Leistungsfeststellung - Zeugnisse
IV. Leistungsfeststellung und Leistungsbewertung, Zeugnisse
Grundsätzlich unterliegen auch Schüler mit Legasthenie oder einer Lese- und Rechtschreibschwäche an allen allgemeinbildenden (sic!) Schulen und beruflichen Schulen den für alle Schüler geltenden Maßstäben der Leistungsbewertung.
Wie bei den Fördermaßnahmen muss auch bei der Leistungsfeststellung und Leistungsbewertung zwischen Schülern mit dauernder Legasthenie und Schülern mit einer vorübergehenden Lese- und Rechtschreibschwäche unterschieden werden. Eine differenzierte Behandlung kann im Sinne der nachfolgenden Regelungen aber nur dann erfolgen, wenn das Vorliegen einer Legasthenie durch ein schriftliches Gutachten bestätigt wird. Bei Vorliegen eines solchen Gutachtens muss die Legasthenie berücksichtigt werden. Als ausreichende Bestätigung für das Vorliegen einer Legasthenie gelten nur Gutachten, die durch einen Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Zusammenwirken mit einem im Schuldienst tätigen Schulpsychologen der jeweiligen Schulart erstellt sind. Grundlage für die Erstellung des Gutachtens sind die vom Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit im Rahmen der Eingliederungshilfe nach § 35 a SGB VIII erstellten Kriterien, Gutachten von Kinderärzten, außerschulischen und psychologischen Beratungskräften, Logopäden und anderen Fachkräften im Bereich der Sprachförderung können Hinweis oder ergänzende Bestätigung sein, sind jedoch allein nicht ausreichend. Die Anerkennung einer Lese- und Rechtschreibschwäche erfolgt durch den örtlich zuständigen Staatlichen Schulpsychologen.
Das Gutachten über das Vorliegen einer Legasthenie ist beim Übertritt von der Grundschule in eine weiterführende Schule (Hauptschule, Realschule, Gymnasium) neu auszustellen bzw. vom zuständigen Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie im Zusammenwirken mit dem jeweils zuständigen Schulpsychologen zu bestätigen.
Bei Schülern mit einer vorübergehenden Lese- und Rechtschreibschwäche sind die durch die Förderung erreichten Verbesserungen im Abstand von höchstens 2 Schuljahren durch den Schulpsychologen zu überprüfen. Die weitere Gewährung von Förderung und Hilfsmaßnahmen sowie die Berücksichtigung bei der Leistungsbewertung sind dem Entwicklungsstand anzupassen. In der Regel endet die Berücksichtigung einer Lese- und Rechtschreibschwäche mit Abschluss der Jahrgangsstufe 10.
Bei schulischen Leistungsfeststellungen und Leistungsbewertungen ist für alle Schüler mit Legasthenie oder einer Lese- und Rechtschreibschwäche unter Berücksichtigung der nachfolgenden Regelungen zu gewährleisten, dass sich diese Schwierigkeiten nicht auf andere Lernbereiche auswirken und dort die Leistungsbewertung beeinträchtigen.
1. Form und Inhalt von Leistungsfeststellungen
Schüler mit einer gutachterlich festgestellten Legasthenie sind von der Teilnahme an schriftlichen Leistungserhebungen, die ausschließlich der Feststellung der Rechtschreibkenntnisse dienen, zu befreien. Nehmen sie freiwillig teil, so erfolgt keine ziffernmäßige Leistungsbewertung, sondern eine verbale Beurteilung, die insbesondere feststellbare Lernfortschritte betont und Anregungen für weiterführende Übungen gibt.
Bei Schülern mit einer Lese- und Rechtschreibschwäche liegt es im pädagogischen Ermessen der Lehrkraft, die Leistungserhebung dem aktuellen Leistungsstand des einzelnen Schülers anzupassen, z.B. durch Verkürzung des Inhalts oder mit der Möglichkeit eines Lückendiktats. Schriftliche Probearbeiten im Rechtschreiben können ohne ziffernmäßige Benotung verbal beurteilt werden.
Zur Feststellung des individuellen Lernfortschritts sind mündliche und schriftliche Übungen, Klassenarbeiten und informelle Verfahren heranzuziehen sowie Beobachtungen zu nutzen, wie sich der Schüler beim Lesen und Schreiben verhält, ob und wie er Hilfsmittel gebraucht und wer er sich in Partner- und Gruppenarbeit zurechtfindet.
2. Hilfen bei Leistungsfeststellungen
Auch in den anderen Fächern außer Deutsch können sich bei allen schriftlich gestellten und/oder schriftlich zu beantwortenden Leistungsfeststellungen die Teilleistungsstörungen im Lesen oder Schreiben zum Nachteil für die betroffenen Schüler auswirken. So brauchen Schüler mit besonderen Schwierigkeiten im Lesen ein Mehrfaches an Zeit, um Fragen und Problemstellungen zu lesen und zu erfassen., Informationen aus Texten aufzunehmen und zu verarbeiten, bevor sei eine Lösung erarbeiten können. Schüler mit Schwierigkeiten beim Schreiben brauchen mehr Zeit, um ihre Lösung zu Papier zu bringen.
Schüler mit gutachterlich festgestellter Legasthenie müssen, Schüler mit einer Lese- und Rechtschreibschwäche können deshalb bei schriftlichen Leistungsfeststellungen in Proben, Schulaufgaben und Prüfungen in allen Fächern einen Zeitzuschlag bis zur Hälfte der regulären Arbeitszeit erhalten. Die Dauer des Zeitzuschlags richtet sich nach Art und Ausmaß der Störung. Er wird auf Empfehlung der fachlich zuständigen Lehrkräfte vom Schulleiter festgelegt.
Andere Möglichkeiten der Hilfestellung insbesondere bei Stegreifaufgaben bestehen z.B. darin, dem betreffenden Schüler eine schriftlich gestellte Aufgabe zusätzlich vorzulesen oder die Leistungsfeststellung mit dem Schüler mündlich durchzuführen. In geeigneten Fällen und bei entsprechender Ausstattung der Schule können auch technische Hilfsmittel eingesetzt werden.
3. Leistungsbewertung
3.1 Deutsch
Bei Schülern mit einer gutachterlich festgestellten Legasthenie entfällt eine notenmäßige Bewertung des Lesens und Rechtschreibens. Diese Bereiche fließen in die Deutschnote nicht mit ein. In das Zeugnis ist die Bemerkung aufzunehmen: Aufgrund einer fachärztlich festgestellten Legasthenie wurden Rechtschreibleistungen nicht bewertet. Die Erziehungsberechtigten betroffener Schüler sind bei der Antragsstellung auf Berücksichtigung einer gutachterlich festgestellten Legasthenie auf die Zeugnisbemerkung hinzuweisen.
Bei Schülern mit einer Lese- und Rechtschreibschwäche können die Leistungen im Lesen und Rechtschreiben zurückhaltend gewichtet werden. In das Zeugnis ist die Bemerkung aufzunehmen: Aufgrund einer vorübergehenden Lese- und Rechtschreibschwäche wurden die Leistungen im Lesen und Rechtschreiben zurückhaltend bewertet. Grundsätzlich darf bei diesen Schülern die Rechtschreibleistung nur bei Leistungserhebungen, die der Feststellung der Rechtschreibkenntnisse dienen (z.B. Diktate), notenmäßig bewertet werden. Bei allen anderen Arbeiten, z.B. bei Aufsätzen, Niederschriften, Protokollen, u.a. ist eine fehlerhafte Rechtschreibung zwar zu kennzeichnen, darf aber nicht in die Bewertung einfließen.
3.2 Fremdsprachen
In den weiterführenden Schulen stellen sich für Schüler mit Legasthenie oder einer Lese- und Rechtschreibschwäche beim Erlernen einer Fremdsprache die gleichen Probleme wie im Fach Deutsch. Soweit rein rechtschriftliche Leistungen abgeprüft werden, ist bei Schülern mit gutachterlich festgestellter Legasthenie analog zum Fach Deutsch auch in der Fremdsprache von einer ziffernmäßigen Bewertung des Lesens und Rechtschreibens abzusehen. Bei der Festlegung der Zeugnisnote sollen je nach Art und Ausmaß ihrer Teilleistungsstörung die mündlichen Leistungen im Vordergrund stehen. Bei Schülern mit gutachterlich fest gestellter Legasthenie sind schriftliche und mündliche Leistungen im Verhältnis 1:1 zu gewichten. Die Festsetzung der mündlichen Note erfolgt auf der Basis von rein mündlichen Leistungsnachweisen (nicht Stegreifaufgaben), je nach Schulart in angemessener Anzahl. In der Zeugnisbemerkung ist darauf entsprechend einzugehen.
3.3 Andere Fächer
Auch in allen anderen Fächern sind eine Legasthenie bzw. Lese- und Rechtschreibschwäche bei davon betroffenen Schülern zu berücksichtigen. Bei der Bewertung schriftlicher Leistungsfeststellungen darf die mangelnde Rechtschreibleistung nicht in die Notengebung einfließen.
3.4 Vorrücken
Über das Vorrücken von Schülern, deren Leistungsstand im Fach Deutsch, in den weiterführenden Schularten auch in den Fremdsprachen aufgrund ihrer Legasthenie oder Lese- und Rechtschreibschwäche den Anforderungen der Jahrgangsstufe nicht entsprechen, entscheidet die Schule in pädagogischer Verantwortung. Bei Schülern mit gutachterlich festgestellter Legasthenie darf diese Teilleistungsstörung nicht den Ausschlag für das Versagen der Vorrückungserlaubnis geben.
Wechselt ein Schüler nach Beendigung der Grundschule in die Hauptschule, so ist die aufnehmende Schule auf das Vorliegen einer gutachterlich festgestellten Legasthenie bzw. einer festgestellten Lese- und Rechtschreibschwäche sowie auf den individuellen Entwicklungs- und Leistungsstand des Schülers im Lesen und/oder Rechtschreiben hinzuweisen.
3.5 Übertritt
Legasthenie und eine Lese- und Rechtschreibschwäche dürfen bei sonst angemessener Gesamtleistung kein Grund sein, einen Schüler vom Übertritt an das Gymnasium, die Realschule oder die Wirtschaftsschule auszuschließen. Grundsätzlich sollten Schüler mit Legasthenie oder einer Lese- und Rechtschreibschwäche jedoch nur dann übertreten, wenn Aussichten bestehen, dass sie an der gewählten Schulart mit Erfolg am Unterricht teilnehmen können.
Bei der Feststellung der Deutschnote im Übertrittszeugnis der Grundschule, zusätzlich bie der Englischnote im Übertrittszeugnis der Hauptschule gelten die in Nrn. 3.1 und 3.2 festgelegten Regelungen. Bei Schülern mit Legasthenie müssen, bei Schülern mit einer vorübergehenden Lese- und Rechtschreibschwäche können die Leistungen im Lesen und Rechtschreiben zurückhaltend gewichtet werden. Die mündlichen Leistungen sollen im Vordergrund stehen.
Die aufnehmende Schule ist durch das pädagogische Wortgutachten auf das Vorliegen einer gutachterlich festgestellten Legasthenie bzw. einer festgestellten Lese- und Rechtschreibschwäche sowie auf den individuellen Entwicklungs- und Leistungsstand des Schülers im Lesen und/oder Rechtschreiben hinzuweisen.
Hat sich der Schüler beim Übertritt an eine Realschule, eine Wirtschaftsschule oder ein Gymnasium einem Probeunterricht zu unterziehen, so sind die unter Nr. 3.1 genannten Regelungen zur Leistungsbewertung im Fach Deutsch sinngemäß anzuwenden.
3.6 Schulabschlüsse
Die Noten für das Abschlusszeugnis einer Schulart werden gemäß den Bestimmungen der jeweiligen Schulordnung nach den für alle Schüler geltenden Bestimmungen festgesetzt. Bei Schülern mit einer gutachterlich festgestellten Legasthenie wird bei der Notenbildung für das Fach Deutsch von einer Bewertung der Rechtschreibleistung abgesehen. Bei Schülern mit einer Lese- und Rechtschreibschwäche, deren Teilleistungsstörung bis zum Abschluss der Schule nicht vollends behoben werden konnte, können bei der Notenbildung im Fach Deutsch die Leistungen im Lesen und Rechtschreiben zurückhaltend gewichtet werden. In der Zeugnisbemerkung ist darauf entsprechend einzugehen (siehe Nr. IV. 3.1 bzw. 3.2).
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