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RenateMariaMenges
18.05.2003 18.39
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fehlende Argumente

Lieber Herr Schäbler,

heute ist es Sonntag – da gibt es auch bei uns in Bayern keine Schule. Da können Sie erfahren, dass solche Themen auch außerhalb der Arbeit Spaß machen können! Von Spaßschule kann da keine Rede sein.

Die Bibel scheint Sie doch ein wenig umgeworfen zu haben in Ihrer Argumentation!

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RenateMariaMenges

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Norbert Schäbler
18.05.2003 18.28
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Spaßschule

Zitat Dr. Menges: „Es freut mich schon, wenn Sie sich überhaupt auf solch eine trockene Materie einlassen.“

Welch ein Armutszeugnis. Das ist doch Spaßschule pur!
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nos

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RenateMariaMenges
18.05.2003 18.15
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Bibel

„Die Schrift ist nicht zum Schreiben da“!

Ein gutes Beispiel ist die Bibel. Diese Schrift ist nicht zum Schreiben da! Richtig!
Aber die Evangelisten haben diese Schriften aufgeschrieben. Vorher wurde geschrieben und bis heute wird gelesen. Die Bibel wurde und wird vielfach übersetzt, die jeweilige Rechtschreibung ist nicht das Wichtigste dabei, sondern die Übersetzungen für möglichst viele Leser.

Die These stimmt:
Die Schrift hat ihre Wurzeln im Schreiben.
Das gedankliche Konstrukt muss stehen, dann erst kommt die Schrift und zum Schluss die Lesenden.
So ist es gerechtfertigt diese Gesetzmäßigkeit durchzudenken.

Was kommt beim Kinde zuerst? Lesen oder Schreiben? Ich kenne 3-jährige, die bereits Ortsschilder buchstabieren, also Lesen. Ich kenne 5-jährige, die Buchstaben schreiben und dadurch auch das Lesen lernen. In der 1. Grundschulklasse beginnt der Lehrer die Schüler im Schreiben und Lesen zu unterrichten, wobei das Lesen das Schreiben und umgekehrt unterstützt. Diese Lehre gelingt sowohl bei Hochbegabten als auch bei Entwicklungsverzögerten.

Heute habe ich mit Jungerwachsenen unterhalten über ss-ß-s. Sie schauen mich immer etwas versonnen an, wenn ich mit so einem Thema komme, aber sie sind durchaus daran interessiert. Selbst diese Jugendlichen finden doch „Grüse“ etwas sonderbar und erfreuen sich am ß. Allerdings sind alle, die ich befrage, für die neue Rechtschreibung. Sie sei etwas leichter: Besorgnis erregend sei für ihren Geschmack einfacher. Es freut mich schon, wenn Sie sich überhaupt auf solch eine trockene Materie einlassen.

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RenateMariaMenges

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J.-M. Wagner
18.05.2003 14.02
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Re: Zwei Thesen

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
1. Die These: „Die Schrift ist zum Lesen da“, stimmt nur teilweise.
2. Es muss ebenfalls genannt werden, dass „Rechtschreiben eine Sache des
Schreibens“ ist.
Zur ersten These hat Herr Schäbler angemerkt, daß sie hier falsch zitiert sei. Daran bin ich schuld, denn ich hatte in meinem Beitrag die Frage aufgeworfen, wozu die Schrift da sei und dabei auf das Lesen hingewiesen. – Kommen wir aber sofort zur inhaltlichen Kernfrage:

R. Menges:
Die Wurzel der Schrift liegt im Schreiben.
Hm, und worin liegt die Wurzel des Schreibens? Darum soll es hier noch einmal gehen.
R. Menges:
Würde niemand schreiben könnte die These Nr. 1 nicht durchgeführt werden.
Zuerst wird geschrieben, damit hernach gelesen werden kann ( vgl. Höhlenschriften).
Schreibt niemand, kann es niemand lesen.

Darum wundert mich die These 1. Es muss jemanden geben, der diese Schrift erzeugt,
seine Gedanken also in abstrakte Formen einer Buchstabenabfolge bringt. Es muss jedenfalls
jemanden geben, der dieses abstrakte Gebilde lesen kann.
Das läßt sich m. E. so zusammenfassen: Es muß geschrieben werden, damit gelesen werden kann. Was an dieser Aussage gibt die technische Voraussetzung, was den inhaltlichen Zweck an? Hier wird bereits deutlich, daß das Eigentliche das Lesen ist – denn wozu sollte ich etwas aufschreiben, wenn ich schon weiß, daß es keiner lesen wird, nicht einmal ich selber?

R. Menges:
Also ist die Rechtschreibung zum Schreiben und zum Lesen da.
Welche Bedeutungen kann „zu etwas da sein“ alles haben? Stimmen in Ihrem Satz, liebe Frau Menges, auf das Schreiben und das Lesen bezogen, die jeweiligen Bedeutungen überein? Nein, sage ich: Das eine „zu etwas da sein“ betrifft den praktischen Anwendungszweck der Rechtschreibung: Beim Scheiben hat man eine Anleitung, wie man richtig schreibt. Das andere „zu etwas da sein“ ist der tiefere Sinn des Verwendens dieser Anleitung, die Begründung dafür, warum das als richtig gilt, was in der Anleitung steht: Ich mache es so, weil ich möchte, daß das, was ich mitteilen oder ausdrücken will, von möglichst vielen Menschen möglichst genau so verstanden wird, wie ich es meine.

R. Menges:
Der Schreiber benutzt ein System, welches sich Menschen ausgedacht haben, Kinder und Erwachsene lernen und umsetzen, Schriftsteller und Schriftsetzer für viele zugänglich machen, also Lesestoff erzeugen.
Was genau bedeutet hier »ein System, welches sich Menschen ausgedacht haben«? Natürlich ist die Rechtschreibung nicht einfach so vom Himmel gefallen, sondern sie ist von Menschenhand geschaffen worden – aber wie? Ist für die Entstehungsgeschichte der Rechtschreibung die Beschreibung „von Menschen ausgedacht“ wirklich passend und treffend? Ich bezweifle es, denn letztlich ist es völlig unspezifisch – es läßt sich von allem sagen, was die Menschheit im Laufe ihrer Existenz an Werken, Verfahren, Konzepten, Ideen, Theorien etc. hervorgebracht hat.

R. Menges:
Es ist sicher, dass man heute nicht mehr so wie die Großmutter schreiben möchte, denn Sprache ist lebendig und damit hat sich sowohl Inhaltliches als auch Systematisches geändert. Eine Änderung sollte durch ein natürliches Verhältnis zur Schrift verändert werden oder durch Probeläufe evaluiert, wie es hier wiederholt geschrieben wurde.

Warum es bei uns so weit gekommen ist, dass man die Evaluierung einfach in den Wind schlug, weiß ich schon, richtig war es allenfalls nicht. Tatsache ist aber, dass wir heute diese derzeit gültige Schrift umsetzen.
Wer ist „wir“? Warum bringen Sie in dieser Diskussion zum x-zigsten Male diese Behauptung an? Worum geht es in dieser Diskussion eigentlich?

R. Menges:
Früher oder später frägt keiner mehr nach der nachfolgenden Diskussion zur Rechtschreibumsetzung, es wird vielmehr eine weitere Lockerung der Schriftsprache geben. Trotzdem werden wir uns weiterhin um eine Analyse der „ss, s, ß" bemühen, Herr Wagner.
Das letztere freut mich mehr als des erstere!
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Jan-Martin Wagner

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margel
18.05.2003 10.00
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Aur den ersten Blick

Liebe Frau Dr. Menges,
ich war erst verblüfft ob der Logik Ihres Arguments:
Schreibt niemand, so hat auch niemand was zu lesen.
Das stimmt.
In der Diskussion geht es aber zuallererst ums
Schreibenlernen. Das Kind lernt erst lesen und dann schreiben – oder haben Sie da andere Erfahrungen ?
Und wenn man schreibt, kontrolliert man lesend das Geschriebene. Umgekehrt ist es ab er nicht so.
Es bleibt dabei: Schrift und damit Rechtschreibung ist Mittel zum Zweck, Werkzeug – von Kalligraphie einmal abgesehen.
Hätte man unmittelbaren Zugang zu den Gedanken, Absichten usw. des (abwesenden) Mitmenschen, so brauchte man keine schriflichen Mitteilungen. Es gibt natürlich auch die nonverbale
Kommunikation, das ist ein anderes Feld.

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Henning Upmeyer
18.05.2003 09.56
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Schreiben nur für sich selbst oder für andere Leser?

Man muß genauer zwei ganz verschiedene Arten von Schreibern unterscheiden: Die einen schreiben nur für sich selbst und das so einfach wie möglich, weil andere es nicht lesen können brauchen. Das sind z.B. die Stenographen und Schnell-Stenographen. Das Rotwelsch von Gaunern für Gauner gehörte auch dazu, heute auch das Computerfachchinesisch nur für Eingeweihte.
Die anderen schreiben, weil sie anderen etwas mitteilen wollen, das diese leicht, schnell und eindeutig verstehen können sollen.
Es ist hier schon früher einmal ausgeführt worden (ich weiß nicht mehr von wem), daß in der Schule eben nicht für außenstehende Dritte geschrieben wird, sondern für den Lehrer. (Das gilt ganz allgemein und durchgehend von der Grundschule bis zum Uni-Abschluß.) Der Lehrer oder Professor benotet nicht, ob Außenstehende den Text verstehen können. Folglich kann eine schulinterne Spezialschreibweise verabredet werden. Das haben die Reformer gemacht.
Ganz anders, wenn jemand einen Artikel oder ein Buch veröffentlichen möchte, das auch von Außenstehenden verstanden werden soll. Dann muß er die Schreibweise verwenden, die die Leser kennen und problemlos leicht und gerne lesen. Die Schreibweise ist neben dem Ausdrucksstil die beste Werbung für ein Buch. Wenn sich der Leser über merkwürdige Rechtschreibung ärgert, die ihm aufgezwungen werden soll, wird er Bücher in diesem Stil nicht wieder kaufen. Das haben die Reformer ignoriert. Sie glaubten, über die Verlage den Buchhandel manipulieren zu können, der in Wirklichkeit ein Käufermarkt der Leser ist. Daher wird gute Literatur für außerhalb der Schule weiter in guter Rechtschreibung gedruckt, wenn sie sich gut verkaufen soll. Das gilt ebenso für Werbung und Produktbeschreibungen und Bedienungsanleitungen, wo die Produkthersteller mehr und mehr unterscheiden lernen, ob Schüler oder Erwachsene ihr Käuferpublikum sind.
Das ist wirklich nichts Neues, aber anscheinend manchen Lehrern unbekannt, für die es außerhalb der Schule nichts gibt. Die Schulrechtschreibung läßt sich nur mit einer von George Orwell in „1984“ beschriebenen Regierung für das ganze Volk durchsetzen. Es ist jetzt ein Test, was geht.

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meckes
18.05.2003 09.46
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Warum befürworten Lehrer die Reform?

Ich fühle mich an eine alte Vermutung erinnert, wonach viele Lehrer (und möglicherweise so manche Deutsch-Lehrer) die Reform begrüßt haben, weil sie hofften, dadurch ihre eigenen Rechtschreibleistungen nicht mehr der berechtigten Kritik ausgesetzt sehen zu müssen.

Marc Eckes

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Norbert Schäbler
18.05.2003 09.39
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Fehlerhaft zitierte These

Frau Menges hat die These fehlerhaft zitiert. Sie heißt im Wortlaut: „Die Schrift ist nicht zum Schreiben da“!

Die genaue Formulierung ist sehr wichtig, denn nur dann macht die folgende Begründung und Schlußfolgerung Sinn:
Die Erfindung beliebiger Schriftzeichen setzte voraus, daß ein beliebiger Leser, dieses Zeichen auch definieren und im Gedächtnis speichern konnte.

Mit anderen Worten: Schrift ist kein Selbstzweck.
Wohl aber ist die Erfindung unserer heutigen Buchstabenschrift eine Kultur- und Gemeinschaftsleistung allererster Güte.

Nachsatz: Wenn man die Erfindung der Schrift als Wechselwirkungsprozeß versteht, drängt sich unwillkürlich die Frage der Akzeptanz auf!

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nos

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RenateMariaMenges
18.05.2003 08.34
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Zwei Thesen

1. Die These: „Die Schrift ist zum Lesen da“, stimmt nur teilweise.
2. Es muss ebenfalls genannt werden, dass „Rechtschreiben eine Sache des
Schreibens“ ist.


Würde niemand schreiben könnte die These Nr. 1 nicht durchgeführt werden.
Zuerst wird geschrieben, damit hernach gelesen werden kann ( vgl. Höhlenschriften).
Schreibt niemand, kann es niemand lesen.

Darum wundert mich die These 1. Es muss jemanden geben, der diese Schrift erzeugt,
seine Gedanken also in abstrakte Formen einer Buchstabenabfolge bringt. Es muss jedenfalls
jemanden geben, der dieses abstrakte Gebilde lesen kann.

Also ist die Rechtschreibung zum Schreiben und zum Lesen da.
Der Schreiber benutzt ein System, welches sich Menschen ausgedacht haben, Kinder und Erwachsene lernen und umsetzen, Schriftsteller und Schriftsetzer für viele zugänglich machen, also Lesestoff erzeugen.

Die Wurzel der Schrift liegt im Schreiben.

Es ist sicher, dass man heute nicht mehr so wie die Großmutter schreiben möchte, denn Sprache ist lebendig und damit hat sich sowohl Inhaltliches als auch Systematisches geändert. Eine Änderung sollte durch ein natürliches Verhältnis zur Schrift verändert werden oder durch Probeläufe evaluiert, wie es hier wiederholt geschrieben wurde.

Warum es bei uns so weit gekommen ist, dass man die Evaluierung einfach in den Wind schlug, weiß ich schon, richtig war es allenfalls nicht. Tatsache ist aber, dass wir heute diese derzeit gültige Schrift umsetzen. Früher oder später frägt keiner mehr nach der nachfolgenden Diskussion zur Rechtschreibumsetzung, es wird vielmehr eine weitere Lockerung der Schriftsprache geben. Trotzdem werden wir uns weiterhin um eine Analyse der „ss, s, ß" bemühen, Herr Wagner.
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RenateMariaMenges

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J.-M. Wagner
16.05.2003 10.36
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Die ss-ß-Klärung

Im Anschluß an die Beispiele von Herrn Grunden möchte ich auf folgende unbeantwortete Fragen zurückkommen, deren Beantwortung auch sofort zu unserem aktuellen Thema (Regelverständnis) paßt. Also nochmal:

R. Menges:
Zu Herrn Wagner und seinen Erfahrungen:
Es stimmt schon, am dass–daß kann man die ss-ß Klärung vollziehen. Es ist hier eindeutig eine Frage des Schreibens und nicht des Lesens. Das Schöne bei „dass und daß" zu suchen finde ich weit über die Sache hinausgelehnt. „Dass“ schreibt sich leichter und ist verständlich in der Anwendung.
Ist nicht die Schrift dazu da, gelesen zu werden, und muß nicht also die Rechtschreibung sich in erster Linie (aber nicht ausschließlich) daran orientieren, was dem Leser dient? Warum also soll hierbei der Aspekt des Schreibens und nicht der des Lesens entscheidend sein, und warum ist das „eindeutig“ so? Diese Eindeutigkeit sehe ich nicht.

Und überhaupt, wollen wir nicht zuerst einmal alle Kriterien zulassen, die bei dem Vergleich „(da)ss vs. (da)ß“ relevant sein können, und dann die jeweils gewonnenen Erkenntnisse (in den von Ihnen benannten Kategorien Regelkonzeption, -verständnis und -anwendung [im Rechtschreiblehrgang und im Leseverständnis] – wobei der Lesevorgang ja ohne die Schreibregel auskommt und daher in meiner Einteilung eine eigene Kategorie bildet!) gegeneinander abwägen?

Sie beziehen sich in Ihrem Beitrag augenscheinlich auf das Schreiben (und also müssen wir uns noch über das Lesen unterhalten, Frau Menges! Akademische Präzision!), und Sie bringen folgende Argumente: 1.) „Dass“ schreibt sich leichter; 2.) „Dass“ ist verständlich in der Anwendung. Habe ich Sie darin richtig verstanden?

Meine Fragen dazu: 1.) Was genau meinen Sie mit „schreibt sich leichter“ – leichter als was? Und dies speziell handschriftlich oder allgemein? Ich frage hier deshalb so kleinteilig nach, weil ich nachvollziehen möchte, wie Sie zu Ihrem Urteil kommen. Ich bezweifle zwar nicht, daß sich dass leicht schreiben ließe – aber darum geht es doch nicht! Es geht doch vielmehr um die nähere Begründung, und ohne eine solche kann ich nichts sagen, was für unsere Diskussion „(da)ss vs. (da)ß“ fruchtbar ist.
(Falls Sie meinen, ich hätte Ihnen nun zugestimmt und nichts gegen das dass einzuwenden, dann haben Sie mich falsch verstanden! Ich sage das lieber vorher, damit ich nicht hinterher ewig mit dem Ausräumen von Mißverständnissen beschäftigt bin.)

Zu 2.) „Verständlich in der Anwendung“ haben Sie ja bereits erläutert, worauf Sie damit hinauswollen. Ja, auch hier bestreite ich nicht, daß zwar grundsätzlich (und das meine ich hier einschränkend, d. h. es soll einen Vorbehalt andeuten) die Anwendung von dass als Konjunktion verständlich ist, daß das aber nicht der einzige für die Anwendung relevante Aspekt ist. Die Frage ist nämlich, wie sicher die Anwendung in der Praxis gelingt, auch wenn man verstanden hat, wie die Regel gemeint ist. Sie haben ja selber zwei verschiedene Kategorien vorgeschlagen: Regelverständnis und Regelanwendung, und also kann es dazwischen Differenzen geben! – Ich bleibe außerdem bei meiner Frage, ob man denn nicht auch die Schreibung daß leicht verstehen und anwenden kann?

Letztlich kommt es doch darauf an, bevor man etwas schreibt, jeweils zu erkennen, ob der Laut /daß/ für die Konjunktion steht oder für ein Relativpronomen bzw. einen Artikel. Kurz gesagt, es kommt auf die vorausgehende gedankliche Unterscheidung zu „das“ an, und das darf nicht davon beeinträchtigt werden, wie man die Konjunktion schreibt. (Letzteres dürfte für die Diskussion relevant werden, deshalb erwähne ich es bereits.)
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Jan-Martin Wagner

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Theo Grunden
16.05.2003 08.16
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Re-Mission

Liebe Renate Menges,

für so manche wichtige Sache im Leben muß man „früh aufstehen“. Habe das heute mal gemacht, um Ihnen zu antworten. Zunächst zu Ihrem Satz „Kollegen missionieren sollten Sie dagegen tunlichst unterlassen, denn das bekommt Ihnen schlecht, denn wer mag schon Missionare?“ Ich bin mir nicht sicher, ob Sie diesen Rat präventiv gemeint haben oder ihn auf einen konkreten zurückliegenden Fall beziehen.

Der Begriff „missionieren“ mag für viele negativ besetzt sein (etwa wie der Begriff „pädagogisieren“), weil es leider immer wieder „Missionare“ („Pädagogen“) gab und gibt, die ihre Tätigkeit – jetzt versuche ich es mal ganz vorsichtig auszudrücken – doch nicht so ganz zum Wohle ihrer Mitmenschen auszuüben willens bzw. imstande waren/sind. Für mich ist er zunächst einmal wertfrei. In dem Sinne, daß ich Kollegen (sowohl im engeren Sinne als auch im weiteren) eine bestimmte Meinung, Lebens- oder Verhaltensweise aufdrücken wollte, habe ich jedenfalls nie „missioniert“, und ich habe dies auch überhaupt nicht vor. Ist stelle jedoch gerne Fragen und weise gerne auf Widersprüche hin. Ersteres mag eine Spätfolge meiner Kindheits- und Jugendbegegnungen mit guten Pädagogen sein („Wenn ihr was nicht verstanden habt, dann fragt ruhig!“), letzteres eine Folge meines mathematisch-logischen („Von zwei sich widersprechenden Aussagen kann höchstens eine richtig sein.“) als auch politischen, ja sogar sprachlichen Interesses. Und ich ermuntere ausdrücklich alle, mit denen ich zu tun habe (insbesondere Kollegen, und selbstverständlich auch Sie, Frau Menges), dasselbe mit mir zu tun. Schließlich will ich mich mit ihnen und Ihnen auseinandersetzen und nicht auseinander setzen. Und wie sollte man Argumentationserfahrung sammeln, wenn man nie auf Gegenreden stoßen würde? (Aber wem sage ich das?)

Zur Relativierung meines „Mutes“: Ich bin, wie ich hier schon einmal schrieb, Lehrer an einer Musikschule. Dort kann man man (noch) frei wählen, in welcher Schreibweise man sich ausdrücken möchte. Und man muß die Klass(en)tür nur dann schließen, wenn die momentanen Tonarten in den Nebenklassen sich nicht mit der eigenen vertragen. Das ist allerdings fast immer der Fall. Musikschulen sind übrigens auch allgemein bildende Schulen, wenngleich nicht allgemeinbildende.

Eine interessante Beobachtung in diesem Zusammenhang: Bei der Kontrolle eines bestimmten Lückentextes (___-takt und ___-takt, einzutragen war „Auf“ und „Schluss“ bzw. „Schluß“) habe ich es nun schon in kurzer Zeit fünfmal gesehen, daß Schüler „Schluß“ eingetragen hatten. Alle fünf sind so jung, daß sie in der „richtigen“ Schule diese „falsche“ Schreibweise eigentlich noch nie gesehen haben dürften, zumindest nicht geschrieben. Aber alle gaben an, in ihrer Freizeit viel zu lesen. Es gibt halt noch immer (und hoffentlich noch lange) öffentliche Büchereien und auch private Haushalte, die nicht, um der KuMi-Obrigkeit zu gefallen, oder um angeblich Rechtschreibunsicherheiten vorzubeugen, gleich ihre in bewährter Rechtschreibung verfaßten Kinder- und Jugendbücher „verb(r)annt“ haben. Als „pisapanische“ Folge jagt derzeit eine Leseinitiative die andere; ist ja auch gut so, aber sollte man den Kindern nun mit der Bibelweisheit kommen: „Aus allen Büchern dürft (und sollt) ihr lesen, nur aus denen nicht, die ... !“? Und diesen Kindern soll man ab 2005 Fehler dafür ankreiden, daß sie viel und gerne aus denselben Büchern gelesen haben wie ihre älteren Geschwister, Eltern, Großeltern?

Stellen Sie sich mal vor, liebe Frau Menges, man hätte unter allen Lehrern und Beamten (um die geht es ja angeblich) vor vielen Jahren eine Umfrage gemacht, welche Reformen oder Verbesserungen sie für notwendig und vordringlich hielten, und dazu die ungefähren Kosten dafür genannt. Glauben Sie wirklich, die Umstellung der Rechtschreibung wäre dabei auch nur annähernd unter die „Top Ten“ gekommen? Mich würde mal interessieren, warum sie nach Ihrer Meinung als Thema trotzdem „ganz oben“ gelandet ist. Und warum nach ihrer Durchsetzung dann dem Spruch „es gibt Wichtigeres“ plötzlich wieder Bedeutung geschenkt werden durfte.

Ich stelle mir manchmal vor, man hätte die neuen Regeln einer ein- bis zweijährigen Testphase unterzogen (beispielsweise von 1996 bis 1998, dem Jahr der eigentlichen Einführung). Als Tester hätten alle Lehrer und Beamten (meinetwegen auch noch der Bundeselternrat!) sie in ihren dienstlichen Zusammmenhängen anwenden, sie danach bewerten, und sich schließlich einer Regelverständniskontrolle stellen müssen. Ich glaube, damit wäre das Thema schnell erledigt gewesen. Lesen Sie mal, was ich in den letzten paar Tagen lesen durfte (alles aus Schreiben von Lehrern allgemeinbildender Schulen):

die sich regelmässig trifft
ausserhalb des Internets
ich weiss nur nix davon
viel Spass beim Musizieren !
Wie heisst Du?
Schliesslich sind die großen Komponisten desshalb so berühmt
Den Musik präsentiert sich immer nach aussen
Wenn die Aufführungen nicht nur „nett“, sondern mitreissend sind
Nun bin ich im Internet auf das Buch ... gestossen.
was mir aber sehr viel Spass gemacht hat
Herzliche Grüsse
Gruss

Und dabei ist doch – wer sagte es doch noch gleich ? – die Neuregelung bezüglich der ss/ß-Schreibung erstens die bekannteste und zweitens die, welche die klarste und größte Schreibvereinfachung darstellt. Eigentlich seltsam, warum man dann davon nicht mehr Gebrauch macht! Nebenbei bemerkt scheint es so, daß man Diphthongen und Vokallängen (auch in manchen Lehrerkreisen) keine besondere Bedeutung zumißt. Da läge z.B. mal ein Ansatzpunkt für eine Reform des Deutschunterrichts.

Und was den Musikunterricht betrifft, da wird wahrscheinlich auch noch einer Kommission, die sich berufen fühlt (sich berufen läßt oder sich notfalls selbst beruft), bald ein Notationssystem einfallen, das den Schülern endlich mal das Notenlesen und -schreiben erleichtern wird. Auf diese Reform dürfte die ganze Welt gespannt sein, da hätte dann die Zwischenstaatlichkeit ihren Namen aber verdient! Übrigens hat Frau Christa Ludwig zu dem Thema Erstaunliches geschrieben.

Noch Fragen? Ich beantworte sie nach wie vor gerne! So gerne wie ich Antworten von Ihnen bekomme. Und garantiert ohne „Missionierungshintergedanken“.

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende!
(... und selbstverständlich mit den Herren Vorrednern zusammen, daß Sie mal in den Himmel kommen. Am besten mit uns allen zusammen, da hätten wir dann genügend Zeit, um uns den unbeantworteten Fragen zu widmen. Falls es dann noch welche gäbe. Und jeglichem Missionierungsvorhaben wäre die Grundlage entzogen.)

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Walter Lachenmann
15.05.2003 20.26
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Re: Die Himmelsleiter der Orthographie

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Es kann natürlich auch sein, dass ich mich irre und die Himmelsleiter ganz anders aussieht ...


Sie weiß genau, wie die Himmelsleiter aussieht, nämlich so:


Auch wenn unsere liebe RenateMariaMenges noch einen weiten Weg vor sich hat – der Himmel der Orthographie ist ihr bei einem so graziösen und energischen Angang sicher. Sie hat sich über die Postkarte, eine Zeichnung von Olaf Gulbransson, von Herzen gefreut und wieder einmal bewiesen, daß sie einen putzgesunden Humor und ein großes Herz hat. Also in den Himmel kommt sie bestimmt.
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Walter Lachenmann

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margel
15.05.2003 20.26
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Bravo !

Liebe Frau Dr. Menges,

so klar, eindeutig und souverän haben Sie sich bisher ja selten
zu Wort gemeldet. Ich habe Sie unterschätzt und leiste Abbitte.
Sie sagen genau das, was auch ich empfohlen habe: Nichts an die große Glocke hängen, das Schlimmste verhüten, Feiräume – seien sie nun offiziell gewährt oder nicht – bis zur äußersten
Grenze nutzen. Auch dazu gehört übrigens Mut. Die „Schere im
Kopf“, der innere Zensor ist oft sehr mächtig.
Ich könnte noch einmal H.E.Troje zitieren, der vom an Möglichkeiten so reichen, im Gebrauch derselben aber so
beschränkten Menschen spricht – allerdings in einem ganz anderen, delikateren Zusammenhang.
Ich habe hier ja nur von der offenen Rebellion abgeraten. Motto: Lieber ein lebendiger Hund als ein toter Löwe.(Sprüche Salomonis).

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RenateMariaMenges
15.05.2003 18.27
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Geschichte

Lieber Theo Grunden,

Ihnen bin ich auch eine Geschichte schuldig geblieben. Es ist die Geschichte vom „Herrn des Klassenzimmers“. Sie haben gefragt, wo die Schule ist in der man zuverlässig die neue und alte Rechtschreibung nebeneinander stellen kann. Das kann jeder Klasslehrer. Nachdem die Türe des Klassenzimmers zu ist, können Sie, und das wissen Sie als alter Hase, Ihren Stoff vermitteln: Überall, in jeder Schule, es gibt keine Ausnahme. Auch Fachlehrer sind Herren Ihres Zimmers. Von dieser Seite gibt es „fast“ keinen Beruf, der schöner ist. Natürlich erlebt man Lehrer, die das Zumachen der Klassenzimmer nicht so sehr lieben, denn dann entdecken Sie lauter kleine und große Löwen. Aber zu dieser Sorte gehören Sie ja bekanntlich nicht, sonst würden Sie hier nicht schreiben. Also, es ist Ihnen überlassen, wie Sie Ihren Stoff aufarbeiten. Sie haben dazu noch die Eltern, vielleicht ein Team (eher selten) und Schüler. Kollegen missionieren sollten Sie dagegen tunlichst unterlassen, denn das bekommt Ihnen schlecht, denn wer mag schon Missionare?


(Wagner)Mich interessiert dabei noch, worauf Sie mit dem Punkt „Regelverständnis“ hinauswollen. Das ist etwas, das ich in meinem Schema nicht berücksichtigt hatte, mir aber recht sinnvoll erscheint.

Die Konzeption einer Regel ist also klar, während das Regelverständnis noch der Klärung bedarf?
Es ist ganz einfach: Kann man diese Regel verstehen, ist sie umsetzbar, lehrbar, verständlich? An diesen beiden Punkten kann man die ganze Reform aufhängen.

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RenateMariaMenges

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Theo Grunden
15.05.2003 07.39
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Leitereigenschaften

Liebe Frau Menges,

Miro mirabilis oder miserabilis, das sei dahingestellt, zumal es ja auch nur als eine kunstvolle Überleit(er)ung gedacht war. Mögen Miros Leitern in den Himmel ragen, aber sie sollten uns keinen Anlaß geben zu der falschen Vorstellung, Leitern seien nur dazu da, um beim Aufsteigen in höhere „Dimensionen“ behilflich zu sein. Nein, man kann sie oft ebensogut benutzen, um von etwas herunterzusteigen. Zum Beispiel von brennenden Etagen. Oder von hohen Rössern.

Leitern sollten aber auf jeden Fall belastbar und zuverlässig sein. Die neue Rechtschreibung gleicht einer Leiter, deren Sprossen teilweise angesägt sind und außerdem noch ungleichmäßige Abstände aufweisen (die zwischenzeitlich sogar manchmal wieder verändert werden). Man muß immer wieder nachschauen, wenn man sie betritt – und rutscht trotzdem aus.

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