Teuflische Durchschnittsaraber oder
Die Welt vom 15.9.2001:
Anschlag auf unsere Frivolität
Krauses Klartext
Von den entsetzlichen Bildern, die seit Dienstag um die Welt gehen, sind für viele Menschen am perfidesten: Bilder der Freude und der Genugtuung, die sich auf den fröhlichen Gesichtern arabischer Männer und Frauen, Kinder und Greise abzeichnen, in Ostjerusalem, im Westjordanland, im Libanon, in Kairo. Das Bemerkenswerte an diesen Bildern war, dass sie keineswegs fanatisierten Mob zeigten, sondern den sprichwörtlichen Mann von der Straße. Der scheint in der islamischen Welt zu empfinden:
Tausende Amerikaner verreckt? Gut so! Wäre das der Fall, dann sind daraus mindestens drei Lehren zu ziehen. Die erste, übergreifende: Huntingtons Thesen vom Krieg der
Kulturen als der Auseinandersetzung der Zukunft werden wohl eher Wirklichkeit, als wir alle angenommen hatten.
Davon abgeleitet: Wir in der westlichen Welt haben allen Anlass, darauf zu dringen, dass die arabisch-islamische Bevölkerung in unseren Ländern und Städten genauestens
beobachtet und kontrolliert wird. Der Folklore-Fimmel vieler Zeitgenossen, der sich an fremden Gebräuchen ergötzt und beispielsweise die Kopftücher islamischer Frauen als
Ausdruck anderer Identität feiert, muß als das erkannt werden, was er immer schon war: Verkitschung und Verharmlosung einer Kleiderordnung, die Ausdruck von Ideologie ist, von aggressiv-antiwestlicher Verachtung des Individuums. Davor müssen wir uns schützen.
Die dritte Lehre besteht darin, dass wir selbstkritisch, wie es guter Brauch ist in unserer Zivilisation, fragen: Was ist es, das so viele Angehörige des Islam unsere Werte hassen und verachten lässt? Antikapitalismus und Antiamerikanismus allein werden es nicht sein. Auch hier gibt der Politologe Huntington einen wichtigen Hinweis: Was die Moslems mit so viel Feindschaft gegen den Westen erfüllt, ist nicht das Weltanschauliche, das Fundament an Werten, das wir haben und das sich von dem ihren unterscheidet. Es ist vielmehr die Tatsache, dass wir unsere Werte so oft in Zynismus, Opportunismus und Heuchelei preisgeben. Es ist das, was sie unsere Irreligiosität, unsere Unmoral nennen.
Und genau das macht uns auch angreifbar. Diese Angreifbarkeit rechtfertigt natürlich nie und nimmer den verbrecherischen Elan, mit dem wir nun überzogen worden sind und möglicherweise weiter überzogen werden. Und die Drahtzieher dieser Kriminalität haben auch jedes Recht auf Austausch und Gespräch verwirkt. Aber den Durchschnittsaraber in seiner klammheimlichen Sympathie mit den Teufeln sollten wir weiterhin zu erreichen versuchen.
Indem wir ihm nicht nur jene primitive Frivolität zeigen, wie sie sich in der medialen Schauseite unserer sexversessenen, sensationsgeilen, extrem außengeleiteten
Spaßgesellschaft artikuliert, die er so verachtet. Sondern indem wir jene Tugenden wieder pflegen, die dem spirituellen Erbe entstammen, über das wir ja auch verfügen,
wenngleich wir es leichtfertig preiszugeben geneigt waren in den letzten Jahrzehnten. Zu diesen Tugenden zählen Scham, Pietät, Andacht, Respekt und Würde. Dies sind die
Eigenschaften, mit denen wir uns die Achtung auch derer wiedergewinnen werden, die uns nur sehen als Nutznießer von Wohlstand und Wohlleben, die wir eigentlich gar nicht verdienen.
Anmerkung von Th. I.: Im Eifer seiner Pogromhetze vergißt Krause sogar, muss statt muß" zu schreiben.
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Th. Ickler
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