Wieso, weshalb, warum
Wie sich zeigt, sind die vielen kleinen Besonderheiten und Klauseln der GZS für den Regelteil eines praktischen Wörterbuch zu umfangreich. Der Nutzer greift hin, blättert und will eine schnelle und hilfreiche Auskunft. Er dürfte sich nur ungern in ausladende Forschungsreisen auf der Suche nach den komplexen Formeln hinter dem scheinbaren Chaos vertiefen. Ich war gerade gestern im Park und hab ein bißchen Bumerang geworfen. Um jemandem zu zeigen, wie er das machen muß, könnte man ihm nun lange Vorträge über Aerodynamik, Auftrieb, Schwerpunkte, Drehmoment usw. geben, aber effektiver ist es wohl erstmal, ihm einfach nur vorzuführen, wie die Wurfbewegung zu vollziehen ist. Man muß ja nicht gleich verstehen, warum der Bumerang wieder zurückkommt. Man sollte nur erkennen, warum man ihn genau so werfen muß nämlich, damit er eben zurückkommt. Daraufhin sind die physikalischen Hintergründe auch besser einzuordnen und also zu verstehen, denn sie lassen sich begreifen. Ähnlich sollte man mit dem Nutzer eines praktischen Wörterbuches verfahren. Man sollte ihm anschauliche, griffige und gut einprägsame Tips liefern. Bei der GZS könnte ich mir so in etwa folgende Faustregel vorstellen: Man spreche sich in Gedanken (wenn's nicht stört, auch laut) die fragliche Fügung mehrmals vor, mit jeweils unterschiedlicher Betonung der Glieder, und zwar im Kontext des Satzes. Dabei wird einem schnell auffallen, ob eine Getrenntschreibung (Betonung jedes einzelnen Gliedes) mißverständlich sein oder irgendwie verdächtig fremdartig wirken könnte. Natürlich wird einem das um so besser auffallen, je besser man sprachlich geübt ist (ohne Übung nun einmal kein Meister, aber in Sprache ist ein Mensch ja ähnlich automatisch geübt wie im Gehen auf zwei Beinen manche Menschen können mit zwei Beinen allerdings auch auf Seilen tanzen). Ähnlich versuchen Laien ja auch grammatische Fragen zu lösen. Auf so eine Weise kann es zwar durchaus unter anderem zu ungewöhnlichen Wortbildungen kommen, die dürften aber eigentlich dem Entwicklungsgeist der Zusammenschreibungstendenz entsprechen, jedenfalls soweit diese sprachlichen Nutzen aufweist. Weil wir davon überzeugt sind, halten wir ja auch den Eingriff der Reform für sprachlich schädlich.
Aus einer Entwicklung, die noch nicht abgeschlossen ist, stringente formale Regeln mit universaler Gültigkeit konstruieren zu wollen, ist logischerweise nicht sehr erfolgsversprechend; wir bekommen es mit den gegenwärtigen Reformversuchen ja eindrücklich demonstriert. Daher ist es wohl aussichtsreicher, bei der kommunikatorischen Intention des Schreibers anzusetzen (die ja auch die bisherige natürliche Entwicklung vorangetrieben haben muß). Denn die ist jedem leicht nachvollziehbar, sie ist ja im Grunde die seine. So erscheinen die Rechtschreibregeln auch nicht wie sinnlose Festlegungen, an die man sich einzig halten muß, um nicht unangenehm aufzufallen, schlimmstenfalls als ungebildeter Trottel zu gelten. Es ist doppelt fruchtbar, anhand des Sinnes zu erklären: Der Lernende kann den Gewinn besser erkennen, der mit der Beherrschung des Lernstoffs einherkommt, und er lernt auch besser, weil er einerseits deshalb besser motiviert ist und auch die Hintergründe der Materie klarer erkennbar sind. Einem, dem man ein Verfahren anzulernen versucht, erkläre man stets, wenigstens grob, warum es so abläuft. Anschaulich sind dabei auch Beispiele, wie die Reformgegner sie ja auch ständig bringen, um zu zeigen, wo neue Getrenntschreibungen für unsichere Bedeutungen sorgen können: Ah ja, ach so, deswegen ist Zusammenschreibung ratsam, dann mach ich das doch gern, denn nun weiß ich ja auch, wozu!
Sowas ließe sich gut in einem Abschnitt wie der Anleitung zum rechten Schreiben in Icklers Wörterbuch unterbringen. Dort steht an der betreffenden Stelle derzeit der Satz Im Wörterverzeichnis findet man genauere Angaben, ein Versprechen, das leider nicht eingehalten wird, wenn man letztlich doch nur auf einen Bogen stößt. Wer nicht ohnehin schon weiß, welche Schreibweise in der konkreten Situation die bessere bzw. richtige ist, der wird sich mit seiner Frage, die er doch durch Konsultation des Wörterbuchs gerade klären wollte, alleingelassen fühlen, so begründbar die Darstellung auch aus anderer Hinsicht sein mag. Auch ein meist zusammengeschrieben bringt dem Nutzer nichts als die folgende Frage: Ja, aber wann, unter welchen Umständen denn? Als universale Faustregel dürfte die oben vorgeschlagene ganz einleuchtend sein und daher gut funktionieren können, aber dennoch sollten in einem sprachlichen Nachschlagewerk Bedeutungsangaben zu getrennten und zusammengeschriebenen Fällen zu finden sein, sofern sie der Sprachpraxis eindeutig zu entnehmen sind.
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