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Detlef Lindenthal
02.03.2003 08.43
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Fragen fragen

Frau Dr. Menges schrieb:
>> Eine einmal gestellte Frage vergesse ich nicht. <<

Da muß ich aber zurückfragen: Fragen, die Sie selbst an andere gestellt haben, vergessen Sie nicht? Oder: Fragen, die andere an Sie gestellt haben, vergessen Sie nicht? Oder besser noch: Beiderlei Fragen vergessen Sie nicht?
Zu Ihren Gunsten will ich letzteres annehmen und schlußfolgern, daß Sie über die bisher gestellten schwergewichtigen Fragen* noch schwer brüten. (*z.B. 1.), ungefähr 9 Beiträge weiter unten:

Sie schreiben:

> Meine Leitprinzipien dabei sind
- fehlerhaftes und unpraktisches aus der neuen und alten Rechtschreibung zu entfernen und
- eine klare Getrenntschreibung nach festen Regeln, die nicht unterbrochen werden, aufzustellen. <

Dazu möchte ich Sie fragen:
– 1. Was meinen Sie mit „[F]ehlerhaftes ... aus der ... alten Rechtschreibung“? Enthält die „alte“ Rechtschreibung wirklich Fehler?
– Sie sprechen sich für eine „klare Getrenntschreibung nach festen Regeln“ aus; solche festen Getrenntschreibregeln bedeuten dann ja, daß bisher vorhandene Wörter in ihre Bestandteile zerlegt werden und daß die Wörter nicht mehr verwendet werden. Sie als Lehrerin müßten dann also „nach festen Regeln“ dafür sorgen, daß Ihre Schüler die betroffenen Wörter nicht mehr benutzen (denn sonst haben die Regeln ja keine „Festigkeit“, wenn für ihre Einhaltung nicht seitens der Fachkräfte (Deutschlehrer usw.) gesorgt wird).
Für welche Wörter möchten Sie denn künftig die Nichtverwendung erreichen?
Was schlagen Sie als Strafe vor, wenn jemand die Wörter dennoch verwendet?
Hat es sowas schon mal in der Weltgeschichte gegeben, daß Sprachlehrer die Verwendung von Wörtern verbieten,
oder ist das eine Welturaufführung?
Wie würden Sie antworten und vorgehen, wenn Schüler Ihnen sagen, daß Sie in keiner Weise ein Recht haben, für
lebendige, der gesamten Sprachgemeinschaft gehörende Wörter die Nichtbenutzung durchzusetzen?

Für Ihre Antwort auf diese Fragen dankt im voraus

Ihr
Detlef Lindenthal
Und z.B. 2.) vor etlichen Wochen meine Frage, ob Sie die angeblich „amtliche Regelung der deutschen Rechtschreibung“ schon durchgelesen haben und welche Regel-Grundlage denn der Zeichensetzungsunterricht denn wohl noch hat; dabei sind auch noch Wettschulden offen.)

Wenn Sie bei diesen Fragen zu einer Antwort gelangt sind, bin ich auf Ihre Antwort natürlich sehr gespannt.

>>„Rechtschreiben kann heute kaum noch jemand.“<<
Liebe Frau Dr. Menges,
das ist ein bemerkenswertes Eingeständnis einer Deutschlehrerin über die Leistung des Berufsstandes der Deutschlehrer.
Dazu möchte ich Sie etwas fragen:
Was halten Sie davon, wenn ich Ihre sämtlichen Beiträge in diesem Forum, liebevoll rot ausgebessert, auf „Deutschlehrer.de“ veröffentliche?

>>Die Faustregel, man schreibt heute alles auseinander, stimmt eben nicht.<<
Kursiert eine solche „Faustregel“ unter Deutschlehrern? Oder unter Schülern?

Fragen über Fragen. Frau Dr. Menges, ich setze auf Sie, denn Sie sagten:
„Eine einmal gestellte Frage vergesse ich nicht.“
__________________
Detlef Lindenthal

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Ruth Salber-Buchmüller
01.03.2003 11.04
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...wenn selbst die Frau Bankdirektor von nebenan....

Sehr geehrte Frau Dr. Menges,
Sie schreiben:
„Wenn selbst Hildebrandt in neuer
Rechtschreibung veröffentlicht,
ist alles gesagt.“
Ich wundere mich über diese Ober-
flächlichkeit der Schlußfolgerung.

Nehmen sie mir meinen Vergleich
nicht übel:
Es kommt mir so vor, als wenn
jemand in der Hitlerzeit gesagt
hätte: " Wenn selbst die Frau Bank-
direktor von nebenan in der Villa
für Hitler ist und der Herr Bank-
direktor in der Partei ist, muß
ja alles seine Ordnung haben“.

Ich weiß, ich weiß,....
ich räume ja auch ein, daß der
Vergleich sich nur auf die ART
DER REAKTION bezieht. Ich stelle ja nicht
die Fürchterlichkeiten aus der genannten Zeit
den Problemen der Rechtschreibreform gegenüber!

Aber so dürften Sie nicht reagieren!



__________________
Ruth Salber-Buchmueller

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Elke Philburn
01.03.2003 01.08
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Zitat:
Rechtschreiben kann heute kaum noch jemand.

Tja. Und die Schüler hat man auf diese Weise ein kleines bißchen unfähiger und unwissender gemacht.

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Norbert Schäbler
28.02.2003 13.43
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Kunststoffideologie

Liebe Frau Dr. Menges!

Ich will Ihnen noch einen Ball zuspielen – einen Plastikball!

Als ich noch ein Pimpf war – in der Mitte der 50er Jahre – da hatte so ziemlich jeder Junge einen Ball, und darauf war er stolz – mächtig stolz.
Damals war der Straßenfußball noch modern, und auf jedem nicht allzu frequentierten Orts-, Kleinstadt- oder Großstadtplätzchen jagten Kinder und Jugendliche einer Pille hinterher und schrieen sich die Kehle heißer: „Fritz Walter paßt! Rahn schießt! Toooooor!“

Bei solchen Feld-, Wiesen-, Dorfanger- und Straßenveranstaltungen erlebte mein eigener Ball ein elendigliches Dasein, denn manchmal diente er nur als Markierung für den Torpfosten, oder – und das war meistens der Fall – er befand sich hinter der Torauslinie inmitten eines Rudels … allerdings in gnadenloser Verachtung seiner ledernen Artgenossen.
Schämen tat ich mich nicht für meinen Ball, obwohl ich mich mit ihm identifizierte.
Er tat mir lediglich leid, und ich versuchte, meinem Ball anderweitige Ehren zukommen zu lassen, ihn zumindest für seine Demütigungen zu entschädigen, bzw. ihm weitere Demütigung zu ersparen.

Mein Ball wurde „Hinterhofball“, sogar ein „Star“ in der Arena unseres vierstöckigen Mietblocks (von gerade mal 17 auf 7 Metern). Dort spielte ich mit den Mädchen des Anwesens (u.a. meiner älteren Schwester), und mein Ball erwies sich dabei als einzigartig. Er war sozusagen präventives Organ. Er machte den Einsatz von Sanitätern unnötig, denn wenn ich meine „Mitspieler I n n e n“ anschoß, dann fielen die wenigstens nicht gleich um, wie das bei einem Lederball geschehen wäre …
Und damals hatte ich rechte Freude an meiner Plastikpille, obwohl ich auch eingestehen muß, daß ich äußerst froh war, als sich mein Liebling kurz vor Weihnachten an einem vorstehenden Nagel der Holzhallen des Hinterhofs aufspießte …

Liebe Frau Dr. Menges!
Sie können jetzt meinetwegen tiefenpsychologische Studien ansetzen, mir alle möglichen Unfähigkeiten und patriarchalische Gesinnung an den Leib dichten, doch ebenso könnten Sie das Gleichnis entwirren.
Der Ball, von dem ich sprach, ist gleichzusetzen mit dem Arbeitsmedium Sprache.
Sprache ist nicht einfach nur so ein Spielgerät!
Vielmehr erfordert Sprachkompetenz härtestes Training und knallharte Selbstdisziplin.
Alles andere ist lächerlich, juvenile Träumerei von einer Fußballbundesliga-, Tennisprofi- oder Golfspielerkarriere.
Nur die tatsächliche Leistung zählt!

__________________
nos

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RenateMariaMenges
28.02.2003 12.51
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zusammen

Es wird das Wort „zusammen“ diskutiert:
- zusammenlesen
- zusammenschreiben
- zusammensein, heute: zusammen sein
- zusammengewesen, heute: zusammen gewesen

Es taucht folgende Problemstellung auf:

Zusammenschreiben, zusammenlesen .. wird nicht getrennt.
Es wurde diskutiert, welche Wortart nun „zusammen“ sei.
Laut meiner Anfrage beim KM müssen wir bei Unklarheiten die Duden-Sprachberatung anrufen. Dies erledigte ich gestern:
Nach meiner Frage nach der Wortbestimmung „zusammen“ fing mein Gegenüber zu stottern an. Ich sagte, „zusammen“ könne ein Adverb sein. Dem stimmte man halbwegs zu, aber gleichzeitig wurde mir erklärt, dass es auch ein Partikel sein könnte und überhaupt könne die Redaktion dies nicht klären, weil es auch die Sprachwissenschaftler kontrovers diskutieren würden. Also hatte ich das Telefongeld zum Fenster hinausgeworfen. Die Duden-Sprachberatung konnte es nicht klären.

Ich stelle hier das Wort „zusammen“ zur Diskussion.
Von welcher Wortart sprechen wir? Ich hatte die Frage in abgewandelter Form schon einmal gestellt, aber sie wurde hier nicht beantwortet. Aber da bin ich wie der „kleine Prinz“. Eine einmal gestellte Frage vergesse ich nicht.

Übrigens:
Frisch gestärkt von Dieter Hildebrandt live: „Vater unser – kurz nach der Werbung“, der sein neues Buch in neuer Rechtschreibung herausgegeben hat, wage ich es doch, nach einer endlichen Geschichte zu sinnen. Wenn selbst Hildebrandt in neuer Rechtschreibung veröffentlicht, meine ich, ist alles gesagt.

Übrigens, Herr Stiene: Ich lese ja auch alles, was mir in die „Augen fällt“. Rechtschreiben kann heute kaum noch jemand. Die Getrennt- und Zusammenschreibung bringt selbst fitte Sekretärinnen zum Schwitzen. Ich meine, hier wäre die Regel klarer zu stellen oder wieder wegzunehmen. Die Faustregel, man schreibt heute alles auseinander, stimmt eben nicht.

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Heinz Erich Stiene
27.02.2003 15.56
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Rühr Schüssel

Frau Salber Buchmüller: „Nach meinen Beobachtungen ist das Auseinanderschreiben zum Selbstläufer geworden, dem nicht mehr entgegengesteuert werden kann.“
Diesen Eindruck habe auch ich gewonnen, und ich verfolge das dilettantische Treiben mit nicht geringer Sorge. Vor einigen Tagen fand ich in einem großen Supermarkt Tafeln über den Regalen, die den Kunden den Weg zur gesuchten Ware weisen sollten. „Rühr Schüssel“ stand dort zu lesen und vieles andere in ähnlicher Darbietung. Der Supermarkt steht im Rheinland, weswegen eine Tafel verkündete: „Dä Original Kölsche Karnevals Mix“. Alaaf!
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Heinz Erich Stiene

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Ruth Salber-Buchmüller
27.02.2003 15.22
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Die Klarheit der Getrenntschreibung

Immer wieder kopfschüttelnd
(Kopf schüttelnd) habe ich den
Dialog – als Unendliche Geschichte -
mit Frau R.M. Menges verfolgt.
Es beschäftigt mich hierbei eine ganz
simple Frage:
Meint Frau Dr. Menges mit der „Klarheit
der Getrenntschreibung“ das generelle
Auseinanderreißen der zusammengesetzten Wörter
(zusammen gesetzten Wörter?).
Akzeptiert sie, daß aus dem Wort „vorlesen“
„vor lesen“ und aus dem Wort „zubeißen“ (des Hundes
z.B.) „zu beißen“ wird?
Dieses und hundertfältig andere Unsäglichkeiten
sind überall zu lesen!!
Nach meinen Beobachtungen ist das Auseinanderschreiben
zum Selbstläufer geworden, dem nicht mehr entgegen-
gesteuert werden kann. Man, oder Frau Dr. Menges
persönlich mag sich noch so sehr darum bemühen.



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Ruth Salber-Buchmueller

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Norbert Schäbler
27.02.2003 09.33
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Am Ende winkt ... die Seehundnummer

Liebe Frau Doktor Menges!
Wir sprechen doch immer wieder aneinander vorbei!
Deshalb ein kleiner Exkurs:
Stellen Sie sich vor, Sie wollten das Fußballspielen erlernen (einer emanzipierten Frau darf man ja mit derartigem Vergleich hoffentlich kommen), und Sie hätten ggf. sogar den Wunsch eine großartige, aufsehenerregende Auswahlspielerin zu werden (was übrigens im Damenfußball wesentlich leichter scheint in Ermangelung der üppigen Konkurrenz), und werden Sie drittens – nach dieser doch etwas schelmenhaften Einführung – einfach ernst.

Zuerst werden Sie sich mit dem Spiel- oder Arbeitsgerät befassen. Das ist eine runde Kugel, gefüllt mit Luft, mit definiertem Umfang, definiertem Gewicht, allerdings variabel im Material und Aussehen. Ihren Lieblingsball werden Sie später selbst finden (Adidas, Nike, Puma …).
Mit diesem Gerät werden Sie üben, üben, üben, und falls Sie Auswahlspielerin werden wollen, werden Sie noch eine weitere Übungseinheit dranhängen.
Sie werden üben: die Stopptechnik, die Schußtechnik, die Technik des Dribbelns und die des Flankenschlagens, die des Köpfens und die des Beförderns mit allen beliebigen Körperteilen (mit Ausnahme der Hand, bzw. des Unterarms). Sie werden das runde Ding verfluchen und irgendwann wieder zu lieben anfangen, wenn Sie am Ziel Ihrer Träume angelangt sind.
Bis zu diesem Zeitpunkt allerdings gibt es kein Murren und kein Mogeln über das Arbeitsgerät, denn der Ball ist und bleibt rund, und weder der DFB noch die FIFA wird daran etwas ändern, weil die Fußballorganisationen erkannt haben, daß sich eine runde Pille am geschmeidigsten weiterbewegt, was z.B. unser Altbundestrainer Sepp Herberger wie folgt beschrieb: „Der Ball hat die beste Kondition.“
(Die Doppeldeutigkeit dieses Zitates werden Sie beim Üben nachvollziehen können.)

Irgendwann, liebe Frau Menges, wenn Sie durch das Programm durch sind, wenn Sie den Ball beherrschen wie keine Zweite, dann können Sie sich neue Aufgaben stellen. Dann können Sie den eckigen Ball erfinden und damit im Zirkus auftreten.
Ich schlage vor, bei dieser Nummer Seehunde als Mitspieler auszuwählen, weil diese Tierchen ein außerordentliches Ball- und Balancegefühl entwickeln.
Denen ist es völlig egal, was die auf die Nase kriegen.


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nos

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RenateMariaMenges
27.02.2003 05.27
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Sprache

Die Hethiter sind sehr interessantes Feld der Kulturgeschichte. Also müssen wir noch viel weiter zurückgehen, um alle Aspekte zu erforschen. Wir hatten ja hervorragende vorausgehende Kulturen und die Geschichte fing aber immer wieder von Neuem an. Herr Upmeyer schreiben Sie doch mal Beispiele, von dem, was Sie berichten, hier ein. Die sprachlichen Komponenten der Hethiter sind ja sehr umfangreich.

99 Luftballons werden nacheinander in der Luft zerplatzen. Es ist einfach spannend, wann das sein wird.

Die Sprache ist ein Arbeitsmedium. Das stimmt – aber es ist mir zu nüchtern ausgedrückt. Mit Sprache kann man nicht nur philosophieren, sondern auch Spaß machen, Poesie betreiben oder nur spielen. Ist Sprache wirklich nur ein nüchternes Arbeitsmedium, vergleichbar mit dem Computer? Da drückt das Wort Arbeit auf Sprache so sehr, dass ich von diesem Vergleich weggehen müsste. Sprache ist eigentlich unser Leben, Sprache ist ein umfassender Teil des Menschen und sie ist ein großer Teil unserer Kommunikation ...

Die Konsequenzen, Herr Lindenthal und Herr Wagner, habe ich doch schon oft aufgeschrieben: Es wird und muss eine Weiterentwicklung der Sprache geben, den Sprache lebt und entwickelt sich. Es wird und muss immer Wissenschaftler geben, die diese Weiterentwicklungen aufschreiben und notieren werden.

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Henning Upmeyer
26.02.2003 11.57
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Rinascimento - Die Wiedergeburt der Kultur der Antike

Laut Johannes Friedrich, Hethitisches Elementarbuch, Seite 75:
„Wie in den anderen indogermanischen Sprachen wird auch im Hethitischen die Bedeutung des einfachen Verbalstammes durch Präverbien modifiziert. Das Hethitische nimmt insofern einen altertümlichen Standpunkt ein, als die Präverbien stets als selbständige Wörter geschrieben werden und kleine Wörtchen zwischen Präverb und Verbum treten können.“
Im Gegensatz dazu haben die Sanskritschreiber und die alten Griechen die wunderbarsten Wortkompositionen geschaffen und sie zusammengeschrieben. Die der Griechen kann man in Homers Gesängen bewundern, aber vielleicht bald nur noch im altgriechischen Original, falls die deutschen Übersetzungen durch die Reformschreibung verunstaltet werden. Die deutsche Klassik wurde stark von den griechischen Wortschöpfungen beeinflußt und hat viele als wörtliche Übersetzungen und in den originalen Zusammenschreibungen übernommen.
Ich habe schon einmal vorgeschlagen, die neue deutsche Getrenntschreibung als „die hethitische Getrenntschreibung“ zu benennen. Man könnte sie auch „Rinascimento Hethitico“, „Die Wiedergeburt der hethitischen Getrenntschreibung“ nennen.

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Norbert Schäbler
26.02.2003 00.28
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99 Luftballons

Liebe Frau Dr. Menges!

Mit Ihrem Beitrag „Renaissance“ tragen Sie reichlich zur Verwirrung bei. Wollen Sie denn tatsächlich das Rad der Sprachentwicklung so weit zurückdrehen und sich eventuell im nächsten Ansatz gar bei den Minnesängern (Walther von der Vogelweide, geb. 1170) einhaken. Lassen Sie’s gut sein mit Ihren romantischen und weltverbessernden Ideen, denn Sprache ist ein Arbeitsmedium. Sie will in der Jetztzeit verstanden und angewendet sein – ohne Formalismus und kultusministerielles Pipapo.
Wenn Sie schon in die Vergangenheit enteilen, dann verweilen Sie doch kurz im Zeitalter der Klassik und werfen Sie einen Blick in die Feudalgesellschaft, in der nicht einmal unser verehrter Amtsrat Goethe vollkommene Verfügungsrechte hatte. Gar manchem Fürsten und Verlagsherren mußte er sich beugen, weil es zu allen Zeiten Besserwisser und Besserverdiener gab, die dem großen Genius u.a. seine Reisen und Liebeleien bezahlten.
Vergessen Sie Ihre Renaissance – den lilablaßblauen Ausflug in die bessere Welt – und sorgen Sie dafür, daß in unserer aufgeklärten Republik weniger Machtmißbrauch und Diktatur stattfindet, denn das sollten wir gelernt haben: Freiheit ist das höchste Gut.

Was Ihren Kampf für die Getrennt- und Zusammenschreibung angeht, möchte ich Sie auf den genialen Lösungsansatz von T. Ickler (die Bögelchen) verweisen.
Sollten Sie in der Klassik oder aber gar in der Renaissance Bestärkung suchen für Ihre unhaltbare Theorie (daß Getrenntschreibung der Normalfall sei), so sei Ihnen verraten, daß es in Klassikertexten zwar Tendenzen gibt, die der neuen Rechtschreibung entgegenkommen, doch findet man in der gesamten Klassik keinen einzigen Autor, der die Getrenntschreibung wirklich normativ standardsetzend oder auch nur konsequent eingesetzt hätte.
Sprachentwicklung und Sprachusus sind Dinge, die man nicht rückwärts auflösen kann. Sie sind vielmehr eine Zustandsform – ein nahezu perfektes Ist – das mit sehr viel Energie und Gemeinschaftswillen erworben wurde.

Um ins Schwärmen zu kommen, benötigt man keine Renaissance!


__________________
nos

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Detlef Lindenthal
25.02.2003 19.16
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Die Klarheit der Getrenntschreibung

Liebe Frau Dr. Menges,

Sie schreiben:


Meine Leitprinzipien dabei sind
- fehlerhaftes und unpraktisches aus der neuen und alten Rechtschreibung zu entfernen und
- eine klare Getrenntschreibung nach festen Regeln, die nicht unterbrochen werden, aufzustellen.
Dazu möchte ich Sie fragen:
– 1. Was meinen Sie mit „[F]ehlerhaftes ... aus der ... alten Rechtschreibung“? Enthält die „alte“ Rechtschreibung wirklich Fehler?
– Sie sprechen sich für eine „klare Getrenntschreibung nach festen Regeln“ aus; solche festen Getrenntschreibregeln bedeuten dann ja, daß bisher vorhandene Wörter in ihre Bestandteile zerlegt werden und daß die Wörter nicht mehr verwendet werden. Sie als Lehrerin müßten dann also „nach festen Regeln“ dafür sorgen, daß Ihre Schüler die betroffenen Wörter nicht mehr benutzen (denn sonst haben die Regeln ja keine „Festigkeit“, wenn für ihre Einhaltung nicht seitens der Fachkräfte (Deutschlehrer usw.) gesorgt wird).
Für welche Wörter möchten Sie denn künftig die Nichtverwendung erreichen?
Was schlagen Sie als Strafe vor, wenn jemand die Wörter dennoch verwendet?
Hat es sowas schon mal in der Weltgeschichte gegeben, daß Sprachlehrer die Verwendung von Wörtern verbieten, oder ist das eine Welturaufführung?
Wie würden Sie antworten und vorgehen, wenn Schüler Ihnen sagen, daß Sie in keiner Weise ein Recht haben, für lebendige, der gesamten Sprachgemeinschaft gehörende Wörter die Nichtbenutzung durchzusetzen?

Für Ihre Antwort auf diese Fragen dankt im voraus

Ihr
Detlef Lindenthal
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Detlef Lindenthal

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RenateMariaMenges
25.02.2003 17.58
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Renaissance

Welch ein schöner Begriff! Die Renaissancegedanken beinhalten das bewusste Anknüpfen an ältere Bildungs- und Kunsttraditionen und an die Weiterentwicklung dieser (Brockhaus, 1996, Band 18, S. 292). Renaissance wird daher nicht nur als ein kontinuierlicher Fortgang der Tradition, sondern auch als eine neue Phase der Entwicklung aufgefasst (ebenda). Es bedeutete, dass die in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts „festzustellende Ausbildung von neuen an die Antike angelehnten Kulturinhalten“ (ebenda) erfolgte. Selbst die Gesellschaftsstruktur wurde umstrukturiert.

Überträgt man dieses Bild auf das „Haus Rechtschreiben“ kann ich die oben genannten Sätze voll unterschreiben. Es wird ein „Rechtschreibhaus“, mit an der Antike angelehnten Inhalten“ neu bearbeitet. Dieses Bild bewegt meine idealen Vorstellungen. Es entspricht meinem Traditionsbewusstsein, angelehnt an das Moderne und beinhaltet humanistisches Gedankengut.

Meine Leitprinzipien sind
- Fehlerhaftes und Unpraktisches aus der neuen und alten Rechtschreibung zu entfernen und
- eine klare Getrenntschreibung nach festen Regeln, die nicht unterbrochen werden, aufzustellen.

– geändert durch RenateMariaMenges am 27.02.2003, 13.22 –

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Christian Melsa
16.02.2003 18.35
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Re: Niveaudiskussion

In diesem Zitat scheint mir der Kern der Haltung zu liegen, aus der Frau Menges all ihre Ablehnung gegen ein konsequentes Verwerfen des mißlungenen Reformversuchs ableitet (denn daß die Reform irgendwie von ziemlichem Mist durchsetzt ist, hat sie doch schließlich erkannt):


Das Rad rückwärts zu drehen hat es in unserer Geschichte noch nicht gegeben, also müssen wir nach vorne schauen.

Mir fällt dazu nur ein, daß man es wohl als äußerst bedauerlich bezeichnen müßte, wäre uns die moderne Aufklärung entgangen, weil mit derselben Begründung die Bewegung der Renaissance für rückschrittlich gehalten worden wäre. Die Behauptung, eine konstruktive Rückbesinnung auf bessere Zustände bzw. Ideen habe es in unserer Geschichte noch nicht gegeben, dürfte also etwas vorschnell sein.

Ganz davon abgesehen, daß sich niemand progressiv schimpfen sollte, der meint, etwas, was es (vermeintlich) noch nie zuvor gegeben habe, müsse deswegen zwangsläufig ein untaugliches Mittel für die Zukunft sein. Frau Menges' Argumentation ist in sich nicht stimmig.

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J.-M. Wagner
16.02.2003 18.02
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Verblüffung und Verunsicherung

Liebe Frau Menges!

Ich bin perplex; haben Sie das wirklich geschrieben? War Ihnen eventuell nicht klar, was ich jeweils gemeint habe? Kennen Sie den Hintergrund meiner Argumentation? Ich bin mir nicht sicher, wie ich Ihre Antworten verstehen kann – stimmen Sie mir zu oder wollen Sie mir widersprechen? Teilen Sie die Kritik an der Reform oder nicht?

Ich versuche mal, unsere Positionen „unter einen Hut zu bringen“, und fange damit von hinten an:


R. Menges: Wir lernen nicht nur aus der Vergangenheit, sondern auch aus der Zukunft! Lesen und Schreiben sind keineswegs nur „instrumentelle Fertigkeiten,“ sondern beinhalten Fähigkeiten wie das Denken, Experimentieren und Konstruieren.
Ein Physiker macht ein „Gedankenexperiment“, wenn er auf diese Art und Weise etwas „aus der Zukunft“ lernen will. Ich stimme Ihnen nachdrücklich zu, daß solches Denken, Experimentieren und Konstruieren auch beim Lesen und Schreiben relevant sind – was mir erst durch Ihre klare Formulierung so richtig bewußt geworden ist, liebe Frau Menges!

Auch ich widerspreche der Auffassung, daß Lesen und Schreiben lediglich instrumentelle Fertigkeiten zur Wahrnehmung von Bildungsinhalten seien – wo bliebe da die Poesie? Aber diese Auffassung, die das Denken, Experimentieren, Konstruieren und die Poesie ignoriert, wird vom Vorsitzenden der Rechtschreibkommission, Prof. G. Augst, als Tatsache hingestellt! Er benutzt diese „Tatsache“ als Argument, um die Diskussion über die deutsche Rechtschreibung zu „versachlichen“. Ich zitiere noch einmal aus seiner Pressemitteilung vom 31. Juli 1997:

Rechtschreibreform: Kommissionsvorsitzender Augst fordert sachliche Diskussion
Der Vorsitzende der zwischenstaatlichen Kommission für die deutsche Rechtschreibung, Professor Dr. Gerhard Augst (Universität-GH Siegen), fordert ein größeres Maß an Gelassenheit und Sachlichkeit in der Diskussion über die deutsche Rechtschreibung. „Populistische Meinungsäußerungen dürfen“, so Prof. Augst, „Fakten nicht verdrängen.“ [...] Tatsachen seien vielmehr:
[...]
  • Die neuen Rechtschreibregeln bedeuten keinen Kulturbruch. Lesen und Schreiben sind instrumentelle Fertigkeiten, die benötigt werden, um Bildungsinhalte wahrnehmen zu können. Änderungen in der Rechtschreibung haben keinen Einfluss auf den Wortschatz.
[...]

Sie sehen, liebe Frau Menges, woher diese Auffassung stammt, der Sie mit Recht widersprochen haben, und zu welchem Zweck sie benutzt wird: Es soll damit die Kritik an der Reform zurückgewiesen werden! Gleichzeitig aber – und das darf man dabei nicht übersehen – sagt doch die Anwendung dieses falschen Argumentes etwas über den geistigen Horizont desjenigen aus, der es vertritt. Weil das in diesem Fall der Kommissionsvorsitzende und ehemalige „Chefreformer“, Professor (!) Augst ist, sagt dieses falsche Argument auch etwas über den intellektuellen Hintergrund der gesamten Reform aus – daß man offenbar bei der Ausarbeitung der Reform von falschen Voraussetzungen ausgegangen ist.

Liebe Frau Menges, indem Sie dieses Argument von Herrn Augst zurückweisen, weisen Sie implizit die gesamte Reform zurück!

____________



R. Menges: Das Rad rückwärts zu drehen hat es in unserer Geschichte noch nicht gegeben, also müssen wir nach vorne schauen. Daher kann es nicht eine Sachlage geben, in der wir wieder bei der Ausgangslage 1996, wie Herr Kunze und Herr Ickler meinen, anfangen.
„Nach vorne schauen“: Für meine Begriffe ist es ja genau das, was Herr Ickler macht! Die Ausgangslage für die Zukunft ist die jetzige Situation, in der wir »ein wahrhaft fehlerhaftes Unterrichtswerk« haben, bei dem man »sich auf nichts verlassen« kann. Was ist da nun zu tun?

Es kann nicht darum gehen, zu der überreglementierten Dudenorthographie zurückzukehren, sondern es kommt darauf an, einen Schritt vorwärts zu machen, der gleichzeitig zwei Probleme auf einmal löst: Es müssen die Fehler der jetzigen Regeln beseitigt werden, ohne dabei die Spitzfindigkeiten der alten Dudenregeln wiederherzustellen. Denn das eigentliche Problem mit der herkömmlichen Orthographie war ja im wesentlichen nicht die Orthographie an sich – die war sehr gut! Das eigentliche Problem waren die Regeln, in die sie gekleidet war.

____________



R. Menges: (Wagner)„Die Frage ist nur, wo vorn ist.“
Wir haben eine Rechtschreibreform, die es nicht gebraucht hätte. Ich sehe aber nur darin einen Sinn, diese Orthografie weiterzuentwickeln und nicht das Rad zurückzudrehen. Todenhöfer schreibt in seinem neuen Buch zum Beispiel die neue Rechtschreibung, aber er wendet diese mit ganz vielen Kommas an.
Was genau meinen Sie mit „weiterentwicklen“, liebe Frau Menges? Was soll(en) das/die Leitprinzip(ien) für diese Weiterentwicklung sein? Welches Leitprinzip vermuten Sie hinter Todenhöfers Entscheidung, möglichst viele Kommas zu setzen?

____________



R. Menges: (Wagner)„durch die Erfindung einer stark regelbezogenen Rechtschreibung das Schreiben erleichtern“

Hier helfe ich gerade weniger Begabten keineswegs, denn diese Schüler haben Schwierigkeiten Regeln selbstständig anzuwenden und auf Neues zu übertragen.
Gerade die Anwendung von Regeln gelingt ihnen nicht.
Ganz meine Meinung, Frau Menges! Und bitte teilen Sie diese Ihre Ansicht den Reformern bzw. der Rechtschreibkommission mit! Deren Ziel war es nämlich, die Anwendung von Regeln (die im Bereich der GZS weitestgehend auf formalen Kriterien beruhen, nicht auf inhaltlichen) zum Standard zu machen, weil das als Fortschritt angesehen wurde. Der vorreformatorische Zustand wird nämlich so beschrieben: »Außerdem ist vieles an der Rechtschreibung ungeregelt und damit extrem lernfeindlich.« (Augst: Thesen) Für die reformierten Rechtschreibung gilt dagegen:

[Es ist die] Grundintention der Neuregelung, außerhalb bestimmter Teile der Wortschreibung im engen Sinn (Laut-Buchstaben-Beziehungen; Teil A des amtlichen Regelwerks) keine Regelung über das Wörterverzeichnis vorzunehmen. Das heißt, der Schreibende sollte sich in den Bereichen B bis F des amtlichen Regelwerks darauf verlassen können, dass die Schreibung allein auf Basis des Regelteils sicher hergeleitet werden kann, also ohne Konsultation des amtlichen Wörterverzeichnisses. Dies ist umso wichtiger, als das amtliche Wörterverzeichnis nicht jede aus den Regeln ableitbare Schreibung zeigen kann; insbesondere wird die Anwendung fakultativer Regeln (etwa im Bereich der Schreibung mit Bindestrich) gewöhnlich nicht vorgeführt. Streng logisch gesehen, hat das amtliche Wörterverzeichnis in Bezug auf die Teile B bis F des Regelteils nur illustrierenden, nicht normsetzenden Charakter.
(3. Bericht der ZKfdR, Seite 64)
Es ist aber keineswegs so, daß allein eine stärkere Regelbezogenheit zu mehr Rechtschreibsicherheit führt. Im Gegenteil, im 3. Kommissionsbericht wird betont, wie wichtig der vom Sprachgefühl her gesteuerte Umgang mit der Rechtschreibung ist:

Bei der Besprechung der Änderungen stellt sich zur Verblüffung vieler Kursleiterinnen und -leiter heraus, dass die Kenntnis der alten Rechtschreibung im Großen und Ganzen nicht auf einer Kenntnis der Regeln beruht. Die allermeisten beherrschen die [alte] Rechtschreibung gut, können die einzelnen Schreibungen aber nicht begründen. Das Sprachgefühl steuert die Kommasetzung, die Getrennt- und Zusammenschreibung, die Groß- und Kleinschreibung und auch die Laut-Buchstaben-Zuordnung.
(3. Kommissionsbericht, S. 57)
Daran sehen Sie, liebe Frau Menges, daß auch Ihre zweite fundamentale Kritik an der Reform sehr berechtigt ist!

____________



R. Menges: (Wagner) „durch die Veränderung der Schulorthographie die Rechtschreibung insgesamt ändern und ihr Niveau dem der Schüler anpassen“

Dieses Thema wurde hier bereits kontrovers diskutiert:
1. Eine Rechtschreibung, die wir dem Niveau des Schülers anpassen, wird es niemals geben!
2. Eine Rechtschreibung muss für alle verbindlich sein, für den hochbegabten Wissenschaftler, den Germanisten, den Journalisten und für den Schüler.
3. Ein Herunterziehen der Regeln, Normen und Werte auf Schülerniveau wäre in jedem Fall unangebracht. Schüler benötigen Vorbilder, Ziele und Werte, an denen sie sich orientieren können.
Volle Zustimmung zu Ihrem zweiten und dritten Punkt, liebe Frau Menges! Das Problem liegt aber in dem ersten Punkt: Es war das erklärte Ziel der Reform, das Schreiben zu vereinfachen und die Fehleranzahl zu reduzieren. Dazu noch einmal der Vorsitzende der Rechtschreibkommission, Prof. Augst:

Auch nimmt die Zahl der Berufe zu, in denen geschrieben wird. Aber viele Menschen können nicht r i c h t i g schreiben. Man schätzt ihre Zahl im deutschen Sprachraum auf ca. 60 % der Bevölkerung. Sie vermeiden das Schreiben, um sich nicht zu blamieren; denn eine gute Rechtschreibung gilt vielen sogar als Ausweis von Intelligenz. Man könnte mehr üben, aber die Möglichkeiten der Schule sind ausgereizt.
(Augst: Thesen)
Wie Sie wissen, hat man nicht versucht, die angestrebte Vereinfachung dadurch zu erreichen, daß die Regeln von Ballast befreit und klarer gefaßt wurden – im Gegenteil, die amtlichen Regeln sind wesentlich schwerer zu verstehen als die bisherigen Dudenregeln. Nein, man hat es anders gemacht – und der letzte Satz dieses Zitates weist bereits den Weg: Wenn man keine Chance mehr sieht, das Bestehende besser zu vermitteln, dann muß es auf ein leichter vermittelbares Maß reduziert werden. Dabei wird übersehen, daß es auch anders gehen könnte, und das ist umso überraschender, da die andere Möglichkeit („Durchkämmen“ der Regeln) viel näher liegt und viel weniger Unheil anrichtet.

Liebe Frau Menges, genau das, was Sie ablehnen, ist bereits passiert: Das Niveau der Rechtschreibung hat erheblich gelitten, denn es ist zu dem der Schüler hin verschoben worden! Das sehen Sie an vielen Dingen:
  • Angenommen, die durchschnittliche Intelligenz der Schüler habe sich nicht geändert. Wenn trotzdem weniger Fehler gemacht würden, kann das nur bedeuten, daß die Kriterien, die festlegen, was falsch ist und was richtig, dahingehend geändert worden sind, daß bisherige Fehler nicht mehr als solche zählen. Das bedeutet aber eine Anpassung an das Niveau der Schüler! Beispiele für diese Art der „Vereinfachung“:
    • Warum darf man jetzt so viele Kommas weglassen?
    • Warum gibt es jetzt offiziell grammatische Falschschreibungen? (Deshalb.)
    • Warum soll man jetzt „ck“ falsch trennen?
  • Warum haben die Zeitungen ihre Hausorthographien? Warum ist von dpa von vornherein ein großer Teil der neuen Regeln abgelehnt worden?
  • Warum stößt die Reform auf Ablehnung bei den Schriftstellern, bei der FAZ, bei weiteren Zeitungs- und Zeitschriftenredaktionen, beim Hochschulverband, bei manchen Altphilologen etc.?
  • Durch den Wegfall von eigenständigen Wörtern (insbesondere zusammengesetzten Adjektiven) ist der Umfang des schriftsprachlichen Wortschatzes reduziert worden, und es sind damit Ausdrucksdifferenzierungsmöglichkeiten beschnitten worden. Ganz egal, wie gering der Umfang dieser Änderung sein mag – darin liegt die Tendenz, daß die Schriftsprache primitiver wird.
(Wer nennt weitere Aspekte?)

____________


Zusammenfassung der Argumente von Frau Menges:
  • Ein Herunterziehen der Regeln, Normen und Werte auf Schülerniveau wäre in jedem Fall unangebracht. Schüler benötigen Vorbilder, Ziele und Werte, an denen sie sich orientieren können.
  • Rechtschreiben sagt nichts über die Grundintelligenz des Menschen aus. Sie kann ein kleiner Teil davon sein [...]
  • [Weniger Begabte] haben Schwierigkeiten Regeln selbstständig anzuwenden und auf Neues zu übertragen. Gerade die Anwendung von Regeln gelingt ihnen nicht.
  • Wir haben eine Rechtschreibreform, die es nicht gebraucht hätte.
  • Lesen und Schreiben sind keineswegs nur „instrumentelle Fertigkeiten,“ sondern beinhalten Fähigkeiten wie das Denken, Experimentieren und Konstruieren.
Sehr gut, Frau Menges: Damit haben Sie die grundlegende Mißkonzeption der Reform erfaßt und die Probleme kurz und bündig beschrieben. Weiter so! Und: Was ist die Konsequenz?
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Jan-Martin Wagner

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