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Forum > Beispielsammlung über Sinn und Unsinn
GZS 1
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Reinhard Markner
11.08.2002 02.09
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Modalverben

Wenn sich die Modalverben tatsächlich der Tendenz zur Zusammenschreibung von Verbzusätzen und Verben widersetzen, warum sollte dann diese interessante Beobachtung keinen Eingang ins Wörterbuch finden ?

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Elke Philburn
10.08.2002 22.31
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aus ein ander

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Soll ich zum Beispiel all die hübschen Zusammensetzungen nach dem Muster auseinander wirklich so lassen oder auch aus einander eintragen (sehr viele Fälle!).

Nein, lieber Herr Ickler, so weit sollte man beim aus ein ander pflücken dann doch nicht gehen.

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Wolfgang Wrase
10.08.2002 17.32
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Modalverben

Ein großer Vorteil der großzügigen Fakultativschreibung bei der summarischen Darstellung der Verbzusätz drauf_..., mit_..., weiter_... etc. ist, daß der Fall Verbzusatz_Modalverb nicht als Ausnahme ausgegliedert werden muß. Denn während man oft den Eindruck hat, daß man gleich zugunsten eindeutiger Zusammenschreibung aufrunden könnte, vergißt man, daß sich die Modalverben enorm gegen die Zusammenschreibung sperren. Beispiel:

weitergehen (meist zusammen), weiter können (überwiegend getrennt). Ich habe gerade mit Google eine Abfrage versucht: nicht mehr weiterkann = 57, nicht mehr weiter kann = 391

Bei der Getrenntschreibung entsprechen knapp ein Drittel der Ergebnisse nicht dem gemeinten Muster (es taucht zum Beispiel ein Komma vor „kann“ auf). Also, grob gerechnet überwiegt die Getrenntschreibung mit 5:1, ein krasser Gegensatz zu dem Ergebnis bei Vollverben.

Der Fall „Modalverb“ wird also elegant einbezogen; die Formulierung einer Ausnahme wäre nicht nur umständlich, sondern auch ein Stück unplausibel: Wieso sollten eigentlich Modalverben genau umgekehrt behandelt werden oder jedenfalls anders als Vollverben? Ich frage mich, was da grammatisch dahintersteckt.

Ich bin kein Grammatiker, aber mir scheint, daß hier verschiedene, gegensätzliche Interpretationen denkbar sind. Üblicherweise gruppiert man Vollverben und Modalverben gedanklich in dieselbe Schublade „Verb“. In unserem Fall würde man sagen, daß das Modalverb als Vollverb verwendet wird, weil ja kein Vollverb vorhanden ist und das Modalverb dessen Stelle einnimmt. Das würde aber nicht erklären, warum die Schreibung so anders gehandhabt wird als bei originalen Vollverben, man müßte eine Gleichbehandlung erwarten: weitergehen -> weiterkönnen.

Aber man könnte vielleicht auch argumentieren, daß das Vollverb nur ausgelassen ist: weitergehen kann = weiter(gehen) kann -> weiter kann. Auch sonst werden ja Satzteile selbstverständlich ausgelassen, ohne daß die Grammatik sich verschiebt: Gib mir den grünen (= Gib mir den grünen Stift). Man sieht: Man kann das Substantiv als Bezugswort einfach weglassen, das Adjektiv bleibt Adjektiv. Auf die Plätze (Geht auf die Plätze). Man kann also das Verb weglassen und nur die präpositionale Ergänzung verwenden. Und so weiter. Entsprechend: Das Modalverb bleibt Modalverb, das Vollverb wurde nur erspart, und das Gerüst bleibt so erhalten, wie wenn keine Auslassung vorläge. Das würde viel besser erklären, warum die Getrenntschreibung üblicherweise vorgezogen wird.

Anders gesagt: Das Modalverb wird hier eben nicht mit einem Verb kombiniert, sondern mit dem übriggebliebenen Verbzusatz. Vom Verbzusatz aus gesehen, würde man eher zusammenschreiben. Vom Modalverb aus gesehen, schreibt man grundsätzlich getrennt, denn das Vollverb ist sozusagen virtuell (grammatisch) noch vorhanden. Unter dem Strich ergibt sich ein Übergewicht zugunsten der Getrenntschreibung. Daß dies tatsächlich der Schreibgebrauch ist, bestätigt die Interpretation, daß zum Beispiel „kann“ NICHT zu einem Vollverb geworden ist, sondern nach wie vor ein Modalverb ist.

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Wolfgang Scheuermann
10.08.2002 17.09
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Fünfzehn Schreibweisen für

Ich möchte um Himmels willen nicht zu erneuerter Diskussion aufrufen, sondern nur ganz einfach mitteilen, daß ich bei „Google“ 15 Schreibweisen für (das in der Medizin immer noch sehr präsente) „fünfmarkstückgroß" gefunden habe, von „fünf Mark Stück groß" über „Fünf-Markstück groß" bis zu „fünfmarkstück gross“. Immerhin war „fünfmarkstückgroß" die häufigste Variante, aber nicht mit einem so eindeutigen Überwiegen wie bei den hier schon aufgeführten Beispielen.
Von dieser Fülle war ich schon beeindruckt!
(Gleichzeitig verabschiede ich mich für heute von allen Mitdiskutanten und wünsche rundum einen angenehmen Ausklang des Wochenendes!)
__________________
Dr. Wolfgang Scheuermann

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Theodor Ickler
10.08.2002 14.16
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Genau!

Herr Wrase hat sehr treffend das Problem noch einmal dargestellt, so wie auch ich es sehe. Für einen bestimmten Verbzusatz wird man je nach Verb unterschiedliche Häufigkeiten der Zusammenschreibung finden, und solche Befunde gehören ohne Zweifel auch in bestimmte (wissenschaftliche) Wörterbücher – also eigentlich wohl in den Zehnbänder von Duden, wo aber skandalöserweise der Befund im Sinne der Reform umfrisiert worden ist-, aber nicht in ein PRAKTISCHES Rechtschreibwörterbuch. Wenn ich hier die wirklich obligatorische Zusammenschreibung auf ein oder zwei Dutzend Verbzusätze beschränke, und zwar gerade solche, die beim einigermaßen erfahrenen Schreiber überhaupt keinen Zweifel lassen und von den weniger Erfahrenen schnell zu lernen sind, dann ist die Materie schnell geregelt, und niemand wird an den so gestalteten Texten etwas Auffälliges bemerken. (Man müßte es natürlich noch ausprobieren, und ich bitte darum.)
Im übrigen habe ich bei den dichten Einträgen der letzten Tage den Eindruck, daß viel zu viel Aufwand um die Erörterung der Frage getrieben wird, wer wem mit welchem Recht was entgegengehalten hat usw. Ich beteilige mich nicht gern daran, weil noch so viele Sachfragen zu lösen sind. Soll ich zum Beispiel all die hübschen Zusammensetzungen nach dem Muster auseinander wirklich so lassen oder auch aus einander eintragen (sehr viele Fälle!).
__________________
Th. Ickler

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Reinhard Markner
10.08.2002 14.15
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Auch

Die an den entsprechenden Stellen im Wörterbuch gewählte Formel, herum, hinab usw. würden »als Verbzusatz a. zusammengeschrieben«, ist insofern unglücklich, als sie nicht etwa suggeriert, die Zusammenschreibung sei üblich oder gängig oder geradezu zwingend, sondern im Gegenteil, sie sei eher die Ausnahme. Das ist zweifellos nicht so intendiert, aber bei manchem Benutzer mag es so ankommen, nicht zuletzt bei jenen, die nicht im Regelteil nachschlagen, und das sind ja bekanntlich die meisten.

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Wolfgang Wrase
10.08.2002 12.51
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Kleine Differenz

Liebe Frau Philburn,

bei aller Einigkeit, die wir haben und die sich auch auf der Grundlage der Google-Recherche zu „herum_pfuschen“, anbietet, möchte ich doch differenzieren. Wie gesagt, allein aufgrund der statistischen Zahlen könnte man schon zu der Folgerung kommen, „herumpfuschen“ sei zusammenzuschreiben, erst recht bei der noch eindeutigeren Verteilung in Qualitätstexten. Wieso sollte man die fünf Prozent so ernst nehmen? Bei anderen Einträgen runden wir zugunsten der Eindeutigkeit schon wesentlich früher auf als bei 95 Prozent. Daß Professor Ickler Fakultativschreibung verzeichnet, ergibt sich aus der Notwendigkeit, die GZS bei Verbzusätzen insgesamt übersichtlich abzuhandeln. Man muß auch bedenken, daß die Fakultativschreibung summarisch für jeden Verbzusatz angegeben wird, nicht einzeln für herum_pfuschen, herum_lungern, herum_können usw. Wenn man so vorginge, könnte man sich schon noch einmal überlegen, ob man bei einzelnen Kombinationen wegen eines erdrückenden statistischen Übergewichts nicht doch die eindeutigere Angabe wählen sollte. Aber auch dann wäre die Zwickmühle unvermeidlich: Wo anfangen und wo aufhören mit der Vereindeutigung der Einzelfälle?

Google ist in verschiedener Hinsicht nicht zuverlässig, aber oft dennoch aussagekräftig. Bei meinem Beispiel ist die Frage der Substantivierung für die Größenordnung nicht erheblich, nur für die genaue Angabe des Suchergebnisses. Tatsächlich sind mehr Substantivierungen bei der Zusammenschreibung dabei, als ich dachte, es sieht nach gut 20 Prozent aus. Die müßte man also bei der Zusammenschreibung herausrechnen. Bei der Getrenntschreibung sind vielleicht auch noch ein paar falsch geschriebene Substantivierungen dabei, die wird man vernachlässigen können. Dann hätten wir also nicht 1:20, sondern vielleicht 1:15. Das ist kein gravierender Unterschied für die Beurteilung des Falles.

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Elke Philburn
10.08.2002 12.09
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Was Sie schreiben, ist alles gut und richtig, lieber Herr Wrase, aber es ging doch hier um die Frage, wie glaubwürdig die Ergebnisse sind, die Google so ausspuckt.

Selbstverständlich käme ich aufgrund des von Ihnen angeführten Beispiels nicht zu dem Schluß, die genannten Wörter müßten zusammengeschrieben werden. Man braucht sich ja nur die Verweise zu herumpfuschen anzusehen, um festzustellen, daß dieses Wort oft substantivisch vorkommt – was Google nicht differenzieren kann. Ich benutze diese Suchmaschine auch ständig, aber mehr als einen groben Eindruck über die gängige Schreibweise kann sie nicht vermitteln.

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Walter Lachenmann
10.08.2002 10.53
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Was ist hier eigentlich passiert?

Dieses Forum hat u.a. den Zweck, daß man hier Zitate mit Schreibweisen eintragen kann, die die mehr oder weniger befremdlichen Folgen der Rechtschreibreform demonstrieren. Daran habe ich mich, wie andere auch, einigermaßen fleißig beteiligt. Da kann es natürlich schon mal vorkommen, daß die Beispiele gar nicht immer so richtig triftig sind. Darüber kann man ja in Ruhe reden.

Ich habe nun folgendes erlebt:
Auf meinen Hinweis vor einigen Wochen auf »heller häutig« (SZ) werde ich in einer privaten Zuschrift davon informiert, das Wort »häutig« gebe es durchaus im Zusammenhang mit medizinischen Dingen, ähnlich wie »knochig« oder »fleischig«. Für den Hinweis bedanke ich mich, stelle aber fest, daß es sich in dem von mir zitierten Zusammenhang darum ja nicht gehandelt hätte. Die Antwort, privat: »Sie haben sich beim Beckmessern vertan, Herr Lachenmann. Stehen Sie doch einfach dazu!«
Später zitiere ich eine Stelle aus der SZ, das berühmte »bitte schön«, und zwar weil ich der Überzeugung bin, hier hätte ohne die Reform »bitteschön« gestanden. Das ist wissenschaftlich, zugegebenermaßen, so hochkarätig fundiert wie wenn jemand heute vom »scheidenden Finanzminister Eichel« spricht – eine persönliche Vermutung, für die man seine Anhaltspunkte zu haben glaubt. Aber es kann in beiden Fällen auch ganz anders sein. Vielleicht scheidet der Finanzminister nicht, vielleicht hat tatsächlich der Autor »bitte schön« geschrieben und nicht der Reformkonverter hat das auseinandergerissen. Wieder ertönt der Ruf aus dem Publikum – es ist nicht derselbe Rufer – man wolle endlich einmal erleben, daß ich »zurückrudere«. Was hatte ich denn jetzt wieder schreckliches getan? Daß es auch »bitte schön« gibt, habe ich ja gar nicht bestritten, aber in diesem Fall hätte man nach meiner Überzeugung das früher zusammengeschrieben, und wenn meine Überzeugung falsch ist, muß sich niemand darüber aufregen, dann gehen die Ansichten hier eben auseinander. Bewiesen ist hier garnichts (bei »heller häutig« habe ich das Manuskript gesehen, das ist zumindest der Beweis dafür, daß bei der SZ Auseinanderschreibungen gedruckt werden, die der Autor nicht gewollt hat).
Auch bei meinem Beispiel »braun gebrannt« werde ich belehrt, daß dies nicht unbedingt zu beanstanden sei. Mich beschleichen so langsam Zweifel, ob die statistische Konsultierung bei Google eine ausreichende Differenzierung gewährleistet, da unterschiedliche Schreibweisen zu unterschiedlichen Aussagen führen können. So sind die Zusammenschreibungen »bitteschön« und »braungebrannt« meines Erachtens vermutlich in ihrer Bedeutung meistens klar zuordenbar, während die Wortkombinationen »braun gebrannt« und »bitte schön« auch im Zusammenhang mit anderen Aussagen vorkommen können und für die vergleichende Zählung m.E. deshalb nur bedingt herhalten dürften. Was Google angeht, stelle ich außerdem immer wieder fest, daß man auf da gute und weniger gute Texte bis hin zu primitivstem Teeniegestammel stoßen kann, in welchem Mengenverhältnis diese zu den seriösen Einträgen stehen, weiß vermutlich keiner, und von daher rührt meine völlig leidenschaftslose Skepsis. Ich weiß nicht, was an diesen Überlegungen so verkehrt sein soll, zumindest könnten diejenigen, die darüber anders denken, dies unaufgeregt erläutern und meine Bedenken zerstreuen.

Dann schreibt Herr Ickler: Sobald man etwas zurückgeht, nur ein paar Jahre, stößt man auf erstaunlich viele Getrenntschreibungen.
Das habe ich getan, die Quellen habe ich genannt, und das waren keine Erbauungs- oder Familienpostillen à la Gartenlaube von Anno Dunnemals – selbst die hätten den Zweck genauso gut erfüllt – sondern Klassikerausgaben renommierter Verlage und Originaltexte. Mein Eindruck war, daß die GZS seit Anfang des 20. Jahrhunderts sich nicht sehr auffällig von den Texten vor der Reform unterschied. Damit wollte ich ja niemanden belehren, ich wollte das einfach mitteilen! Und ich bezweifle, ob ich bei Google auf Zitate aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert in brauchbarer Menge und Form gestoßen wäre, jedenfalls erschienen mir meine zeitgenössischen Bücher hierfür durchaus geeignet.

Warum diese von mir angestellten Überlegungen zu solcher Aufregung führen konnten, ist mir völlig schleierhaft. Nun kann ja einer sagen: Überlegen Sie mal gut, woran das wohl liegen könnte, vielleicht hat das ja mit Ihrem persönlichen Auftreten und Ihrer ganzen Art und Weise zu tun. Aber was wäre an dieser Frage, bitteschön, wissenschaftlich?

*****

Abschließend bin ich so frei, zwei Nebenprodukte meiner Amateurrecherche weiterzureichen. Diese sind beileibe keine Glaubensbekenntnisse meinerseits, aber im Zusammenhang mit unserer Diskussion doch recht anregende Gedanken:

An einer Theorie ist wahrhaftig nicht ihr geringster Reiz, dass sie widerlegbar ist : gerade darin zieht sie feinere Köpfe an.

Die Falschheit eines Urtheils ist uns noch kein Einwand gegen ein Urtheil ; darin klingt unsre neue Sprache vielleicht am fremdesten. Die Frage ist, wie weit es lebenfördernd, lebenerhaltend, Art-erhaltend, vielleicht gar Art-züchtend ist ; und wir sind grundsätzlich geneigt zu behaupten, dass die falschesten Urtheile (zu denen die synthetischen Urtheile a priori gehören) uns die unentbehrlichsten sind, dass ohne ein Geltenlassen der logischen Fiktionen, ohne ein Messen der Wirklichkeit an der rein erfundenen Welt des Unbedingten, Sich-selbst-Gleichen, ohne eine beständige Fälschung der Welt durch die Zahl der Mensch nicht leben könnte, -- dass Verzichtleisten auf falsche Urtheile ein Verzichtleisten auf Leben, eine Verneinung des Lebens wäre. Die Unwahrheit als Lebensbedingung zugestehn : das heisst freilich auf eine gefährliche Weise den gewohnten Werthgefühlen Widerstand leisten ; und eine Philosophie, die das wagt, stellt sich damit allein schon jenseits von Gut und Böse.

Friedrich Nietzsche: Jenseits von Gut und Böse. Zur Genealogie der Moral.
Text- und seitenidentisch mit Band 5 der Kritischen Studienausgabe (KSA) in 15 Bänden ... ediert auf der Grundlage der Kritischen Gesamtausgabe, herausgegeben von Giorgio Colli und Mazzino Montinari, erschienen im Verlag de Gruyter, Berlin/New York 1967ff. Neuausgabe 1999 bei dtv.

(Ça va comme ça, scientifiquement parlé, mon cher ami tant érudit?)

Kleine Dreingabe: Oh Voltaire! Oh Humanität! Oh Blödsinn! Mit der „Wahrheit“, mit dem S u c h e n der Wahrheit hat es etwas auf sich ; und wenn der Mensch es dabei gar zu menschlich treibt -- „il ne cherche le vrai que pour faire le bien“ -- ich wette, er findet nichts!

(Aber das ist wieder ein anderes Thema ...)

__________________
Walter Lachenmann

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Wolfgang Wrase
10.08.2002 08.40
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Verbzusätze

Die Folgerung „meist zusammengeschrieben“ ist zunächst einmal beschreibend richtig, realistisch und damit auch brauchbar. Ohne Reform hätten wir noch weniger Getrenntschreibung, und die Frage wäre deshalb, ob wir auf die Getrenntschreibung als Möglichkeit ganz verzichten können. Das wäre aus statistischer Sicht vielleicht auch bei 1:20 schon möglich, aber hier ist eben genau die systematisierende Bearbeitung des Lexikographen eingeflossen. Sie geraten nämlich in Teufels Küche und produzieren einen unglaublichen, letztlich auch unrealistischen Schrott im Stil der Rechtschreibreform, wenn Sie damit anfangen, aufgrund eines solchen Ergebnisses festzustellen: herumlungern = zusammengeschrieben. Für den Einzelfall könnte das vielleicht noch gehen, aber wir haben bei den Verbzusätzen ein riesiges, komplexes Kontinuum von mehr oder weniger zusammengehörigen Kombinationen, wobei auch jede einzelne Verwendung wieder mehr oder weniger unterschiedlich aussehen kann. Man kann eben nicht nur „herumlungern“ isoliert regeln, sondern man muß ja die GZS für alle Verbzusätze finden. Es ist unmöglich, hier einleuchtende Grenzen und zuverlässige Kriterien aufzufinden, ohne einen Haufen Willkür und Widersprüchlichkeit zu produzieren. Also kurz: „herumlungern“ allein hätte man zwar noch als zusammengeschrieben regeln können, aber mit diesem Wunsch nach Festlegung wird man scheitern, sobald man die Gesamtheit der Verbzusätze auf diese Weise behandeln will. Im Sinne der Systematik ist es daher geboten, Fakultativität auch dort zu formulieren, wo das im Einzelfall als unnötige Großzügigkeit erscheint. Und nicht zuletzt: „meist zusammen“ trifft ganz einfach zu, „zusammen“ kann man nur im Sinne der Aufrundung als zutreffend bezeichnen.

Das ist ein Beispiel dafür, daß man allein mit Statistik kein brauchbares Wörterbuch formulieren kann.

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Elke Philburn
10.08.2002 08.16
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Zu Wolfgang Wrase:

Ich meine aber, gerade bei den von Ihnen genannten Beispielen ist Vorsicht angesagt: Der Prozentsatz an Getrenntschreibungen bei herumlungern ist so gering, daß der Verdacht auf falsch interpretierte Reformschreibungen nicht ausgeschlossen werden kann. Ein Wörterbucheintrag meist zusammengeschrieben wäre meiner Meinung nach ziemlich überstürzt.

Anders verhält es sich mit Schreibungen wie gar nicht vs. garnicht oder schon mal vs. schonmal. Hier kann Google bestätigen, was man allerorts zu lesen bekommt, nämlich daß eine starke Tendenz zur Zusammenschreibung besteht.

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Theodor Ickler
10.08.2002 07.55
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Statistik

Herr Lachenmann hat mir freundlicherweise „Gewissenhaftigkeit“ bei der Auswertung meines Korpus unterstellt. Davon kann keine Rede sein. Ich habe mir zwar viele Gedanken über solche Dinge gemacht, aber geade deshalb habe ich dann nicht einmal ansatzweise versucht, statistisch exakt zu arbeiten. Die Gründe habe ich schon mehrmals dargelegt. Der Duden hat, wie Herr Scheuermann ganz treffend sagt, im allgemeinen als bekannt voraussetzen können, wie man schreibt, und sich nur auf die zweifelhaften Fälle konzentriert, mit mehr oder weniger Geschick und Erfolg.
Mir hat mein Korpus dazu gedient, eine ziemlich homogene Masse von Fakultativschreibungen zu verifizieren. Ungefähre Verhältnisse genügen für diesen Zweck.
Im Duden-Newsletter, den ich gerade eingerückt habe, werden die Schwächen der Neuregelung noch einmal deutlich. Erstens ist es mißlich, bei so einfachen Dingen wie hoch- jedesmal ein grammatisches Experiment anstellen zu müssen, zumal dies ein für die GZS irrelevantes Kriterium (Steigerbarkeit) zugrunde legt. Bei den Verbzusätzen wird zudem die Zusammenschreibung grundsätzlich anerkannt, aber gleichzeitig als Ausnahme gekennzeichnet, die mit Hilfe des Steigerbarkeitstests so weit wie möglich vermieden werden soll. Die Zusammenschreibung ist aber eines der am besten begründeten Prinzipien der deutschen Rechtschreibung und keine krankhafte Entwicklung, wie es die Reformer seit Jahrzehnten behaupten. Drittens wird die subjektive Zweifelhaftigkeit als Kriterium eingeführt (wie im alten Duden); das ist aber widersinnig, weil die Beseitigung von Zweifeln ja gerade die Aufgabe des Rechtschreibwörterbuchs und der Grund des Nachschlagens ist. Die Auskunft „Das weißt du nicht? Wir wissen es auch nicht! Also schreib, wie du willst“ scheint mir wenig hilfreich. Viel besser ist es, für eine ganze Gruppe von gleichartigen Erscheinungen von vornherein Fakultativität anzusetzen, nicht als Notbehelf, sondern systematisch begründet. Das ist nicht nur deskriptiv angemessen, sondern auch viel leichter lernbar. Nach ein paar Versuchen mit meinem Rechtschreibwörterbuch kann der Benutzer ziemlich sicher vorhersagen, wie ein bestimmter Eintrag darin aussehen dürfte ... (Was will man mehr?)
__________________
Th. Ickler

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Wolfgang Wrase
10.08.2002 07.45
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Statistik, Qualität, Aufbereitung

Lieber Herr Scheuermann,

ich denke auch, daß die meisten sich im Umgang mit der Statistik einig sind. Ich sage nochmals: Wenn Sie gute Zeitungen vor der Reform als Grundlage nehmen, werten Sie natürlich automatisch Texte von besserer Lesbarkeit und besserem Stil, kurz: von besserer Qualität aus, und so sollte man vorgehen, wenn man ein Wörterbuch auf der Grundlage guten Stils machen will. Professor Ickler hat sich deshalb dafür entschieden.

Herr Markner sprach von einem vernünftigen Umgang mit Google, nicht vom blinden Vertrauen in jede Abfrage; ich habe geschrieben, man könne zwar keine exakten, aber trotz verschiedener Störfaktoren immer noch eine Menge hinreichend eindeutiger Ergebnisse erzielen. Jedenfalls hat Professor Ickler immer wieder gesagt, es sei wichtig, schon die Quellen nach ihrer Qualität auszuwählen. Aber das spricht nicht dagegen, auch einmal – zuerst oder ergänzend -nachzusehen, was sich denn im gesamten Volk so tut. Unter anderem, weil sich in den Abweichungen der „breiten Norm“ von der „guten Norm“ schon die Entwicklungstendenz abbildet: Was häufig ist, setzt sich auch bei gewisser qualitativer Unterlegenheit nun mal gerne durch. Was nicht zuletzt daran liegt, daß heute fast jedermann schreibt und seine Leser beeinflußt, im Gegensatz zu früheren Zeiten, als die Lektüre noch eher von einer Schar professioneller Spezialisten verfaßt oder gedruckt wurde.

Ich möchte auch noch einmal auf die Bemerkung von Professor Ickler hinweisen, „deskriptive Methode“ sei schon fast ein übertriebener Begriff, weil es eigentlich nur darum gehe, im ersten Schritt den Gebrauch, die Norm im statistischen Sinne aufzufinden. Dann wird der Lexikograph immer noch bewerten, gewichten, systematisieren müssen und bei dieser Bearbeitung der statistischen Ergebnisse eine leicht veränderte Norm mit Aspekten der Qualität, der Brauchbarkeit, der Systematik formulieren.

Keiner sagt hier, Recherchen bei Google würden blind in ein Wörterbuch verwandelt, nicht einmal die Auswertung guter Zeitungen führt direkt zum Wörterbucheintrag. Aber es ist auch nicht sinnvoll, Google pauschal zu verachten, nur weil uns da angeblich der ungebildete Pöbel mit seinem Rechtschreibschrott miserable Ergebnisse unterjubeln würde. Nehmen wir doch mal ein konkretes Beispiel:

herum lungern 55, herumlungern 2140
herum pfuschen 25, herumpfuschen 513

Man wird feststellen können, daß Getrenntschreibung vorkommt, aber nur sehr gering, Zusammenschreibung überwiegt mit 20:1 bzw. 40:1. Also ist ein zutreffender Wörterbucheintrag: „meist zusammengeschrieben“. Herrn Lachenmanns Befürchtung, die Irrungen der Rechtschreibreform müßten zu höchstem Mißtrauen gegenüber Google Anlaß geben, erweisen sich jedenfalls bei diesem Beispiel als unbegründet. Es wäre hier auch nicht nötig, Qualitätszeitungen heranzuziehen, bei diesen wäre die Verteilung nur noch deutlicher. Das kann man ja schon mit Hilfe der Extrapolation voraussagen, denn gute Qualität besteht in der Regel darin, das Übliche zu kennen und konsequent anzuwenden.

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Wolfgang Wrase
10.08.2002 07.01
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Lieber Herr Lachenmann, anstatt sich ausgiebig zu wiederholen, daß man Sie nicht verstehe, oder die anderen in Versteher und Minderbemittelte zu gruppieren, könnten Sie doch im Sinne eines guten Diskussionsstils versuchen, noch einmal klar auszudrücken, welchen Gedankengang Sie eigentlich mitteilen wollten oder wollen. Für mich ist nämlich Ihr Exkurs wiederum ein Beispiel für widersprüchliche Argumentation bzw. mangelndes Nachdenken auf Ihrer Seite.

Ihre historische Betrachtung haben Sie zunächst als Replik auf Professor Icklers Aussage eingeleitet, wenn man einige Jahre zurückgehe, stoße man auf wesentlich mehr Getrenntschreibung. Sie haben als Ihr Fazit dagegengehalten: Sogar wenn man hundert oder mehr Jahre zurückgeht, findet man „erstaunlich wenige Getrenntschreibungen“. Das kann man nun als wenig oder viel, als erstaunlich wenig oder erstaunlich viel bezeichnen, das ist subjektiv und Geschmackssache, also eigentlich auch keine Widerlegung des anderen, sondern die Präsentation des eigenen Geschmacks. Mich jedenfalls wundert Ihr Fazit, es habe sich „erstaunlich wenig“ gewandelt.

Vor allem meine ich, es hätte in erster Linie ein anderes Fazit gezogen werden sollen: Nämlich daß es im 19. Jahrhundert eine erstaunliche Varianz sogar innerhalb desselben Werkes gab – bei genau oder fast genau gleich gebildeten Ausdrücken einmal getrennt, einmal zusammen. Noch viel größer – und das zeigt Ihre Auswertung insgesamt – ist die Varianz zwischen den verschiedenen Schreibern und Verlagen. Und genau dies hätte man auf die Zeit vor unserer Reform übertragen können: Es gab immer, gerade bei der GZS, einen riesigen Bereich des Übergangs, stilistische Freiräume und daher eine breite Varianz.

Ihre Methodik ist damit vergleichbar, daß jemand die übliche Rechtschreibung um das Jahr 2000 feststellen will und hierzu fünf Texte einzelner engagierter Schreiber heranzieht, darunter Texte von mir und von Ihnen. In meinen Texten findet er „bitte schön“, in Ihren „bitteschön“. Das unterschlägt er dann in seinem Fazit, wo es heißt: „Erstaunlich einheitliche Auffassung in der GZS.“ Das ist natürlich Unsinn. Was zu unserer Zeit üblich ist, kann man auf diese Weise kaum feststellen, dazu kann man hingegen ausgezeichnet Google verwenden, jedenfalls für solche groben Schlüsse, wie Sie sie ziehen wollen. Nun sagen Sie aber, völlig unverständlich: „Angesichts meiner bescheidenen Erkenntnisse ist auch meine Skepsis hinsichtlich der Datenbanken nicht ausgeräumt, insbesondere was Google betrifft.“

Und weiter: „Da vertraue ich jedenfalls immer noch lieber meiner eigenen Schäblerschen Datenbank im Kopf, mit der bin ich bisher immer gut gefahren.“ Die Schäblersche Datenbank, das ist nach Ihrer Darstellung folgendes: „Der »Rechtschreibbürger« wird beim Schreiben in der Regel weder Google noch Duden noch Ickler konsultieren, es sei denn, er hat es mit einem ihm ungewohnten Wort zu tun, sondern diese selbstangelegte Datenbank in seinem Kopf, und zwar tut er das natürlich unbewußt. Und solange er dieser Datenbank folgt, schreibt er in der Regel so gut wie immer richtig, es sei denn, es handelt sich um einen Wenigschreiber, der aber für Rechtschreibfragen so uninteressant ist wie der Wenigtrinker für die Weinkunde.“ Also, alle haben ihre intuitive Vorstellung von der angemessenen Schreibung, und sie schreiben so gut wie immer richtig, sagen Sie. Also – dann müßte das, was alle zusammen nach Ihrem Urteil fast immer richtig schreiben, sich doch sehr gut als Gesamtbild bei Google auffinden lassen. Wenigschreiber sind weniger interessant und werden auch automatisch kaum erfaßt, weil sie eben wenig Text beisteuern. Ihre Logik ist aber wiederum, daß Sie lieber dem intuitiven Schreiben vertrauen als den Google-Ergebnissen, obwohl Google genau diesen allgemeinen intuitiven Schreibgebrauch abbildet.

Was Sie schreiben, ist also vollkommen unlogisch, Ihre Aussagen sind nicht verständlich. Es gibt nur einen wesentlichen Unterschied zwischen Ihrer Herangehensweise und Google (abgesehen davon, daß Ihre historischen Texte für die aktuelle Rechtschreibung unbrauchbar sind): Sie ziehen zur Ermittlung des Schreibgebrauchs einige wenige Texte heran, die natürlich nach persönlichen Vorlieben gefärbt sind, Google wertet hunderttausend oder Millionen Quellen aus, und zwar getreu der Anzahl der Nutzungen, das heißt auch gewichtet nach ihrer Einwirkung auf die Rechtschreibung der Allgmeinheit.

Wieso nun ausgerechnet die Beschränkung auf den einzelnen der bessere Zugang zur Norm, zum jeweils Üblichen sein soll und warum die Erfassung der Gesamtheit von Ihnen als höchst fragwürdig zurückgewiesen wird, ist eine weitere Absurdität in dem „Gedankengang“, den Sie „darlegen wollten“. Ich verweise hier auf die Antwort über den logischen Widerspruch einer „privaten Rechtschreibung“, das heißt über den Unterschied zwischen dem persönlichem Geschmack eines einzelnen und der in der Allgemeinheit aufzufindenden Norm, die ich Ihnen schon am Anfang der aktuellen Debatte gegeben habe.

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Wolfgang Scheuermann
10.08.2002 06.39
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Mit der Bitte um Nachsicht ...

... möchte ich meinen Kurzbeitrag zu „Pfirsich große Hagelbrocken“ hier noch einmal einfügen:

„Pfirsich große Hagelbrocken“

Diese Überschrift in der heutigen „Schwetzinger Zeitung“ [5.8.] fiel mir ins Auge und Google in den Arm: Diese reichlich gewagte Ellipse soll dazu herhalten, die Verwirrung zu beweisen, in die ich gestürzt wurde, als ich diese und ähnliche Größenangaben bei unserer hochmögenden Sprachschiedsstelle einer Überprüfung unterzog. Solche Angaben sind Legion! „Erbsen große“ Krümel, „Stecknadelkopf große“ Wunden, „Tennisball große“ Höhlungen – alles das findet sich! Dagegen siecht das bei uns Ärzten so beliebte „fünfmarkstückgroß" aus offenkundigen Gründen dahin – es ist schon ein Trauerspiel!


Ich wollte also nicht behaupten, lieber Herr Wrase, daß sich „Pfirsich groß" bereits bei „Google“ findet, sondern nur, daß auch „Google“ eine sehr verwirrende Quelle sein kann – mindestens für mich. (Dabei gehört es zu meinen dienstlichen Obliegenheiten, Statistik – auch fortgeschrittene – anzuwenden und zu lehren, und da hätte ich das ja vielleicht gelernt haben können.) Es gehört nun einmal zum Wesen statistischer Verteilungen, daß sie keine klaren Ergebnisse erbringen können, wenn die Qualität der einfließenden Daten höchst different ist. (Da geht die „Qualität“ oft einfach unter, und das haben wir ja alle in manchmal überraschender Weise bei Google auch schon erlebt. Damit „verdamme“ ich Google nicht – aber es hat eben seine Grenzen.)

Es geht – ich denke oder hoffe, daß wir uns darin letztlich einig sind – nicht so sehr um statistische Verteilungen, sondern mehr darum, ob jemand etwas „kann“ oder eben nicht. Das entwertet die Beobachtung der statistischen Verteilungen nicht – zumindest soll es das nicht. Professor Ickler hat ja auch immer betont, er hätte sein Wörterbuch auf der Basis von „Google“ nicht aufbauen können.

Daß der „Mannheimer Morgen“ (und was das IdS sonst noch zur Korpusbildung heranzieht) auch keine ideale Grundlage darstellt (obwohl er eine der besseren Zeitungen der Region ist) – da bin ich mir mit Ihnen, lieber Herr Markner, völlig einig.

Letztlich wird jemand, der ein verläßliches Wörterbuch herausbringen möchte, doch so ähnlich arbeiten, wie es die Dudenredaktion früher für sich postuliert hat: In den meisten Fällen weiß man von vornherein, wie etwas geschrieben werden soll („Pfirsich große Hagelbrocken“ geht einfach nicht), und dann gibt es eben Bereiche (statt dessen/stattdessen), in denen normative Setzungen keinen rechten Sinn (mehr) haben, da beobachtet man dann sinnvollerweise auch statistische Verteilungen (und deren Veränderung über die Zeit), um zu sehen, was sich so „herausmendelt“.

Stehen wir da nicht alle auf einem gemeinsamen Grund?
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Dr. Wolfgang Scheuermann

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