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Die neue deutsche Rechtschreibung
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Norbert Schäbler
07.04.2004 13.08
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Re: Frère et cochon

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von margel
Wer hätte gedacht, daß die Akademie so anstandslos den von der KMK ausgelegten Köder schlucken würde! Diese ist der strahlende Sieger des Unternehmens:

Fraternité et solidarité
Wer hätte gedacht, daß es so endet, daß Brüderschaft und Brüderlichkeit sich einmal des faden Beigeschmacks der „Saufkumpanei“ erwehren müßten.

Mit Verlaub: ich!
Das habe ich bereits am 18.03. geahnt (im Rechtschreibforum: „ab wann – Science-fiction“).

Ein Haufen von Schärpenträgern und Scherbenverursachern bevorzugt nämlich seit jeher die flüssige Lösung von Problemen.



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nos

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margel
07.04.2004 07.53
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Frère et cochon

Wer hätte gedacht, daß die Akademie so anstandslos den von der KMK ausgelegten Köder schlucken würde! Diese ist der strahlende Sieger des Unternehmens: 1. Sie hat sich aus der Abhängigkeit von der Kommission befreit. 2. Die DASD als ein immerhin nicht unbedeutender Kritiker ist „eingebunden“ und dadurch neutralisiert. 3. Der Öffentlichkeit kann man sagen: „Seht her, wir sind durchaus lernfähig und für Kritik offen – aber konstruktiv muß sie sein.“ – Und das alles ohne nennenswerte Kosten! Nun reichen sich die einstigen Erzfeinde die Hand, allerdings über Gräbern. Sie beugen sich über den Misthaufen Rechtschreibreform und müssen so tun, als ob es um die Rettung eines großen Unternehmens ginge. Die einen aus nackter Existenzangst, die anderen vermutlich, um auch ein Zipfelchen der geborgten Macht zu erwischen. The Show must go on – es wird spannend.
– geändert durch margel am 07.04.2004, 16.53 –

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Wolfgang Scheuermann
07.04.2004 07.16
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Wissenschaftler!

Unübertroffen an Engagement, Kenntnisreichtum und Genauigkeit, unbestechlicher Chronist.

So charakterisiert Hubert Spiegel Professor Ickler in der heutigen FAZ in einem kurzen Beitrag zu dessen 60. Geburtstag.
Mit den besten Wünschen zu diesem Ehrentage schließe ich mich an.
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Dr. Wolfgang Scheuermann

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Wolfgang Scheuermann
07.04.2004 07.07
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Wissenschaftler?

„Hauptziel der Wissenschaft ist die rationale, nachvollziehbare Erkenntnis der Zusammenhänge, Abläufe, Ursachen und Gesetzmäßigkeiten der natürlichen wie der historisch und kulturell geschaffenen Wirklichkeit; ...“
(nach dtv-Brockhaus, 1988)

Also ist das so genannte gräuliche Schnäuzen einfach eine tolle Patschigkeit – keine Wissenschaft – es tut mir mehr als ein Quäntchen Leid.
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Dr. Wolfgang Scheuermann

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Reinhard Markner
06.04.2004 21.40
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War nur eine Anspielung auf Hegels Spruch „Um so schlimmer für die Tatsachen“ und ein ebenso harmloser Spott über die sich tatkräftig dünkenden Entscheidungsträger in der Politik.

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Norbert Schäbler
06.04.2004 18.06
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Tatkräftige?

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Reinhard Markner
In Wirklichkeit haben ja die Wissenschaftler die Politik besiegt, denn die Politiker wußten bekanntlich nicht so genau, worauf sie sich einließen. Um so schlimmer für die Tatkräftigen.

Wen meinen Sie damit, Herr Markner?
Die Kräftigen?
Die Untätigen?
oder die
Kraftlosen?
und
Reumütigen?

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nos

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Reinhard Markner
06.04.2004 15.29
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In Wirklichkeit haben ja die Wissenschaftler die Politik besiegt, denn die Politiker wußten bekanntlich nicht so genau, worauf sie sich einließen. Um so schlimmer für die Tatkräftigen.

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Norbert Schäbler
06.04.2004 14.43
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Oh doch ...

... lieber Herr Ickler,

solchen Schlachtruf mit ähnlich fataler Wirkung gab es schon früher, und jener war massenwirksam: weil kürzer, paroliger und aktivistisch!
Eisenbergs Slogan dagegen ist zutiefst „Leid“ tragend und mitleiderweckend.

Die Parole vom Frühjahr 1971 lautet: „Haut den Huber in den Zuber!“

Danach kam es in Bayern zur Dynastie der Maiers und X-meiers.
__________________
nos

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Theodor Ickler
06.04.2004 12.58
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Tja ...

... man ist ja auch nur ein Mensch, und manchmal wird man emotional, besonders wenn es so geballt vor einem liegt, das ganze Zeug. Wie kann man mit solchen Leuten überhaupt „verhandeln“? Eisenberg ist vor Jahren mit großem Getöse aus der Kommission ausgetreten und sitzt nun doch wieder mit denselben Leuten an einem Tisch. Ich sehe Augsts zufriedenes Grinsen über diesen Kniefall vor den „Machtverhältnissen“. Am Ende wird der eine dem anderen diese oder jene Getrenntschreibung abgehandelt haben. Ein abgeschmacktes Spiel, das nur „hier zu Lande“ möglich ist.

Abstoßend auch, wie die Kultusminister, weil sie sich seinerzeit auf Gedeih und Verderb in die Hände der Reformer begeben haben, nun jeden Bericht der Zwischenstaatlichen Kommission ganz vortrefflich zu finden vorgeben müssen. Jede Kritik an den Zwölf Weisen wäre automatisch ein Schuß ins eigene Knie. Dabei wissen Krimm usw. natürlich ganz genau, was sie von den zwölfen zu halten haben.

Leider scheint den Herren von der DASD jeder Sinn für das Abstruse ihrer Situation abhanden gekommen zu sein. Eisenberg hat vor acht Jahre die Parole „Wir haben verloren! Die Politik hat die Wissenschaft besiegt!“ auf seine Fahne geschrieben, und nun zieht die ganze Akademie für Sprache und Dichtung hinter ebendieser Fahne her! Ein ähnlich seltsamer Schlachtruf ist noch nie vernommen worden.
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Th. Ickler

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Wolfgang Scheuermann
06.04.2004 08.51
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Re: Flegelei und Schach

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Manchmal, wenn ich sehe, wie jemand so genannt oder schnäuzen schreibt, möchte ich ihn am liebsten fragen: „Benehmen Sie sich zu Hause auch so?“

Wäre dieser Beitrag von Ickler ein Zug in einem Schachspiel, so würde dieser typischerweise so kommentiert: „Sehr feiner Zug!“
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Dr. Wolfgang Scheuermann

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Theodor Ickler
05.04.2004 14.56
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Flegelei

Manchmal, wenn ich sehe, wie jemand so genannt oder schnäuzen schreibt, möchte ich ihn am liebsten fragen: „Benehmen Sie sich zu Hause auch so?“

Ich sichte gerade das Material für ein weiteres Buch, und es drängt sich mir wieder einmal auf, wie unsäglich vulgär das Ganze ist.

Und dann die Rechtfertigungsversuche (Schaeder, Augst, Zabel, Heller). Ich kann plötzlich nachfühlen, warum Munske Knall auf Fall aus der Zwischenstaatlichen Kommission ausgeschieden ist. Es muß, über die Einsicht hinaus, eine Portion Ekel mitgespielt haben.
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Th. Ickler

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Theodor Ickler
30.11.2003 06.16
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Antiquiertheit der Neuregelung

Hier ist, als Argumentationshilfe für verschiedene Gelegenheiten, ein kurzer Text, den ich heute morgen verfaßt habe:


Die Antiquiertheit der Reformorthographie

Die Urheber der Rechtschreibreform gelangten schon vor deren Inkrafttreten zu der Einsicht, daß Korrekturen an den neuen Regeln „unumgänglich notwendig“ seien. Ihre Vorschläge scheiterten am Einspruch der verantwortlichen Politiker, die nach der vorfristigen Einführung an den meisten deutschen Schulen fürchteten, neue Unruhe und Ablehnung in der betroffenen Bevölkerung und wirtschaftliche Schäden bei den Schul- und Kinderbuchverlagen zu erzeugen. Bis die Übergangsfrist im Sommer 2005 abläuft, müßten jedoch die schlimmsten Irrtümer der Reform korrigiert werden; das wird auch in den Berichten der Zwischenstaatlichen Kommission angekündigt. Im Laufe der Jahre sind auch von Außenstehenden eigene Revisionsvorschläge unterbreitet worden, vor allem von der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, deren Kompromißvorschlag allerdings mehr Probleme aufwirft, als er löst. Eine überzeugende Neufassung der gesamten Reform ist bisher nicht in Sicht.
Es fragt sich, ob die Neuregelung überhaupt repariert werden kann. Zweifel werden wach, wenn man sich die Entstehungsgeschichte vergegenwärtigt. Die Neuregelung fordert in zentralen Bereichen das Gegenteil von dem, was ihre Urheber eigentlich für richtig hielten und weiterhin halten. Diese Selbstverleugnung ist ihnen durch die Kultusministerien aufgenötigt worden, und zwar geschah die entscheidende Wende wohl zwischen einer Anhörung im Jahre 1993 und den abschließenden Wiener Gesprächen 1994, also in verhältnismäßig großer Eile. Es ist schwer zu begreifen, daß die Reformer nach dem Scheitern ihrer Hauptforderungen („gemäßigte Kleinschreibung“, Tilgung der Dehnungszeichen, Einheitsschreibung das auch für die Konjunktion, Fremdworteindeutschung) überhaupt weitermachten und sich mit einer gänzlich anderen „Reform“ abfanden. Jedenfalls erklärt die verschlungene Entstehungsgeschichte, daß das Gesamtwerk nicht aus einem Guß sein konnte und mancherlei lustlos und hastig zusammengewürfelte Einzelheiten enthält.
Jedem, der zum erstenmal mit den neuen Regeln bekannt wird, fällt wohl eine gewisse Rückwärtsgewandtheit auf. Nachdem jahrzehntelang die Kleinschreibung der Substantive als gesellschaftspolitisch äußerst wichtige Reform gefordert worden war, soll nun überraschenderweise sogar eine vermehrte Großschreibung gelten: des Öfteren, Leid tun usw. Man erinnert sich, daß ein solcher Vorschlag schon vor langer Zeit von dem österreichischen Ingenieur und Hobby-Linguisten Eugen Wüster gemacht, von den heute noch tätigen Reformern jedoch als untauglich zurückgewiesen worden war.
Die vermehrte Großschreibung ist teilweise grammatisch falsch, wie bei Leid tun, wo die Reformer – wohl aus Unkenntnis – ein Adverb mit einem gleichlautenden Substantiv verwechselt haben. Im Falle von Recht haben übersahen sie die nachweisbare Desubstantivierung, vgl. wie recht du hattest usw. (hier wäre die Großschreibung ebenfalls grammatisch falsch). Noch eindeutiger archaisierend sind die Großschreibungen des Öfteren, im Allgemeinen usw. Sie waren im Laufe des 19. Jahrhunderts weithin üblich geworden, wahrscheinlich unter dem Einfluß der Volksschullehrer, die auch heute noch recht gern mit der mechanischen „Artikelprobe“ arbeiten, um den substantivischen, zur Großschreibung führenden Charakter eines Wortes aufzudecken. Aber Wilmanns und andere Orthographen bezeichneten diese Tendenz schon damals als übertrieben und votierten für die textsemantisch sinnvollere Kleinschreibung in adverbialen Wendungen.
Für die wiedereingeführte Großschreibung der Tageszeiten (heute Abend) läßt sich nicht einmal die Artikelprobe anführen. Es waren die Reformer selbst, die nachgewiesen haben, daß syntaktisch an dieser Stelle überhaupt kein Substantiv stehen kann. (Die Wörterbuchverlage sind inzwischen sogar angewiesen worden, auch die Variante heute Früh noch in ihre Wörterverzeichnisse aufzunehmen, die von den Reformkritikern eigentlich nur als Reductio ad absurdum ins Spiel gebracht worden war.)
Ebenso überholt wirkt die vermehrte Getrenntschreibung. Hier verfügen wir sogar über den mehrmals ausdrücklich verkündeten Vorsatz der Reformer, einer Tendenz der Sprachgemeinschaft zur Zusammenschreibung „entgegenzuwirken“ (Augst et al. (Hg.) 1997, S. 203. Internationaler Arbeitskreis für Orthographie 1992, S. 146). Diese Tendenz gibt es seit mehreren Jahrhunderten, und es fragt sich, ob die Reformer den Sinn einer solchen Entwicklung überhaupt erkannt hatten, als sie sich entschlossen, ihr „entgegenzuwirken“. Bei Verben unterscheidet man mit der Zusammenschreibung den Verbzusatz vom Adverbial: aneinanderhängen vs. aneinander hängen usw.; bei Partizipien erfordert die Grammatik in vielen Fällen zwingend die Zusammenschreibung der adjektivisch zu deutenden Komposita: sehr aufsehenerregend usw.; die verordnete Neuschreibung sehr Aufsehen erregend ist grammatisch falsch und wurde bereits unterderhand (neu: unter der Hand, auch dies ein Archaismus) wieder zurückgenommen.
Die Aufspaltung guter alter Wörter wie Handvoll und sogenannt ist gänzlich rückwärtsgewandt. Wie man im Grimmschen Wörterbuch nachlesen kann, sind Zusammenrückungen wie Handvoll, Mundvoll, Armvoll usw. seit Jahrhunderten in Gebrauch und in den Mundarten längst zu Hampfel, Hämpfele, Mumpfel, Arfel usw. verschmolzen.
Auffallendstes Kennzeichen der Neuregelung ist bekanntlich die ss-Schreibung (Kuss); in manchen Verlagen und Redaktionen beschränkt man sich darauf, diese Regel zu übernehmen, um zu zeigen, daß man die Rechtschreibreform „nicht grundsätzlich ablehnt“ (wie die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung diagnostizierte). Es handelt sich um die „Heysesche s-Schreibung“, die gegen Ende des 19. Jahrhunderts in Österreich eingeführt war, bis sie 1901 der „gesamtdeutschen“ Einigung auf die Adelungsche Schreibweise zum Opfer fiel. Der Verzicht fiel leicht, weil die Heysesche Schreibung, wie schon anläßlich der Ersten Orthographischen Konferenz 1876 berichtet wurde, in Österreich keineswegs beliebt war. Neuerdings hat sie sich nochmals als besonders fehlerträchtig erwiesen, und die Reformer wollten sie ursprünglich auch gar nicht wiederbeleben, sondern sich auf die Einheitsschreibung das (für das und daß) beschränken.
Daß in Zusammensetzungen drei gleiche Buchstaben aufeinanderfolgen können (Kammmolch), ist logischerweise vorauszusehen, aber schon Jacob Grimm rechnete es zum Pedantischen in der deutschen Sprache, einen Laut, der nur einmal gesprochen wird, in der Schrift dreimal zu bezeichnen, und die bayerische Schulorthographie hatte gegen Ende des 19. Jahrhunderts bereits die durchgehende Vereinfachung zu zwei Buchstaben eingeführt, also auch in Sauerstofflasche. Später kam es zu dem bekannten Kompromiß, aber es war doch ein überraschender Rückgriff, als die Reformer die durchgehende Dreifachschreibung wiedereinführten. Besonders in Verbindung mit der Heyseschen s-Schreibung ergeben sich nun sehr viele lesepsychologisch und ästhetisch unbefriedigende, in anderen Sprachen gemiedene Schreibungen wie Schlusssatz usw.
Die Abtrennbarkeit einzelner Buchstaben (A-bend, O-bacht, Lesee-cke, Ruma-roma) ist seit dem Barock nicht mehr üblich gewesen; gegen ihre Wiedereinführung sprechen ästhetische und psychologische Gründe, und sogar die Reformer selbst raten von der Anwendung dieser Möglichkeit ab. Sie ist nur deshalb wiedereingeführt worden, damit entsprechende Trennungen in Schüleraufsätzen keine „Fehler“ mehr sind. Schüler wären gleichwohl auf das Ungeschickte solcher Schreibweisen aufmerksam zu machen. Ihre Neubelebung scheint unnötig.
Diese Beispiele zeigen, daß die Neuregelung bereits in ihrer grundsätzlichen Orientierung weder den Erfordernissen einer modernen Orthographie genügt noch die tatsächliche Entwicklung der geschriebenen Sprache hinreichend berücksichtigt. Eine Revision wäre deshalb schwerer durchzuführen als das schlichte Weitergeltenlassen der bisherigen, in Jahrhunderten entstandenen und, wenn man von einigen leicht behebbaren Duden-Haarspaltereien absieht, bewährten leserfreundlichen Orthographie.
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Th. Ickler

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Norbert Schäbler
07.11.2003 14.01
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Muff, Mief, Mufti

Aus der Sicht eines reformkritischen Lehrers stellt sich der von Margel angeschnittene Sachverhalt wie folgt dar:
Lehrer und Pädagogen müssen zeitlebens bemüht sein, das jeweils Beste und Funktionsträchtigste weiterzugeben, denn es widerspricht dem Berufsethos, sich nur mit dem Zweitbesten zufriedenzugeben.
Eine „ordre de Mufti“, die verbietet oder verhindert, daß Besseres und besser gelehrt wird, ist ein Erkennungsmerkmal für totalitäre Staaten.


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nos

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margel
07.11.2003 11.25
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falsch-richtig-schlecht-besser-gut-üblich...

Daß in einem Wörterbuch das allgemein Übliche verzeichnet ist, bedeutet nicht zwangsläufig, daß damit in Zeiten des „Sprachverfalls“ (falls es so etwas überhaupt gibt) auch ein schleichender Niveauverlust verbunden wäre. Bleibt man beim Wekzeugcharakter der Orthographie, so wird man sich hier, genau wie beim richtigen Gebrauch eines Handwerkzeugs, an den Meistern orientieren. Die Rechtschreibung unterlag bisher einem stetigen Optimierungsprozeß, der erst durch die Reform gewaltsam unterbrochen wurde. Leitideen waren Eindeutigkeit, Verständlichkeit u.a. – Mit „falsch“ und „richtig“ kommt man als Reformgegner schnell auf dünnes Eis. „Du tust mir Leid“ ist ja nicht einfach falsch. Es drückt nur nicht das aus, was man eigentlich sagen will, ist also schlecht, unbauchbar und unangemessen. Der Widerwille gegen die Reformschreibungen rührt meiner Meinung nach, zumindest bei den Sprachgebildeten, gerade von diesem erzwungenen Rückschritt hinter einen bereits (mit Anstrengung) erreichten Entwicklungsstand her.

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Christian Melsa
06.11.2003 09.52
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Sprachadel

Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler:
Ein Wörterbuch, das den Sprachgebrauch beschreibend darstellt, kann ohne weiteres normativ ausgelegt werden, und zwar steht unsichtbar über jeder Seite: „Wenn du dich an das allgemein Übliche halten willst, dann schreib so, wie es hier steht.“

Was aber, wenn die Meinungen darüber, was allgemein üblich ist, auseinandergehen? Genau diesen Fall haben wir ja aktuell vorliegen. Allerdings in einer ziemlich drastischen Weise, weil die Reformer ja letztlich ganz willkürliche Normveränderungen vorgenommen haben. Doch auch ohne Reform kann es sich ergeben, daß unterschiedliche Ansichten über das allgemein Übliche miteinander konkurrieren – oder einfach koexistieren. Was heute als verschiedene, ganz eigene Sprachen aufgefaßt wird, etwa Deutsch und Niederländisch, ist schließlich auch einmal aus einer gemeinsamen Wurzel hervorgegangen. Im genannten Beispiel ist das noch gut erkennbar, aber die Unterschiede sind doch schon so groß, daß beträchtliche Verständigungsschwierigkeiten auftreten (die ich allerdings auch bei manchen Schwaben habe). Einerseits kann man nun annehmen, daß heutzutage im Zeitalter der schriftlichen Kommunikation und weltweiten elektronischen Vernetzung die Entfremdungskräfte nicht mehr so groß sind, dafür ist aber im Internet ein deutlich niedrigeres orthographisches (überhaupt sprachliches) Niveau zu beobachten als aus gedruckter Literatur gewohnt. Wobei auch in letzterer das Niveau sinkt, einerseits durch ein Angebot, das von der Leichtigkeit, mit der jedermann heutzutage Druckwerke herstellen kann, geprägt ist, andererseits durch allerorten eingesparte Korrektorate und den hier hinreichend bekannten Störfaktor Rechtschreibreform.

Es steht also immerhin zu befürchten, daß die Güte der Verfügungsmasse, aus der ein Wörterbuchmacher künftig das allgemein Übliche abschöpft, deutlich absinkt. „Wenn du dich an das allgemein Übliche halten willst, dann schreib so, wie es hier steht“ – wenn das allgemein Übliche aber nun immer minderwertiger wird, an welcher Stelle wäre anzusetzen, um den Abwärtstrend aufzuhalten? Wenn alles nicht mehr so furchtbar genau genommen wird, wird es immer mehr Varietät geben, und dann muß der Wörterbuchmacher immer stärker selektieren, was irgendwann mit dem Anspruch „das allgemein Übliche“ auf Kollisionskurs geraten könnte. Und die meisten Menschen wollen ein Wörterbuch, das als letzte Instanz in einer Sprachfrage angerufen werden kann. Es liegt nahe, sich ein Wörterbuch zu wünschen, das als positives Vorbild dienen kann. Oder müßte es dann verschiedene Wörterbücher geben – einen Band mit dem „allgemein Üblichen“ und einen anderen mit dem „eigentlich Empfehlenswerten“?

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