundlage (Wahlfreiheit der Schreibungen bis zunächst 2005) wird den Schülern und ihren Eltern schriftlich mitgeteilt, weil aus den Erzählungen ihrer Kinder ein anderer Eindruck entstanden sein könnte.
  • Eine Benachteiligung von Schülern, die – ihren Überzeugungen folgend – die bisherigen Schreibungen verwenden, wird in einer Erklärung von Herrn Strohkopf vor der Klasse ausgeschlossen.

    Erlauben Sie mir, zum Schluß noch auf einige Ihrer zusätzlichen Bemerkungen eingehen zu dürfen.

    1) Sie erwähnen, daß die Einführung der Neuregelung immerhin schon 6 Jahre zurückläge. In den meisten Schulen des Landes Rheinland-Pfalz wurde im Schuljahr 1996/97 mit der vorzeitigen Erprobung begonnen (ursprünglich war das Schuljahr 1998/99 als Start vorgesehen). Gerechnet ab dem Termin der vorzeitigen Einführung sind vier Jahre vergangen (96/97, 97/98, 98/99, 99/00). Gegenwärtig (Schuljahr 00/01) befinden wir uns im fünften Jahre der Erprobung – andere Schulen sogar erst im dritten Zyklus.
    2) Sie befürchten, daß ein ständiger Wechsel zwischen der alten und neuen Schreibweise pädagogisch in höchstem Maße verwirrend und bedenklich wäre. Dies trifft für absolute Schreibanfänger, also die jüngeren Schüler, sicher zu. Doch über 90 Prozent des Bücherbestandes außerhalb der Schule liegen in traditioneller Schreibung vor. Diese Bücher können doch nicht nur deshalb den Schülern vorenthalten werden, weil sie in „alter“ Rechtschreibung verfaßt sind, d.h. lesende Schüler kommen ohnehin mit mehreren Schreibweisen in Berührung. Selbst von der Schule erhält meine Tochter des öfteren Arbeitsblätter in konventioneller Orthographie.
    3) Sie vertreten den Standpunkt, daß es nicht Aufgabe der Schule sei, eine Diskussion über den Sinn einer Neuregelung der Rechtschreibung zu führen. Wer eigentlich dann soll eine Diskussion über den Sinn von Neuregelungen jedweder Art führen, wenn nicht die Betroffenen selbst?
    Mir liegt an einer konstruktiven Zusammenarbeit mit der Schule schon im Interesse meiner Tochter. Aber auch die Schule muß ihren Teil beitragen, und dazu gehört die Beachtung der Spielregeln. Dies sicherzustellen, und zwar nicht nur mir gegenüber, sondern auch gegenüber allen anderen, die sich vielleicht nicht so intensiv mit der Materie beschäftigt haben, darum möchte ich Sie bitten. Dazu sehe ich die oben aufgestellten Forderungen an die Schule angesichts der gezeigten Verhaltensweisen als hilfreich und geeignet an.

    Mit freundlichen Grüßen
    Fridulin Lämpel

    Anlage: zusammengefaßte Chronik der Ereignisse

    Chronik der Ereignisse

    8.11.2000: Der Lehrer meiner Tochter, Herr Strohkopf, wird von mir telephonisch auf einen gekennzeichneten und gezählten Fehler aufmerksam gemacht, der laut der Verwaltungsvorschrift vom 16. August 1996 nicht als Fehler gewertet werden darf – an sich eine Nichtigkeit, die zu allem Überfluß nicht mal Auswirkungen auf die Note hatte. Der Lehrer weigert sich, dieses zu korrigieren.
    8.11.2000: Aufgrund dieser Weigerung erfolgt ein Anruf beim Schulleiter, der die Angelegenheit prüfen will.
    9.11.2000: Lehrer Strohkopf führt in der Klasse meiner Tochter eine „Abstimmung“ durch, mit der festgelegt werden soll, daß künftig Diktate nur noch nach der neuen Rechtschreibung zu korrigieren sein sollen.
    15.11.2000: In einem Brief an den Schulleiter, Herrn Feigenhansel, erläutere ich ihm den Grund meiner mündlichen Beschwerde vom 8.11.2000. Ich teile ihm auch mit, worüber in diesem Zusammenhang in der Klasse meiner Tochter abgestimmt wurde und stelle die Frage nach der Zulässigkeit.
    20.12.2000: In dem Antwortschreiben des Schulleiters bestätigt er die erfolgte Korrektur der Fehlerzahl, wendet also die Verwaltungsvorschrift korrekt an. Gleichzeitig ergeht folgende Bitte an mich: „Zukünftig bitte ich auch Sie herzlich, uns bei der schulischen Arbeit zu unterstützen und auch bei der Durchsetzung der Vereinbarung mit der Klasse Ihrer Tochter zu helfen. Mit der Lerngruppe wurde vereinbart, dass, nachdem entsprechende Teile des neuen Regelwerks besprochen und geübt wurden, die geänderte Rechtschreibung unbedingt anzuwenden ist.“ Im zweiten Satz glaubt er also, eben diese Verwaltungsvorschrift durch eine „Abstimmung“ in der Klasse aushebeln zu können (und bittet mich noch um Unterstützung dabei). Damit wird durch den Schulleiter die Verletzung dieser Vorschrift nicht nur geduldet, sondern ausdrücklich gebilligt.
    7.1.2001: In einem Schreiben wird der Schulleiter darauf hingewiesen, daß nur solche Maßnahmen Unterstützung verdienen, die geltenden Gesetzen und Verordnungen entsprechen. Er wird gebeten, die „Abstimmung“ für nichtig zu erklären und den Beteiligten (Eltern wie Schüler) die geltende Rechtslage schriftlich mitzuteilen.
    9.1.2001: Die Schulleitung lädt ein „zu einer finalen Aussprache über den Disputgrund und ... die aufgestellten Forderungen“.
    11.1.2001: Brief an die Schulleitung mit der Bitte, zuvor eine schriftliche Stellungnahme abzugeben. Dieser Bitte wird auch nach Erinnerungsschreiben vom 4.2. und 18.2.2001 nicht entsprochen.
    19.2.2001: Mündliche Mitteilung an meine Tochter, daß mit einer schriftlichen Reaktion nicht zu rechnen sei. Kurioserweise bezieht sich diese Verweigerung sogar darauf, mir lediglich den Eingang meines Schreibens zu bestätigen.
    5.3.2001: Mein Schreiben an Sie


    – geändert durch Stephanus Peil am 02.04.2001, 13:49 –

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    Christian Melsa
    23.03.2001 20.12
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    Lämpels Diskurs über denselben und wünschenswerter Pädagogik

    Ich würde der Aufsichtsdirektion sinngemäß folgendes antworten:

    „Pädagogisch in höchstem Maße verwirrend und bedenklich ist zudem ein ständiger Wechsel zwischen der alten und neuen Schreibweise“

    Pädagogisch in hohem Maße bedenklich ist die Erziehung der Schüler zu Unmündigkeit und Kadavergehorsam, indem in einem sehr umstrittenen Thema die Entscheidung des individuellen Schülers zur offen vorgetragenen und auch praktizierten Meinung, die nebenbei auch der der Bevölkerungsmehrheit entspricht, faktisch unterdrückt wird. Die alte Rechtschreibung wird offensichtlich gar nicht mehr unterrichtet, so daß sich die Betroffenen nicht nach Abwägung der Tatsachen eigenverantwortlich entscheiden können, ob sie die Reform mitvollziehen wollen. Es mag umständlich sein, die Rechtschreibung in der Schule zweigleisig zu fahren, genau deswegen war es ja so hinterlistig, die Reform dort vorschnell und ohne Duldung von Widerrede einzuführen. Der Konflikt war vorherzusehen, zwar hervorgerufen durch die Reform, doch die wurde ja mit dem Axiom der Irreversibilität etikettiert, es soll also immer wieder gebetsmühlenhaft wiederholt werden, daß an ihrer Einführung und Beibehaltung unter keinen Umständen zu rütteln sei, sie soll so unabwendbar erscheinen wie eine Sonnenfinsternis. Normalerweise würde es sonst ja naheliegen, das Objekt, das eine Störung verursacht, zu entfernen, um somit auch die Störung zu beseitigen. Doch diese Herangehensweise ist für die Schullenker anscheinend viel zu klug.

    „Im übrigen [sic!] ist es nicht Aufgabe der Schule, eine Diskussion über den Sinn einer Neuregelung der Rechtschreibung zu führen. Diese Diskussion muss an anderer Stelle Raum greifen.“

    Dieser Mensch scheint nicht zu merken, daß die mit ihm geführte Diskussion ja gar nicht in der Schule stattfindet, sondern außerhalb jedes Unterrichts zwischen einem Elternteil und einem Mitglied der Schulaufsicht. Dieses Thema läßt sich gar nicht völlig unabhängig von Schule anpacken, da diese ja gerade der zentrale Erfüllungsgehilfe des Schriftsprachputsches ist. Von der Anwendung der Neuregelung in der Schule geht schließlich alles andere aus, sie ist der Acker, auf dem die Reform wachsen, der Infektionsherd, von dem aus sie sich ausbreiten soll (neben den aus dieser Lage heraus unterworfenen Medien). Was mit dem zitierten Satz ausgedrückt wird, ist analog zu der Behauptung, man dürfe sich über Kriegsdienstverweigerung bloß nicht mit wehrpflichtigen Einzugskandidaten unterhalten, das könnte sie ja verwirren (ich kann mich übrigens noch gut an die Manipulationsversuche von Bundeswehrmitarbeitern im Kreiswehrersatzamt nach der Musterung erinnern, die mich mehr oder weniger subtil davon abbringen wollten, von meinem Grundrecht der Verweigerung Gebrauch zu machen – ich wurde sogar danach gefragt, was ich von den Grünen hielte, „langhaarige Affen“ war die Einschätzung des Gesprächsleiters, der von zwei Beisitzern flankiert mir Einzelnem gegenübersaß; früher waren diese Unterredungen wohl noch um einiges einschüchternder, obwohl das Grundgesetz auch damals schon eindeutig war). Offenbar sollen die Kinder heutzutage wirklich zu Untertanenzombies erzogen werden, Diskussion über gesellschaftliche Themen, die sogar die eigene Situation an der Schule direkt betreffen, sollen unterbunden werden. Das alles trägt die Merkmale eines totalitären Staates, in dem keine freie Meinungsäußerung erwünscht ist und staatliche Indoktrination betrieben wird. Genau diese Situation herrscht in den Schulen Deutschlands zumindest zum Thema Neuschrieb. Die KMK, die sogar Helmut Kohl als „reaktionärste Einrichtung der Bundesrepublik“ bezeichnete, scheint mit ihren Methoden nicht mit der geltenden Gesellschaftsordnung in Einklang zu bringen sein. Leider ist sie gerade ausgerechnet für Erziehung und Bildung des Nachwuchses zuständig, kann so also (vielleicht unbewußt), die eigentliche Staatsordnung unterlaufend, Generationen mit letztlich prehumanistischen Werten ausstatten. Diejenigen Schüler, die die Diskrepanz zwischen Grundgesetz und Realität in dieser Sache erkennen, werden andererseits nicht gerade zu Respekt vor einer Autorität ermuntert, wenn die Doppelmoral dieser Autorität deutlich sichtbar ist.

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    Norbert Schäbler
    23.03.2001 17.10
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    Schülerzeitung (Folge 2)

    Die Weichen werden gestellt

    Turbulent hatte das Schuljahr 1996/97 an unserer Grund- und Hauptschule begonnen. In der Lehrerkonferenz war beschlossen worden, die Einführung der neuen Rechtschreibung um zwei Jahre vorzuziehen.
    Auch auf der rekrutierenden Sitzung des Schülerzeitungsjahrgangs wurde ein Entschluß gefaßt. Und da waren die Schüler einheitlich dafür, vorerst bei der alten Rechtschreibung zu bleiben und sich des Problems Rechtschreibreform ausschließlich in der Berichterstattung anzunehmen. Ausnahmsweise wurden für das laufende Schuljahr zwei Schülerzeitungsausgaben geplant. Das Team (vorwiegend Schüler der 9. Jahrgangsstufe) hatte Ehrgeiz.
    Die erste Ausgabe sollte bereits im Dezember erscheinen mit dem Schwerpunktthema „Religion“; die zweite Ausgabe war für Juni angesagt mit dem Schwerpunkt „Rechtschreibreform“.
    Allerdings sollte auch schon die Dezemberausgabe einen Hinweis auf die Neuschreibung enthalten. Deshalb wurde ein Schüler der sechsten Jahrgangsstufe beauftragt, die Einstellung der Lehrer an der Schule zu ergründen.

    Mit der Fragestellung: „Wie stehen Sie zur Rechtschreibreform?“ wandte sich unser sachbearbeitender Schüler im Oktober 1996 an 28 Lehrkräfte unserer Schule.
    Ich selbst, als Leiter der Schülerzeitung, hielt mich mit Informationen und Tips zurück, um die Fragestellung, die Durchführung und letztlich auch die Ergebnisse der Umfrage nicht zu beeinflussen. Auch als Interviewpartner trat ich nicht in Erscheinung und äußerte mich auch nicht im Kollegenkreise, so lange die Umfrage lief.
    Mir selbst war das spätere Ergebnis „Wasser auf die Mühle“, denn es zeigte ziemlich präzise den damaligen Wissensstand und zudem ein großes Maß an Ablehnung der vorliegenden Schreibreform.
    Die Erkenntnisse, die der Schüler im Laufe der Umfrage gewann, wurden bewußt nicht richtiggestellt, und auch das Nachwort des Schülers, „eine sehr verwaschene eigene Stellungnahme“, wurde ohne jegliche Veränderung veröffentlicht.


    Aus der Schülerzeitung „Boh-ey“ 9, S. 12/13
    (Die Namen der Lehrkräfte wurden aus Datenschutzgründen durch Buchstaben ersetzt.)

    „Sie kommt, und niemand kann sie vermutlich aufhalten.
    Die Erstkläßler bekommen sie schon gelernt, obwohl die Bücher in manchen Punkten genau das Gegenteil besagen. Die Sprache ist von der neuen Rechtschreibreform.
    Im Jahre 2002 geht's los.
    Was die Lehrer dazu sagen, sieht man an den untenstehenden Aussagen.

    A: Dafür, weil viele unlogische Ausnahmen wegfallen.
    B: Dagegen, zu große Umstellung.
    C: Dafür, z.B. Kommasetzung übersichtlicher, Bereich der „S“-Schreibung besser.
    D: Dafür, wobei viel zu verbessern ist.
    E: Miserabel, Verwirrung bei Schülern und Lehrern.
    F: Nicht so wichtig.
    G: Dagegen, nicht nötig, zu große Umstellung
    H: Nicht gut, zu große Umstellung.
    I: Einstellung wenn nötig, beide Formen sind unlogisch.
    J: Erleichterung für kleinere Kinder.
    K: Teils gut, teils schlecht.
    L: Dafür, aber die ganze Aufregung ist lächerlich.
    M: Viel vereinfacht, aber trotzdem noch viele Ausnahmen.
    N: Dagegen, aber weil er Lehrer ist, ist er dafür.
    O: Dagegen, außer die Trennung und Doppel „S“, vieles nicht leichter.
    P: Es gibt noch zu viele Ausnahmeregelungen.
    Q: Gut, ein paar Regeln klarer. Nicht gut, auf zwei Weisen schreiben zu können.
    R: Allgemein ist sie angebracht, hätte aber noch konsequenter durchgeführt werden können.
    S: Schwere Umstellung.
    T: Wenn man Fehler vermeiden kann, ist es gut. Kulturelle gewachsene Regeln sollen bleiben.
    U: Dagegen, einfacher wenn die Rechtschreibung gleich bleibt.
    V: Erleichtert nichts, wird schwerer.
    W: Habe mich schon daran gewöhnt. Die Erwachsenen fühlen sich im Nachteil, weil sie Regeln schwerer zu lernen haben.
    X: Eine Erleichterung für die Kinder.
    Y: Von einer Reform würde ich viel halten, wenn es eine gute Reform wäre.
    Z: Manches ganz gut. Regeln mit dem „SZ“ schlecht gelöst. Persönliche Anreden klein – nicht gut.
    Ä: Halbherzig. Dafür, sollte aber noch weitergehen.
    Ö: Für die 1. Klasse eine Erleichterung, kostet aber zuviel Geld.

    Wie man sieht, gibt es Stimmen dafür und dagegen, aber letztendlich solltest Du selbst wissen, was Du am besten findest.
    Ich als Schüler finde die Reform nicht schlecht, da die Sache mit dem „S“ eine große Erleichterung ist. Noch profitieren die Schüler davon, da man die alte und die neue Schreibweise verwenden darf.“

    __________________
    nos

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    Norbert Schäbler
    22.03.2001 16.35
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    Schülerzeitung (Folge 1)

    „Es braut sich etwas zusammen“

    Große Ereignisse warfen schon immer ihre Schatten voraus, und da bildete die sogenannte Rechtschreibreform keine Ausnahme. Sie hatte in Bayern ihre eigenen Schicksalskünder: zum einen das „Kruzifix-Urteil“, zum anderen die bevorstehende Lehrplanumstellung. Fast versteckt hinkte die RSR hinterher und entfaltete ein ungeahntes Kräftepotential.

    Auch ein leibhaftiger Prophet war aufgetreten: Kultusminister Zehetmair. Er hatte im Spiegelinterview vom 11.09.95 „Glaubenskämpfe“ angekündigt.
    Nur, die blieben in Bayern aus – ausgerechnet dort, wo man bislang immer eigene Wege der Kulturpolitik gegangen war, wo man sich niemals hatte ideologische Fesseln anlegen lassen. Ein durchaus seltsamer Tatbestand!

    Ein böser Verdacht drängte sich auf, ein Verdacht, der sich im Rückblick erhärtet, der Verdacht, daß diese Rechtschreibreform ein bis ins kleinste Detail vorbereitetes Unternehmen war.
    Der Kontext der Ereignisse liefert einige Steinchen für das fertige Mosaik.

    Da war zunächst die Bindung entscheidender Kräfte, denn bayernweit herrschte damals Aufruhr über den Antrag eines Vaters aus Bruckmühl (bei Rosenheim), der 1996 die Entfernung eines Schulkreuzes im Klassenzimmer seiner Tochter erwirken wollte und bis vor das Verwaltungsgericht in München gezogen war. Jener Vater führte den „echten“ Glaubenskampf – sogar einen Kompromißvorschlag (Versetzung seiner Tochter in eine Parallelklasse ohne Kreuz) hatte er ausgeschlagen. Im Vergleich dazu konnte die RSR in Bayern niemals die Dimension einer Glaubensfrage erreichen. Dieses Thema war besetzt.
    Hinzu kam die Fesselung der Hauptschullehrkräfte, die sich im Schuljahr 1996/97 mit der bevorstehenden Lehrplanänderung befassen mußten. Mehrere Nachmittagsveranstaltungen wurden anberaumt, um die neuen Fächerverbindungen „GSE“ (eine Kombination aus Geschichte/Sozialkunde/Erdkunde) und „PCB“ (Physik/Chemie/Biologie) kennenzulernen.
    Verwunderlich dabei, daß bis zum heutigen Tage nicht eine einzige Fortbildungsveranstaltung in Sachen Rechtschreibung stattfand.
    Ebenso seltsam, daß die Lehrplanumstellung zwangsläufig zur Anschaffung neuer Bücher führte, die vom Kultusministerium selbstverständlich nur noch in Neuschreibung als lehrmittelfrei erklärt wurden.
    Und merkwürdig auch der Umstand, daß die Stundentafel durch diese Lehrplanänderung für die Klassen 7 bis 9 plötzlich zwei bis drei Stunden weniger aufwies.
    Für die Elternverbände bestand somit eher ein Grund, gegen diese Stundenreduzierung zu kämpfen, als sich gegen den Rechtschreiberlaß zu wenden, der klammheimlich Fakten schuf.

    Und schließlich war ja da noch der Kultusminister selbst, der sich selbstredend in die Presche warf und für „sein Volk“ einen Stellvertreterkrieg entfachte, der wieder einmal dem Rest der Republik die bayerische Besonderheit und Lauterkeit vor Augen führte.
    Zehetmair war es, der kurz vor dem Zustandekommen der Wiener Absichtserklärung Veto einlegte und noch einmal 35 Wörter ändern ließ, was den Dudenverlag beinahe in den Ruin trieb, weil hier die Produktion des Wörterbuches bereits vom Stapel gelaufen war.

    Ja, Bayern hat sich gewehrt, bis zur letzten Patrone, mit Mann und Maus, mit Haut und Haar.
    Und Bayern blieb fortschrittlich. Bereits am 2. Juli 1996 unterzogen sich die Hauptschüler im gesamten Freistaat der besonderen Leistungsfeststellung zum Erwerb des qualifizierenden Hauptschulabschlusses im Fachbereich Deutsch. An selbigem Tag schrieben die Entlaßschüler zwischen 8.30 und 9.00 das Diktat mit dem Titel „Teufelskreis Kinderarbeit“, und: dieses Diktat wurde – und das dürfte der allererste Fall in der Bundesrepublik gewesen sein – nach den Regeln alter und neuer Rechtschreibung korrigiert. Da lediglich einen Tag zuvor das neue Bertelsmann-Wörterbuch erschienen war, kamen zusätzliche alternative Korrekturhinweise direkt aus München – unvollständig zwar, aber reform- und linientreu.

    Ich leitete damals eine neunte Jahrgangsstufe und hatte meine Schüler seinerzeit über die bevorstehende Reform aufzuklären. Durch ministerielles Rundschreiben war diese Aufgabe für Klassenlehrer der neunten Jahrgangsstufe verpflichtend gemacht worden. Ich hatte aufgeklärt, u.a. in einer kritischen Stunde in Anwesenheit des Schulrates (März 1996), wobei der Schulrat eine Stellungnahme vor der Klasse trotz Aufforderung verweigert und meine Kritik niemals weitergemeldet hatte...
    Ich war also damals persönlich betroffen im doppelten Wortsinne. Ich war fortan auch im Bilde über den aktuellen Stand der Debatte, das Tagesgeschehen und Fragen der Loyalität...

    Die Eröffnungskonferenz des Schuljahres 1996/97 brachte einen weiteren Höhepunkt. Hier stimmten die Lehrer darüber ab, ob an meiner Schule frühzeitig mit dem Unterrichten der Neuschreibung begonnen werden sollte (ursprünglich war ja der Termin 01.08.98 vorgesehen gewesen). Unsere Lehrerkonferenz entschied sich für die vorzeitige Einführung, denn Gegenargumente, daß die neue Rechtschreibung in der Gesellschaft Wirbel auslöse, wurden sehr schnell vom Tisch gewischt.
    Zwei Argumente sorgten statt dessen für satte Mehrheitsverhältnisse. a) In anderen Bundesländern hat man bereits begonnen. b) 1998 kommt die Neuschreibung sowieso. Warum sollten wir also zwei Jahre verschenken?

    Also führten wir ein! In Unkenntnis der Sache! Als Information diente ein zweiseitiger sogenannter Elternbrief (wird demnächst in diesem Forum präsentiert – bis heute ist die Herkunft unklar), der die Reform bagatellisierte und sie anpries wie eine warme Semmel. Das eigentliche Arbeitswerk das „Amtsblatt des Bayerischen Staatsministeriums ... (KWMBI I 1996 So-Nr.1/1996)" wurde uns Ende September ausgeteilt. Wenige Tage später kam es auf der Buchmesse zur sogenannten Frankfurter Erklärung der Schriftsteller, Verleger und Wissenschaftler...

    Für einen Großteil der bundesrepublikanischen Lehrerschaft war das tatsächlich „zu spät“, hatten sie sich doch selbst ins Netz verstrickt, durch so etwas ähnliches wie ein „Pogrom“.
    „Pogrom“ deshalb, weil die Meute aus eigenen Stücken wild geworden war – irgendwo saßen auch ein paar Einpeitscher – und weil kein amtlicher Befehl vorlag.

    Welch ein Konflikt? Welch ein politischer Zündstoff? Zeitungen berichteten nahezu täglich in mehrspaltigen Kolumnen.
    Und ich war Leiter einer Schülerzeitung und zwar im verflixten siebten Jahr!


    __________________
    nos

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    Manfred Riebe
    21.03.2001 13.17
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    Lämpelsche Informations- und Meinungsfreiheit

    Stellungnahme zum Schreiben des Regierungsschuldirektors

    1. Recht auf Akteneinsicht

    Herr Lämpel hat Anspruch auf Einblick in die Stellungnahme des Schulleiters der Realschule Feigerhansel sowie auf eine Kopie davon.

    2. Verbot von Information und Diskussion?

    Der Regierungsschuldirektor schreibt: "... ist es nicht Aufgabe der Schule, eine Diskussion über den Sinn einer Neuregelung der Rechtschreibung zu führen.“ Diese Aussage erweckt den Eindruck, als sei bei dem Herrn Regierungsschuldirektor die Zeit beim Obrigkeitsstaat stehengeblieben und als gelte das Grundrecht auf Informations- und Meinungsfreiheit nicht, weil sich der Schüler in einem besonderen Gewaltverhältnis befinde. Der Regierungsschuldirektor lehnt einen „Elternbrief allen Eltern“ ab, da es sich „in diesem Fall um eine seit Jahren eingeführte Rechtslage handelt und Eltern durch eine flächendeckende Information eher verunsichert würden.“

    3. Konstruktive Zusammenarbeit mit gehorsamen Untertanen?

    Damit geht der Regierungsschuldirektor vom Bild eines gehorsamen Untertanen und nicht von dem eines mündigen Staatsbürgers aus. Er tut er so, als gelte das Grundrecht auf Informations- und Meinungsfreiheit nicht. Es ist daher scheinheilig, wenn der Regierungsschuldirektor um eine „konstruktive Zusammenarbeit mit der Schule“ bittet.

    4. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur neuen Beliebigkeitsschreibung

    Der Regierungsschuldirektor schreibt: „Pädagogisch in höchstem Maße verwirrend und bedenklich ist zudem ein ständiger Wechsel zwischen der alten und neuen Schreibweise. Dann entsteht tatsächlich das von Ihnen in Ihrem Brief am 15.11.2000 beklagte „Rechtschreibechaos“.“
    Im Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Rechtschreibreform vom 14. Juli 1998 heißt es jedoch: „Soweit dieser Regelung rechtliche Verbindlichkeit zukommt, ist diese auf den Bereich der Schulen beschränkt. Personen außerhalb dieses Bereichs sind rechtlich nicht gehalten, die neuen Rechtschreibregeln zu beachten und die reformierte Schreibung zu verwenden. Sie sind vielmehr frei, wie bisher zu schreiben.“ (Bundesverfassungsgericht: Urteil vom 14. Juli 1998, Az.: 1 BvR 1640/97, S. 59).
    Das bedeutet, daß 90 Prozent der Bürger die traditionelle Rechtschreibung beibehalten, weil sie die neue fehlerhafte und fehlerträchtige Primitiv- und Beliebigkeitsschreibung ablehnen. Das dadurch ausgelöste Chaos zeigt sich auch in den Zeitungen. Es ist von den Kultusministern und ihren Reformern zu verantworten.

    5. Erziehung zur Demokratiefähigkeit und zur Demokratiebereitschaft

    Man bedenke, daß wir in einem freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat leben und die Lehrer die Schüler zur Demokratiefähigkeit und zur Demokratiebereitschaft erziehen sollen. Dieser Regierungsschuldirektor, der eine Diskussion und eine Information der Eltern als den Erziehungsberechtigten unterdrückt, sollte vom Kultusministerium abgemahnt und zu einer Fortbildung geschickt werden und im Wiederholungsfall dorthin versetzt werden, wo er weniger Schaden anrichten kann.

    6. Das Grundrecht aller Bürger auf Informations- und Meinungsfreiheit

    Herr Lämpel kann den Schriftwechsel dem Elternbeirat, der Schülermitverwaltung, dem Personalrat, dem Förderverein, Elternvereinen und der Presse zukommen lassen.

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    Norbert Lindenthal
    21.03.2001 12.11
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    Traum im Halbschlaf

    Lämpel, komm, wir wecken ihn. Er bekommt doch die Kohle, daß er wach ist im Dienst. Wir haben 2001. Vor 4 1/2 Jahren war etwa November 1995. Da sollte noch Apoteke und Packet geschrieben werden. Aber das war nicht in der Schule. Und nicht vor 6 Jahren. Das war beim Duden. Und die mußten eine teure vollständige Auflage zum Papierfritzen bringen.

    Und Lämpel, komm, wir schreiben es auch gleich den Mitschülern Deiner Tochter. Aufwachen ist auch für die gut.

    Und wenn dann die Eltern im Kreis um Dich stehen und meinen, Du sollst den gesunden Schulschlaf nicht stören, dann erzählen wir mal vom Volksentscheid in Schleswig-Holstein. Der war auch nicht vor 6 Jahren, sondern vor 2 1/2.

    Was sagt Deine Tochter dazu?
    __________________
    Norbert Lindenthal

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    Stephanus Peil
    21.03.2001 11.18
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    Lämpel als Vater - Folge 8

    Wir kommen heute zum vorläufigen Schluß dieser Serie. Regierungsschuldirektor Knirsch antwortete am 15.3.2001:


    Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion, Außenstelle Schulaufsicht, 15.03.2001


    Beschwerde über den Schulleiter der Realschule


    Sehr geehrter Herr Lämpel,

    ich bestätige den Erhalt Ihres Schreibens vom 05.03.2001, das mich am 08.03.2001 erreicht hat.

    Um den Sachverhalt umfassend beurteilen zu können, habe ich den Schulleiter der Realschule um eine Stellungnahme gebeten. Nach Kenntnis dieser Stellungnahme möchte ich folgende Vorbemerkungen machen:

    Nach der Verwaltungsvorschrift über die „Neuregelung der deutschen Rechtschreibung“ des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Weiterbildung vom 10.07.1996 ist die „Neuregelung für alle Schulen verbindlich“.

    Es heißt weiter in der Verwaltungsvorschrift::

    „Alle Lehrkräfte sollen einen raschen sicheren Umgang mit den Neuregelungen anstreben und diese ab Einführung der Neuregelung an der Schule in allen Texten anwenden, die sich an Schülerinnen und Schüler richten“.

    Es ist daher völlig im Sinne dieser Vorschrift, wenn immerhin 6 Jahre nach der Einführung der Neuregelung die im Unterricht verwendete Rechtschreibung ausschließlich die der Neuregelung ist. Pädagogisch in höchstem Maße verwirrend und bedenklich ist zudem ein ständiger Wechsel zwischen der alten und neuen Schreibweise. Dann entsteht tatsächlich das von Ihnen in Ihrem Brief am 15.11.2000 beklagte „Rechtschreibechaos“.

    Sie haben in der Sache recht, dass „Schreibungen, die nach der Neuregelung nicht mehr zulässig sind, nur als nicht mehr den Regeln entsprechend zu markieren, aber nicht als Fehler zu werten“ sind.

    Von daher ist eine Verwendung der alten Schreibweise durch Ihre Tochter von der Schule nicht als Fehler zu werten, sondern nur zu markieren. Nachdem die Schule in ihrer Stellungnahme erklärt und in ihrem Brief am 20.12. 2000 auch Ihnen mitgeteilt hat, dass die fehlerhaft vorgenommene Korrektur zurückgenommen wurde, sehe ich in diesem Punkt Ihre Bedenken als beseitigt an.

    Die zweite von Ihnen gestellte Frage, ob die Rechtslage nicht auch als Elternbrief allen Eltern bekannt gemacht werden müsse, muss man sicherlich unter Abwägung des jeweiligen Zusammenhangs sehen. Da es sich in diesem Fall um eine seit Jahren eingeführte Rechtslage handelt und Eltern durch eine flächendeckende Information eher verunsichert würden, da es sich nach der Erfahrung der Schule auch eher um ein singuläre Erscheinung handelt, ist das Verhalten der Schule in keiner Weise zu beanstanden.

    Im übrigen ist es nicht Aufgabe der Schule, eine Diskussion über den Sinn einer Neuregelung der Rechtschreibung zu führen. Diese Diskussion muss an anderer Stelle Raum greifen.

    Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort gedient zu haben und bitte Sie um eine weitere und konstruktive Zusammenarbeit mit der Schule.

    Mit freundlichen Grüßen
    Im Auftrag

    (Armin Knirsch)


    Eine Antwort von Vater Lämpel an Herrn Knirsch ist in Vorbereitung, aber noch nicht abgeschlossen. Wollen die Leser dieser Seiten sich an der Auseinandersetzung mit der Schulaufsichtsbehörde beteiligen? Hier im Netz haben Sie die Gelegenheit dazu! Gegen sachdienliche Hinweise und Ratschläge aus der Leserschaft hat Lämpel nichts einzuwenden.

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    Manfred Riebe
    21.03.2001 10.24
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    Nötigung eines Lehrers aus Köln

    Auszug aus dem Leserbrief eines verzweifelten Lehrers:

    „Als Lehrer in Nordrhein-Westfalen bin ich leider heute schon genötigt, die neue Regelung anzuwenden; ich hoffe auf die baldige Durchsetzung der zweiten Stufe der Rechtschreibreform: ihre Abschaffung.“
    (Dr. Olaf Nüsser, Köln: Zeitgeschehen. Dem Leserauge wird mit einem "ß" geholfen. In: FAZ Nr. 215 vom 16.09.1997, S. 16).

    Dr. Olaf Nüsser, Frankfurter Str. 310 b, 51147 Köln, Tel. (02203) 6 54 55

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