Notice: Undefined variable: goto in /home/www/rechtschreibung.com/html/Forum/showthread.php on line 3 Notice: Undefined variable: goto in /home/www/rechtschreibung.com/html/Forum/showthread.php on line 3 Forum - Strategie
Willkommen Die 20 neuesten Beiträge im Forum
Fadensuche     Suche
Kennkarte ändern     Häufig gestellte Fragen   zu anderen Nutzern  kostenlose Anmeldung   Anfang  verabschieden
Jemandem diese Seite senden! Druckvoransicht zeigen
Forum > Rechtschreibforum
Strategie
< voriges Leitthema     nächstes Leitthema >
Verfasser
Leitthema    Dieser Faden ist 30 Seiten lang:    1  2  3 · 10 · 20  21  22  23  24   25  26  27  28  29  30  Post New Thread     Post A Reply
Elke Philburn
24.02.2004 13.50
Diesen Beitrag ansteuern

Zitat:
Alle Diktatoren wollen das Beste für ihre Untertanen.

Angeblich – diesen Zusatz vermisse ich hier ein wenig. Dann wird auch die Sache mit den 'edlen Motiven' klarer.
__________________
http://www.vrs-ev.de/

Mit Klick die Kennkarte von Elke Philburn ansehen    An Elke Philburn schreiben   Visit Elke Philburn's homepage!   Suche weitere Einträge von Elke Philburn        Edit/Delete Message    Reply w/Quote    IP: Notiz
margel
24.02.2004 13.31
Diesen Beitrag ansteuern
Die Tyrannei der Wohlmeinenden

Darum habe ich ja auch mit Bedacht „aus der Sicht der Urheber“ hinzugefügt, verehrte Frau Philburn. Alle Diktatoren wollen das Beste für ihre Untertanen. Der Haken dabei ist, daß letztere nie gefragt werden. Die Reformer haben es allerdings verstanden, ihre Motive zu verschleiern, wie sie seither immer mit Lügen und Schönfärberei gearbeitet haben. Ganz besonders wichtig war auf allen Seiten eine Vorgehensweise, die H. Kuhlmann meiner Ansicht nach treffend als „Entpolitisierung“ bezeichnet.

Mit Klick die Kennkarte von margel ansehen    Suche weitere Einträge von margel        Edit/Delete Message    Reply w/Quote    IP: Notiz
Elke Philburn
24.02.2004 13.21
Diesen Beitrag ansteuern

An diese vermeintlich 'edlen' Grundgedanken mag ich nicht so recht glauben. Die Reformbewegung der frühen Siebziger, die Heide Kuhlmann im betreffenden Kapitel beschreibt, war doch hochideologisiert. Da ging's wohl mehr um Einflußnahme als um das Wohl der breiten Masse.
__________________
http://www.vrs-ev.de/

Mit Klick die Kennkarte von Elke Philburn ansehen    An Elke Philburn schreiben   Visit Elke Philburn's homepage!   Suche weitere Einträge von Elke Philburn        Edit/Delete Message    Reply w/Quote    IP: Notiz
margel
24.02.2004 10.57
Diesen Beitrag ansteuern
Gute Absichten - üble Folgen

Es ist alles viel schlimmer: Hinter der Reform stecken keine Bösewichte, keine finsteren Mächte, keine Verschwörung, auch nicht pure Dummheit. Dies alles und noch mehr läßt sich allenfalls erst im Vollzug der Rechtschreibreform dingfest machen. Am Anfang stehen lauter edle Motive – jedenfalls aus der Sicht der Urheber. „Schlimmer“ ist das deswegen, weil die Beseitigung dieser Ruine dadurch so unendlich schwer wird. Abfall entsorgt man bedenkenloser als „Wertstoffe“ (die immer noch Abfall sind). – Über die guten Absichten am Ursprung der Reform informiere man sich in den einschlägigen Schriften von Prof. Ickler und ganz besonders auch H. Kuhlmann (hier in den Kapiteln: „Reform als Selbstzweck“ und „Die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Politik“)

Mit Klick die Kennkarte von margel ansehen    Suche weitere Einträge von margel        Edit/Delete Message    Reply w/Quote    IP: Notiz
Walter Lachenmann
24.02.2004 09.38
Diesen Beitrag ansteuern

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Elke Philburn
Zitat:
Ich frage mich immer wieder, ob dahinter nun tatsächlich eine dämonisch-böse, demokratiefeindliche Staatsmacht steckt, die sich mit Möchtegerngeldverdienern verbündet hat, oder ob wir es hier nicht mit einem Exempel schierer allumfassender Spießerdummheit zu tun haben.

Das ist m. E. keine reine Dummheit. Wir haben es doch bei Politikern nicht mit Leuten zu tun, denen man aufgrund mangelnder schulischer Voraussetzungen die Befassung mit einem Thema wie der Rechtschreibreform nicht zumuten könnte.


„Ein Ministerpräsident, den ich nach seiner Meinung über die Rechtschreibreform fragte, sagte mit sympathischer Offenheit: 'Herr Kunze, ich habe keine Ahnung, worum es da geht!'[...]
Wenige Tage später ließ unser Gesprächspartner vor den Mikrophonen der Ministerpräsidentenkonferenz keinen Zweifel daran, daß die von den Kultusministern beschlossene Rechtschreibreform allen Einwänden standhalte.
Wer vom Staat getragen wird, der trägt den Staat.“

(Reiner Kunze in: Deutsch. Eine Sprache wird beschädigt. S. 17/18)


__________________
Walter Lachenmann

Mit Klick die Kennkarte von Walter Lachenmann ansehen    An Walter Lachenmann schreiben   Visit Walter Lachenmann's homepage!   Suche weitere Einträge von Walter Lachenmann        Edit/Delete Message    Reply w/Quote    IP: Notiz
Elke Philburn
24.02.2004 04.10
Diesen Beitrag ansteuern

Zitat:
Ich frage mich immer wieder, ob dahinter nun tatsächlich eine dämonisch-böse, demokratiefeindliche Staatsmacht steckt, die sich mit Möchtegerngeldverdienern verbündet hat, oder ob wir es hier nicht mit einem Exempel schierer allumfassender Spießerdummheit zu tun haben.

Das ist m. E. keine reine Dummheit. Wir haben es doch bei Politikern nicht mit Leuten zu tun, denen man aufgrund mangelnder schulischer Voraussetzungen die Befassung mit einem Thema wie der Rechtschreibreform nicht zumuten könnte. Wenn es also schon nicht für nötig gehalten wird, sich in so trivialen Dingen wie einer Rechtschreibreform Gewißheit zu verschaffen, bevor man eine Mehrheitsentscheidung in die Tonne stampft, wie will man dann von solchen Leuten erwarten, daß sie sich in anderen Angelegenheiten hinter die Interessen derer stellen, von denen sie gewählt wurden? Die Bereitschaft, sich aus Überzeugung hinter eine Sache zu stellen und für sie einzutreten, ohne ihren Wahrheitsgehalt auch nur im Ansatz überprüft zu haben, halte ich sogar für ausgesprochen gefährlich.

Zumindest kann ich die Empörung Herrn Drägers absolut verstehen, auch wenn die Sache schon ein Weilchen zurückliegt.
__________________
http://www.vrs-ev.de/

Mit Klick die Kennkarte von Elke Philburn ansehen    An Elke Philburn schreiben   Visit Elke Philburn's homepage!   Suche weitere Einträge von Elke Philburn        Edit/Delete Message    Reply w/Quote    IP: Notiz
Wolfgang Wrase
24.02.2004 03.13
Diesen Beitrag ansteuern
ss-Schergen und der "Untergang des Abendlandes"

Wenn man ss-Knechte statt SS-Knechte schreibt, ist das schon mal deutlich entschärft und eine witzige Lösung. Aber selbst dann muß man aufpassen. Das Nazi-Thema ist dermaßen vergiftet und vergiftend, daß auch eine feine Anspielung (bei maximaler gleichzeitiger Abgrenzung beziehungsweise trotz an sich klarer Ironie) zu der stereotypen Reaktion führen kann: „Diese Durchgedrehten vergleichen doch tatsächlich die Rechtschreibreform mit dem Nazi-Terror.“ Wenn man dieses Totschlagargument vermeiden will, dann muß man wohl weitestgehend auf derartige Anspielungen verzichten (konkret: auch mit ss statt SS). Obwohl sie von der Sache her durchaus angebracht sind, so wie ich das im letzten Beitrag als „ein Körnchen Wahrheit“ bezeichnet habe; denn eine wehrhafte Demokratie mit funktionierender Machtkontrolle würde einerseits ein Terrorregime im Vorfeld abblocken können, andererseits auch ein schwachsinniges, ideologisch motiviertes, autoritär durchgeboxtes Projekt wie die Rechtschreibreform.

Dasselbe Problem gibt es auch mit dem bei ideologisch motivierten Reformfreunden beliebten Totschlagargument: „Die Gegner der Reform beschwören immer den Untergang des Abendlandes.“ Damit sollen wir lächerlich gemacht werden. Zum einen muß man darauf antworten, daß wohl kein Gegner der Rechtschreibreform tatsächlich den Untergang des Abendlandes beschwört. Es handelt sich so gesehen einfach um eine dumme, unfaire Polemik. Etwas anderes ist es, wenn damit eigentlich nur gesagt werden soll, daß das Engagement der Reformgegner als völlig übertrieben wahrgenommen wird, weil der Betreffende die Reform entweder gut oder belanglos findet, und das kommt ja häufig vor.

Auf dieser Ebene müßte man meiner Meinung nach folgendes antworten: Hier wird in der Argumentation ein Symptom mit der Ursache verwechselt. Wir behaupten nicht, daß die Rechtschreibreform als Ursache zum Untergang der europäischen oder der deutschen Kultur führt. Aber wir stellen die Frage: Wenn nicht einmal ein so vollkommen unsinniges Projekt wie die Rechtschreibreform verhindert werden kann, wenn sich alle möglichen Instanzen der Gesellschaft (Politiker, Verfassungsgericht, Medien, alle möglichen Verbände, die Wirtschaft) gegen jede Vernunft und eine überwältigende Mehrheit a) der Bevölkerung, b) der Schriftsteller, c) der Wissenschaftler stellen – wie will Deutschland, wie will Europa dann seine noch viel größeren Zukunftsprobleme lösen?! Der organisierte Unsinn der Rechtschreibreform kann also sehr wohl zu der bangen Frage führen, ob die abendländischen Errungenschaften, unter anderem eine vernunftbestimmte Politik, noch eine Zukunft haben. So wie es auch viele andere Symptome eines bedrohlichen Werte- und Strukturverfalls gibt, von denen auch ständig die Rede ist.

Als eines von vielen Symptomen, als deutliches Warnzeichen – so verstanden ist es durchaus berechtigt, einen Zusammenhang mit dem „Untergang des Abendlandes“ herzustellen. Aber weil es sich hier ebenfalls um ein Totschlagargument handelt, ist es vielleicht angebracht, mit einem schlichten Dementi zu antworten, das der einfachen Struktur des Vorwurfs besser entspricht.

Mit Klick die Kennkarte von Wolfgang Wrase ansehen    An Wolfgang Wrase schreiben   Suche weitere Einträge von Wolfgang Wrase        Edit/Delete Message    Reply w/Quote    IP: Notiz
Rainer Gerlach
23.02.2004 19.14
Diesen Beitrag ansteuern
Re: Dimensionen und Proportionen nicht aus den Augen verlieren!

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Walter Lachenmann
Lieber Herr Dräger,

Auch die Polemik gegen harmlose „dass“-Schreiber ist ungerecht und albern.


Nun muß ich noch einmal den Strang verschandeln,
der für Strategien reserviert ist, wurden mir doch hier
Absichten unterstellt, die mir nicht am Herzen lagen.

Vor allem habe ich nun gelernt, ss-Büttel oder
-Schergen klein zu schreiben, damit die Assoziation mit dem
Dritten Reich dem Leser überlassen bleibt.

Harmlose ss-Schreiber sind für mich Opfer der
Desinformation, keine Mörder. In meiner Familie
gibt es auch mindestens ein Beispiel dafür.

Die Umbenennung von Saßnitz war schon nicht mehr
ganz so harmlos, hat aber auch keinen Menschen das
Leben, sondern nur eine Menge Geld gekostet.
Gleiches gilt für die Vernichtung alter Buchbestände.


Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Walter Lachenmann
Man soll nachhelfen, dann geht’s schneller, und das Zuschauen beim Zusammenkrachen der Fehlkonstruktion macht diebischen Spaß. Für Schweißperlen des Zornes auf der Stirn oder Schaum vor dem Mund gibt es keinen Grund mehr.


Hier gebe ich Ihnen völlig recht und nehme in der
ersten Reihe Platz.

[stark gekürzt]
– geändert durch Rainer Gerlach am 25.02.2004, 08.48 –

Mit Klick die Kennkarte von Rainer Gerlach ansehen    Suche weitere Einträge von Rainer Gerlach        Edit/Delete Message    Reply w/Quote    IP: Notiz
Walter Lachenmann
23.02.2004 13.17
Diesen Beitrag ansteuern
Dimensionen und Proportionen nicht aus den Augen verlieren!

Lieber Herr Dräger,

Ihr Zorn ist berechtigt und verständlich. Die gesamten Begleiterscheinungen der Durchsetzung der Rechtschreibreform waren skandalös und müssen, insbesondere für diejenigen, die sich für ihre Verhinderung seinerzeit so leidenschaftlich eingesetzt haben wie Sie und Ihre Mitstreiter, deprimierend und empörend gewesen sein. Nicht weniger ärgerlich ist die Art und Weise, wie heute immer noch an dem objektiv mißlungenen Projekt festgehalten wird und jegliche Kritik, und sei so kompetent und hochrangig wie die der deutschen Akademien oder der Rechtsprofessoren, unter den Teppich gekehrt werden soll.

Ich frage mich immer wieder, ob dahinter nun tatsächlich eine dämonisch-böse, demokratiefeindliche Staatsmacht steckt, die sich mit Möchtegerngeldverdienern verbündet hat, oder ob wir es hier nicht mit einem Exempel schierer allumfassender Spießerdummheit zu tun haben. Der nackte Kaiser, der sich vom Volk für seine schönen Gewänder bejubeln ließ, muß kein Bösewicht gewesen sein; es soll ja auch gutmütige Monarchen gegeben haben, denen das Wohl ihrer Untertanen ein Herzensanliegen war. Daß dies in der Regel die dümmeren waren, paßt durchaus ins Bild.

So könnte ich mir denken, daß der Boykott Ihrer Bemühungen damals von Ihren widerspenstigen Gesprächspartnern durchaus im guten – bzw. schlechten – Glauben stattgefunden hat, die Rechtschreibreform sei eben doch eine gute Sache, der man zum Erfolg verhelfen müsse, und bei deren Gegnern handle es sich um ein paar irrationale Eiferer, die sich dem Fortschritt entgegenstellen wollten. Leider war und ist die Artikulation mancher Reformgegner eben auch immer wieder der Art, daß man sich über eine solche Beurteilung durch weniger involvierte Beobachter nicht wundern muß.

Natürlich hätten die Verantwortlichen sich über die Berechtigung des Protests sehr schnell Klarheit verschaffen können, wenn sie sich mit dem Inhalt der Reform so befaßt hätten, wie es ihrer Verantwortung entsprochen hätte. Aber so läuft nun einmal der Amtsschimmel. Ist die Parole ausgegeben, „die Reform muß durch“ – und hierin waren sich die Parteien eben leider einig – dann bemüht sich jeder Beamte oder Parteifunktionär, diese Zielsetzung zu unterstützen. Wer schon einmal Mitglied einer demokratischen Partei war, kann von höchst wundersamen Damaskus-Ereignissen berichten, wie profunde Überzeugungen auf neu ausgegebene Marschrichtungen hin in ihr Gegenteil verkehrt werden können. Umso leichter im Fall der Rechtschreibreform, wo von einer Überzeugung mangels Kenntnis der Sache bei den politisch Handelnden gar keine Rede sein konnte.

Worauf ich hinaus will: Empörung und Zorn sind, wie Angst, schlechte Ratgeber. Ein empörter Mensch wirkt überzeugend bestenfalls auf seinesgleichen. Polemiken, in denen Parallelen zur Nazi-Vergangenheit herangezogen werden, wirken nicht nur völlig überzogen und geschmacklos, sondern sind es auch, und müssen auf besonnene Beobachter abstoßend wirken. Auch die Polemik gegen harmlose „dass“-Schreiber ist ungerecht und albern. Die Sachargumente gegen die Reform hingegen sind so stark, daß wir uns in aller Ruhe auf diese konzentrieren können. Die Reaktionen auf die jüngsten Ereignisse in der Presse bis hin zu den Leserbriefen zeigen, daß die Reform, an ihrer Zielsetzung gemessen, bereits gescheitert ist. Niemand hält sie mehr für einen Erfolg. Die Frage ist nur noch, was man mit der Bauruine anfangen soll. Ob man noch ein bißchen dran herumkleistern soll, ob sie von alleine einstürzt oder ob man dabei nachhelfen sollte.

Man soll nachhelfen, dann geht’s schneller, und das Zuschauen beim Zusammenkrachen der Fehlkonstruktion macht diebischen Spaß. Für Schweißperlen des Zornes auf der Stirn oder Schaum vor dem Mund gibt es keinen Grund mehr.

Ich wünsche Ihnen eine entspannte Faschingszeit und einen glücklichen Griff nach der Flasche mit dem richtigen Zielwasser.

Helau!

__________________
Walter Lachenmann

Mit Klick die Kennkarte von Walter Lachenmann ansehen    An Walter Lachenmann schreiben   Visit Walter Lachenmann's homepage!   Suche weitere Einträge von Walter Lachenmann        Edit/Delete Message    Reply w/Quote    IP: Notiz
margel
23.02.2004 12.42
Diesen Beitrag ansteuern
Schädliche Anspielungen

Dringend warnen möchte ich davor, die Reformer und ihre politischen Handlanger in die Nähe der Mörderbanden des 3. Reichs zu rücken. Erstens ist das trotz der undemokratischen Art und Weise der Durchsetzung der Reform doch völlig unangemessen. Und zweitens ist der Vergleich auch im Hinblick auf die Opfer des Naziregimes leichtfertig. Im Dienste der Glaubwürdigkeit und Seriosität der Refomgegner sollte jede übertriebene Polemik unterbleiben. Sonst gerät man am Ende noch zu Recht in den Geruch der Hysterie und des Fanatismus. Dem Dogmatismus und der Scharlatanerie der Reformer muß mit ruhiger Überlegenheit entgegengetreten werden. Das schließt nicht aus, daß man auch die Lächerlichkeit des ganzen Unternehmens samt seiner Urheber immer wieder ins rechte Licht rückt.

Mit Klick die Kennkarte von margel ansehen    Suche weitere Einträge von margel        Edit/Delete Message    Reply w/Quote    IP: Notiz
Matthias Dräger
23.02.2004 11.09
Diesen Beitrag ansteuern

Lieber Herr Wrase, Ihrer Meinung möchte ich mich anschließen. Nicht jeder durfte, wie eine handvoll Aktiver, aus nächster Nähe erleben – mit allen Menschlichkeiten, Lügen, Propagandamärchen, Dummheiten, Kommerzinteressen, usw. – von welchen Trotteln wir in uns in diesem Land herumschubsen lassen müssen. Wer das nicht erlebt hat, nicht den blanken Hohn bei den Verantwortlichen* gesehen hat, wenn man sich für die berechtigten Belange vieler einsetzt, der bekommt die Anspielung auf die SS sicher in den falschen Hals.


------------------------------

* Nur ein Beispiel dazu: Nachdem die Volksinitiative am 14. Dezember 1996 mit der Sammlung von Unterschriften für den Zulassungsantrag des Volksbegehrens begonnen hatte und innerhalb von 3 (!) Tagen die erforderlichen 20.000 Unterschriften beisammen hatte, hielt ich es für angebracht, die Landesregierung zu einem Gespräch zu bitten, damit so rasch wie möglich eine einvernehmliche Lösung für ein Problem gefunden wird, das den Leuten offensichtlich unter den Nägeln brennt – sonst hätten sich ja in der Vorweihnachtszeit kaum so viele daran beteiligt.
Das Gespräch kam auch zustande, und zwar erklärte sich der Geschäftsführer der SPD-Fraktion dazu bereit, Herr Holger Astrup. Für das Gespräch (Februar 1997) in Kiel konnte ich, trotz der langen Anreise, Herrn Prof. Ickler gewinnen. Es verlief folgendermaßen:

Guten Tag.
Möchten Sie einen Kaffee?

Frau Sabine Schröder (SPD), Realschullehrerin, war von Herrn Astrup zu dem Gespräch dazugeben worden. Frau Schörder nannte ein Beispiel, bei dem durch die Rechtschreibreform eine Vereinfachung erfolgt sei.
Prof. Ickler widersprach dem und nannte daraufhin drei Beispiele, bei der die Reform bei ähnlichen Wortbildungen zu fehlerhaften und mißverständlichen Schreibungen führt.

Damit – man stelle sich das bitte einmal vor – war der fachliche Teil unseres Gespräches bereits beendet!

Denn Herr Astrup sagte zu mir dann nur noch wortlich: „Aber Herr Dräger, Sie glauben doch nicht im ernst, daß Sie für dieses Thema 100.000 Unterschriften zusammenbekommen!“
Mit anderen Worten: Wir hatten keine Chance, darum brauchte man sich auch mit den Inhalten nicht weiter zu beschäftigen. Die Reform war von der SPD-Kultusministrin beschlossen, also war sie gut, hatte ganz einfach gut zu sein.
(Zum Zeitpunkt, als Herr Astrup dies äußerte, hatten wir allein für den Zulassungantrag statt der erforderlichen 20.000 schon über 70.000 Unterschriften erhalten, die Sammlung ließ sich kaum noch stoppen. Im Zulassungsverfahren haben wir dann nicht nur die benötigten 100.000, sondern gleich über 300.000 Unterschriften gegen die Rechtschreibreform erhalten, obwohl die Sammlung nicht frei war, also die Eintragung nur an behördlich genehmigten Stellen erfolgen konnte!)

Nach wenigen Sätzen war also unser Gespräch, bei dem es – nicht zum ersten und nicht zum letzten Mal – um die zukünftige Gestalt der deutschen Rechtschreibung ging, beendet. Ich nahm mir noch einen Keks, dann konnten Herr Prof. Ickler und ich wieder unsere Heimreise nach Erlangen bzw. St. Goar antreten.


Ein weiteres Gespräch, im Frühjahr 1999, zu der ich die Spitzen der im Landtag vertretenen Parteien eingeladen hatte und das in meinem Elternhaus staffand, scheiterte, weil – der Referent des SPD-Fraktionsvorsitzenden Lothar Hay den von mir langfristig vorbereiteten Termin zwar zugesagt hatte, anläßlich der Übermittlung der Anfahrtskizze aber wieder absagte, da, so Hays Referent, „der Termin von mir zwischenzeitlich nicht bestätigt worden sei.“
Daraufhin, da Hay nicht kam, schickten auch die anderen Parteien nur ihre zweite Garnitur, wohl nur, um zu sehen, was da geplant werde, aber ohne die Möglichkeit, daß entscheidende Leute überzeut werden konnten.

Was zu Anfang ein Viergspräch nicht vermochte, gelang später auch nicht einem größeren Kreis in mehrstündiger Debatte. Später traten in gemeinsamer Aktion – einmalig in der deutschen Geschichte – die Präsidenten von nicht weniger als acht deutschen Akademien auf den Plan und forderten, ebenso „radikal“ wie auch Siegmar Salzburg, die Rücknahme der Rechtschreibrform.
Und das war noch nicht alles. Die Rechtschreibreform wird weiterlaufen, bis auch der letzte Pimpf hier in Deutschland begriffen hat, von welchen Hampelmännern die Reform durchgesetzt werden soll. Dann wird es aber wirklich zu spät, das Gefüge der Rechtschreibung nachhaltig gestört sein, und die Schüler werden kaum noch ein sicheres Sprachgefühhl ausbilden können.
Pandora hat uns mal wieder eingeschenkt, nun will der Kelch, der samt Sud doch so teuer war, auch geleert werden.
Prosit! Auf den Untergang von Anstand, Geist und Wahrheit!
Trink, Bürgerchen, trink!

Mit Klick die Kennkarte von Matthias Dräger ansehen    An Matthias Dräger schreiben   Suche weitere Einträge von Matthias Dräger        Edit/Delete Message    Reply w/Quote    IP: Notiz
Wolfgang Wrase
23.02.2004 09.23
Diesen Beitrag ansteuern
Nicht in diesem Strang

Der Boykott in verschiedenen Formen gehört sicherlich mit zur „Strategie“ beim Widerstand gegen diese autoritäre und sinnlose Reform; sogar als wichtiger Bestandteil, wenn auch nicht unbedingt bei Brühwürfeln und Biersorten. Die Bezeichnung „SS-Schergen“ begreife ich als bewußte, sprachspielerisch motivierte Übertreibung, in der immerhin ein Körnchen Wahrheit steckt (unterwürfige Befolgung destruktiver Vorgaben von oben in beiden Fällen). Der Sprung von „ss“ zu „SS“ liegt ja auch mehr als nahe. Trotzdem greift man mit den Parallelen zum Nazi-Regime schnell ins Fettnäpfchen, wenn der Leser die in vielerlei Hinsicht höchst undemokratische Durchführung der Reform noch nicht durchschaut hat. Zumindest sind solche Anspielungen im Effekt zweischneidig. Deshalb würde ich solche Beiträge zwar nicht ablehnen, aber einen Durchbruch im Rahmen der Strategiediskussion kann man damit nicht erzielen. Deshalb vielleicht lieber an anderer Stelle.

Mit Klick die Kennkarte von Wolfgang Wrase ansehen    An Wolfgang Wrase schreiben   Suche weitere Einträge von Wolfgang Wrase        Edit/Delete Message    Reply w/Quote    IP: Notiz
Jörg Metes
23.02.2004 08.40
Diesen Beitrag ansteuern
»SS-Schergen«

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Rainer Gerlach
Bei Brühwürfeln und ähnlichen Artikeln des täglichen Bedarfs kann man jedoch nicht immer darauf achten, ob die SS-Schergen gewütet haben, da die Auswahl an Artikeln mit unvollstreckter Strafschreibung nicht groß genug ist.
Da dieser Strang ja mit »Strategie« überschrieben ist: Gehört das zu der Strategie, die Ihnen vorschwebt, Herr Gerlach? Dass-Schreiber als SS-Schergen zu bezeichnen?

- Ja toll.
Ich hätte nichts dagegen, wenn solche Beiträge gelöscht würden.
__________________
Jörg Metes

Mit Klick die Kennkarte von Jörg Metes ansehen    An Jörg Metes schreiben   Suche weitere Einträge von Jörg Metes        Edit/Delete Message    Reply w/Quote    IP: Notiz
Norbert Schäbler
23.02.2004 03.31
Diesen Beitrag ansteuern
Aufbau Ost

Lieber Herr Gerlach!

Den „Aufbau Ost“ halte ich für äußerst sinnvoll.
Die Biersorten „Radeberger, Hasseröder und Wernesgrüner“ haben was.
Und was die Demokraten dort angeht: Hut ab!
Die sind gewachsen und haben nicht so dicke Wohlstandsbäuche – trotz des guten Bieres!


__________________
nos

Mit Klick die Kennkarte von Norbert Schäbler ansehen    An Norbert Schäbler schreiben   Suche weitere Einträge von Norbert Schäbler        Edit/Delete Message    Reply w/Quote    IP: Notiz
Rainer Gerlach
22.02.2004 20.19
Diesen Beitrag ansteuern
Kaufentscheidung

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Norbert Schäbler
Inzwischen kann man nicht einmal mehr auf der Straße Kaffee genießen, denn in diesem Monat hat „Melitta“ seine Fernsehwerbung umgestellt. Dort heißt es neuerdings wie bei allen anderen Kaffeesorten „Genuss“.


Bei Bier gestaltet sich das (zur Zeit noch) etwas
einfacher. Soeben habe ich ein schon der Kühlvitrine
bei Aral entnommenes Sechserpack Bitburger
(Bitte ein Bit, ein vollendeter Genuss ...) mit einigem
Kraftaufwand die geneigte Ebene hinauf zurückgestopft und
statt dessen Hasseröder für diesen Abend erworben
(Harzhaft frischer Biergenuß).

[mißglücktes Wortspiel gelöscht]

Gruß

– geändert durch Rainer Gerlach am 23.02.2004, 12.14 –

Mit Klick die Kennkarte von Rainer Gerlach ansehen    Suche weitere Einträge von Rainer Gerlach        Edit/Delete Message    Reply w/Quote    IP: Notiz
Alle Zeiten sind MEZ    Dieser Faden ist 30 Seiten lang:    1  2  3 · 10 · 20  21  22  23  24   25  26  27  28  29  30  Neuen Faden beginnen     antworten
Gehe zum Forum:
< voriges Leitthema     nächstes Leitthema >

Benutzungs-Regeln:
Wer kann im Forum lesen? Jeder Gast / jeder angemeldete Nutzer.
Wer kann ein neues Leitthema oder eine Antwort eintragen? Jeder angemeldete, eingewählte Nutzer.
Einträge können von ihrem Verfasser geändert oder auch gelöscht werden.
HTML-Kennungen beim Eintragen erlaubt? AN. Schnuten erlaubt? AN. vB-Kennungen erlaubt? AN. Bilder-Einbindung mit [IMG] erlaubt? AN.

Maßnahmen der Verwaltung:
Leitthema öffnen / schließen
Leitthema umziehen lassen
Leitthema löschen
Leitthema ändern

Herausgeber · Schreiben Sie uns · Forum

Technik von: vBulletin, Version 1.1.4 ©Jelsoft Enterprises Ltd. 2000. Rechtschreibung.com – Nachrichten zur Rechtschreibfrage