Political correctness
2002-02-07
Political Correctness: Agatha Christies Krimi Zehn
kleine Negerlein wird umbenannt
Jetzt ist die bekannte Krimi-Autorin Agatha Christie auch in Deutschland
das Opfer selbsternannter Sprachpolizisten geworden. Die
Antidiskriminierungsstelle in Hannover hat erreicht, dass der Roman
Zehn kleine Negerlein mehr als sechzig Jahre nach seinem Erscheinen
einen neuen Titel erhält.
Den Anlass dazu gab jedoch nicht das Buch, sondern das mehrfach
verfilmte gleichnamige Theaterstück, das ab März in der
niedersächsischen Landeshauptstadt im Theater am Aegi aufgeführt
werden soll. Der Verein African Action sah seine Klientel durch das
unschuldige Wort „Negerlein“ diskriminiert und alarmierte die
Antidiskriminierungsstelle. James Akrong Rodgers von African Action
erklärt: Wir sind empört, dass dieser Titel immer noch benutzt wird. Der
Bund der türkisch-europäischen Unternehmer schloss sich diesem
Protest an.
Die Antidiskriminierungsstelle der Stadt Hannover, bestehend aus
Dr. Günther Max Behrendt, nahm sich der Sache prompt an. Sie rang
den in London lebenden Erben der Autorin das Versprechen ab, die
nächste Auflage des Romans in Deutschland nur mit einem
unverfänglichen Titel auf den Markt zu bringen. Außerdem wird auch das
Theaterstück umbenannt. Wir konnten sie überzeugen, dass das Wort
'Neger' im Deutschen keineswegs neutral, sondern klar herabsetzend
wirkt, erklärte die Antidiskriminierungsstelle.
Damit wiederholt sich im deutschen Sprachraum das Schicksal, das
den Romantitel bereits im Englischen ereilte. Als das Buch 1939
erschien, trug es den Titel Ten little niggers, der später zu And Then
There Were None bzw. Ten Little Indians verändert wurde.
In der Geschichte kommen übrigens gar keine Schwarzen vor. Es geht
vielmehr um zehn bleichgesichtige Engländer, die auf einem Landsitz
einer nach dem anderen abgemurkst werden. Daher der durchaus
treffende Vergleich mit dem alten Kinderlied. Bei jedem Mord
verschwindet auch eine von ursprünglich zehn kleinen Figuren mit dunkler
Hautfarbe, die auf einem Tisch aufgereiht stehen.
[Text: Richard Schneider. Quelle: Hannoversche Allgemeine. Bild: African Action, Behrendt,
Scherz.]
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Th. Ickler
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