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Michael Rutschk
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Jörg Metes
29.12.2001 15.56
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Konvention und Romantik

Michael Rutschky berief sich in seinem „Tagesspiegel“-Artikel auf Max Weber:

"Max Weber unterscheidet in seiner Herrschaftssoziologie drei Typen von Ordnung, die gesatzte, die durch Pietät geheiligte und die durch einen charismatischen Führer geoffenbarte. Was immer Theodor Ickler oder Christian Meier oder Durs Grünbein sagen: die Orthographie ist eine gesatzte Ordnung und kann durch Beschlüsse verändert werden."

Nun ist bei Max Weber aber eine gesatzte Ordnung in der Regel eine, die nur festschreibt, was ohnehin schon Brauch ist:

"Und während es allerdings nichts Seltenes ist, daß Rechtsnormen rational gesatzt werden, um bestehende »Sitten« und Konventionen zu ändern, ist dennoch der normale Sachverhalt der: daß die Rechtsordnung nicht etwa infolge des Bestehens der Zwangsgarantie in der Realität empirisch »gilt«, sondern deshalb, weil ihre Geltung als »Sitte« eingelebt und »eingeübt« ist und die Konvention die flagrante Abweichung von dem ihr entsprechenden Verhalten meist mißbilligt." ('Wirtschaft und Gesellschaft' 382)

Und überhaupt ist Orthographie mehr als eine nur gesatzte Ordnung bzw. Norm im Weberschen Sinn. Das geben sogar die Reformer zu. Sie erkennen etwa an, daß es auch eine Sprachgeschichte gibt sowie nicht gesatzte bzw. setzbare Regeln, nach denen diese Sprachgeschichte verläuft:

„Die Grundproblematik besteht darin, dass Wörter aus der syntaktischen Umgebung des (verbalen) Prädikats mit dem Prädikat verschmelzen und im Lauf der Sprachgeschichte eine semantische Einheit bilden („Univerbierung“). Das ist keine spezifische Tendenz des Deutschen, sondern kann als allgemeine Gesetzlichkeit für jede Sprache gelten (diachronisches Universale). Spezifisch für das Deutsche mag sein, dass diese Tendenz auch in der Schreibung ausgedrückt wird oder werden soll. Die Reformer haben offensichtlich gegen diese Tendenz entschieden.“ (Der Reformbefürworter Richard Schrodt in seinem Aufsatz: 'Die neue Rechtschreibung – ein Ziel in Sicht', http://www.univie.ac.at/Germanistik/schrodt//rechtschreibreform/rsfragen.html)

Die Reformer haben also mehr beschlossen als nur die Veränderung einer gesatzten Ordnung. Sie haben beschlossen, sich einer allgemeinen Gesetzlichkeit entgegenzustemmen, also eigentlich: gegen die Natur der Sprache selbst (soweit man von so einer reden kann) aufzubegehren. Das ist ein kühnes, ja geradezu romantisches, auf Dauer aber wenig aussichtsreiches Vorhaben. Vielleicht ist es dieser gewissermaßen romantische Zug der Rechtschreibreform, von dem Rutschky sich so angezogen fühlt?
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Jörg Metes

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Walter Lachenmann
11.12.2001 16.58
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Sado- & Masochisten

»...man hat die widerwärtigen Demütigungen, die noch in meiner Schulzeit Deutschlehrer allzu gern anlässlich von Rechtschreibfehlern austeilten, endgültig hinter sich.« (Rutschky)

Jetzt hab ich gerade nochmals diese Duden-Besprechung von meinem neuen Idol Rutschky gelesen. Später im Text erinnert er sich an »sadistische« Deutschlehrer.

»Sadistische« Lehrer habe ich auch in Erinnerung, aber das waren Mathematik-, Physik-, und Turnlehrer – alles Fächer, in denen ich absolut nichts zuwege brachte. Sie waren auch (bis auf eine einzige Ausnahme) gar nicht wirklich so sehr sadistisch, sondern eher verzweifelt über die Hoffnungslosigkeit ihrer Bemühungen. Ein Kind empfindet das eigene Versagen natürlich schon als schmerzlich und leidet unter der mangelnden Anerkennung durch die Lehrer. Aber ich hätte niemals den Masochismus so weit getrieben, daß ich partout Mathematiker, Physiker oder Sportler hätte werden wollen.

Warum mußte Rutschky, wenn er schon als Schüler die normalerweise eher humanen Deutschlehrer bis zum Sadismus (vermutlich mit logischer und orthographischer Begriffsstutzigkeit) nervte, ausgerechnet Journalist werden? Und jetzt die Leser nerven? Mir scheint, die Lehrer waren viel zu lieb zu ihm. Und Adorno hätte ihm mal die Hosen stramm_ziehen müssen, denn ein richtiger Adornit zeichnet sich durch präzises Denken aus!


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Walter Lachenmann

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Elke Philburn
05.12.2001 14.57
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Danke für das Heraussuchen des Artikels.

Als Rutschky das schrieb, hatte er sich anscheinend noch nicht viel mit den Regeln befaßt, sondern allenfalls etwas im neuen Duden geblättert, um, wie er schreibt, seine Ausdrucksmöglichkeiten zu verbessern. Kann man ja auch machen, wenn man selber nicht dazu verdonnert wird, Neuschreib zu schreiben. Was er übersieht, ist, daß der Duden für die Schüler eben kein Spielzeug ist, das man je nach Lust hervorholt oder stehenläßt. Schüler und Lehrer müssen den Kram irgendwann mal können.

Daß dann bestimmte Dinge freigegeben sind, wie die Schreibung mit Bindestrich bei Dreifachbuchstaben, macht die Sache nicht leichter, denn es ist ja keine grundsätzliche Freigabe, sondern sie ist an eine Regel gebunden. Es gibt also eine Sache mehr zu lernen. Geschenkt wird weder dem Schüler noch dem Lehrer etwas. Rutschkys Freudestrahlen über die Freigabe könnte sich in einen Flunsch verwandeln, wenn er sich bei Anwendung der neuen Freiheiten einen Fehler nach dem anderen einhandelt.

Dabei gibt er selber zu, daß die Normalisierung Zeit brauche. Um Schritt für Schritt zur Besserung zu gelangen, müßte man also erstmal eine vorübergehende Verschlechterung, spricht Verwirrung, in Kauf nehmen. Schüler und reformwillige Schreibende wären dann sozusagen die Versuchskarnickel, an deren mehr oder weniger fehlerhaftem Verhalten sich die Durchführbarkeit der Regeln messen läßt. Auf die Idee, daß man von Anfang an einfache und plausible Regeln hätte aufstellen können, kommt er anscheinend nicht.

Ich würde dem guten Mann zur Erweiterung seiner Ausdrucksmöglichkeiten zusätzlich den Duden Korrektor empfehlen: Er braucht dann gar nicht mehr selber zu blättern und zu suchen, sondern bekommt Alternativen für seinen schriftlichen Ausdruck per Mausklick geboten.

(Besonderes Feature: Appealing, weil das Ding ist nicht so spießig-rückständig, sich widerstandslos den neuen Regeln zu beugen.)

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Theodor Ickler
05.12.2001 04.52
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Rutschky im Tagesspiegel

Steht der alte Artikel von Rutschky eigentlich nicht im Nachrichtenarchiv? Hier ist er noch einmal:

Tagesspiegel 26.8.2000



Der neue Duden


Die Bequemlichkeitsrevolte

Jetzt ist er da – ein Friedensangebot im Streit um die Rechtschreibreform. Warum all
die Aufregung? Werden wir etwa von grausigen Kindheitserinnerungen an den
Deutschunterricht gequält?

Michael Rutschky


Lange Zeit habe ich nicht mehr in den Duden geschaut. Wenn man im Schreibgewerbe
tätig ist, also regelmäßig eine gewisse Menge Text hervorbringt, bildet man sich
irgendwann ein, man beherrsche die Orthographie. Richtig schreibt, wer viel schreibt -
wer denn sonst? Und dann gibt es immer die Redakteure und Lektoren, neuerdings das
Computerprogramm, die Mängel ausbügeln. Dass Lektor oder Redakteur den Autor mit
leiser Schadenfreude auf diesen oder jenen Schnitzer aufmerksam machen dürfen,
gehört zum Komment.

Nicht mehr in den Duden zu schauen – obwohl man's manchmal nötig hätte –, damit ist
ein gewisses Maß an Schreibsouveränität erreicht; man hat die widerwärtigen
Demütigungen, die noch in meiner Schulzeit Deutschlehrer allzu gern anlässlich von
Rechtschreibfehlern austeilten, endgültig hinter sich. Und hier muss ein Teil des Zorns
seinen Ursprung haben, den die Rechtschreibreform hervorgerufen hat. Plötzlich ist der
Duden nicht mehr bloß für Schüler und Sekretärinnen, sondern auch für Martin Walser
(wieder) nötig.

Dafür kommt der neueste Duden, die 22. Auflage, von der schon eifrig die Rede war,
aber auch besonders umgänglich daher. Im beigegebenen Pressematerial versucht er,
sich selbst wegen der vielen neuen Worte zu hypen. Ein Wort, das fehlt (dafür gibt's
Hype) – und ich will gleich verraten, dass ich dies, nach der Kampfhundkampagne, als
den nächsten Craze erwarte (fehlt auch): den Kampf gegen die Anglizismen. Der
neueste Duden lobt sich dafür, dass er denglisch und downloaden und Splattermovie
aufgenommen hat. Für diese Liberalität ist er auch in dieser Zeitung scharf getadelt
worden. Dass solche Worte aussterben, wenn sie im Duden fehlen, gehört zu dem
seltsamen Aberglauben, der sich um dies Buch, die deutsche Sprache und
Rechtschreibung insgesamt rankt; religiöse Energien, die nicht aufhören, durch die
Medien zu toben, seit die bekannte Zeitung für Deutschland zur geoffenbarten
Schreibweise zurückgekehrt ist.

Angenehm liberal im neuesten Duden ist auch die Freigabe vieler Schreibweisen. So
dürfen Sie beispielsweise Klemm-Mappe schreiben, wenn Ihnen Klemmmappe als
Beleidigung des deutschen Volksgeists erscheint; dasselbe gilt für die ominöse
Schifffahrt. Diese Freigaben waren es, wenn ich richtig verstanden habe, die den
gegnerischen Generalstab zu seinem Triumphgeheul veranlasst hatten, der Duden
nehme die Reform überhaupt zurück. Ich konnte auch an der Neuregelung der
Getrenntschreibungen nichts hanebüchen Skandalöses finden; zu plausiblen Regeln,
die man rasch anzuwenden lernt, ist hier wohl besonders mühsam zu gelangen. Die
Normalisierung braucht Zeit; es wird immer wieder zu Nachbesserungen kommen,
denn die Regel, die sich durchsetzt, kommt nicht dadurch zustande, dass sich die
Gegner absurde Schreibungen ausdenken, deren Vorkommen grundsätzlich
ausgeschlossen werden soll, was aber die neuen Regeln nicht garantieren, usw. usw.

Dass der neue Duden so nett und umgänglich daherkommt – ich fand auch den
durchgängigen Rotdruck für die Neuerungen sehr praktikabel –, hängt sicher mit dem
Furor zusammen, den die Reform ausgelöst hat. Sie konfrontierte den Duden mit einem
Problem, das meinen sadistischen Deutschlehrern unbekannt war: Der Duden enthält
kein unfehlbares und ewiges Wissen, dessen Kenntnis bloß durchgesetzt zu werden
bräuchte (womit der PedantischSadistische seine Demütigungen rechtfertigen darf).
Man kann in die Regeln der Grammatik so gut wie gar nicht eingreifen – und deshalb
verblüffen mich die Kritiker, die das Konjugieren von chatten und downloaden nach den
deutschen Regeln besonders bemäkeln –, im Gegensatz dazu sind orthographische
Regeln, wenn ich richtig verstanden habe, konventionell.

Die Reform hat diese Konventionalität unabweisbar deutlich gemacht – man kann vieles
auch ganz anders schreiben –, was den neuen Duden zu seiner liberalen
Umgänglichkeit veranlasst. Die Dudenredaktion ist nicht unfehlbar. Genau darum
scheint eine erhebliche Energiemenge des Rechtschreibkriegs zu kreisen. Die alte
Orthographie war geoffenbart, der Eingriff ist Häresie; eine reformierte Orthographie
müsste wiederum Offenbarungscharakter haben, sonst ist sie Pfusch. Das sucht der
gegnerische Generalstab mit geradezu feinschmeckerischer Pedanterie nachzuweisen.

Dass die alte Orthographie geoffenbart sei und eine Art ewigen Quell deutscher
Wahrheit und Sitte darstelle, verdankt sich natürlich einer Erinnerungstäuschung.
Während das Kind das Sprechen wie von selbst lernt, muss es die Orthographie
bimsen. Macht das Lesenlernen bald Freude – endlich öffnet sich eine Welt, die bislang
verschlossen war –, bietet das Schreibenlernen oft Qualen und Gelegenheiten zum
Quälen, und von Martin Walser ebenso wie Elfriede Jelinek wissen wir (aufgrund der
„Zeit“-Einladung zum Diktat), dass auch sie die alten Regeln nicht völlig beherrschen,
also mit dem Lernen nie fertig geworden sind. Das macht weiter nichts; Linguisten
können uns darüber belehren, dass die wenigsten Sätze, die wir sprechen, völlig den
Regeln folgen. Trotzdem findet Kommunikation statt.

Aber es soll, wenn wir alle schon so unvollkommen sprechen und schreiben, doch
einen Vatikan geben, wo der Urmeter der sprachlichen und schriftlichen Korrektheit
verwahrt wird. Die notorische Zeitung für Deutschland sah den nationalen
Grundkonsens gekündigt und will zu ihm zurückkehren – was stets, wie der listige
Meister Luhmann beobachtet hat, die Zwietracht vermehrt. Erscheint auf der Ebene der
Leserbriefe die alte Orthographie als bunter, frei gewachsener Wald, aus dem uns die
Reformer („Ministerialbürokraten!“) in eine Plattenbausiedlung vertreiben wollen, so tobt
bei den Akademiepräsidenten, Großschriftstellern und Literaturpäpsten der schiere
Dünkel. Dass Greuel etymologisch nicht mit Grauen, aufwendig nichts mit Aufwand zu
tun habe, dass deshalb die Neuschreibungen Gräuel und aufwändig nun, sagen wir:
eine schlechte Kinderstube verraten, solche, wie gesagt, feinschmeckerischen
Pedanterien sind unmittelbar als Maßnahmen im kulturellen Klassenkampf zu erkennen
(wenn's nicht bloß der alte Deutschlehrer-Sadismus ist). So erlangt der ehrwürdige
Reformzweck aus den Siebzigern – Bildungsprivilegien abbauen! – neue Legitimität.
Vielleicht hätten die Reformer mutiger sein und gleich, wie von Jacob Grimm 1854 es
forderte, die konsequente Kleinschreibung einführen sollen...

Wie Sie sehen, interessieren mich die Gegner der Reform eigentlich mehr als die
Reform selber. Persönlich halte ich es ebenso wie Walser (oder Joachim Sartorius), ich
schreibe unreformiert – und vertraue auf das Computerprogramm –, ohne dass ich aus
dieser Bequemlichkeit Kampfmaßnahmen ableiten könnte. Weil er so umgänglich
daherkommt, werde ich aber in Zukunft vielleicht öfter in den neuen Duden schauen;
neue Schreibungen erweitern ja die Ausdrucksmöglichkeiten, weil sie zu abweichenden
Assoziationen einladen.

Aufstand der Dünkelmänner

Wovon handelte denn nun der Krieg? Einerseits versteht man ihn gewiss richtig als
Bequemlichkeitsrevolte. Was man sich mühsam, unter zahllosen Demütigungen und
Kränkungen angeeignet hat, was man außerdem immer noch nicht vollständig
beherrscht – die Rechtschreibung soll von Neuerungen frei bleiben, die das Unlust
erregende Lernen erneut nötig machen.

Weil Bequemlichkeit aber bekanntlich ein schlechtes Gewissen hinterlässt, mussten zur
Rechtfertigung der Revolte besonders großformatige Ideologeme aufgeführt werden.
Deutscher Geist in Gefahr. Nationale Katastrophe. Besonders schätzte ich auch das
Lamento: Unseren Kindern wird die Lektüre der Klassiker verstellt! Man schaue sich mal
Klassikerausgaben des 19. Jahrhunderts an: alles falsch geschrieben. Für
Schmeckefüchse: die unflätige Lust an der Unrechtschreibung, der sich Goethe im
Briefwechsel mit Christiane Vulpius hingegeben hat ...

Der Ideologiekritiker – eine seit den Siebzigern stark angestaubte Gestalt – könnte in
dem Lamento über das der Vergessenheit anheimgegebene Deutschtum, das die alte
Orthographie in ihrer Weis- und Schönheit verkörpere, leicht die Zuckungen eines
kulturellen Nationalismus entdecken, der sich nicht so richtig traut. Wie gesagt, ich
erwarte als nächsten Craze eine Säuberungskampagne gegen Anglizismen (macht sich
auch gut als Kritik an der Globalisierung). Die CDU könnte ihre „Identität“ darin
wiederzufinden versuchen, dass sie ein Sprachgesetz im Bundestag einbringt ...

Endlich gab der Rechtschreibkrieg all den Dünkelmännern, all denen, die man im
Englischen a pompous ass nennen darf, Gelegenheit zur Anmeldung von Macht- und
Monopolansprüchen. Kultur, glauben sie, sei nicht humanistisch für alle da; sie gehört
wenigen und wird entsprechend verteidigt. Die Granden erklärten die Orthographie – die
ja eher ein technisches Wissen darstellt – flugs zu einem Kulturgut, auf das sie
privilegierten Zugriff beanspruchen.

Merke: Max Weber unterscheidet in seiner Herrschaftssoziologie drei Typen von
Ordnung, die gesatzte, die durch Pietät geheiligte und die durch einen charismatischen
Führer geoffenbarte. Was immer Theodor Ickler oder Christian Meier oder Durs
Grünbein sagen: die Orthographie ist eine gesatzte Ordnung und kann durch
Beschlüsse verändert werden. Konrad Duden, habe ich mir sagen lassen, hielt sie für
ein unabschließbares work in progress.
__________________
Th. Ickler

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Elke Philburn
05.12.2001 04.03
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Ich habe bisher von Rutschky gar nichts gelesen. Aber er hat sich ja für einen anscheinend sehr kurzen Leserbrief, der noch nicht mal an die taz gerichtet war, einen ziemlich langen Gegenkommentar abgerungen. So einerlei wird es ihm wohl nicht gewesen sein.

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Jörg Metes
04.12.2001 23.13
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Originalitätszwang?

An sich hat Rutschky die Geisteshaltung, um die es ihm geht, ja ganz gut benannt, beschrieben und analysiert – nur ist es eben nicht die der Reformkritiker. Ich habe von Rutschky nicht viel gelesen, aber doch genug, um versichern zu können: Er ist eigentlich ein kluger Kopf. Umso dümmer, sträflicher und unerklärlicher sind nun freilich seine Ansichten zur Rechtschreibreform. Ich bin bestürzt.

Vielleicht ist seine Einstellung berufsbedingt. Vielleicht erklärt sie sich aus dem Zwang zur Originalität, unter dem er als Berufsfeuilletonist nun einmal steht. Vielleicht ist bei Rutschky das Widersprechen schon habituell. Das würde im Fall der Rechtschreibreform bedeuten, daß man sich in seinem Umfeld ('taz', 'Kursbuch', 'Merkur') mit einem Eintreten für die Reform bereits wieder interessant machen kann. Rutschky als gewissermaßen berufsmäßiger Querdenker würde dann einfach schon der Berufsehre wegen die Reform verteidigen. Denselben Verdacht habe ich übrigens bei Dieter E. Zimmer.
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Jörg Metes

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Theodor Ickler
04.12.2001 14.51
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In der taz steht ein längerer Beitrag von Michael Rutschky. Er polemisiert wie seit Jahren schon gegen die Kritiker der Rechtschreibreform. Bekanntlich hat er auch schon BSE damit in Verbindung gebracht, diesmal ist es der Afghanistankrieg usw. Man müßte mal nachbohren, was eigentlich dahintersteckt, also wem er sonst noch verpflichtet ist usw. Andererseits lohnt es wohl auch wieder nicht.
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Th. Ickler

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