Nette Menschen sind vielleicht nur deshalb nett, weil sie etwas von einem
wollen. Diese netten Menschen haben die einfachen und kurzen Regeln des Duden
einfach verkompliziert, so daß das Reformregelwerk nach Meinung vieler
Reformgegner weder lern- noch lehrbar ist. Dafür haben sie allgemein bekannte,
kindgerechte und leicht zu lernende Regeln wie ''Trenne nie st, denn es tut
ihm weh!'' abgeschafft. Hilfe bei ihren Deutschhausaufgaben können sich die
heutigen Schüler von ihren Eltern also kaum mehr erwarten. Allerdings müssen
die Eltern heute immer wieder neue Wörterbücher anschaffen, damit ihre Kinder
bei der immerwährenden Reform auf dem laufenden bleiben. Will nicht wissen,
wie hoch der Anteil der Reformer am Gewinn ist. Aus der Sicht der Reformer
ist ihr Handeln natürlich gut. Welchen Irrtum sollte man da einsehen und
bereinigen wollen?
Auch für das auf der menschlichen Ebene angesidelte Böse ist das gut,
was für das auf der menschlichen Ebene angesidelte Gute böse ist!
Wie können Sie beurteilen, Herr Wrase, was ''so gut wie immer'' auszuschließen
ist? Schon die nächste Reform der italienischen Post könnte statt Postleitzahlen
Kennbuchstaben bringen, die mit dem Bindestrich von der Ortsbezeichnung
ferngehalten werden.
Das ist ja gerade das Tolle an der bisherigen Rechtschreibung, daß man sich
mit diesem Regelwerk sehr eindeutig ausdrücken kann, daß diese Eindeutigkeit
in den Regeln begründet liegt und daß damit vermieden wird, daß man den
Kontext zur Herausfindung der Bedeutung bemühen muß, denn dieser ist einem
Leser nicht unbedingt bekannt.
Natürlich beeinflussen Regeln, wie Menschen schreiben werden, wollen oder
ganz einfach schreiben. Vor der Reform war das sogar allgemein anerkannt.
Nur den Reformern hat das nicht geschmeckt. Und da es den Deutschen im Blut
zu liegen scheint, sich an von der Obrigkeit vorgegebene Regeln zu halten,
mußte man die Regeln so reformieren, daß die Befolgung der neuen Regeln eine
Deregulierung der Schreibung zur Folge hat. Wirklich genial!
Es gibt bei diesem Beispiel auch keine ''Verdunkelung des Abkürzungscharakters''
jedes Kind weiß heutzutage, wofür ROM steht. Das gehört zur technischen
Allgemeinbildung. Ob die meisten Kinder heutzutage noch wissen, daß Rom eine
Stadt in Italien ist, wage ich allerdings zu bezweifeln. Sie tun ja so, als ob
die Einführung der CDROM bereits Jahrhunderte zurückliegen würde.
Aber gerade wegen der Aussprache mit kurzem o im Gegensatz zum langen o der
Stadt Rom ...
In meinem Eintrag vom 03.11.2003, 17.16 habe ich klar gesagt, daß ROM anders
ausgesprochen wird als Rom!
Ich habe auch die Disziplin als eine wünschenswerte Eigenschaft aufgezeigt und
ihre Vorteile ...
Nein, eben nicht automatisch! Es gibt die Reform. Egal, ob sie das vorschreibt
oder nicht, es wird etwas anders in der klassischen Rechtschreibung geschrieben
und damit wird es als neu und richtig anerkannt.
Sie wenn jemand einen Fehler macht, und andere das nachäffen, ist das dann
nicht trotzdem falsch?
Wenn Diebstahl ein Fehler ist und andere auch stehlen, ist das dann nicht
trotzdem falsch? -- Nun ja, wir sind ja in einer Demokratie. Wenn eine
Mehrheit entscheidet, daß Diebstahl fortan richtig ist, nicht mehr unter
Strafe gestellt ist, dann ist er eben richtig. Dann wird niemand mehr bezahlen,
sondern sich seinen Lebensunterhalt nur noch zusammenstehlen. Dann haben wir
die Gesellschaft verändert! -- Ob sie dann auch besser ist?
Es gibt Dinge, die selbst in einer funktionierenden Demokratie nicht der
demokratischen Willensbildung unterworfen sein dürfen; sind sie es, wird es
zur Katastrophe kommen! Deutschland ist keine funktionierende Demokratie!
Die Rechtschreibung gehört zu diesen Dingen. Leider erkennen das selbst viele
Reformgegner nicht!
Werden Texte in Zeitungen heute nicht mehr korrigiert? Offenbar hat man das
Lektorat heute weitgehend eingespart. Da die Zeitungsredakteure das wissen,
möchten sie gerne auch mal die Schreibung von Wörtern mitbestimmen wollen und
überschütten uns mit diversen Variantenschreibungen. Vielleicht wird ja eine
davon (von den Reformern) durchgesetzt!
Ich sprach nicht von künftigen Veränderungen des Sprach- und Schreibgebrauchs,
ich sprach von der Verschwendung von Wortressourcen!
Wer behauptet denn, daß Rechtschreibung eine ''festgestellte Norm'' sei?
Dies ist der Wunschtraum derer, die nicht begreifen, was eine Norm ist und
wozu genormt wird.
Die klassische Rechtschreibung mag vielleicht die festgestellte Norm von
vor 100 Jahren sein, aber wenn Sie demokratisch sein wollen, dann müßten
Sie jeder ''Epoche'', jeder Generation die Chance geben, ihre Vorstellungen
von Rechtschreibung feststellen und normen zu lassen. Dann haben wir die
immerwährende Reform! Ganz abgesehen davon, daß man sich so nie auf eine
einheitliche Norm wird einigen können!
Was ist eine tatsächliche Norm?
Um Mißverständnisse von vorneherein auszuschlißen: Ich verstehe das Hinzufügen
neuer oder das ''Verschwinden'' alter Wörter nicht als eine ''Veränderung des
Sprach- und Schreibgebrauchs''. Noch nicht mal als eine Veränderung der Sprache,
solange sich diese Prozesse nur am Rande der Sprache abspielen und nicht in den
Kernbereich vordringen. Solche Prozesse sind natürlich und gehören zur Sprache.
Wenn Sie in einer Programmiersprache eine neue Prozedur oder Funktion
definieren, dann haben Sie damit diese Sprache nicht verändert, sondern Sie
haben einfach einen gegebenen Mechanismus der Sprache benutzt.
Natürlich kann man das auch im weitesten Sinne als eine Veränderung ansehen,
aber das ist der Sache nicht dienlich, da man dann jeden Versuch der Normierung
unter dem Hinweis der steten Veränderung als vergeblich oder unsinnig ablehnen
müßte.
So unrealistisch ist meine Vorstellung gar nicht, siehe das Englische:
Die heutige englische Orthographie entspricht im wesentlichen der vor
500 Jahren. (Hab ich mal in einem Lexikon gelesen.)
Würde man diese Orthographie heute reformieren, so hätte es seine Rolle als
Weltsprache höchstwahrscheinlich ausgespielt. Das Deutsche hat demgegenüber
den Vorteil, daß es -- der klassischen Rechtschreibung wegen -- einen größeren
Vorrat an Ausdrucksmitteln enthält: Die Umlaute, das scharfe ß, die Getrennt-
und Zusammenschreibung, die Groß- und Kleinschreibung, ein geniales System an
Kommaregeln, usw. Dies liegt vielleicht daran, daß die klassische deutsche
Rechtschreibung mehr Zeit zur Entwicklung hatte, eventuell könnte
Herr Ickler da mal etwas dazu sagen.
Man kann dieses System erweitern -- das ist eine bestimmte Klasse von
Veränderung --, aber wenn Sie nur Veränderung sagen, dann umschließt das
auch ein Abschaffen, und das ist nicht möglich. Im Gegenteil, es ist
immer möglich, daß ältere Wörter oder Ausdrucksweisen wieder aktuell werden,
z.B. durch Filme, die ein historisches Thema aufgreifen. Will man dann der
Zeit gerecht werden, wird man auch zumindest einige sprachliche Eigenheiten
wiedergeben müssen, die dann wieder in aller Munde sind.
Das ''gegenwärtig Übliche'' ist die Reformschreibe, wenn Sie sich darauf
stützen wollen ...
Wie wollen Sie dieses ''gegenwärtig Übliche'' denn feststellen? Wenn Sie
da nicht sehr gut aufpassen, werden die Reformer leichtes Spiel haben!
Es kann natürlich auch in der Sache Unzureichendes auf diesen Seiten
hinreichend dargelegt worden sein.
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