milliardenteuer
Sehr geehrter Herr Professor Ickler!
Allmählich verstehe ich gar nichts mehr. Mein Sprachgefühl eine Mischung aus grammatikalischer Sicherheit sowie Vertrautheit mit dem Wortrhythmus läßt mich im Stich.
Ich suche weiterhin den Königsweg.
Ist es die Betonung?
Ist es die Grammatik?
Ist es der Formalismus?
Ist es die Liberalisierung?
Ich bin der Meinung, daß die Rechtschreibreform zu sehr die Stammschreibung favorisiert hat und deshalb die Unterscheidungsschreibung vernachlässigte. Als adressatenbewußter Schreiber trete ich aber für letztere ein.
Ich störe mich daran, wenn von „Milliarden teuren Übernahmen“ die Rede ist, denn ich müßte – da dies nicht dem Sprachusus vor 1996 entsprach – gleich zwei Druckfehler hinter dieser Darstellung vermuten.
Ich kenne dieses Attribut als „milliardenteurer“. Dabei ist das „m“ kleingeschrieben und zwischen den Wörtern ist kein Spatium.
Ein anderer Sinngehalt wäre es, wenn von „Milliarden teurer Übernahmen“ die Rede wäre. Hier läge ein einziger Druckfehler vor. Statt eines „r“ hätte der Drucker ein „n“ gesetzt.
Ich neige dazu, den Menschen nicht allzu viele Fehler unterzujubeln. Bei Kultusministern denke ich etwas anders.
Möglicherweise ist diese Darstellung zu kleinkariert, zu deutsch, zu vorschriftheischend. Trotzdem hätte ich gerne Aufklärung.
Mit Ihrer Erklärung stimme ich vollkommen überein. Es geht mir aber nicht um die verwendeten Stilmittel und deren grammatikalische Richtigkeit, sondern es geht um die Wirkung dieser angewandten Strategie.
Ich ziehe es vor, „milliardenteuer“ zu lesen, statt „Milliarden teuer“, weil sich bei mir bei einem Attribut (Frage: welches?) ganz einfach andere Assoziationen und eine schnellere Sinnerfassung einstellen. Da ist es tausendmal egal, ob man das auch anders schreiben könnte, denn, wenn man das anders schreibt, ist es kein einfaches Attribut mehr. (Um die Wortgruppe „Milliarden teuer“ satztechnisch zu entschlüsseln, muß man zwei Fragen stellen. Welches? und wieviel?) Das entbehrt der schriftsprachlichen Ökonomie sowie der Leserökonomie.
Ich erinnere an den Satz, der unsere Kritik ausmachte: Wir schreiben für die, die lesen.
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nos
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