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Dominik Schumacher
14.03.2003 15.21
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Groß rauskommen

Sehr geehrter Herr Schubert,

rechtschreibreform.com und rechtschreibreform.de ist ein weltweit zugänglicher öffentlicher kostenloser Informationsdienst zum Thema Rechtschreibung und Rechtschreibreform. Hier wird viel klein geschrieben. Und da wir groß rauskommen möchten, erlaube ich mir am Wochenende an Sie eine wichtige Frage: Können Sie sich einwenig an den Unkosten beteiligen? Vielleicht mit Kleingeld?
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Dominik Schumacher

übrigens heiße ich wirklich Norbert Lindenthal

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Peter Schubert
14.03.2003 14.58
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ok

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Christian Dörner
14.03.2003 14.08
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Steigerung

In sehr leid tun oder überaus leid tun usw. bezieht sich die Steigerung auf leid und nicht auf das Verb, genauso wie in sehr recht haben, sehr gern haben usw. Allerdings muß man irgendwann zur Kenntnis nehmen, daß eine Diskussion fruchtlos ist, und deshalb werde ich mich zu diesem Thema vorerst nicht mehr äußern.
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Christian Dörner

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Peter Schubert
14.03.2003 14.01
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Die Großschreibung, das sachlich Falsche

Herr Dörner, ich habe ja auch nicht behauptet, dass in dem zitierten Satz das Wort „leid“ ein Substantiv sei, sondern gerade das Gegenteil. Aber wenn Sie konstruieren "überaus tut mir es leid“, ist damit auch noch nichts bewiesen; der gleich bedeutende Satz "überaus bedaure ich das“ enthält auch kein Substantiv; das Steigerungswort "überaus“ bezieht sich möglicherweise beidemal auf das Verb.

Herr J.-M. Wagner, danke für Ihren recht philosophischen Beitrag. Aber mit Ihrer Frage, wie ich stehe zum Prinzip der Substantivgroßschreibung, sollte dieses Forum besser nicht belastet werden. Das thema ist nicht aktuell. Wird es angestoßen, gehen sofort die emotionen hoch. Sie sehen doch, wie Ihr mitstreiter Lindenthal auf den baum geht; wenn das thema auch nur benannt wird, fallen sofort kraftausdrücke („Blödsinn ...“).

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Christian Dörner
14.03.2003 00.11
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Thut die Großschreibung wirklich not?

Herr Hermsdorf hat neben seinem Irrtum, daß man willkürlich festlegen kann, was ein Substantiv ist und was nicht, außerdem nicht bemerkt, daß auch nach der Neuregelung leid und recht klein geschrieben vorkommen, nämlich in etwas leid sein sowie in recht sein, recht tun (aber wiederum Leid tun, wehtun!) und unrecht tun (aber Unrecht haben). Keinesfalls sind diese Wörter nun „immer Substantive“. Selbst wenn man die Grammatik vorübergehend außer acht läßt, muß man sich doch fragen, welchen Sinn solche Veruneinheitlichungen mit sich bringen. Die Steigerungen sehr recht haben, überaus leid tun, wie recht du doch hast oder so leid es mir tut zeigen im übrigen, daß es sich hier in der Tat um keine Substantive handeln kann. Von Herrn Prof. Ickler ist hierzu bereits des öfteren ein Zitat von Konrad Duden eingebracht worden, das ich der Vollständigkeit halber nochmals einstellen will:

„Bei Ausdrücken wie leid tun, not tun, weh tun, schuld sein, gram sein; mir ist angst, wol, wehe, not ist von selbst klar, daß das zum einfachen Verbum hinzugetretene Element nicht als Substantivum fungiert; (man erkennt) die nicht substantivische Natur jenes Zusatzes am besten durch Hinzufügung einer nähern Bestimmung. Man sagt er (...) hat ganz recht, hat vollständig unrecht u. dgl. Die Anwendung von Adverbien, nicht von Adjektiven, zeigt, daß man einen verbalen Ausdruck, nicht ein Verb mit einem substantivischen Objekt vor sich hat.“ (Konrad Duden: Die Zukunftsorthographie (usw.). Leipzig 1876, S. 70)

Es gibt tatsächlich Grenzbereiche, wo man sich streiten kann, ob es sich um ein Hauptwort handelt oder nicht. Die genannten Fügungen gehören jedoch nicht dazu. Des weiteren werden hier noch nicht einmal die Kriterien erfüllt, die die Neuregelung an ein Substantiv stellt, aber das ist eine andere Sache.

Konrad Duden war zudem viel fortschrittlicher, als man im allgemeinen annehmen möchte. Im ersten Duden von 1880 (22 Jahre vor einer angeblichen Rechtschreibreform in den Jahren 1901/1902) findet man bis auf die vermehrte Fremdwortschreibung mit c (citieren usw., aber auch in solchen Fällen war fast durchgängig daneben auch die heutige Schreibung zulässig) schon die jetzige Orthographie. Dinge wie Theil nehmen sind 1880 bereits Vergangenheit. Der Duden kennt nur teilnehmen, und selbst Theil war als „verwerfliche Schreibung“ gekennzeichnet.
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Christian Dörner

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Henning Upmeyer
13.03.2003 23.04
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1876: Theil nehmen

Das hatten wir auch schon mal: In meinem Griechisch-deutschen Wörterbuch von 1884 steht in der Vorrrede zur dritten Auflage 1876: "... konnte schwerer Krankheit wegen nicht mehr Theil nehmen.“ Nostalgie soll man nicht übertreiben. Die Verschmelzung des Akkusativ-Objekts mit dem Verb wird „Inkorporierung“ genannt; sie ist bei häufig gebrauchten Ausdrücken sehr üblich und war bisher zugelassen. Ich denke, daß sich die deutsche Sprache wie damals die lateinische in eine offizielle und eine inoffizielle Sprache spalten wird. Damals ist die offizielle gestorben und hat die inoffizielle überlebt. Ich denke, daß es wieder so kommt.

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J.-M. Wagner
13.03.2003 22.51
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Re: Sachlich falsch

Man kann die Frage „Was legitimiert die Aufstellung sachlich falscher Regeln?“ durchaus an und für sich beantworten, wenn man dabei immer an den Vorbehalt denkt, daß diese Frage – und damit auch die Antwort – nur dann Sinn hat, wenn wirklich falsche Regeln aufgestellt wurden. Daß die Regel, Leid, Recht, Not immer groß zu schreiben, weil es immer Substantive seien, falsch ist, ist einfach dadurch klar, daß es eben keineswegs immer Substantive sind und dann auch nicht groß geschrieben werden dürfen (mehr dazu weiter unten).

Die von mir in meinem vorigen Beitrag zitierte Begründung dafür, daß es sich nicht um Substantive handelt, zeigt auf, was allgemein unter einer (sachlich) falschen Regel zu verstehen ist: Es muß geprüft werden, ob die Regel mit anderen, ebenfall anwendbaren Kriterien vereinbar ist oder zu Widersprüchen führt. Im Rahmen dieser Kriterien ist diese Regel dann falsch (oder auch nicht). Das meinte ich mit dem hinzugefügten „sachlich“, daß eben auch andere Aspekte in der jeweiligen Sache maßgeblich sind.

Hier ist das Prinzip der Substantivgroßschreibung zu berücksichtigen. Über dessen „Richtigkeit“ kann natürlich so lange keine Aussage gemacht werden, wie nicht klar ist, was der Bezugsrahmen dafür ist. Das ist aber bei der Entscheidung über die Richtigkeit der Großschreibungsverordnung von Leid, Recht, Not insofern belanglos, als daß dazu das Prinzip der Substantivgroßschreibung lediglich allgemein anerkannt zu sein braucht und es also gewissermaßen ein Axiom (im mathematischen Sinn) darstellt. In meiner Beurteilung bin ich davon ausgegangen, daß dem so ist – nicht nur, weil es vor der Reform galt und weil eine Änderung dieses Prinzips (genauer: die Einführung der gemäßigten Kleinschreibung) von den staatlichen Behörden abgelehnt wurde, sondern auch, weil ich es für sinnvoll halte. (Wie stehen Sie zum Prinzip der Substantivgroßschreibung, Herr „schubert.hermsdorf“?)

Man könnte zwar einwenden, dieses Axiom sei genauso eine Ad-hoc-Vorschrift wie die, Leid, Recht, Not immer groß zu schreiben. Aber das stimmt nicht ganz: Es gibt zwar für beides keinen absolut zu setzenden Grund, aber es handelt sich nach wie vor um Elemente innerhalb eines bestimmten Gesamtsystems – der deutschen Schriftsprache –, und also ist zumindest zu schauen, was innerhalb dieses Gesamtsystems sinnvoll ist und wie sich diese beiden „Vorschriften“ darin einordnen. Dabei fällt auf, daß die eine am sprichwörtlichen grünen Tisch als Einzelfallregelung entstanden ist, die andere dagegen sich über viele Jahrzehnte (mehrere Jahrhunderte) herausgebildet hat bzw. schrittweise zu dem gemacht wurde, was sie heute ist. Mag man von diesen „Entwicklungsschritten“ halten, was man will, letztlich hat sich dieses Prinzip als für die schriftliche Kommunikation günstig erwiesen (siehe dazu etwa die Aspekte aus der Textlinguistik, der Geschichte der GKS und [auszugsweise] die Diskussion zum Thema Orthographie und Grammatik). Insofern nimmt bei dem Widerspruch zwischen dem Substantivgroßschreibungsaxiom und der amtlich reformierten Einzelfallregelung für Leid, Recht, Not ersteres eine übergeordnete, letzteres dagegen eine untergeordnete Position ein – und zwar in einer Ordnung danach, was für das Gesamtsystem wichtiger ist. Diese Abwägung führt letztlich dazu, das Substantivgroßschreibungsaxiom als maßgeblich bzw. verbindlich anzusehen, und innerhalb des von ihm gesteckten Rahmens ist die amtlich reformierte Einzelfallregelung für Leid, Recht, Not falsch.

Also: Regeln sind (sachlich) falsch, wenn sie im Widerspruch zu allgemeinverbindlichen Rahmenbedingungen stehen.
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Jan-Martin Wagner

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Detlef Lindenthal
13.03.2003 20.54
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Dann müssen aber auch Trotz und Weh groß geschrieben werden (das tut Weh):

„Ich komme Trotz Nacht und Sturmesflug,
ich, der Edinburgher Zug.“

Sieht doch gleich viel kerniger aus. ('tschuldigung, Herr Fontane!)


Übriges, Herr/Frau/Fräulein „schubert.hermsdof“:

> „Es wird weitere Reformen geben, vielleicht in zehn, vielleicht in hundert Jahren. Meine Voraussage: Dann werden Substantive nicht mehr großgeschrieben, dann heißt es leid,
recht und not, und alle probleme von heute werden klein.“ <

Fangen Sie schon wieder mit dem Blödsinn an, mit der 7stufigen Rechtschreibreform?
Dann können Sie auch gleich alles mit Nullen und Einsen ausdrücken; ich weise Sie aber darauf hin, daß das für alle(!) schwerer zu lesen ist.


Mal eine Frage in die Runde:
Glaubt etwa irgend jemand noch, daß die Menschheit lernfähig wäre?

Gruß,
__________________
Detlef Lindenthal

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Peter Schubert
13.03.2003 20.41
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Sachlich falsch

Was legitimiert die Aufstellung sachlich falscher Regeln?
Sorry, Herr Wagner, ich habe schon wieder Gegenfragen: Wann sind Regeln falsch? Wann sind sie „sachlich falsch“?

Anmerkung zu "(r)" und „Herr/Frau“: Ich bin ein männliches Wesen, aber ich glaube, es tut hier nichts zur Sache.

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Theo Grunden
13.03.2003 20.36
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Re: Sachlich Falsches

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von schubert.hermsdorf
Auch ich finde die Schreibweisen:
Es tut mir Leid, Er gibt ihm Recht, Es tut Not
bescheuert; ich erkenne da kein Substantiv. Wenn es aber jemand gibt, der zu Regelaufstellungen befugt ist, dann kann er festlegen: 1. Alle Substantive werden großgeschrieben. 2. Die Wörter Leid, Recht und Not sind immer Substantive. Dann sind diese Schreibweisen eben nicht falsch.


Nun ist doch beispielsweise „Teil“ unbestritten immer ein Substantiv. Demnach müßte ja auch jetzt schon „Ich nehme an dem Ausflug Teil“ nicht falsch sein. Oder habe ich da was übersehen oder falsch verstanden?

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J.-M. Wagner
13.03.2003 20.28
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Ja, eben!

Liebe(r) „schubert.hermsdorf“, Sie haben mit Ihren konkreten Beispielen den Punkt doch schon fast voll erfaßt:

»Um es an Beispielen auszudrücken: Auch ich finde die Schreibweisen:
Es tut mir Leid, Er gibt ihm Recht, Es tut Not
bescheuert; ich erkenne da kein Substantiv.«
Und das völlig zu Recht, denn es handelt sich nicht um Substantive. (Die Begründung dazu habe ich kürzlich bereits zitiert; ich will aber noch nicht sagen, von wem dieses Zitat stammt, damit man unbefangen prüfen kann, was von dem Argument zu halten ist.) Daß die reformierten Regeln hier Großschreibung verlangen, obwohl es sich nicht um Substantive handelt, das ist das sachlich Falsche, um das es mir geht. Es geht um die Fehler, die beim Aufstellen der Regeln gemacht worden sind!

Ich deute mal ein paar drastische Schlußfolgerungen aus diesen konkreten Beispielen an: Wenn sich irgend jemand hinstellt und behauptet, es seien doch Substantive, weil sie es immer seien – was sagt das über dessen Denkvermögen aus? Was sagt das über die Glaubwürdigkeit derer aus, die das Regelwerk aufgestellt haben? Was sagt das darüber aus, wie sinnvoll es ist, sich an die Regeln zu halten?

Meine Frage ist also u. a. folgendermaßen zu verstehen: Was legitimiert die Aufstellung sachlich falscher Regeln?
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Jan-Martin Wagner

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Theo Grunden
13.03.2003 20.27
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Vorsicht (II)

Frau Dr. Menges, bevor Sie auf die Fragen von Herrn Wagner antworten: Lassen Sie sich nicht von Herrn/Frau schubert.hermsdorf provozieren. Wenn er/sie in seiner/ihrer Warnung „vorweg genommen“ schreibt, dann hat er/sie nicht etwa eine weitere Reform vorweggenommen (Sie schrieben ja vorausblickend: „Und in dieser Zukunft wird es die Rechtschreibung geben, die wir heute haben und eine Reform darüber.“), sondern nur dem Wort „vorweggenommen“ den ersten Teil vorn weggenommen.

Was meinen Sie übrigens mit „eine Reform darüber“? Eine Reform über die Reform? Oder einfach weiterhin Reformen über Reformen?

Und noch eine Bemerkung zu Ihrem „Da schlechteste Möglichkeit wäre das Zurück zur alten Rechtschreibung, weil die Zeit vorangeschritten ist.“ Bedenken Sie doch mal, was mit diesem trivialen Nebensatz nicht schon alles begründet wurde!

Mit (trotz dieser nicht geringen Enttäuschung)
freundlichen Grüßen
Th. Grunden

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Sigmar Salzburg
13.03.2003 20.12
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Von den Reizen ...

Bayrischer Rundfunk alpha-Forum

Sendetag: 19.02.1999, 20.15 Uhr

Herbert Rosendorfer
Schriftsteller und Richter

im Gespräch mit Dr. Dieter Lehner

Sendetag: 19.02.1999, 20.15 Uhr

Herr Lehner: Verehrte Zuschauerinnen und Zuschauer, willkommen bei Alpha-Forum. Zu Gast ist heute Herbert Rosendorfer, Dichter und inzwischen pensionierter Richter. Er ist darüber hinaus auch Professor für bayerische Literaturgeschichte an der Universität München. Grüß Gott, Herr Rosendorfer.
[ ... ]

Herr Lehner: Sie schreiben es immer wieder, es klingt in verschiedenen Epochen Ihrer Schriften immer wieder an, daß Sie sich nördlich des Alpenhauptkammes, also in erster Linie in München, hauptsächlich aus klimatischen Gründen nie so ganz wohl gefühlt haben. Sie schreiben von den „Tundren“, Sie schreiben von der „kalten Erde“: Man hat so das Gefühl, als würde man sich hier am Polarkreis und nicht in München bewegen. War das wirklich so schlimm für Sie?

Prof. Rosendorfer: Jein. Ich muß sagen, ganz heimisch gefühlt habe ich mich in den fast 50 Jahren in München nicht. Obwohl das undankbar ist, denn München hat mich nie schlecht behandelt, und ich könnte mich mit gutem Gewissen auch einigermaßen als einen Münchner bezeichnen. Ich spreche Münchnerisch und habe auch Stücke in bayerischem Dialekt geschrieben. Die Dialoge meiner „Tatorte“ waren ebenfalls in bayerisch gehalten usw. Aber ganz heimisch geworden bin ich in München nicht. Das ist vielleicht auch auf meine Mutter zurückzuführen, die hier nie im mindesten heimisch geworden ist. Für sie war Südtirol ihre Heimat, und sie ist von dort nur ganz ungern weggegangen. Sie hat sich wirklich danach zurückgesehnt. Ihr Schwur, den sie leider nicht erfüllen konnte, war: Wenn sie nach Hause zurück darf, dann geht sie zu Fuß von München nach Bozen. Das hätte sie auch gemacht. So ist das vielleicht auch eine gewisse ererbte Mentalität. Aber ich bin oft gefragt worden, was ich denn nun sei: „Sie sind in Bozen geboren und leben in München, was sind Sie also?“ Darauf habe ich immer geantwortet: „Ich weiß es nicht.“ Ich habe mich eigentlich nie als etwas gefühlt. Ich bin deutscher Staatsbürger, ich war deutscher Richter, ich schreibe deutsch und Deutsch ist meine Muttersprache. Obwohl ich nun nach der Rechtschreibreform überlege, ob ich nicht doch anfangen sollte, italienisch zu schreiben, um dieser entsetzlichen Rechtschreibung zu entkommen. [ ... ]

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Sigmar Salzburg

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Peter Schubert
13.03.2003 19.47
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Sachlich Falsches

Lieber Herr Wagner, zu Ihrer Frage „Was legitimiert sachlich Falsches“ habe ich eine Gegenfrage: Was ist „falsch“? Mein eigener Versuch einer Antwort: Falsch ist, was gegen die Regeln verstößt. Daraus ergibt sich die nächste Frage: Was sind die Regeln? Antwortversuch: Das, was der Regelaufsteller festgesetzt hat. Nächste Frage: Wer ist der Regelaufsteller?

Regelaufsteller ist nicht der Duden; seine Autorität ist aufgehoben worden. Ist es die Kultusministerkonferenz? Sie stellt keine Rechtschreibregeln auf. Die Zwischenstaatliche Kommission? Auch nicht. Die Bundesregierung? Sie hat keine Zuständigkeit für verbindliche Rechtschreibregeln. Ickler? Auch nicht. Die Sprachgemeinschaft? Dazu gehören auch Reformschreiber und Regelverstoßer.

Es ist also gar nicht so einfach, festzustellen, was falsch und was richtig ist. Um es an Beispielen auszudrücken: Auch ich finde die Schreibweisen:
Es tut mir Leid, Er gibt ihm Recht, Es tut Not
bescheuert; ich erkenne da kein Substantiv. Wenn es aber jemand gibt, der zu Regelaufstellungen befugt ist, dann kann er festlegen: 1. Alle Substantive werden großgeschrieben. 2. Die Wörter Leid, Recht und Not sind immer Substantive. Dann sind diese Schreibweisen eben nicht falsch.

Die Reform von 1996 war ja nicht das Ende der deutschen Sprache. Es wird weitere Reformen geben, vielleicht in zehn, vielleicht in hundert Jahren. Meine Voraussage: Dann werden Substantive nicht mehr großgeschrieben, dann heißt es leid, recht und not, und alle probleme von heute werden klein.

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J.-M. Wagner
13.03.2003 19.11
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Schnellschuß?

Liebe(r) „schubert.hermsdorf“, Sie sind recht schnell mit einem gut gemeinten Rat bei der Hand. Aber woher wollen Sie wissen, ob sich Frau Dr. Menges durch meine Fragen provoziert fühlt bzw. sich schon einmal provoziert gefühlt hat? Außerdem ist meine Frage keineswegs falsch gestellt, denn daß die reformierten Rechtschreibregeln von Fehlern durchzogen sind, ist ja hinreichend erwiesen. Frau Menges kam zu dem Fazit, daß das reformierte Regelwerk »ein wahrhaft fehlerhaftes« ist, bei dem man »sich auf nichts verlassen [kann]«.

Selbst den Mitgliedern der Rechtschreibkommission ist das nicht verborgen geblieben, wie man ihren Berichten an die KMK entnehmen kann: »... machen nach Ansicht der Kommission die Notwendigkeit eines Eingriffs in den Regeltext dieser beiden Paragraphen unumgänglich.« (Entwurfsfassung des 1. Kommissionberichtes) Prof. Eisenberg und Prof. Munske sind u. a. wegen der Untersagung dieser Änderungen von ihren Kommissionsaufgaben zurückgetreten, und letzterer hat das Fazit gezogen:

»Da die Hauptmängel der neuen Rechtschreibung unverändert erhalten blieben, bietet der neue Duden keinen Ausweg. Immerhin kann man ihn jetzt, dank der Wiederaufnahme der bisherigen Schreibung, auch gegen den Strich benutzen. Nach dem Motto: alles Rotgedruckte ist falsch! Man vermeide die roten Giftpilze im Duden!«
Ansonsten hat Prof. Ickler in seinem „Kritischen Kommentar“ (sehr zu empfehlen) ausführlich dargelegt, wo die reformierten Regeln Schwachstellen besitzen bzw. wissenschaftlich durchfallen; ein Auszug findet sich hier.

Daher geht die Frage auch an Sie: Was legitimiert sachlich Falsches – sowohl prinzipiell, als auch speziell auf die „Rechtschreibreform“ bezogen?
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Jan-Martin Wagner

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