Bernhard Lassahn: „Frau ohne Welt“
von Florian Felix Weyh [Auszug]
Sexismus in Sprache ein Thema, bei dem sich Bernhard Lassahn an die Wäsche gegangen fühlt. Deshalb begann er, sich mit Männerfeindlichkeit in Sprache und Gesellschaft zu beschäftigen. Das Ergebnis Frau ohne Welt soll nun nichts Geringeres als die Liebe retten.
Frauenlob ist der durchgehende Ton in einer von Männern gemachten Kultur, sagt der Mann.
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Die Sprachvorschriften waren für mich tatsächlich die Stunde Null, wo ich gesagt habe: 'Das find' ich jetzt nicht richtig, ja? Da muss ich jetzt gegen an!' Also ich finde weder diese Innen-Form richtig, noch finde ich richtig, dass man 'Studierende' sagt. Dahinter hab ich erst ziemlich spät erkannt, dass eine Ablehnung des Männlichen steckt. ...
Vielleicht hat er es falsch verstanden, damals, und heute erst richtig.... Doch schon vor der näheren Beschäftigung mit harsch männerfeindlichen Schriften ließ sich die Schreibklause kaum abdichten gegen den Neusprech-Diskurs, gegen Gender-Phrasen und geschlechtsorientierte Sprachdiktate. Bewertet man es männlich-strategisch à la Clausewitz, könnte es ein entscheidender Fehler engagierter Feministinnen gewesen sein, sich ihre größten Siege ausgerechnet auf dem Feld der Sprache zu sichern. Denn man denke nur an die weitaus harmlosere Rechtschreibreform bei Sprache geht es nie um bloß veränderbare Gewohnheiten, sondern stets um Identität. Und in Identitätsfragen wird jeder oktroyierte Veränderungsbefehl als brutale Aggression empfunden, die man der Mann mit Gegenaggression beantwortet:
Also in dem Augenblick, wo sie mir an die Sprache gingen, gingen sie mir an die Wäsche! ... 'So, da mach ich nicht mit!'"
Bernhard Lassahn Romancier, Liederschreiber, Kinderbuchautor und Käpt'n Blaubär-Texter ist ein äußerst angenehmer und friedlicher Geselle. Und doch trägt seine furiose Streitschrift Frau ohne Welt den Untertitel Der Krieg gegen den Mann. ...
Wer Sexismus bislang nur als Kampfvokabel gegen Männer kannte, muss bei Bernhard Lassahn umdenken. Bei ihm umfasst der Begriff eine Spielart des Rassismus und ist damit geschlechtsneutral. Frauen können genauso sexistisch sein wie Männer:
Sexismus wie ich es meine ist so, dass man die Sexualität als die Nummer 1 der Erkennung und der Beschreibung von Menschen sieht, und das ist das Kriterium, an dem sich die Menschen und die Welt scheiden.
Einen scheinbar neutralen Ausweg zurück zur Sprachdebatte bietet die Form der Geschlechtsamputation, wie sie jüngst gerade etwa die Straßenverkehrsordnung vollzog, als sie aus Fußgängern zu Fuß Gehende machte. Neben dem ästhetischen Kollateralschaden birgt dieses Verfahren viel Stoff für Satiriker. Trifft eigentlich die Bezeichnung zu Fuß Gehende auch noch zu, wenn diese eindeutig an der Ampel stehen? Oder wie Lassahn schreibt: Früher gab es noch protestierende Studenten. 'Protestierende Studierende' müssten mit erstaunlichen Fähigkeiten ausgestattet sein.
Möglich ist es! Sie könnten ja, während sie protestieren, ihren Laptop dabeihaben ... (lacht) "... wenn Sie auf der Straße sind, und dann auch dabei noch studieren.
Der Unterschied zwischen Tätigkeit und Status wird bis zur Unkenntlichkeit verwischt, analysiert Lassahn, was zur ideologisch verursachten Verdummung beitrage. Feminismus sei ein Simplifizierungsprogramm und deswegen gefährlich:
Weil es tatsächlich wie eine ansteckende Krankheit ist. Man kann sich daran gewöhnen. Die Vereinfachung ist das Verlockende daran, die Primitivität. Das ist wie das manichäische Weltbild, wo es hell und dunkel gab, das ist schon sehr verlockend!
Spätestens hier werden sich die Meinungen spalten. Frau ohne Welt ist ein Buch, über das man sich richtig schön aufregen kann oder wie Leserkommentare im Internet zeigen über das man vor Freude in die Hände klatscht. ...
Bernhard Lassahn: Frau ohne Welt
Manuscriptum Verlag, 174 Seiten, 14,90 Euro, ISBN 978-3937801803
dradio.de 28.8.2013
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