Parole "Angst"
Liebe Frau Menges!
Gar garstig sind die Mißverständnisse.
Ich hatte doch nichts schlechtgeredet und auch nicht schlecht geredet, sondern lediglich auf Gefahren hingewiesen, die durch die urplötzliche Innovationssucht der Kultusbehörde herannahen könnten.
Sie wissen doch selbst, daß das Engagement für die Kinder – in Ihrem Falle ist es die liebevolle Zuwendung zu behinderten Kindern – sämtliche physische, psychische und auch die ideellen Energien eines Pädagogen aufsaugt, daß da absolut kein Platz mehr ist für Nebenschauplätze.
(Daß sich bei pädagogischen Erfolgen das Energiepotential sofort wieder auffüllt, ist ohnehin paradox. Hier verwirklicht sich das Sprichwort: „Geben ist seliger denn nehmen“. Aber das steht auf einem anderen Blatt).
Gleichwohl wundert mich, daß der Staat neuerdings zusätzliche Potentiale abruft, und ich frage mich, wie potent die Lehrerschaft tatsächlich ist; konnte sie sich doch nicht einmal der Beschädigung ihres Handwerkszeuges der Sprache – erwehren.
Was gegenwärtig gefordert wird, ist ein wenig artfremd, hat mit still wirkender Pädagogik herzlich wenig zu tun, sondern artet aus in Profilierungssucht und letztlich in eine Profilneurose.
Ich meine: Wer sein Profil aufpolieren muß, der hat momentan keines – zumindest kein ansehnliches. Der will vielleicht sogar etwas vertuschen, verbergen und retouchieren.
Der will sich möglicherweise aufgrund seines Image-, Prestige- und Profilgewinns in der Öffentlichkeit Sympathien erschleichen.
Darum geht es aber doch gar nicht.
Im Lernprozeß ist es
doch einzig wichtig,
die Sympathie des Zöglings zu gewinnen!
Gut, gut! Die Eltern haben Macht. Sie können den Segen verweigern, den jeweiligen Lehrer schlechtmachen. Sie können jeden menschlichen Fehler der Lehrkraft protokollieren, können juristisch gegen die Schule vorgehen, selbst dann, wenn sie ihre Kinder mit den größten Erziehungsdefiziten in die Aufbewahrungsanstalt Schule entsandt haben.
Parole Angst geht um im Schulwesen!
Ich behaupte, daß jenes Profil, das der Staat seinen Lehrern zudenkt, ein Fehlprofil, eine „pädagogische Fratze“ ist.
Darüber ein anderes Mal.
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