Baden-Württembergs Kultusministerin Marion Schick
Hoppala, das hat ja eine Bedeutung
Schrobenhausen (SZ) Eine waschechte Schrobenhausenerin ist seit knapp einem Jahr Kultusministerin in Baden-Württemberg: Marion Schick, geborene Pilnei. SZ-Redaktionsleiter Mathias Petry sprach mit ihr.
[…]
Wie schaffen Sie für sich Glaubwürdigkeit?
Schick: Ich rede sehr viel mit den Menschen und bekomme sehr stark als Rückmeldung, dass es als wohltuende Abwechslung empfunden wird, dass ich diesen Politikersprech nicht drauf habe. Als Quereinsteiger tu ich mich da vielleicht etwas leichter.
Stichwort: Quereinsteiger. Da gibt es auch Ressentiments Seitens der Berufspolitiker, siehe Kirchhoff, Köhler . . .
Schick: Ja, das birgt immer ein Risiko. Das politische Geschäft funktioniert nach bestimmten Spielregeln. Wenn man als Wissenschaftler daher kommt und meint, man kann seine gewohnten Spielregeln mitbringen . . . Man muss da schon aufpassen, dass man nicht als Besserwisser von außen kommt, oder gar zeigt, wie man’s sozusagen richtig macht.
Sie müssen jetzt skandalfrei leben, Sie sollten nicht mal mehr im Halteverbot stehen bleiben . . .
Schick: Oh ja, ich bin jetzt auch ein bisserl herumgekurvt, bis ich einen Parkplatz gefunden hatte (lacht). Natürlich, man wird auch als Vorbild gesehen.
Glaubwürdigkeit, ist das auch ein Grund, warum Sie kein Landtagsmandat anstreben oder haben Sie eine Lehre daraus gezogen, was Ihre Vorvorgängerin Schavan erlebte, die ihrem Wahlkreis quasi übergestülpt wurde?
Schick: Das ist in der Tat für mich ein Glaubwürdigkeitsthema. Ich bin jetzt elf Monate in Baden-Württemberg, wie sollte ich da die Menschen eines Wahlkreises vertreten können? Ich bin ja selbst noch dabei mich mit der neuen Umgebung vertraut zu machen.
[…]
Wenn Sie die pädagogischen Inhalte im Kindergarten aufstocken, sagen womöglich Eltern aus bildungsnahen Haushalten: Unsere Kinder werden zu sehr voll gepackt mit Wissen, sie dürfen nicht mehr Kind sein . . .
Schick: Ja, wir haben eine Polarisierung in der Elternschaft. Die einen sagen: Hier habt Ihr mein Kind, macht was draus und belästigt mich nicht weiter. Am anderen Pol sind Eltern, die kommen mit ihrem dreijährigen Kind und einem Fragebogen in den Kindergarten: Machen Sie eine Fremdsprache? Machen Sie dies, machen Sie das? Mir ist bei beiden Polen Angst um die Kinder. Dazwischen gibt es viele Eltern, die das auch mit Sorge sehen, die sagen Mein Kind soll Kind sein dürfen, die aber auch erwarten, dass ihr Kind später in der Schule erfolgreich ist. In der Politik sitzen wir beherzt zwischen allen Stühlen.
Sie sagen: Sprache sei die Basis des schulischen Erfolgs. Warum gehen wir Deutschen dann so schlecht mit ihr um, wir haben ja nicht einmal mehr eine einheitliche Schreibe, die neue Rechtschreibung setzt sich nicht durch, die alte ist verwässert . . .
Schick: Mir fällt das auch auf, wenn ich Texte auf den Tisch bekomme. Neulich habe ich das Wort Standard in einem Text wiederholt mit t gesehen, Standart. Ich habe dann glatt meine Sekretärin im Duden nachschauen lassen, ob sich da mit der neuen Rechtschreibung etwas verändert hat. Der Duden schreibt’s nach wie vor mit d. Das sind Fehler, die sich Bahn brechen, der eine schreibt’s vom andern ab.
Es schleicht sich der Eindruck ein, dass manchen Menschen durch die Rechtschreibreformen gute Orthografie egal geworden ist.
Schick: Ja, und ich habe auch ein bisschen Verständnis dafür, wenn sie sagen: Ich stecke meine Energie lieber in den Inhalt als auf die Frage, ob man so genannte auseinander oder zusammen schreibt. Dazu kommt, dass wir im E-Mail-Verkehr neue Gepflogenheiten annehmen; ich schreibe auch manchmal E-Mails, in denen ich nur Kleinschreibung verwende. Und wenn ich eine SMS tippe, habe ich auch einen anderen Sprachcode. Wichtig finde ich aber, dass ich Interpunktion und Orthografie noch kann, wenn ich einen Brief schreibe.
Also unterscheiden Sie heute die Qualität der geschriebenen und der gesprochenen Sprache?
Schick: Absolut. Die verstandene Sprache ist das eine. Wenn ich etwas lese, erkenne ich womöglich bei anderen einen Schreibfehler, den ich beim nächsten Mal selbst mache. Orthografie ist so eine Sache. Gott sei Dank liegen Baden-Württemberg und Bayern beim letzten Ländervergleichstest sehr, sehr gut. Sachsen übrigens auch.
Ausgerechnet Länder, in denen Dialekte noch sehr gepflegt werden, die Baden-Württemberger können also nicht nur alles außer Hochdeutsch.
Schick: Da wird halt noch mehr drauf geachtet.
[…]
donaukurier.de 7.1.2011
|