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Dritter Bericht
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J.-M. Wagner
16.02.2002 17.56
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Nichttrennung von 'ck'

Gibt es dazu irgend etwas in dem Bericht, oder ist das ein völlig unbedeutendes „Problem“? In Ihrem »Kritischen Kommentar« wird das ja auf den Punkt gebracht. – Es scheint sich also eine gewisse Strategie herausgebildet zu haben, die "(un)echten Änderungen“ dadurch zu vertuschen, daß man entsprechende Einträge im Wörterverzeichnis macht und gleichzeitig dessen Bedeutung herunterspielt. Wenn das gelingt, könnte man es ja irgendwann offiziell ändern (um dann z. B. auch nochmal* einzufügen) und weiterhin behaupten, an „den amtlichen Regeln“ an sich hätte sich nichts geändert.
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Jan-Martin Wagner

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Theodor Ickler
16.02.2002 05.08
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Kommentar zum dritten Bericht (Fortsetzung)

„Th. Ickler, der als einer der schärfsten Kritiker der Neuregelung in der Öffentlichkeit bekannt geworden ist, hat in der Zwischenzeit ein eigenes Wörterbuch publiziert, das weder die Regeln der alten DUDEN-Rechtschreibung noch die Neureglung befolgt. Im völligen Widerspruch zu seiner heftigen Kritik an vielen neuen Getrenntschreibungen (z. B. des Typs sitzen bleiben in allen Bedeutungen) lässt er diese in seinem Wörterbuch nun selbst als fakultative Varianten zu. Auch Wissenschaftler und Rezensenten“ (Fußnote verweist auf Kürschner und Schoebe) „außerhalb der Kommission sehen darin eine eklatante Diskreditierung Icklers als Kritiker der Neuregelung“. (110)

Ich habe kritisiert, daß die Neuregelung bei sitzen bleiben usw. Getrenntschreibung obligatorisch vorschreibt. Die tatsächlich zu beobachtenden Tendenz zur Unterscheidungsschreibung bei den sog. Positionsverben mit bleiben ist in meinem Wörterbuch sehr wohl berücksichtigt, bei gleichzeitiger Anerkennung der noch herrschenden Nichtunterscheidung. Ferner habe ich kritisiert, daß die Kommission behauptet, zwischen kennenlernen und schwimmen lernen gebe es keine strukturellen Unterschiede, weshalb die unterschiedliche Schreibweise nicht begründet sei. Solche Unterschiede gibt es sehr wohl (wie auch Peter Eisenberg schon früh feststellte); aber sie berechtigen nicht dazu, über die fakultative Gleichbehandlung hinwegzugehen, wie es einerseits der alte Duden, andererseits (mit anderem Ergebnis) die Neuregelung tun.

In Wirklichkeit ist mein Standpunkt in allen meinen Arbeiten völlig klar und widerspruchsfrei durchgehalten. Daß ich die Einzelheiten des geltenden Schreibbrauchs noch nicht vollständig überblicken konnte, bevor ich mit der empirischen Erhebung überhaupt angefangen hatte, versteht sich ja wohl von selbst und spricht für die Ernsthaftigkeit meines Unternehmens. Übrigens haben die Reformer noch niemals meinen „Kritischen Kommentar“ erwähnt; eine Auseinandersetzung mit den darin auf über 200 Seiten vorgetragenen Argumenten vermisse ich bis heute.

Die Kommission unterschlägt die erklärte Absicht meines Rechtschreibwörterbuchs: die bisherige Rechtschreibung so darzustellen, wie sie wirklich war und ist. Daß ich dabei weder die Dudenregeln noch die Neuregelung abschreiben konnte, liegt auf der Hand.

Was das Wörterverzeichnis betrifft, so versuchen die Reformer an mehreren Stellen, es aus der Schußlinie der Kritik zu nehmen, indem sie ihm nur eine untergeordnete Bedeutung zuweisen:

„Bei der derzeit geltenden Regelung kann sich der Schreibende darauf verlassen, dass in Zweifelsfällen die amtlichen Regeln und nicht das Wörterverzeichnis (...) den Ausschlag geben. Abgesehen von den Laut-Buchstaben-Beziehungen hat das Wörterverzeichnis nur exemplarischen, also nicht normsetzenden Charakter.“ (S. 83; ähnlich des öfteren)

Das steht nun in krassem Gegensatz zum amtlichen Regelwerk selbst und zu den früheren Verlautbarungen. Im Vorwort zur amtlichen Neuregelung heißt es:

„Auf der Basis dieser grundlegenden Beziehungen wird durch den Regelteil und das Wörterverzeichnis die geltende Norm der deutschen Schreibung festgelegt. Dabei ergänzen sie einander.“

Auch in den einschlägigen Beiträgen zum Sammelband „Zur Neuregelung der deutschen Orthographie“ (hg. v. Augst u. a., 1996; darin besonders Augst/Schaeder und Heller/Scharnhorst) ist keine Rede von einer untergeordneten Funktion des Wörterverzeichnisses. Regeln und Wörterverzeichnis werden vielmehr als „komplementär“ bezeichnet.

Es ist erstaunlich, wieviele Revisionsmaßnahmen bereits ins Auge gefaßt werden. Nachdem die Wiederherstellung von sogenannt überhaupt einmal erwogen worden ist (S. 68), dürfte sie nicht mehr länger aufzuhalten sein. Hier noch ein Leckerbissen aus dem mir gewidmeten Teil des Anhangs:

„Ickler kritisiert [später geändert zu: "Kritisiert wird"] die inkonsequente Handhabung der Fälle zufrieden stellend und nichts sagend.

Die Variantenschreibungen zufriedenstellend und nichtssagend entsprechen zwar der amtlichen Regelung, sind im amtlichen Wörterverzeichnis aber nicht ausdrücklich genannt. Entsprechend der unter 1. gegebenen Begründung (Steigerbarkeit) wäre es richtig, die zusammengeschriebenen Formen bei einer Neuauflage des Duden (der jetzt schon ein zufriedenstellenderes Ergebnis verzeichnet) zu berücksichtigen.“

Wer hätte nach den ersten Jahren des Umgangs mit der Reform gedacht, daß zufriedenstellend dem Regelwerk entspricht! Jedenfalls nicht jener oberbayerische Oberstudiendirektor, der eine Kollegin rügte, weil sie zufriedenstellend unter eine Schülerarbeit geschrieben hatte. Nachdem die Wörterbücher, eines meiner Argumente aufgreifend, entgegen dem Wortlaut des amtlichen Regelwerks zunächst die zusammengesetzten Komparative wiederaufgenommen haben (wenn auch noch nicht konsequent genug), werden sie nun angehalten, auch die entsprechenden Positive hinzuzufügen. Dem wird sich der Dudenverlag nicht widersetzen können, zumal Bertelsmann noch im laufenden Jahr eine entsprechend korrigierte Neubearbeitung herausbringen wird.

Sehr aufschlußreich auch folgende Rechtfertigung:

„Als regelwidrig kritisiert Ickler [später geändert zu: "werden ... bezeichnet"] die Schreibungen Hohelied und Hohenpriester.

Die Angaben des Duden sind korrekt. Die neu aufgenommenen Schreibungen sind fachsprachlich. Die Aufnahme fachsprachlicher Schreibungen ist den Wörterbüchern unbenommen.“

Nach derselben Argumentation sind ja auch schwerbehindert und andere Wörter wieder zugelassen worden, aber wohin soll das führen?
– geändert durch Theodor Ickler am 18.02.2002, 18.19 –
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Th. Ickler

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Theodor Ickler
15.02.2002 16.05
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Dritter Bericht (Kommentar)

Dritter Bericht der Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung (Vorläufige Fassung vom 30. 10. 2001)

An dieser Stelle werde ich nun nach und nach den dritten Bericht der Rechtschreibkommission kommentieren. Wahrscheinlich wird unter den „Dokumenten“ bald der gesamte Text (in der endgültigen Fassung, die zur Zeit den Auftraggebern vorliegt) dargeboten werden; er ist noch nicht eingescannt, und die vorläufige Fassung eignet sich dazu gar nicht.

Die unkorrigierte vorläufige Fassung des Berichts hat den Vorteil, daß man noch die Spuren der Bearbeitung erkennen kann. So hatte Augst gegen Ende der Zusammenfassung hineingeschrieben: „Die Neuregelung ist weder ein 'menschenverachtendes Massenexperiment' noch gehört sie auf den 'Müllhaufen der Gechichte'.“ (Das erste ist ein Zitat aus einem Brief von mir, das zweite stammt von Peter Eisenberg.) Diesen Satz haben die Kollegen jedoch herausgestrichen. Gelassen hat man Augst das übliche Lamento über die „Verunglimpfungen“, denen die Reformer von seiten einiger Kritiker ausgesetzt waren:

„Auffällig ist, dass manche Reformgegner, auch wenn ihr Beruf die Wissenschaft ist, äußerst emotional und teilweise in höchstem Maße verunglimpfend arbeiten. Besonders sticht hier die Auftragsarbeit des Präsidenten der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung hervor, in der schon im Titel ein Zusammenhang zwischen 'Rechtschreibreform und Nationalsozialismus' hergestellt wird.“

Ich selbst bekomme ein eigenes Kapitel im Anhang: „Stellungnahme zu den Vorwürfen Th. Icklers, die 22. Auflage des Duden würde vom amtlichen Regelwerk abweichen (30. August 2000)". Auf den Inhalt gehe ich später ein, hier sei nur schon einmal bemerkt, daß der Titel irreführend ist, denn ich mache dem Duden keinen Vorwurf, sondern stelle in meiner Rezension schlicht fest, daß die Neubearbeitung in vielen wichtigen Punkten von der früheren Auflage und vom amtlichen Regelwerk abweicht – durchaus in Absprache mit der Kommission. Daß die als „Empfehlungen“ getarnten Beschlüsse der Kommission seit der Mannheimer Anhörung 1998 es waren, die eine Neubearbeitung der Wörterbücher 1999 bzw. 2000 erforderlich machten, haben Duden und Bertelsmann seither mehr oder weniger klar bestätigt.

In der Zusammenfassung wird unter Hinweis auf mein Wörterbuch behauptet, ich sei als Kritiker der Neuregelung „diskreditiert“ – und zwar in den Augen der Herren Schoebe und Kürschner. (Beide sind in die Vermarktung der Reform verwickelt. Andere „Wissenschaftler und Rezensenten außerhalb der Kommission“ werden nicht erwähnt.)

Aus der Einleitung erfährt man, daß die Kommission im Berichtszeitraum neunmal zu zwei- bis dreitägigen Sitzungen zusammengetreten ist, sechsmal in Mannheim und je einmal in Salzburg, Eupen und Berlin. Mitglieder der Kommission haben auch an Sitzungen des Beirats für deutsche Rechtschreibung teilgenommen, und zwar am 8. 2. 2001 in Mannheim und am 25./26. 9. 2001 in Berlin.

Die erste Hälfte des 138 Seiten starken Berichts enthält Darstellungen zur Umsetzung der Reform, die, wie man erfährt an den Schulen problemlos und insgesamt sehr gut und mit viel Zustimmung verlaufen sei.

Die zweite Hälfte diskutiert Einzelprobleme, die sich bei der Umsetzung oder in der öffentlichen Kritik herausgestellt haben.

Die Diskussion der Einzelpunkte endet jeweils mit einem „Pro“ und „Kontra“, vorläufig ohne Entscheidung. Trotzdem zeichnet sich in vielen Fällen ab, mit welchen Änderungen mittel- und langfristig gerechnet werden muß.
Unter 1.2 wird der Fall Leid tun, Recht haben Not tun erörtert. Stillschweigend setzen die Verfasser – wie auch an anderen Stellen – eine Maxime voraus, die im amtlichen Regelwerk nicht ausgesprochen , aber trotzdem wirksam ist und aus einer früheren Diskussion stammt: „Entweder klein und zusammen oder groß und getrennt!“ Demnach wird als Alternative zu Leid tun lediglich leidtun ins Auge gefaßt, nicht aber die bisher allein gebräuchliche Schreibweise leid tun. (Dies hat der Reformer Gallmann bereits vorgeschlagen, vgl. Zeitschrift f. Sprachwissenschaft 18, 1999. Ähnlich soll ja laut Neuregelung die bisher übliche Schreibweise von seiten verboten und durch zwei bisher weniger übliche Schreibweisen, vonseiten und von Seiten ersetzt werden.)

Die Diskussion über die Wortart ist verhältnismäßig breit, geht aber leider nicht auf das zwingende Hauptargument ein, das den Reformern seit mindestens sechs Jahren bekannt ist, also die Intensivierbarkeit: so Leid es mir tut und wie Recht du hast sind schlicht grammatisch falsch.
Bei Not tun behaupten sie, die Wortart von Not (besser not) sei unklar und der adjektivische Gebrauch wie in not sein, Schiffahrt ist not sei „obsolet“; aber sie erwägen immerhin, neben der Großschreibung auch nottun zuzulassenund in die geschlossene Liste § 34 (3) aufzunehmen. Jedoch: „Die frühere Schreibung not tun (getrennt und klein) sollte nicht wiederbelebt werden.“ – Warum nicht, wenn sie doch bisher üblich war? Die Anwort ist wieder in der genannten, niemals ausgesprochenen Superregel zu suchen.

Bei Pleite gehen und Bankrott gehen wird zunächst die Behauptung wiederholt, dies könne „als Verkürzung einer Präpositionalphrase interpretiert werden: in die Pleite gehen > Pleite gehen (bzw. in den Bankrott gehen usw.). Das ist absurd. Es handelt sich jeweils um die Adjektive, und die Konstruktion ist genauso zu deuten wie bei kaputt, verloren und anderen Adjektiven, die sich – im Gegensatz zu Substantiven – mit gehen verbinden lassen. Auch auf dieses ihnen bekannte Argument gehen die Verfasser nicht ein. Sie schlagen weitere Variantenschreibung vor: pleitegehen oder Pleite gehen. Als Vorzug dieser Lösung wird in diesen und ähnlichen Fällen jeweils angegeben, sie verhindere, „dass Wörterbücher plötzlich 'falsche' Einträge enthalten“. Die Rücksichtnahme auf die bereits reformierten Wörterbücher wird also ganz offen in Anschlag gebracht, eine direkte Rücknahme des gequält zugegebenen Mißgriffs aus diesem Grunde für untunlich gehalten. Noch krasser kommt die Interessenverflechtung mit den Wörterbuchverlagen in der folgenden zynischen Bemerkung zum Ausdruck:

„Die Sprachgemeinschaft hat sich nach anfänglichem Zögern an die Schreibung Leid tun mit substantivischer Interpretation von Leid gewöhnt. Eine neuerliche Änderung verunsichert unnötig und bringt die Wörterbuchverlage in Schwierigkeiten.“

Die Problemerörterung wird naturgemäß eröffnet mit dem mißlungensten Teil der Neuregelung, der von Schaeder ausgearbeiteten Getrennt- und Zusammenschreibung.
Zunächst wird behauptet, der Komparativ gewinnbringender müsse laut Neuregelung ohnehin zusammengeschrieben werden, weil es keinen zugehörigen einfachen Komparativ bringender gebe. Der Hinwies auf den Komparativ (und Superlativ) stammt eigentlich von den Kritikern und wird seit einiger Zeit von den Reformern als eigene Einsicht beansprucht. Aus dem Regelwerk geht keineswegs hervor, daß erst das Nichtvorkommen der Steigerungsform die Getrenntschreibung ausschließen soll. Vielmehr handelte es sich bei § 36 (2) um solche Fälle wie großspurig, kleinmütig usw. Auch ist das Beispiel gewinnbringend denkbar ungeeignet, denn es bildet zusammen mit grauenerregend die erratischen Einzelfälle des amtlichen Wörterverzeichnisses, deren Herleitung aus den Regeln immer unklar war. Neuerdings weiten die Reformer diese Beispiel so aus, daß man annehmen soll, alle vergleichbaren Fälle würden selbstverständlich im Falle der Steigerung zusammengeschrieben. (Allerdings fehlt dann der Positiv, es ergibt sich die befremdliche Reihe Besorgnis erregend, sehr besorgniserregend, noch besorgniserregender ...; s. u. zu 1.1.2. Auf S. 110 wird in widersprüchlicher Weise behauptet, aus dem Regelwerk ließen sich zwei Formen des Positivs ableiten: Gewinn bringend und gewinnbringend, schwer wiegend und schwerwiegend; nach dem Kriterium des selbständigen Vorkommens ist das jedoch ausgeschlossen.) Daß die Reformurheber das gedacht haben, läßt sich nicht widerlegen, gesagt haben sie es jedenfalls nicht. Das geben sie auch zu:

„Die genannten Möglichkeiten werden im Regelteil nirgends explizit vorgeführt. Es lässt sich höchstens aus ein paar Einträgen im Wörterverzeichnis rekonstruieren, dass beide logisch denkbaren Schreibungen tatsächlich zugelassen sind. Dies widerspricht aber der Grundintention der Neuregelung, außerhalb bestimmter Teile der Wortschreibung keine Regelung über das Wörterverzeichnis vorzunehmen.“

(Die endgültige Fassung des Berichts hat hier noch einige abmildernde Änderungen vorgenommen.)


Unter 1.1.2 wird erstmals – soweit ich weiß – das Argument des prädikativen Gebrauchs berücksichtigt, also jenes unter meinen vier Arguemten gegen die neue Getrenntschreibung, das die Reformer noch bei der Mannheimer Anhörung überhaupt nicht beantwortet hatten. Erstmals sehen sie nun ein, daß Diese Investition ist Gewinn bringend „kaum akzeptierbar“ ist. Folglich trete hier „Univerbierung“ zum „komplexen Adjektiv“ ein. Deshalb wird die Wiederzulassung von gewinnbringend auch im Positiv und nicht erst bei tatsächlicher Steigerung erwogen. Dies wird zweifellos kommen und erfaßt dann mehrere Dutzend ganz geläufige Wörter (zum Teil in den neuesten Wörterbüchern schon so geschrieben.)

Wenn es aber (wie der Text stellenweise nahelegt) seit je so gemeint war – was bedeuten dann die Sternchen (für „Neuschreibung“) im amtlichen Wörterverzeichnis? (großen) Gewinn bringend, sehr gewinnbringend, noch gewinnbringender usw. – das ist doch genau die bisherige Schreibweise! Auf diese Frage sind die Reformer bisher jede Antwort. Stattdessen verkleiden sie den sich abzeichnenden Umsturz mit folgenden wohlgesetzten Worten:

„Im hier diskutierten Bereich der Getrennt- und Zusammenschreibung ist in Fällen wie Gewinn bringend oder gewinnbringend also eine Toleranz-Metaregel anzusetzen. Dieser komplizierte Sachverhalt muss im amtlichen Regelwerk so nicht explizit aufgezeigt werden, er sollte aber wenigsten indirekt in einer passenden Erläuterung ein Äquivalent haben.“

Wie steht es aber mit der kritisierten Getrenntschreibung bei Fällen, die überhaupt nicht gesteigert werden können: allein stehend usw.?

„Während die Komparierbarkeit zu Schreibvarianten wie gewinnbringend vs. Gewinn bringend und schwerwiegend vs. schwer wiegend führt, lässt sich für nichtkomparierbare Fügungen aus dem amtlichen Regelwerk nur eine einzige Schreibung ableiten, also beispielsweise nur allein stehend (und nicht auch alleinstehend). Aus grammatischer Sicht ist allerdings zu vermuten, dass auch in solchen Verbindungen eine Varianz zwischen zwei Arten von Lexikalisierung vorliegt, nämlich Lexikalisierung mit und ohne Univerbierung (im ersten Fall liegt ein einzelnes, morphologisch komplexes syntaktisches Wort vor, im zweiten Fall handelt es sich um eine lexikalisierte Phrase, um einen Phraseologismus aus mehreren syntaktisch selbstständigen Wörtern.)" (S. 65)

Die hier eingeführte ominöse „grammatische Sicht“ ist etwas völlig Neues, dem amtlichen Regelwerk Fremdes. Neu ist, daß der Verfasser – es ist offensichtlich Peter Gallmann – die Sprachwirklichkeit gegen die Neuregelung in Stellung bringt. In der für ihn typischen Art (vgl. den ersten Bericht!) erzeugt er einen terminologischen Nebel, der die schlichte Tatsache verhüllt, daß es im Deutschen eben beide Schreibweisen gibt und daß sie in scharfem Gegensatz zum Regelwerk beide ihre Berechtigung haben. Damit ist aber das Tor geöffnet, durch das auch die Zusammenschreibung, d. h. die Zusammensetzung (alleinstehend) wieder hereinspazieren wird.

Zur Groß- und Kleinschreibung:

Im Protokoll zur gemeinsamen Sitzung mit dem Beirat vom September 2001 wird „eine behutsame Weiterentwicklung in Richtung auf eine noch stärkere Systematisierung der Regeln“ ins Auge gefaßt. „Ausnahmen erschweren die Erlernbarkeit der Rechtschreibung. Insofern die Sprachgemeinschaft die interiorisierten Regeln per Analogiebildung auf bestehende Ausnahmen ausweitet, istdas Regelwerk an den beobachtbaren Schreibgebrauch anzupassen. Entsprechende Tendenzen zeichnen sich z. . bei der Schreibung von Zahladjektiven wie *der Eine, *der Andere und *die Meisten ab.“

In der Tat kommen solche Übergeneralisierungen der neuen Regeln vor. Besonders der Schweizer Reformer Gallmann ist dafür bekannt, daß er einem reinen formalen Begriff von „Substantivierung“ zuneigt und daher am liebsten zu den genannten Schreibweisen zurückkehren möchte, die schon im 19. Jahrhundert als "übertrieben“ empfunden und nach und nach durch die modernere, textsemantisch motivierte Kleinschreibung verdrängt wurden. Solche Erwägungen kommen jedoch in den Schriften der Reformer nie vor und fehlen auch im vorliegenden dritten Bericht. Er hält strikt am Begriff der „Substantivgroßschreibung“ fest.

Zu Acht geben schreiben die Verfasser u. a.:

„Die Rückkehr zur früheren Zusammenschreibung achtgeben ist nur dann sinnvoll, wenn für die anderen Wendungen (außer derjenigen mit dem Indefinitum aller) zumindest fakultativ auch die Zusammenschreibung nach § 39 E3 (1) vorgesehen wird: achtgeben (ich gebe acht), sich inacht nehmen, (ich nehme mich inacht), außeracht lassen (ich lasse außeracht); vgl. Verbindungen wie infrage stellen, instand setzen (neben: in Frage stellen, in Stand setzen). Die Rückkehr zu den alten Schreibungen sich in acht nehmen, außer acht lassen ist abzulehnen, da bei ursprünglich substantivischen Bestandteilen die zwitterhafte Kombination von Getrennt- und Kleinschreibung in der Neuregelung systematisch beseitigt worden ist.“ (S. 74)

Gerade dies war ein Kardinalfehler der Neuregelung, geboren aus jenem früh gefaßten Vorurteil von der „zwitterhaften“ Kombination, die gerade die im Deutschen seit langem übliche war. Die Reformer erweisen sich hier als Gefangene ihrer willkürlichen, den Schreibgebrauch mißachtenden Festlegung, die niemals mehr zur Disposition gestellt wurde. In dieser selbstverschuldeten Zwangslage sehen sie sich dann genötigt, die völlig unerhörten Zusammenschreibungen inacht, außeracht usw. als Alternative zu erwägen.

Sehr sonderbar beginnen die Ausführungen zu Recht haben:

„Die französische Entsprechung avoir raison legt es nahe, dass in dieser Verbindung das Substantiv (das) Recht und nicht das Adjektiv recht vorliegt.“

Wozu dieser Ausflug ins Französische, wo doch das Deutsche selbst klar zeigt, daß es sich nicht (mehr) um das Substantiv handeln kann: wie recht du damit hast usw.?

Unter 1.1.3 wird endlich mit der falschen Behauptung aufgeräumt, daß Substantivierung von erweiterten Partizipien zur Zusammenschreibung führe. Schaeder hat jahrelang diese These vertreten: Wie die Wortgruppe Bus fahren durch Substantivierung zu Busfahren werde, so werde aus Arbeit suchend der Arbeitsuchende, aus oben genannt das Obengenannte. Die Schweizer Mitreformer Gallmann und Sitta haben seit 1996 (Handbuch Rechtschreiben; Duden-Taschenbuch) darauf hingewiesen, daß dies nicht zutrifft: substantiviert wird stets nur das Partizip: der Arbeit Suchende, das oben Genannte usw. – eigentlich eine grammatische Trivialität. Nun scheinen sich die Schweizer Grammatiker endlich durchgesetzt zu haben, denn der Bericht räumt mit der falschen Ansicht auf und stellt kühl fest:

„Dass in Verbindungen wie die Alleinstehenden oder das Kleingedruckte [hier ist im Original die Kursivierung vergessen worden] eine Neigung zur Zusammenschreibung besteht, hat also nichts mit Substantivierung zu tun, es ist vielmehr Univerbierung schon im zugrunde liegenden attributiven Gebrauch anzunehmen.“ (S. 66)

(Sind sich die Reformer darüber im klaren, daß sie damit entgegen der Neuregelung auch Komposita wie kleingedruckt wiedereinführen? An dieser Stelle ist das nicht ganz deutlich.)

Hat man die neuen Einsichten der Kommission über die Regeln der Substantivierung vor Augen, dann ist es geradezu erheiternd, in jenem mir gewidmeten Anhang folgendes zu lesen:
„Ickler behauptet [später geändert zu: "Es wird behauptet"], dass Schreibungen wie der Schwerverletzte, die Schwerbewaffneten durch das Regelwerk nicht gedeckt sind und dass 'einige Reformer eine abenteuerliche grammatische Regel erfunden (hätten): Bei Substantivierung tritt fakultativ Großschreibung ein'.
Einen Gegensatz zum amtlichen Regelwerk gibt es nicht.“

Aber genau diesen Gegensatz hat die Kommission weiter oben eingeräumt! Freilich waren das wohl die Reformer Sitta und Gallmann, während Augst und sein Gefolgsmann Schaeder, die mich zu widerlegen versuchen, den wahren Sachverhalt immer noch nicht verstanden haben.

Leider bleibt im Folgenden der Komplex eisenverarbeitend, fleischfressend usw. ausgespart, aber es kann für den Einsichtigen nicht zweifelhaft sein, daß auch diese jetzt „verbotenen“ Wörter sehr bald wiederauferstehen werden.
Im übrigen schlagen sich die Reformer in dem erstaunlich umfangreichen Kapitel über die Groß- und Kleinschreibung wie bisher mit den Begriffen „Eigenname“, „eigennamenähnlich“, „feste Fügung“ usw. herum, weil sie die Tatsache („offensichtliche Tendenz“, S. 79) nicht bestreiten können, daß die Sprachgemeinschaft mehr und mehr Verbindungen aus Adjektiv und Substantiv groß schreibt und auch die Nachrichtenagenturen sich von der neuerdings verordneten Kleinschreibung ausdrücklich distanziert haben. Es scheint ihnen bisher nicht gelungen zu sein, die Agenturen und Zeitungen zur Kleinschreibung fester Begriffe (Nominationsstereotype) zu überreden, und so bleibt diese Abweichung von der amtlichen Neuregelung ein ständiges Ärgernis.

Der Grund der Misere liegt darin, daß die Reformer nicht imstande sind oder sich schlicht weigern, den wahren Grund der Großschreibung zu erkennen. Zuerst versuchen sie es mit dem Begriff der festen, d. h. phraseologischen Verbindung und wundern sich dann, daß komischer Vogel, direkte Verbindung oder schöne Bescherung nicht ebenfalls groß geschrieben werden. (S. 79) In Wirklichkeit hat die Großschreibung von Erste Hilfe, Schwarzes Brett, Schneller Brüter usw. mit Phraseologie gar nichts zu tun. Vielmehr geht es darum, nomenklatorische von rein beschreibenden Ausdrücken zu unterscheiden. Das Schwarze Brett ist nicht unbedingt schwarz, sondern heißt nur so, und die Erste Hilfe muß nicht die erste sein, sondern heißt nur so. Der Unterschied von Sein und Heißen ist der gemeinsame Nenner, der Eigennamen mit diesen Nominationsstereotypen verbindet. Daß Fachsprachen dieselben Begriffe oft nicht durch Großschreibung eigens kennzeichnen, wird richtig beobachtet (S. 83), läßt sich aber leicht erklären: Fachsprachen sind ohnehin nomenklatorisch, können also leicht auf solche Kennzeichnung verzichten, während ihre Anführung in einem allgemeinsprachlichen, also fremden Kontext die Kennzeichnung provoziert.

Diese Erklärung ist den Reformern bekannt, sie gehen aber zu ihrem Schaden nicht darauf ein. Grotesk wird es, wenn sie erwägen, bei der Roten Karte usw. handele es sich um eine „Aufmerksamkeitsgroßschreibung“ und damit um eine typographische (!) Angelegenheit wie „Kursiv- oder Fettdruck“, die vom amtlichen Regelwerk nicht behandelt werden müsse. (S. 84) Diese offensichtlich fruchtlose Erörterung wird dann ergebnislos abgebrochen.


Die Tendenz, immer mehr Varianten zuzulassen – aber nicht als Anpassung an beobachtete Schreibgewohnheiten, sondern aus Verlegenheit: damit keine offene Revision des amtlichen Regelwerks erforderlich wird –, steht im Widerspruch zu der andernorts hervorgehobenen Einsicht, daß „staatliche Normierung der Rechtschreibung stets mit einer Reduktion von Variantenschreibungen einher(ging)". Gegen den Ausweg, die Fehler der Reform durch Einführung immer neuer Varianten zu mildern, wendet sich insbesondere der Beirat: „Variantenschreibungen setzen den Schreiber unter Entscheidungszwang und tragen in Ermangelung einer konsistenten Variantenführung häufig zur Verunsicherung bei. Deshalb sollen auch im zweiten Teil des Berichts die Vorschläge nicht berücksichtigt werden, die zu wesentlich mehr Varianten führen.“ (Protokoll der Septembersitzung; diese Ablehnung von Varianten entspricht der Meinung vieler Teilnehmer der Mannheimer Anhörung, die ja zum Teil mit den Mitgliedern des Beirates identisch sind und dieselben Interessen vertreten wie vor vier Jahren.)

Nimmt jedoch das Wörterbuch dem Schreibenden die Entscheidung ab, so ist er gezwungen, ständig nachzuschlagen. Damit wird der vielbeklagte alte Zustand wiederhergestellt („Den Duden braucht jeder“).


(Fortsetzung folgt)
– geändert durch Theodor Ickler am 19.02.2002, 09.16 –
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Th. Ickler

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Theodor Ickler
10.02.2002 14.44
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Vechta

Der Ort Vechta war bisher fast nur als Mittelpunkt einer umweltschädlichen Massentierhaltung bekannt, vornehmlich Schweinemastbetriebe, die enorme Mengen von Gülle und Schwefelwasserstoff bzw. Methan produzierten. In Zukunft dürfte er historische Berühmtheit erlangen als Ort der epochalen „Vechtaer Konvention“. Aber mal im Ernst: Das kann nur ein Vertrag sein, den Kürschner mit sich selbst abgeschlossen hat, denn von einer Zusammenkunft maßgebender Orthographen in Vechta müßte man doch etwas mitbekommen haben.

Ich gebe zu, daß ich Kürschners neues Buch nicht gelesen habe, aber aus seiner Korrekturseite entnehme ich, daß er Pleite gehen für grammatisch korrekt hält, ja sogar eine Parallele zu Pleite machen zu erkennen meint. Sollte man ihm die Wahrheit darüber mitteilen? Oder lieber warten, bis er sie von der Mannheimer Kommission zu hören bekommt?

Übrigens scheint sich Kürschners unentbehrlicher Ratgeber trotz des großen Aufwandes nicht sonderlich gut zu verkaufen, bei Amazon liegt er auf Rang 231.563.
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Th. Ickler

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Jörg Metes
10.02.2002 12.09
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"Vechtaer Konvention"?

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Der dritte Bericht der Rechtschreibkommission liegt mir zwar noch nicht vor. Von Personen, die ihn schon kennen, ist mir jedoch einiges angedeutet worden. So sollen leid tun, recht haben, sogenannt auch wieder zulässig sein.
- Auf Wilfried Kürschners Internetseiten findet sich eine Liste von Korrekturen zu seinem Buch „Neue Rechtschreibung kompakt“.
Unter der Überschrift „Redaktionelle Korrekturen“ heißt es dort u.a.:

„S. 12, Z. 4
Ersetze 'so genannten' gemäß der Vechtaer Konvention (s. S. 12-14) durch 'sogenannten'.“


Was ist denn nun wieder die 'Vechtaer Konvention'? Ein bei Kürschner vorab veröffentlichter Auszug aus dem 3. Bericht? Oder ein eigenmächtiger, mit der Kommission nicht abgesprochener Vorgriff?
__________________
Jörg Metes

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Theodor Ickler
13.01.2002 04.20
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Hinweis

Die Wiener Absichtserklärung steht ebenfalls unter den Dokumenten der Rechtschreibkommission.
Das „Vorliegen“ des dritten Berichts ist so zu verstehen, daß der Bericht den Auftraggebern vorliegt. Die Öffentlichkeit ist in dem ganzen Verfahren nicht vorgesehen, sondern auf die Gnade der Reformer angewiesen.
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Th. Ickler

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J.-M. Wagner
12.01.2002 20.52
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Re: Sehr berechtigter Wunsch

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Man sollte es einfach versuchen. Dazu muß man allerdings wissen, daß es einen solchen Bericht überhaupt gibt, und eben dies erfährt man nur inoffiziell.
Das ist ein recht interessanter Aspekt. Mir war die Existenz dieser Berichte erst durch die Erwähnung hier im Diskussionsforum bewußt geworden. Auf den offiziellen Informationsseiten der Zwischenstaatlichen Kommission (http://www.ids-mannheim.de/reform, quasi identisch mit http://www.rechtschreibkommission.de/) fehlt meiner Erfahrung nach jeder Hinweis darauf – es sei denn, diese Berichte fallen unter die »wissenschaftlich begründeten Vorschläge zur Weiterentwicklung des Regelwerkes«, welche sie »auf längere Sicht zu erarbeiten« hat (s. Menüpunkt „Kommission für deutsche Rechtschreibung“). Dagegen hat mir Herr Dr. Heller auf eine Mailanfrage, was es mit dem Beschluß der Kultusministerkonferenz, die Erfahrungen der Schreibenden mit der neuen Rechtschreibung bis Ende 2001 sammeln und bewerten zu lassen, auf sich habe und ob die Kommission daran beteiligt sei, am 13.09.2001 geantwortet:
Zitat:
Die Aufgaben der Zwischenstaatlichen Kommission finden Sie im Internet beschrieben. Sie ergeben sich aus der Wiener Erklärung, deren Wortlaut sie ebenfalls im Internet finden. Zurzeit arbeitet die Kommission an ihrem turnusgemäßen dritten Bericht für die Kultusminister Deutschlands, Österreichs und der Schweiz, der zum Jahresende vorliegen wird.

Mit freundlichen Grüßen

Klaus Heller

Geschäftsführer der Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung
Na bitte, es geht doch. Für mich bleibt noch die Frage, ob das Anfertigen der Berichte auf die Wiener Erklärung zurückgeht; deren Text habe ich aber noch nicht gelesen. – Sind die Kommissionsberichte damit »offiziell« bekanntgemacht? Sicherlich habe ich die Information zwar von keiner inoffiziellen Stelle, jedoch eher nebenbei erhalten. Für mich bleibt auf jeden Fall der Eindruck, daß vermieden wird, die Existenz dieser Berichte an die Große Glocke zu hängen. Und was Herr Heller mit »wird vorliegen« meint, habe ich ihn auch noch nicht gefragt.
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Jan-Martin Wagner

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J.-M. Wagner
12.01.2002 19.51
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Besinnung

(Diesen Beitrag habe ich vor wenigen Tagen im Strang „de Gruyter“ eingetragen. Er scheint mir aber besser in die Diskussion zu dem hiesigen Leitthema zu passen, deshalb wiederhole ich ihn hier. J.-M. Wagner)

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler im Strang „de Gruyter“
Vielleicht kommt mancher zur Besinnung, wenn demnächst bekannt wird, daß mit dem dritten Bericht der Kommission die dritte Rechtschreibreform innerhalb von vier Jahren durchgeführt wird.
Solange sich an den offiziellen Regeln nichts ändert, wird kaum einer glauben, daß die Kommissionsberichte einer Reform (oder zumindest einer Reform der Reform) gleichkommen. Es ist doch viel zu wenig bekannt, daß es diese »Nachbesserungen« gibt; wenn ich das in meinem Bekanntenkreis (alles fleißige Zeitungsleser: FR, Zeit, Tagesspiegel) erwähne, nimmt das keiner ernst.

Mag die F.A.Z. etwas detaillierter darüber berichten – selbst wenn so ein Beitrag nicht mit »Ickler« unterzeichnet ist (der ja schon als »notorischer« Reformgegner bekannt ist ), wird die breite Masse annehmen, daß die F.A.Z. es nötig habe, für die eigene Marschrichtung Propaganda zu machen. Spätestens mit dem Hinweis auf die Kosten, die eine Rückumstellung verursachen würde, wäre dieses Strohfeuer wieder gelöscht. Im Gegenteil, die Unterstützer und Befürworter der Reform könnten sich darüber freuen, daß es diese Nachbesserungen gibt, welche die (ach so fortschrittliche) Reform nur noch besser machen (denn es ist ja klar, daß die bei so einem großen Wurf unvermeidlichen kleinen Fehler irgendwann korrigiert werden müssen), und welche vor allem den Gegnern in konkreten inhaltlichen Aspekten den Wind aus den Segeln nehmen – »was wollt ihr denn noch, jetzt sind die Macken doch beseitigt?« könnte es dann heißen, und wieder wäre die Diskussion beendet.

So gut diese Besinnung wäre – ich glaube nicht daran. Vielleicht, wenn ein ehemaliger Reformer/Reformbefürworter (z. B. Herr Munske) selbstkritisch in aller Öffentlichkeit (Fernsehen: ARD/ZDF – aber wie bekannt ist Herr Munske und seine Funktion bezgl. der Rechtschreibreform in der Öffentlichkeit?) dazu Stellung nimmt und etwas lauter kundtut, was bislang nur den interessierten Lesern mancher Zeitung (bzw. Fachzeitschrift) bekannt ist, und wenn er dies rückhaltlos tun kann, in dem Bewußtsein, daß er keinen Nachteil davon hätte, wenn er eventuell sich oder Kollegen bloßstellt – ja, dann vielleicht...

(Um nicht mißverstanden zu werden: Mir geht es nicht um die Bloßstellung von Personen, sondern darum, daß sich jemand trauen kann, Klartext zu reden.)
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Jan-Martin Wagner

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Theodor Ickler
09.01.2002 14.08
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Sehr berechtigter Wunsch

Man sollte es einfach versuchen. Dazu muß man allerdings wissen, daß es einen solchen Bericht überhaupt gibt, und eben dies erfährt man nur inoffiziell. Das ganze Verfahren ist natürlich indiskutabel und das genaue Gegenteil der versprochenen Transparenz, die sich ja von den früheren Praktiken der Dudenredaktion vorteilhaft abheben sollte.

Ich habe schon bei der KMK angeregt, daß die Berichte, deren Inhalt doch jeden angeht, wenigstens ins Internet gestellt werden. Bisher keine Antwort.
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Th. Ickler

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Gerd Weder
09.01.2002 07.08
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Frage eines interessierten Laien:

Was heißt „Freigabe“? Für wen werden die Berichte denn überhaupt freigegeben? Ich war der Meinung, daß die Öffentlichkeit den Wortlaut der bisherigen Berichte nicht zur Kenntnis erhalten hat, sondern sich nur darüber freuen dufte, in welcher Weise die jeweiligen Neuauflagen bestimmter Wörterbücher die im Wortlaut unveränderten Regeln der Reformrechtschreibung neu interpretierten (z. T. gegen den Wortlaut, aber naja, das ist ein anderes Thema).

Gibt es für den schlichten Laien, der keine Kontakte zu Wörterbuchverlagen hat und auch sonst keine „Kanäle“, eine Möglichkeit, den Text der Berichte zu bekommen?

Ich gebe gerne zu, daß ich von Berufs wegen gewöhnt bin, mit dem Text einer Regelung zu arbeiten, und es lästig finde, mir aus den Kommentierungen einen zwar existierenden, aber nicht veröffentlichten Text mittelbar erschließen zu müssen.

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Theodor Ickler
08.01.2002 13.54
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Geduldsprobe

Wie ich gerade erfahre, wird der dritte „Bericht der Rechtschreibkommission und des Beirats“ erst im Frühjahr von der KMK diskutiert werden. Vorher ist mit einer Freigabe nicht zu rechnen.
Da kann man wohl nichts machen. Um so größer wird die Freude bei denjenigen sein, die sich dann mit der dritten Rechtschreibreform innerhalb von vier Jahren auseinandersetzen müssen.
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Th. Ickler

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Theodor Ickler
05.01.2002 17.22
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Der dritte Bericht der Rechtschreibkommission liegt mir zwar noch nicht vor. Von Personen, die ihn schon kennen, ist mir jedoch einiges angedeutet worden. So sollen leid tun, recht haben, sogenannt auch wieder zulässig sein. Die Kommission nimmt also, wie im ersten Bericht und bei der Mannheimer Anhörung, ihre falschen oder sinnlosen Neuschreibungen nicht direkt zurück, sondern sucht ihr Heil in weiteren Varianten, mit denen sie sich auch noch ihrer Liberalität brüsten kann. Das scheint nur auf den ersten Blick harmlos zu sein, denn die Lehrer müssen nun aufs neue erkennen, daß sie Schreibweisen als falsch angestrichen haben, die gar nicht falsch sind. Es sind Änderungen gewesen, um derentwillen Tausende von Kinderbüchern usw. überarbeitet worden sind und die Nachrichtenagenturen sich entsetzlich blamiert haben. Was sagen unsere Journalisten dazu?
Bald werden wir mehr wissen, und dann müssen solche Fragen gestellt werden. Vielleicht nimmt die Öffentlichkeit dann auch besser wahr, was bisher schon alles an heimlichen Revisionen vorgenommen worden ist.
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Th. Ickler

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