Notice: Undefined variable: goto in /home/www/rechtschreibung.com/html/Forum/showthread.php on line 3 Notice: Undefined variable: goto in /home/www/rechtschreibung.com/html/Forum/showthread.php on line 3 Forum - Rechtschreibreform und Gruppendynamik
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Forum > Rechtschreibreform und Gruppendynamik
Rechtschreibreform und Gruppendynamik
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Detlef Lindenthal
13.04.2002 15.49
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Lieber Herr Schäbler,

dagegen, daß Sie Vorwärts, Stürmer und Prawda in einem Atemzug nennen, lege ich Einspruch ein; denn immerhin hat die SPD, soviel ich weiß, keine Sammel- oder Vernichtungslager angelegt und hat deutlich weniger Zeitungen verbieten lassen.

>>Mir scheint es fast so ... als wollten Sie auf etwas Größeres hinaus – eine Bewegung!<<

Eine Bewegung, eine Volksinitiative, die hatten wir mal: vom 15.12.1996 bis zum 27.9.1998. Ansonsten ging es mir nicht darum, auszudrücken, auf was ich hinauswill, sondern ich wollte für Gruppendynamik geeignete Mittel vorschlagen. Doch, ich will auf etwas hinaus: auf Pressefreiheit ... cetero censeo ...
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Detlef Lindenthal

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Jörg Metes
13.04.2002 15.26
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Zurück zu Kuran (und Jürgen Schrempp)

Das Phänomen, um das es mir ging, war dieses:

Jürgen Schrempp schreibt einen Text für den eigenen Gebrauch. Er schreibt ihn in herkömmlicher Rechtschreibung. Texte in herkömmlicher Rechtschreibung lesen sich für ihn besser.

Jürgen Schrempp schreibt einen Text für andere. Jürgen Schrempp weiß (oder könnte es sich nach kurzer Überlegung bewußt machen): Auch für die anderen lesen sich Texte in herkömmlicher Rechtschreibung besser. Aber diesen Text für die anderen: Den schreibt er in Reformschreibung.

Und die anderen machen es genauso.

Das ist – um es noch einmal zu sagen – das, was die Soziologen Präferenzverfälschung nennen. Einerseits gibt es die Wahrheit, andererseits gibt es den Konsens darüber, daß man so tut, als gebe es sie nicht. Dem einzelnen verursacht das ein gewisses Unbehagen, aber noch unbehaglicher wird ihm bei der Vorstellung, er müßte den Gruppenkonsens öffentlich aufkündigen.

Bei Timur Kuran (in dem genannten Buch: „Private Truths, Public Lies“ / „Leben in Lüge“) geht es darum, wie es zu Präferenzverfälschungen kommt, wie sie sich entwickeln, welche Folgen sie haben.

Präferenzverfälschungen sind Zugeständnisse, die die Mehrheit einer Minderheit macht, damit die Minderheit endlich Ruhe gibt. Die Minderheit hat eine fixe Idee, die Mehrheit gibt irgendwann nach. Hat sie schließlich nachgegeben, kann die Mehrheit die gemachten Zugeständnisse im Lauf der Zeit verinnerlichen und irgendwann als natürlich empfinden, oder sie kann sie, weil sie sich nicht an sie gewöhnen kann, am Ende wieder zurücknehmen. Es gibt Muster, nach denen solche Prozesse verlaufen, und wer sich (wie ich) in die Betrachtung solcher Muster gerne versenkt, der findet sie in Kurans Buch gut dargestellt.

- Direkte Handlungsanleitungen, lieber Herr Schäbler, finden sich keine. Aber es wird immerhin klar, daß man auch als einzelner durchaus etwas ausrichten kann. Man kann es, indem man Leute, denen man ihr Unbehagen anmerkt, in diesem Unbehagen bestärkt. Worauf es ankommt, ist, ob dieses Unbehagen in der Gesellschaft insgesamt zunimmt, oder ob es sich legt. Worauf es ankommt, ist das Stirnrunzeln, mit dem die Leute im Reformduden blättern. Worauf es weniger ankommt, ist die persönliche Glaubwürdigkeit der Reformer. Der Duden selbst ist es, der unglaubwürdig werden muß. Das Stirnrunzeln der Leute muß zunehmen. Es muß so lange zunehmen, bis sie schließlich den Duden zuklappen und weglegen und einander kopfschüttelnd ansehen und fragen: „Wieso sollen wir daß eigentlich mit ss schreiben?“
– geändert durch Jörg Metes am 14.04.2002, 21.08 –
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Jörg Metes

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Norbert Schäbler
12.04.2002 11.34
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Nicht ganz so zügig!

Ich will jetzt den Faden nicht mit Pseudopsychologien und Wortspielen bereichern, zumal Bereitschaften und Erkenntnisse auch von anderen gezeigt und beigetragen werden müssen. Ich hielt lediglich die Einengung auf den Gedanken der Presse für verfrüht.

Einige meiner vorherigen Spitzen sind ja auch angekommen, z.B. die mit der „Prawda“.
Ich hätte ja auch „Vorwärts“ schreiben können – oder „der Stürmer“.

Das mit dem „schwarzen Schaf“ ist noch nicht so ganz durchgesackt. Das merke ich an der Rückmeldung.
Dazu die Entgegnung: „Schwarze Schafe halten sich niemals in der Mitte auf, zumindest dann nicht, wenn sie im Umfeld eine erschreckende Minderheit darstellen. Wie sollte denn ein solch ärmliches Tierchen aus dem Kessel entfliehen können?
Sie wissen doch: Schwarze Schafe sind meist klüger als ihre weißen Artgenossen. Sie haben lediglich eine andere Farbe, und/aber gerade aufgrund von Gruppenmechanismen wittern sie Gefahren viel leichter und positionieren sich von Haus aus schon dort, wo sie einen großen Überblick haben.“

Auch das mit der Definition und dem „Sammelbecken“ kam nicht so rüber.
Sag ich halt – die Rückmeldung überspitzend – „Apartheididee“ dazu, personifiziere mein Bild mit Martin Luther King und formuliere überschwenglich („überschwänglich“): „I had a tream!“

Mir scheint es fast so, Herr Lindenthal, als würden Sie den Begriff der Gruppe als zu eng gefaßt deuten, als wollten Sie auf etwas Größeres hinaus – eine Bewegung! …

Mir selbst reicht zunächst der Begriff Gruppe. In der Soziologie spricht man von „Gruppe“ erst dann, wenn Sie klare Erkennungs- und Abgrenzungsmerkmale hat. Ansonsten könnte man sie ja gar nicht vom übrigen „Nichts“ unterscheiden …

Wenn ich den Faden „Gruppendynamik und Rechtschreibreform“ richtig verstehe, dann ist dieses Thema doch offensichtlich eine Chance, präzise Untersuchungen anzustellen z.B. darüber, was das Profil der Reformbefürworter und andererseits der Reformkritiker ausmacht.

Dazu meine Beobachtungen: Mir drängt sich der Verdacht auf, daß den Reformkritikern der Einsatz für gelebte, streitbare Demokratie in größerem Maße anhaftet als der Gegengruppe, und das hinwiederum macht die Sache äußerst brisant. Da steckt nämlich tatsächlich ein „bewegender“ Gedanke drin.

Diesmal allerdings sollte man vorher wissen, wohin der Zug fährt, wenn er sich in „Bewegung“ setzt; schließlich war da doch schon mal was in der deutschen Geschichte – Volkssturm, Volksbewegung und so. Das war damals ein Zug voller weißer Schafe, die nichts wußten, aber alles taten zur Reinerhaltung ihrer Rasse.

Und deshalb plädiere ich für Aufklärung, plädiere dafür, daß Professoren an der Meinungsbildung teilnehmen.
Man muß wissen, was man tut! Erst das Wissen bringt die Verantwortung ins Spiel.

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nos

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Detlef Lindenthal
12.04.2002 08.46
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Ui

„Sammelbecken“? Igittigitt!
„Pferch“? Welch garstig Wort!
„Sich als Gruppe abgrenzen?“ Das würde die Erkenntnis behindern.

„ ... doch scheint es mir zu früh, jetzt schon die Trommel zu rühren, Marschrichtungen vorzugeben und in einer Art »Prawda« Parolen auszuarbeiten.“

Hm. Ich meine, daß auch später es unter freien Menschen nicht richtig ist, Marschrichtungen vorzugeben. Das Fremdwort Prawda verkörpert idealistische Wahrheit in Reinkultur: „»Wahr« ist, was meiner Sache nützt.“. Statt „Prawda“ wünsche ich mir aufgeklärte und aufklärende Wahrheit, und die ist ein wissenschaftlicher Vorgang.

Jedes Schäflein, ob schwarz oder weiß, hat seinen bevorzugtes Zockeltempo. Doch meine ich, daß auch schwarze Schäflein nicht nur aus der Herdenmitte heraus blöken, sondern sich ruhig weiter nach außen drängeln sollten, wo der Wind schärfer weht, wo die Luft frisch ist und wo man leichter mal gebissen wird. Andererseits hat man dort einen deutlich besseren Überblick als in der Herdenmitte, wo zwar der Mief stimmt, aber man vorwiegend das schmutzverkrustete Hinterteil das Vordermannes sieht.
– Gegenüber unseren Professoren sollte die Berechtigung eines Vertrauensvorschusses von Fall zu Fall geprüft werden; mindestens in Sachen Rechtschreibung fällt die Statistik deutlich zu ungunsten unserer Professorenschaft aus; und sehen die anderen Gesellschaftsbereiche um so vieles besser aus?

Eine Zeitung ist kein Schafspferch. Sie können fast zum Preise null mit etwas Arbeit eine eigene Netzzeitung aufmachen, und dann bestimmen Sie selbst, wiewenig Pferch es gibt. Und dort können Sie dann wunderbar um die Professorenschaft werben.
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Detlef Lindenthal

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Norbert Schäbler
12.04.2002 07.26
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Fluchtwege offenhalten

Sicherlich ist es richtig und wichtig über ein Sammelbecken nachzudenken, sich als Gruppe abzugrenzen – d.h. die eigenen Gemeinsamkeiten und auch die Unterschiede gegenüber anderen Vereinigungen zu definieren – doch scheint es mir zu früh, jetzt schon die Trommel zu rühren, Marschrichtungen vorzugeben und in einer Art „Prawda“ Parolen auszuarbeiten. Die Rollendefinition einer Gruppe ist vorrangig.

Gedanken über den Aufbau einer Zeitung sollten ggf. in einen eigenen Strang hinüberwechseln, der recht prall werden könnte, weil ja nicht nur der Inhalt jenes zu schaffenden Blattes festzulegen wäre, sondern auch Finanzen und Vertrieb bedacht werden müßten.

Im übrigen geht bei mir immer die rote Lampe an, wenn jemand anderes für mich einen Schafspferch aufmachen will, denn ich bin ein schwarzes Schaf. In jedem Pferch habe ich so meine Schwierigkeiten, weil die Umzäunung meine Chance zur Flucht versperrt. Schwarze Schafe müssen nämlich viel häufiger fliehen als die weißen.

Mir geht das alles zu schnell. Leute kennenlernen, Systeme studieren, Dimensionen ausmachen, Fehlfunktionen analysieren, Lehren ziehen, handeln. Das scheint mir der richtige Weg.
Gespannt warte ich deshalb auf weitere Erkenntnisse, die uns Herr Metes offerieren wird (auf der Grundlage seiner Buchempfehlung).
Und ich erinnere nochmals daran: Es wäre wunderbar, wenn Professoren der Geisteswissenschaften zu unserem Diskussionskreis hinzukämen.

Könnte man da nicht ein bißchen werben?
Könnte man nicht einige Professoren über eine Internetadreßliste zum Mitmachen animieren?

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nos

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Detlef Lindenthal
11.04.2002 19.08
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Autsch ...

... da habe ich mal wieder mißverständlich geschrieben und bin mißverstanden worden.

Mit der Voraussetzung, daß man ein bestimmtes Weltbild hat (z.B. „Dem Wahren, Schönen, Guten“, wie es auf der großen, verschüchtert zwischen die zehmal höheren Banken-Türme eingeklemmten Frankfurter Neuen Oper steht; oder „Für den Tierschutz“ oder „Für Ruhm und Ehre von { ... }“ oder ...), ist es günstig, wenn man Medien hat, die einen dieses Weltbild mit anderen teilen lassen.

Die Wertekategorie(n) einer Gesellschaft ist/sind ein wichtiger Fragenkreis. (Wenn wir einfach voraussetzen, daß nicht gelogen werden dürfe, erleiden wir leicht Schiffbruch.)

Weil Journalisten, wie Sie schreiben, keine Pippifaxstories wollen und recht eigensinnig und unbelehrbar sind und möglicherweise ja auch Vorschriften haben, was denn Pippifax sei, deshalb meine ich, daß es günstig ist, wenn man (selbst!) Medien hat.

Mit der Idee: „Wenden Sie sich vertrauensvoll an die Presse!“ liegen wir richtig, wenn es die eigene Presse ist. Meine Jungs haben mit ihren Medien (Schule-im-Netz.de, Netzzeitung.de) werktäglich rund zehntausend Leser, also bitte, es geht doch. Sobald die Rechtschreibseiten (oder eine andere Zeitung, z.B. Freie-Nachrichten.de) besser geworden sind, können wir sie auf „Netzzeitung.de“ vorstellen; Voraussetzung: 3 lesbare Schlagzeilen täglich.
Und so war es von mir gemeint:
Eigene Medien sind ein wirksames Mittel für Gruppendynamik.


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Detlef Lindenthal

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Norbert Schäbler
11.04.2002 17.48
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Schnee von gestern

Lieber Herr Lindenthal!

Ich stelle Ihre handwerklichen Fähigkeiten nicht in Frage.
Was ich infragestelle, ist die Wertekategorie der Gesellschaft!
Es ist heute nichts Sensationelles mehr, wenn man jemanden, selbst einen ganz Großen, beim Lügen ertappt. Keinen Menschen der Presse hetzen Sie mehr auf die Fährte eines großen Lügners, wenn sie nur den Tatbestand einer einfachen Lüge vorweisen können. Da müssen Sie schon ein gesamtes Lügensystem, z.B. eine Parteispendenaffäre, voreruiert haben, möglichst die Kontoauszüge bereithalten, mit denen Sie den Betrug dokumentieren und vielleicht noch ein paar Fotos vom Inhalt Schwarzer Koffer beifügen.
Sie werden keinen Journalisten finden, der Ihnen eine Pippifaxstory abnimmt, zumal nicht auszuschließen ist, daß der Journalist selbst von der Lüge infiziert ist.

Ich will ja auch gar nicht den Saubermann spielen. Darum geht es nicht.
Ich möchte eine Handlungsdevise – eine Möglichkeit dafür, daß ich das innerliche Stillhalteabkommen einhalten kann – so etwas wie die Devise „passiver Widerstand“, irgendsoeinen Hoffnungsfunken, der meinen Glauben bestärkt, oder einen Knaller der meiner Widerspenstigkeit einen endgültigen Dämpfer versetzt.
Mit der Idee: „Wenden Sie sich vertrauensvoll an die Presse!“ können Sie mir vom Leib bleiben. Das ist Schnee von gestern.

– geändert durch Norbert Schäbler am 12.04.2002, 23.22 –
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Detlef Lindenthal
11.04.2002 16.38
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... angenommen und weiterkommen ...

Norbert Schäbler schrieb:
angenommen:
Der Lügner hätte mir
Seine Verdrehung der Wahrheit
Im stillen Kämmerlein
Eingestanden
Betriebe sie aber weiterhin
In der Öffentlichkeit!
                Was in aller Welt macht man dann?
... Gibt es dafür ... eine Handlungsanleitung? ...
... Gandhi ... Gruppendynamik


Da ich Handwerker bin, erlauben Sie mir bitte ein praxisnahe Antwort:
Medien sind ein wirksames Mittel für Gruppendynamik.
Als Nachrichtenmittel und gemeinsames Nervensystem sowie für Lock-, Warn- und Drohlaute und Herdenruf.
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Detlef Lindenthal

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Norbert Schäbler
11.04.2002 15.44
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Dramaturgie

(Traumatisches)

Angenommen, ich ertappte den Lügner, jenen
warum auch immer
und wie auch immer
die Wahrheit falsch darstellenden
schuldfähigen
aber wegen mildernder Umstände
nicht schuldhaften Menschen
bei der Wahrheitsverdrehung … – ?

Nur angenommen,
ich hätte die Gelegenheit,
(was selten ist
und was man zu verhindern suchen wird)
der Wahrheit zu dienen.
Und die Machtverhältnisse
würden es ermöglichen,
nach meinem Einspruch
die Positionen zu verdrehen,
in mir den Sündenbock zu finden
und letztlich mich selbst abzustempeln
als Lügner?

Oder angenommen:
Der Lügner hätte mir
Seine Verdrehung der Wahrheit
Im stillen Kämmerlein
Eingestanden
Betriebe sie aber weiterhin
In der Öffentlichkeit!

Was in aller Welt macht man dann?

Lieber Herr Metes!
Gibt es dafür in Ihrem Buch eine Handlungsanleitung?
Oder müssen wir sie suchen beim großen indischen Freiheitskämpfer Mahatma Gandhi?
Beispielhaft war dessen Gruppendynamik ja in jedem Fall!

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nos

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Detlef Lindenthal
10.04.2002 22.14
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Betreff: Gruppendynamik

„Der Irrsinn ist bei einzelnen etwas Seltenes – aber bei Gruppen, Parteien, Völkern, Zeiten die Regel.“
Friedrich Nietzsche, Jenseits von Gut und Böse, § 156

„Der Parlamentarismus, das heißt die öffentliche Erlaubnis, zwischen fünf politischen Grundmeinungen wählen zu dürfen, schmeichelt sich bei jenen vielen ein, welche gerne selbständig und individuell scheinen und für ihre Meinungen kämpfen möchten. Zuletzt aber ist es gleichgültig, ob der Herde eine Meinung befohlen oder fünf Meinungen gestattet sind. – Wer von den fünf öffentlichen Meinungen abweicht und beiseite tritt, hat immer die ganze Herde gegen sich.“
Friedrich Nietzsche, Die fröhliche Wissenschaft, § 174

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Detlef Lindenthal

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Michael Krutzke
10.04.2002 16.44
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Unternehmen als Gruppe

Sie haben recht, Gruppendynamik spielt eine große Rolle. Anders läßt sich die Verbreitung des „Tipps“, auf dessen reformierte Schreibweise von selbst kein Mensch gekommen wäre, gar nicht erklären.

Bei der Anwendung der Reformschreibung durch Unternehmen ist das ein wichtiger Faktor. „Weltanschauliche“ Fragen (und als solche wird das Thema nicht selten gesehen) rührt man prinzipiell nicht an, die haben im geschäftlichen Bereich nichts zu suchen. Geht man „mit der Zeit“, kann man nichts falsch machen; was falsch ist, bestimmt der (mögliche) Kunde. Die Handelskammern die ihren Zwangsmitgliedern ein entsprechendes Vorbild gaben und die Werbeagenturen haben einen großen Einfluß gehabt. Auch die Fachpresse – wie etwa die VDI-Nachrichten. (Zwar haben die später als andere umgestellt, aber sie taten es.)

Vor einiger Zeit habe ich mal ca. 50 Homepages von EDV-/IT-Systemhäusern auf ihre Orthographie hin angeschaut – vielleicht zwei schrieben herkömmlich, bei einigen anderen waren ältere Teile der Homepage herkömmlich, neuere hingegen „reformiert“ – nach welchen Regeln auch immer. Auch da ist Gruppendynamik zu vermuten – man sieht sehr schnell, was Wettbewerber, Kunden, Lieferanten usw. machen.

Wie groß tatsächlich der Anteil derer ist, die privat die herkömmliche Schreibung bevorzugen bzw. praktizieren, vermag ich nicht einzuschätzen. Mein Eindruck ist, daß jetzt viele ob der überall zu beobachtenden Beliebigkeitsschreibung erleichtert sind. Was sie an der neuen Schreibung „komisch“ finden, wiegt nicht so schwer im Vergleich zu den „Erleichterungen“. Internet-Foren zeigen da so einiges (ich meine nicht den Internet-Jargon).

Eine spezielle Gruppe sind die Eltern schulpflichtiger Kinder, die sich schulterzuckend und vielleicht auch ein wenig widerstrebend umstellen, um den Sprößlingen helfen zu können und um ständige Diskussionen („Papa, das heißt belämmert ...“) zu vermeiden. Und die nicht in der Lage sind, beide Schreibungen parallel zu beherrschen. (Viele der eigentümergeführten KMUs – Kleine und Mittlere Unternehmen – gehören im übrigen „schulpflichtigen“ Eltern, da ergeben sich ebenfalls Rückkopplungen aus dem Privaten ins Geschäftliche.)

Ob die Reformer so ausgekocht waren, all diese Verbreitungsmechanismen für die Durchsetzung ihres Werkes mit ins Kalkül zu ziehen, weiß ich nicht. Die zerstörerische Wirkung (Beliebigkeitsschreibung) aber funktioniert gerade durch die gruppen-/eigendynamischen Prozesse hervorragend.

Im übrigen finde ich die Sache mit den kleinen Lügen in diesem Zusammenhang interessant. Aus diesem Blickwinkel habe ich das Thema noch nicht betrachtet. Schreiben Sie doch mal mehr dazu.

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Michael Krutzke

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Jörg Metes
10.04.2002 14.08
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Die Lüge, wertfrei betrachtet

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Michael Krutzke
Was Herrn Schrempp interessiert, sind Zahlen zu Absatz, Gewinn, Börsenwert usw.
Eben das wurde allerdings auf der Hauptversammlung – von durchaus zurechnungsfähigen Antragstellern, die es natürlich auch gab – angesichts des von Schrempp vorgelegten Jahresabschlusses ganz entschieden bezweifelt.

- Aber es stimmt schon: In Fragen der Rechtschreibung gibt es in Konzernen genau wie in staatlichen Verwaltungsapparaten Leute, an die man die Regelungsgewalt delegiert hat (mit den uns bekannten Folgen). Gleichwohl dürften in der DaimlerChrysler-Belegschaft unter denen, die zur Rechtschreibung überhaupt ein Verhältnis und eine Meinung haben, nicht anders als in der Bevölkerung insgesamt immer noch diejenigen überwiegen, denen privat nach wie vor die herkömmlichen Rechtschreibung lieber ist. Doch gleichzeitig sind sie der Meinung, daß diese ihre private Haltung sich als öffentliche Haltung nicht gehört oder eignet. Sie sind dieser Meinung bis hinauf zum Vorstandsvorsitzenden Schrempp. Sie empfinden irgendwo ein leichtes oder auch schwereres Unbehagen, doch dieses Unbehagen ist bei den meisten nicht groß genug. Sie scheuen die Auseinandersetzung und schreiben 'dass' statt 'daß'.

Sie scheuen die Auseinandersetzung, weil sie soziale Wesen und auf Konsens angewiesen sind. Niemand von uns sagt nach jeder Mahlzeit, wie sie ihm wirklich geschmeckt hat. Niemand wünscht jedem, dem er einen guten Tag wünscht, wirklich einen guten Tag. Man kann nicht immer und überall wahrhaftig sein. Man kann es eigentlich nur in Ausnahmefällen.

Es sind hauptsächlich diese kleinen Lügen, die im englischen wie im deutschen Buchtitel gemeint sind. Und um es noch einmal zu sagen: Es geht nicht darum, den Menschen aus solchen Lügen einen Vorwurf zu machen. Es geht vielmehr u.a. darum, wie sich das Unbehagen im Inneren des (hier also: wertfrei gemeinten) Lügners entwickelt. Wenn es sich allmählich abbaut und verflüchtigt, wird aus der Lüge (wiederum wertfrei:) Wahrheit. Wenn es sich aufbaut und anstaut, und nicht nur bei einem einzelnen, sondern bei mehr und mehr Menschen, dann kann irgendwann die öffentliche Meinung ganz plötzlich kippen. Dann kommt irgendwann ein Punkt, an dem sie kippen kann, wenn nur ein kleines Kind den Finger ausstreckt und auf den Kaiser in seinen schönen neuen Kleidern zeigt und sagt: „Aber der Vorstandsvorsitzende ist ja nackt!“

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Jörg Metes

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Michael Krutzke
10.04.2002 11.21
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Überzeugungen eines Konzernlenkers ...

Was Herrn Schrempp interessiert, sind Zahlen zu Absatz, Gewinn, Börsenwert usw. Die im Konzern verwendete Orthographie ist Teil der „Corporate Identity“ mit sehr detaillierten Festlegungen, für die es entsprechende Verantwortlichkeiten gibt. „CI“-Verantwortliche arbeiten mit ihrer Kommunikations- bzw. Werbeagentur zusammen und folgen deren Ratschlägen. Und gerade die Agenturen haben sehr schnell auf Neuschrieb umgestellt – in Zusammenarbeit mit ihren Kunden. Wie es dabei mit dem „Ei-/Henne-Problem“ aussieht, wer also verlangt oder empfohlen hat und wer dann wem gefolgt ist, dürfte kaum zu klären sein. Wenn Werber Neuschrieb verwenden oder empfehlen und ihrer damit verbundenen Botschaft einen Anstrich von modern und zeitgemäß geben, werden ihnen viele folgen (Gruppendynamik).

Und was Konzernlenker betrifft: Wenn wir ihnen beweisen können, daß ihr Unternehmenserfolg durch Verwendung der bewährten Rechtschreibung höher ist, wird etwas auszurichten sein – sonst leider nicht. Selbst wenn Herr Schrempp ein überzeugter Gegner der RSR wäre – Überzeugungen gehören nur insofern zu seinem Job, als sie nachweislich positive Auswirkungen für den Konzern haben. Ansonsten sind sie seine Privatsache, und entsprechende Gegensätze hat er auszuhalten gelernt – sonst wäre er nicht in dieser Position. (Das berührt dann auch die Frage der Moral und inwieweit Positionen und eigene Überzeugungen im Widerspruch stehen.)

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Michael Krutzke

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Norbert Schäbler
10.04.2002 10.58
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Doch, doch!

Jörg Metes hat bei der Eröffnung seines Leitfadens auf das Buch des amerikanischen Ökonomen Timur Kuran (deutscher Titel: „Leben in Lüge“) verwiesen.

Nach meinem Empfinden reißen die Titelworte des Buches sehr wohl eine moralische Komponente an, doch glaube ich nicht, daß uns Jörg Metes mit seiner angekündigten Buchvorstellung darauf einschwören wird, die Verwerflichkeit der bösen Gesellschaft öffentlich zu geißeln und zu verhöhnen. Das geht aus seinem Folgebeitrag „Nein, nein“ hervor.

Auch ich möchte an dieser Stelle ein Buch empfehlen: Eugen Drewermann, Psychoanalyse und Moraltheologie, Bd. 1, „Angst und Schuld“.
Drewermann versucht, die sich im Menschen widerstreitenden Teilmächte – Gefühle, Gedanken, Verankerungen, Anlagen … – zu analysieren, um hiermit dem Individuum den Weg in die Autonomie bzw. Mündigkeit zu eröffnen. Drewermanns verständnisvolle und sanfte Töne klagen nicht an – zumindest keine Einzelfiguren – sondern die Instanzen, u.a. die christliche Apologetik.

Ein kurzer Auszug aus oben empfohlenem Band. Entnommen ist er dem ersten Kapitel dieses Buches, das den Untertitel „Das Tragische und das Christliche“ trägt.
Auf Seite 22 schreibt Drewermann: „Der Fall des Tragischen hingegen beruht nicht auf einem Konflikt zwischen dem Individuellen und dem Allgemeinen an sich,
sondern er basiert auf einer Spaltung des Allgemeinen im Individuum.
Tragisch ist nicht, daß das Individuum etwas anderes will oder seiner selbst wegen wollen muß als das Allgemeine,
tragisch ist, daß das Individuum den Forderungen des Allgemeinen entsprechen will, aber nicht kann, weil diese Forderungen selbst im Individuellen widersprüchlich werden.“
...
Herr Metes hat hier einen Strang aufgetan, der mich persönlich außerordentlich stark interessiert. Beitragen hierzu kann ich allerdings nur mit mehr oder weniger an den Haaren herbeigezogenen Fremdzitaten.
Es wäre enorm wichtig, Professoren (z.B. Harald Marx) für die Diskussion innerhalb dieses Forums zu gewinnen. Das würde die hiesigen Netzseiten und auch die Erkenntnisse enorm aufwerten.
Anfragen sollte man bei den Soziologen und Psychologen auf jeden Fall!


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nos

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Jörg Metes
10.04.2002 08.54
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Nein nein!

Ich will hier überhaupt nicht auf eine moralische Bewertung (Duckmäusertum etc.) hinaus. Und ich denke nicht, daß meine Beobachtung sich durch die Voreinstellung der DaimlerChrysler-Textverarbeitung erklären läßt. Die Beobachtung ist doch gerade: Der Vorstandsvorsitzende überläßt die Frage, welche Orthographie gewählt werden soll, eben nicht dem Textverarbeitungsprogramm. Die Texte für seinen persönlichen Gebrauch läßt sich der Vorstandsvorsitzende bewußt in herkömmlicher Rechtschreibung erfassen und ausdrucken, die Texte, die er anderen vorlegt (Geschäftsbericht), gibt er – wohl eher unbewußt – in Reformschreibung heraus. Das, was er für sich privat bevorzugt und für richtig hält, hält er im Umgang mit anderen für nicht statthaft. Die Soziologie nennt so etwas Präferenzverfälschung und bemüht sich, ohne irgendjemandem einen Vorwurf zu machen, einfach nur, sie als Phänomen zu beschreiben und zu verstehen.
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Jörg Metes

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