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Jörg Metes
30.06.2002 07.08
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Sprachverwahrlosung

Ein Artikel aus der FAZ vom 29.6.02:

Fordern und fördern
Die frühen Wurzeln der Sprachverwahrlosung durch mangelnde Ansprüche


Von Heike Schmoll

BERLIN, 28. Juni
Inzwischen kommt jedes vierte Kind mit einer verzögerten Sprachentwicklung in die Grundschule. Eltern sprechen zu wenig mit ihren Kindern, sie lesen ihnen wenig vor, sie sind sprachlos in einer Gesellschaft, die in Informationen untergeht und sich vor der Inflation der Worte kaum retten kann. Erzieher und Grundschullehrer berichten von einer Kluft zwischen Kindern mit einem großen Ausgangswortschatz und anderen, die nicht einmal über ein altersgemäßes Sprachvermögen verfügen.

Anstatt die Spracherziehung in der Grundschule zu verstärken, haben die Länder den sogenannten Mindestwortschatz, der am Ende der vierten Klasse erwartet wird, gesenkt. Auch wenn sich kein vernünftiger Lehrer in seinen Qualitätsansprüchen durch solche Verwaltungsvorschriften bremsen läßt, ist die Wirkung, die von einer Absenkung des Mindestwortschatzes ausgeht, ruinös. Wichtiger als die tatsächliche Zahl der Wörter ist das Signal: Sprache ist nicht wichtig. Das setzt sich in den Köpfen der Lehrer, der Schüler und der Eltern fest. Solche Entwicklungen zurückzudrehen dauert Jahre und erfordert große Anstrengungen – nicht nur von der Schule.

Während finnische Grundschulkinder – notfalls mit individueller Förderung – nach spätestens vier Monaten flüssig lesen können, wird es hier in einigen Ländern als normal betrachtet, wenn Schüler erst am Ende der zweiten Klasse flüssig lesen können. Vorher wird in offenen Unterrichtsformen der Lernstillstand so lange praktiziert, daß die begabten Schüler die Motivation verlieren und die Schwachen keine gezielte Förderung erfahren.

Zur Konstruktionsleistung eines verständigen Lesens gehört es, das Prinzip der Abbildung bestimmter Laute in Buchstaben zu kennen. Anstatt von Anfang an auf eine korrekte Schreibung zu achten, geben sich Grundschullehrer etwa in Hamburg damit zufrieden, wenn ihre Schüler bis zum Ende der zweiten Klasse phonetisch schreiben. „Jega“ soll dann „Jäger“ heißen – das findet die Grundschullehrerin in Ordnung und hängt das falsch geschriebene Wort neben anderen Sprachungetümen auch noch an die Wände des Klassenraumes eines ersten Schuljahrs, auf daß sich die falsche Schreibung auch richtig gut einpräge.

Hamburg scheint aber kein Einzelfall zu sein. Die SPD-Regierung in Hessen und der damalige Kultusminister Holzapfel hatte seinerzeit in inzwischen nicht mehr gültigen Rahmenrichtlinien für Deutsch festgehalten: „Mangelnde Rechtschreibleistungen in der Schule sind bei genügenden sprachlichen Kommunikationsfähigkeiten kein Grund für die Benachteiligung eines Schülers.“ Übungen zur Rechtschreibung ließen sich nicht gesondert durchführen, sondern seien in die übrige Arbeit zu integrieren. Durch die Einsicht in die historische Bedingtheit der Orthographie solle der Rechtschreibunterricht den Schüler zu einer kritischen Einstellung gegenüber der Rechtschreibung befähigen. Wieso sollte ein Schüler sich dann noch um eine korrekte Schreibung bemühen? Über Jahre hin wurde Schülern und Lehrern auf diese Weise suggeriert, die kritische Einstellung zur Rechtschreibung sei wichtiger als deren Beherrschung. Die Folgen zeigen sich jetzt.

Wenn die Grundschule die sprachlichen Anforderungen senkt, wird den weiterführenden Schulen das Fundament entzogen. Selbst an Gymnasien empfinden Schüler es als Zumutung, zumindest noch Faust I im Deutschunterricht lesen zu müssen – mehr als ein Reclamheft schaffen sie nicht, und das nur unter Stöhnen. Welchen Professor wundert es dann noch, wenn seine Studenten von Seminarsitzung zu Seminarsitzung nicht mehr als 30 Seiten deutschen Text lesen können, von fremdsprachlichen ganz zu schweigen? In früheren Richtlinien des Landes Nordrhein- Westfalen zum Deutschunterricht heißt es, daß solche Bestimmungen „die Vergleichbarkeit schulisch vermittelter Qualifikationen ermöglichen . . . und daß sie mit alledem der Förderung der Chancengleichheit dienen“. Offenbar haben sie nicht einmal das erreicht, sonst wären die sozialen Unterschiede laut Pisa-E dort nicht am ausgeprägtesten in ganz Deutschland.

In den Deutschmaterialien der früheren Kollegschule in Nordrhein- Westfalen, die nach einem dreijährigen Bildungsgang als allgemeine Qualifikation die allgemeine Hochschulreife und den schulischen Abschluß „Erzieher“ vergab, hieß es: „Kinderbuchtexte sind relativ kurz und bieten wegen ihrer einfachen Struktur kaum Verständnisschwierigkeiten. Das hat den Vorteil, daß der Schüler bei der Arbeit nicht die Übersicht verliert und nicht alle seine Kräfte dafür einsetzen muß, den Wortlaut überhaupt einigermaßen zu begreifen.“ Der Literaturkurs der Kollegstufe erhob den Anspruch, einem Leistungskurs in der gymnasialen Oberstufe ebenbürtig zu sein, empfahl aber als eigene Unterrichtsreihe die Lektüre des „Struwwelpeter“. Kontinuität zeigt sich allenfalls im systemkritischen Ansatz („Literatur als Instrument affirmativer oder kritischer Darstellung gesellschaftlicher Zustände“).
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Jörg Metes

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Jörg Metes
29.06.2002 19.03
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Schriftsprachenerwerbsforschung

Ein Artikel aus der 'Berliner Morgenpost' vom 18.6.02:

«Kinder müssen lernen, wozu Buchstaben taugen»
TU-Professorin Barbara Kochan: Erkenntnisse der Wissenschaft finden kaum Eingang in den Unterricht


Von Sybille Nitsche

Manchmal kommen Tatsachen ans Licht, die ans Licht zu holen gar nicht beabsichtigt waren. So erging es der Hamburger Wissenschaftlerin Mechthild Dehn, als sie Anfang der 80er-Jahre untersuchen wollte, wie sich die Qualität unterschiedlicher Fibeln auf den Lernerfolg auswirkt, dann aber herausfand, dass Lehren und Lernen nicht zwangsläufig etwas miteinander zu tun haben. (Möglicherweise hatten das ganze Generationen deutscher Schüler schon vorher vage geahnt.) Dehn jedenfalls konnte nun belegen, dass ein im Unterricht behandelter Buchstabe keine Garantie dafür war, dass die Erstklässler den Buchstaben auch kannten, und andererseits wiederum waren ihnen Buchstaben geläufig, die noch gar nicht gelehrt worden waren.

«Lernen wird im Unterricht immer noch ausschließlich als Folge des Lehrens gestaltet», sagt Professorin Barbara Kochan vom Institut für Sprache und Kommunikation an der Technischen Universität Berlin. Da steht der Lehrer an der Tafel, erklärt die Welt, und der Schüler hat es zu begreifen. Dieser Zusammenhang von Lehren und Lernen sei jedoch längst wissenschaftlich widerlegt, sagt Kochan. Das gilt besonders auch für den schriftsprachlichen Unterricht. Aber gerade dort wird diese Erkenntnis noch am hartnäckigsten ignoriert. Schreiben und Lesen wird den Kindern wie vor hundert Jahren «beigebracht», statt ihnen Möglichkeiten zu schaffen, die Sprache «in Gebrauch» zu nehmen wie einen Gegenstand, um sich «selbsttätig Erkenntnisse von der Struktur der Sprache zu erarbeiten», heißt es in einem Artikel der Berliner Wissenschaftlerin. «Kinder müssen die Erfahrung machen, wozu Buchstaben taugen, und sie taugen dazu, mir meine Gedanken aus dem Kopf zu holen und anderen zu zeigen», sagt sie. Für den Unterricht bedeute das, er müsse so organisiert werden, dass Kinder etwas aufschreiben, was in ihrem Kopf ist und was andere lesen – Mitschüler, Eltern, Geschwister – , und nicht einen fremden Text aus der Fibel einfach nur abschreiben.

Doch die «herkömmliche Didaktik» gehe noch immer davon aus, «dass Kinder rechtschreiben lernen, indem sie sich die korrekte Schreibweise durch Nachschreiben einprägten». Das Rechtschreibenlernen wird als Gedächtnisleistung verstanden, der durch intensives Üben auf die Sprünge zu helfen ist, um sich die Schreibweise einzuprägen. Wer zehnmal hintereinander «fahren» schreibt, wird es beim elften Mal nicht wieder ohne h schreiben – so die landläufige Meinung. «Ein Trugschluss» sei das, sagt Barbara Kochan. Durch die Schriftspracherwerbsforschung weiß man, dass das Schreibenlernen «Denkarbeit» ist.

Kochan erläutert an einem Beispiel, wie sich diese «Denkarbeit» vollzieht: Das Kind hat Wörter wie Butter, Futter, Blätter, Vater gelernt und schreibt dann Sofer statt Sofa, weil es den Laut am Ende der Wörter mit der Endung «-er» verbindet. «Das Kind hat zwar einen Fehler gemacht», sagt die Wissenschaftlerin, «aber es hat für sich eine Regel entdeckt und damit eine Denkleistung vollbracht», denn Kinder begingen Fehler nicht etwa, weil sie ihr Gedächtnis im Stich gelassen hätte, «sondern zuallererst deshalb, weil sie sich etwas dabei denken, das durch ihre noch unvollkommenen Spracherfahrungen gestützt wird».

Normalerweise wird ein solcher Fehler vom Lehrer lediglich korrigiert, weil er nicht erkennt, warum das Kind Sofer geschrieben hat. Lehrer wüssten selten, warum Kinder so schreiben, wie sie schreiben, denn sie lernten das Interpretieren der «Fehler» in ihrer Ausbildung nicht, sagt Kochan. «Wenn man diese (Fehler – Anmerkung der Red.) nicht als solche (Denkleistung – Anmerkung der Red.) anerkennt, sondern ihr Ergebnis lapidar als ¸falsch´ bezeichnet, wird das Kind über kurz oder lang entmutigt, weiter selbstständig denkend in die Prinzipien unserer Schriftsprache einzudringen, wird vielleicht sogar an seinen Erkenntnisfähigkeiten generell zu zweifeln beginnen . . .»

Da das Rechtschreibenlernen keine Gedächtnisleistung sei, prägten sich «normabweichende Fehler auch nicht sofort ein», weiß Kochan. Das heißt eben auch, dass ein Kind ein Wort, wenn es es einmal geschrieben hat, nicht folgerichtig ein zweites Mal wieder genauso schreibt. Wissenschaftler fanden heraus, dass Kinder wie zu Luthers Zeiten schrieben.

Sie machten die Schriftentwicklung durch, so deren Erkenntnis. Sie schrieben, was sie hörten. Auch in der lutherischen Bibel finde man unterschiedliche Schreibweisen für ein und dasselbe Wort, so Barbara Kochan. «Dass wir heute so schreiben, wie wir schreiben, sei ja nur Folge der Normierung», so die Professorin. Wie unterschiedlich die Schreibweise eines Wortes sein kann, zeige gerade auch die Diskussion zur Rechtschreibreform.

Eingang in den Unterricht aber finden all diese Erkenntnisse kaum, hätten sie doch ein anderes Selbstbild des Lehrers zur Folge – er wäre dann nicht länger mehr einer, der die Sprache erklärt, sondern einer, dessen Aufgabe das «Führen zum Finden» ist.
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Jörg Metes

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Christian Melsa
02.05.2002 12.34
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Wahrscheinlich von den Elmex-Leuten, der Text, oder? In einer Broschüre von denen, die ich mal beim Zahnarzt mitgenommen habe, sah es so ähnlich aus.

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Theo Grunden
02.05.2002 10.10
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Gegen den "Bissmissstand"

Den folgenden Text brachte mein Sohn gestern aus der Grundschule mit nach Hause (ein bisschen reformiert, ein bißchen altbewährt).

Die Kinder, die an der Fluoridlackbehandlung zum Schutz gegen Karies teilnehmen, werden ebenfalls gebeten, an diesem Tag ihren Zahnschutz-Pass mitzubringen. Um seine Schutzwirkung voll zu entfalten, muß der Fluoridlack mehrere Stunden einwirken. Damit er nicht vorzeitig abgekaut wird, sollte Ihr Kind nach der Behandlung mindestens zwei Stunden nichts essen. Umso wichtiger ist es, daß zu Hause ein gehaltvolles Frühstück eingenommen wird.

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Elke Philburn
19.04.2002 16.38
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Frau Ludwig hat es treffend beschrieben.

Man muß sich wirklich fragen, warum bewährte Lehrmethoden aufgegeben werden, um mit neuen Versuchen am Erwerb der Orthographie herumzudoktern. Viel Sinn scheint es nicht zu machen, daß man erst einmal das Falsche lernt, um über diesen Umweg zum Richtigen zu gelangen.

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Claudia Ludwig
19.04.2002 13.39
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Hier noch schnell ein Nachtrag. Die Methode des Herrn Sommer-Stumpenhorst findet man erklärt unter:
http://www.rechtschreib-werkstatt.de
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Claudia Ludwig

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Claudia Ludwig
19.04.2002 13.19
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Daß Kinder nach dem Lautprinzip schreiben lernen bzw. eher nicht lernen, kennen wir schon, seit Herr Professor Reichen an deutschen Grundschulen sein Unwesen treiben darf. Er hat die Methode „Lesen durch Schreiben lernen“ entwickelt.

Dabei gibt er für einen Laut verschiedene Schreibweisen vor, die die Kinder dann für ihre Wörter wählen können, also z.B: „oi, eu und äu“. Wenn nun jemand „deutsch“ schreiben will, so schreibt der eine „doitsch“, der zweite „deutsch“ und der dritte „däutsch“. Alles drei ist lautlich „richtig“, also gehen die Kinder damit längere Zeit um – die Schreibweise prägt sich ein.

Später, etwa ab 2., 3. Klasse, werden die richtigen Schreibweisen gelernt, die Kinder müssen nun umlernen. Merkwürdigerweise gibt es nun etliche, die bei ihren ersten Schreibweisen bleiben. So liest man noch in Klasse 8 „doitsch“ oder „Doitschlant“.

Für Ausländerkinder, gleich, welche Muttersprache sie erlernt hatten, eignet sich diese Methode leider gar nicht. In Hamburg hat sich Herr Reichen deshalb sehr unrühmlich aus einigen Schulen mit hohem Ausländeranteil entfernt. An anderen Schulen darf er weiterhin wirken.

Sollten wir uns nicht vielleicht einer Zeit entsinnen, als vom Dorfschulkind (Klasse 1 bis 8 in einem Raum) bis zum Gymnasiasten alle schreiben konnten? Natürlich war das auch die Zeit des „stupiden“ Auswendiglernens und des „dumpfen“ Abschreibens. Beides ist heute verpönt – die Rechtschreibung übrigens auch!

In Niedersachsen gibt es übrigens noch eine andere Methode, die des Psychologen Sommer-Stumpenhorst. Hoffentlich ist hier nomen nicht gleich omen!
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Claudia Ludwig

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Jörg Metes
18.04.2002 07.20
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"Schriftsprachen-Moderatoren"

(Der folgende Artikel stand gestern in der 'Frankfurter Rundschau'. Frage an die Experten: Was ist von diesem Ansatz und diesem Projekt zu halten? Was könnte gemeint sein mit dem Unterschied von „Fehlervermeidungspädagogik“ und einem Unterricht, in dem Kindern „die Orthographie beigebracht“ wird? Ich kann mir unter diesem Projekt nicht wirklich etwas vorstellen.)

»Schüler sollen zuerst so schreiben, wie sie sprechen

Modellprojekt will Rechtschreib-Kompetenz verbessern / Lehrer werden zu „Schriftsprachen-Moderatoren“ ausgebildet

FRITZLAR. Das erste von drei hessischen Modellprojekten zur Bekämpfung der Rechtschreibschwäche wurde gestartet. In den nächsten drei Jahren sollen im Bereich des Schulamtes Fritzlar, zu dem der Schwalm-Eder-Kreis und der Kreis Waldeck-Frankenberg gehören, so genannte Schriftsprachen-Moderatoren ausgebildet werden.

Diese speziell geschulten Deutsch-Lehrer gehen in den Klassen eins bis sechs neue Wege beim Erlernen der Schriftsprache und geben dann ihre Erfahrungen an Kollegen weiter. Bereits ein Jahr vor der Pisa-Studie, die dem deutschen Schulwesen zahlreiche Defizite bei der Wissensvermittlung bescheinigte, war das Fritzlarer Schulamt mit dem Wiesbadener Kultusministerium in das Projekt eingestiegen. Ähnliche Projekte werden demnächst in Mittel- und Südhessen anlaufen.

Projektleiter und Schulpsychologe Heinrich Falb vom Staatlichen Schulamt in Fritzlar stellt fest, „dass die Kompetenz in Sachen Rechtschreibung immer weniger wird“. Das Problem wird bisher entweder durch Nachhilfe oder die von den Jugendämtern der Landkreise finanzierte „Eingliederungshilfe“ zu lösen versucht – jeweils außerhalb des Unterrichts. Aber „die Verantwortung muss wieder voll in die Schule“, sagt Falb. Doch dazu muss sich am Unterricht einiges ändern.

Bisher sollen sich Kinder „Wortbilder“ merken, die dann beim Diktat abgefragt werden. Doch laut Falb ist inzwischen bekannt, dass Kinder bereits mit einem gewissen Sprachgefühl in die Schule kommen, das ihnen dann aber im Unterricht regelrecht abgewöhnt wird. Die bisherige „Fehlervermeidungspädagogik“ hält Falb für den falschen Weg, er sieht darin einen „trügerischen Schutz“, weil sie dem Kind den Weg zur Erkenntnis verbaue.

Bei dem Modellprojekt sollen sich die Kinder – analog zum individuellen Lernen des Sprechens – etappenweise dem richtigen Schreiben annähern. Sie dürfen dabei zunächst so schreiben, wie sie sprechen. In einem zweiten Schritt wird ihnen die Orthographie beigebracht. Daneben wird angestrebt, Rechtschreibung nicht nur im Fach Deutsch, sondern auch in anderen Fächern (vor allem Sachkunde) zu üben.

Im Moment lernen 44 Lehrer aus 32 Schulen des Schwalm-Eder-Kreises und des Kreises Waldeck-Frankenberg in Kompaktseminaren die neuen Methoden kennen. Vom neuen Schuljahr an probieren sie das Ganze dann zwei Jahre lang mit ihren eigenen Schülern aus – unter wissenschaftlicher Begleitung der Marburger Universität. Dabei wird zum Beispiel in regelmäßigen Abständen der Unterricht beobachtet, außerdem schreiben die Schüler Kontrolltexte.

Bereits nach einem Jahr können sich 16 Lehrer in einer zweiten Stufe des Projekts zu „Schriftsprachen-Moderatoren“ ausbilden lassen, die dann Lehrer aus dem eigenen Kollegium und anderen Schulen fortbilden.«
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Jörg Metes

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Theodor Ickler
14.03.2002 05.09
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Töllpel

Die volksetymologischen Schreibweisen sind gegen den Willen aller anderen Reformer allein von Augst durchgesetzt worden, und zwar als obligatorische Neuschreibungen, neben denen die bisherigen nicht mehr zulässig sind. Nur so hatte Augst eine Chance, seine jahrzehntelang gehegte Lieblingsidee zu verwirklichen – manche Kenner sagen, es sei die einzige Idee, die er je hatte. Damit fügte er allerdings der gesamten Reform Schaden zu.

Ärgerlicherweise verharmlosen manche Germanisten das Übel, indem sie – wie Eroms in seiner Dudenrede – blauäugig fragen, warum man einbläuen nicht zulassen sollte, wo doch so viele Menschen dabei immer schon an blau gedacht haben. Aber ums Zulassen geht es ja nicht, sondern ums Durchsetzen.

Ein großer Teil der Lehrer ist dadurch mehr oder weniger gewonnen worden, daß man ihne eine kleines GEW-Faltblättchen statt der enorm umfangreichen und komplizierten Neuregelung vorsetzte oder gar ein Kärtchen mit den zehn wichtigsten Änderungen im Format eines Taschenkalenders.

Erklärt man Lehrern die Sache mit der Buchstabenverdoppelung, so begreifen sie das natürlich und finden es logisch und ansprechend. Aber es gibt zwölf Gruppen von Ausnahmen, und davon erfahren sie so gut wie nichts. In diesem Licht ist auch der entsprechende Teil des dritten Berichts zu sehen.
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Th. Ickler

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Theo Grunden
13.03.2002 10.11
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Zurückeilender Gehorsam?

So stand es im Wochenarbeitsplan der 2. Klasse, den mein Sohn gestern aus der Schule mitbrachte: „Lies die Geschichte: Der tolpatschige Osterhase“.
Die damit gemeinte Geschichte im Lesebuch (Bausteine, Lesebuch 2, Neubearbeitung, Verlag Diesterweg) ist aber überschrieben „Der tollpatschige Osterhase“. Eine offizielle Wiederzulassung dieser von der Lehrerin praktizierten bewährten Schreibung (als einer „gleichberechtigten“) habe ich noch nirgendwo dokumentiert gesehen, wohl schon von entsprechenden Überlegungen gelesen. Klärung bis Ostern erwünscht!

Wenn mein Sohn mir von einer besonders guten Schulleistung berichtet oder mir eine solche zeigt (die das Prädikat „toll“ verdient hat, „richtige“ Noten gibt’s ja noch nicht), bekommt er von mir immer einen anerkennenden „Patsch“, und den nennen wir dann den „Tollpatsch“. Und den soll uns bloß keiner mit nur einem ‚l’ schreiben, denn der kommt ja tatsächlich von „toll“!

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J.-M. Wagner
06.03.2002 16.24
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Und an den Privatschulen?

Wie ist eigentlich die Situation an den Privatschulen; muß dort auch die neue Rechtschreibung unterrichtet werden? D. h., bezieht sich das BVerfG-Urteil nur auf die staatlichen Schulen oder auf ausnahmslos alle Schulen?
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Jan-Martin Wagner

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Ruth Salber-Buchmüller
19.02.2002 09.26
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Schulbücher FAZ 20.02.02

„Geld für Schulbücher drastisch gekürzt“

„An immer mehr Schulen arbeiten die Schüler mit
veralteten Bildungsmedien, die weder die Grenzen des
wiedervereinigten Deutschlands noch die RECHTSCHREIB-
REFORM oder gar den Euro kennen, (...)

Ist bislang noch keine Untersuchung über die
Kostenhöhe der umgestellten Schulbücher auf die
neue Rechtschreibung erfolgt?

Auf Geld reagiert das Volk doch empfindlich!



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Ruth Salber-Buchmueller

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Elke Philburn
12.02.2002 19.01
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Zitat:
In den deutschen Grundschulen, so konnte man lesen, gestalte sich die Umsetzung der neuen amtlichen Schreibregeln bislang problemlos.

Was für eine Formulierung – problemlos. Im Grunde müßte sich die Umsetzung doch spielend gestalten, leichter als die frühere Rechtschreibung. Oder ist man schon froh, daß sich eventuell antizipierte Probleme nun doch nicht einstellen?

(Ich habe unter Eltern von Schulkindern auch schon solche erlebt, die die neue Rechtschreibung verteidigten, ohne sie selber zu können. Macht sich vermutlich nicht so gut, wenn es darum geht, die Hausaufgaben nach Fehlern durchzusehen.)

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Theo Grunden
12.02.2002 09.30
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In den deutschen Grundschulen, so konnte man lesen, gestalte sich die Umsetzung der neuen amtlichen Schreibregeln bislang problemlos. Für die Schüler mag das zutreffen. Sie „eSSen“ nun zwar deutlich mehr als früher, aber speziell daraus, so steht zu befürchten, könnten ihnen eher orthopädische als –graphische Probleme erwachsen. Und so kleinlich sind die Kleinen nicht, daß sie gegen das Fehlen des zweiten „P“ auf den STOP-Schildern groß protestieren würden. Mag sein, daß das beliebte Wortspielchen „Müde bin ich, Känguru“ jetzt auch zum Schreiben von „Müde bin ich, geh’ zur Ru“ verführt, aber da werden die Lehrer und Lehrerinnen schon aufpassen (pädagogischer Vorschlag: „Müde bin ich, wie ’ne Kuh!“) – etwa so, wie sie in meinem folgenden Beispiel aufgepaßt haben:

Schulgottesdienst der Grundschule meines Sohnes (2. Klasse) in der vorigen Woche. Die Textvorlage enthielt neben mehreren anderen „veralteten“ Schreibweisen auch dreimal „kennenlernen“. Ist (war?) ja auch – besonders für wißbegierige und lernbereite Schüler – ein wichtiger Begriff. Aber lohnt es sich für Schulkinder noch, ihn kennenzulernen, wenn es ihn bald nicht mehr geben soll? Mein Sohn kennt ihn jetzt. Nach dem Willen der Reformer braucht er ihn aber nicht zu kennen, zu lernen erst recht nicht, kennen zu lernen erst recht erst recht nicht, und kennenzulernen erst recht erst recht erst recht nicht, denn kennenlernen sollen Schüler ja überhaupt nicht(s) mehr. Mein Sohn ist schon gespannt darauf, ob und wann er „kennen lernen“ in der Schule auch kennenlernen wird.

Ich habe ihn übrigens vorsorglich darüber aufgeklärt, daß auch für Lehrpersonen die Übergangsregelung anzuwenden sei; d.h. er wird ihnen „kennenlernen“ vorläufig nicht als Fehler anrechnen, höchstens als überholte Schreibweise kennzeichnen, besser noch: als vorläufig überholte.

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