Sonntagsbrezeln
Der Startseite meines Browsers bzw. der BILD-Zeitung entnehme ich die erschütternde, den Zeitgenossen aber offenbar längst vertraute Nachricht, daß die Schauspielerin Uschi Glas vor einiger Zeit wegen einer Brezelverkäuferin (!) von ihrem Gatten verlassen worden ist. Brezelverkäuferin ist übrigens laut Dudens großem Wörterbuch die weibliche Form von Brezelverkäufer hätten Sie's gewußt?
Eine kurze Recherche ergibt, daß dieses Wort erst durch die Glas-Affäre so richtig gebräuchlich geworden ist. Die Berufsbezeichnung galt vorher schon als typisch für etwas ganz Abwegiges, Randständiges, etwa wie der berühmte Tellerwäscher, der im Lande der unbegrenzten Möglichkeiten der Startpunkt so vieler Traumkarrieren gewesen sein soll, daß man gar nicht weiß, wie viele Teller in Amerika gewaschen worden sein müßten.
Die Kronenzeitung nennt die Glassche Brezelverkäuferin passenderweise knusprig, und das wird wohl zutreffen, aber wieso wurde Herr Glas (oder wie er nun heißen mag, der Mann von Frau Glas) händchenhaltend mit der jungen Knusperfrau erwischt? Das geht nicht, vorgeschrieben ist Händchen haltend, da sind sich Duden und Bertelsmann völlig einig. Allerdings fragt sich der verdutzte Brezelkonsument: wieso eigentlich? Wenn die Verliebten nur ein Händchen halten, müßte man eine Wortgruppe eines oder mehrere Händchen haltend zugrunde legen, und das bedeutet Zusammenschreibung. Liegt aber eine feste verbale Wendung Händchen halten zugrunde, dann sollte man doch erwarten, daß diese unter Händchen oder unter halten angeführt wird. Das ist aber nicht der Fall.
Falls jemand es noch nicht gemerkt haben sollte: Brezeln heißen ja als Figurengebäck so, weil sie verschlungenen Ärmchen (bracitella, unklassisch) gleichen, die also Händchen haltende Teigstränge sind. Jetzt aber schnell zum Bahnhof geradelt, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung holen und Brezeln. Drei knusprige Verkäuferinnen stehen bereit, mindestens!
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Th. Ickler
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