ROM vs. Rom
Daß gewisse Initialwörter, wie Herr Ickler sie nennt, schon vor der Reform
''normal'' geschrieben wurden, bedeutet noch lange nicht, daß man das deswegen
akzeptieren könnte. Es waren damals einfach nur Fehler, anderenfalls könnte
man ein Regelwerk wie die klassische Rechtschreibung getrost abschaffen.
Daß gewisse Wörter, die aus Abkürzungen hervorgegangen sind, heute wie
''normale'' Wörter geschrieben und behandelt werden, steht dem nicht entgegen.
Wörter wie Laser sind zu einem Zeitpunkt entstanden, als das Englische hier
in Deutschland noch nicht so allgegenwärtig wie heute war. Mag sein, daß man
ihn einfach als normales Wort aufgenommen hat.
Es gibt in der klassischen Rechtschreibung ein Konzept, daß man auch auf
diesen Sachverhalt anwenden könnte: Die Kleinschreibung von ''bezug'' in
Wendungen wie ''in bezug auf'' mit der Begründung, daß der substantivische
Charakter von ''bezug'' hier verblaßt ist.
Trotzdem sollte man jetzt nicht alle Initialwörter normal schreiben,
auch weil es schwierig sein wird zu erkennen, ob eine Verblassung des
Abkürzungschrarakters stattgefunden hat. Aber es gibt noch ein
weiteres Problem: Die Verschwendung von Wortressourcen.
Betrachten wir folgendes Beispiel: Würden wir das Akronym ROM für
''read only memory'' normal schreiben, so würde es mit der deutschen
Schreibweise für die italienische Stadt Rom kollidieren.
Die berühmt-berüchtigte Programmiersprache BASIC für Beginners Allpurpose
Symbolic Instruction Code würde mit dem englischen Begriff ''basic'' für
''grundlegend'' kollidieren, zumindest am Wortanfang.
Wenn wir uns mit Rechtschreibung befassen, so müssen wir auch deren zeitliche
Komponente berücksichtigen. Regeln nur für hier und jetzt sind relativ sinnlos.
Im Laufe der Zeit werden aus anderen Sprachen -- vielleicht wird irgendwann
einmal die heutige Rolle des Englischen durch andere Sprachen ersetzt -- neue
Begriffe von uns übernommen werden bzw. übernommen werden müssen. Bei dem
u.a. auch durch unsere Technik immer weiter steigenden Bedarf an neuen Begriffen
zur Bezeichnung neuer Sachverhalte und Produkte wird dann die Wahrscheinlichkeit
solcher Überschneidungen steigen.
Weiterhin ist zu bedenken, daß durch die Normalschreibung der Initialwörter
unnötigerweise die problematischen Variantenschreibungen eingeführt werden,
denn es wird wohl kaum durchzusetzen sein, daß alle diese Dummheit
mitmachen. Einmal eingeführte Schreibungen sind nicht mehr aus der Welt
zu schaffen, am allerwenigsten dadurch, daß man verfährt wie gewisse
Mächtige der Vergangenheit. Diese Verfahrensweise macht den Inhalt der
Bücher nur noch interessanter. Heute haben die Mächtigen gegenüber früher
etwas hinzugelernt: Sie zerstören nicht mehr die Bücher, sondern die
Rechtschreibung. Die neue Generation, die in der neuen Schreibung aufgewachsen
ist, wird die alten Bücher nicht mehr lesen wollen, schon weil sie eine
Gefahr für ihre Noten sind. Rechtschreibreformen dienen also auch dazu,
unliebsame Gedanken im Laufe der Zeit aus der Gesellschaft herauszufiltern.
Vermutlich hält man aus diesem Grund so unnachgibig an der Reform fest!
Fällt die Rechtschreibreform, so werden für eine sehr lange Zeit keine
Rechtschreibreformen mehr durchführbar sein.
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