Vielleicht darf ich als Antwort noch einmal hierhersetzen, was ich in meinem Kommentar zum Kompromißvorschlag der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung dazu geschrieben hatte. Ich meine, wenn selbst Christian Meier bereit ist, sich mit dem ss abzufinden, dann werden wir es wohl überhaupt nicht mehr loswerden. Die Reformbetreiber können daa dann als Sieg verbuchen. Eine künftige Generation von Deutschdidaktikern wird zwar feststellen, daß die Heysesche s-Schreibung schwerer und fehlerträchtiger ist als die Adelungsche, aber zur Reform in unserem Sinne wird es dann nicht mehr kommen weil die Leute von Rechtschreibreformen die Nase voll haben und weil es dann gleich computergerecht auf die vollständige Abschaffung des ß hinauslaufen dürfte.
Der traurige Witz der Sache ist, daß die neue s-Schreibung in den Plänen der Reformer eigentlich überhaupt keine Rolle spielte.
Hier mein alter Text:
- Die grundsätzliche Zustimmung zur 1901 abgeschafften, neuerdings wiederbelebten Heyseschen s-Schreibung (fließen Fluss). Die Akademie stellt zutreffend fest, daß diese Änderung wegen ihrer Häufigkeit in laufenden Texten das Herzstück der Reform sei: Wer sie akzeptiert, gibt zu erkennen, daß er die Neuregelung nicht grundsätzlich bekämpft. Das Umgekehrte gilt ebenfalls. Sie ist also hochsymbolisch, sozusagen der Geßlerhut, an dem sich die Bereitschaft zur Unterwerfung unter die Staatsgewalt am deutlichsten zeigt. Einleitend hat die Akademie unmißverständlich klargestellt, daß dem Staat die Legitimation zu tieferen Eingriffen in die Rechtschreibung fehlt. (Wieso tieferen? Was geht den Staat die Orthographie überhaupt an, wo er sich doch um Aussprache und Grammatik auch nicht kümmert?) Seltsamerweise schlägt die Akademie dann aber vor, im Interesse einer Beilegung des Streites, zugunsten einer Wiederherstellung des 'Rechtschreibfriedens'", just diese Änderung zu übernehmen! Wie kann man hoffen, daß gerade dies den Frieden wiederherstellt? Sollen die Reformgegner gerade hier in die Knie gehen, wo es außerdem auch nach Ansicht der Akademie überhaupt keinen Änderungsbedarf gibt, denn die Ersetzung des ß nach Kurzvokalbuchstaben durch ss ist weder systematisch geboten noch ist sie unproblematisch. (S. 4) Für Wörter wie Missstand wird sogar noch eine Ausnahme vorgeschlagen, so daß wir hätten Missbrauch, aber Mißstand! Wie und warum überhaupt sollen Schüler das lernen? Dabei war die bisherige Schreibung so leserfreundlich wie leicht lernbar, bis auf das/daß aber dies bleibt ja erhalten (das/dass)! Wenn schon, dann sollte eher daß als Ausnahme bestehen bleiben, denn dass ist nach einem früheren Urteil Peter Eisenbergs die schlechteste denkbare Lösung.
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Th. Ickler
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