"Fasenacht"
Heute nacht hat mich ein Gedicht von Ottfried Preußler traktiert – das heißt: eigentlich war es immer nur die erste Zeile – und der Herr Markner ist mir auch erschienen. „Faßnacht“ hat letzterer skandiert, und dann lief der Film ab.
Also: Die erste Zeile von dem Gedicht ging so: „Lustig ist die Fasenacht“ ...,
und im Norden von Unterfranken, wo man „Fastnacht“ oder „Faßnacht“ sagt (was mit fast pistolenhaft abgefeuertem „a“ schwadroniert wird), habe ich dieses Gedicht in der Schulstube eines dritten Jahrganges behandelt; zunächst spielerisch mit Verkleidung und Ringelpietz, dann mit Metronom und Einpeitscher; später in unmenschlichem Hausaufgabenzwang über die tollen Tage hinweg, und schließlich im Auswendighersagen, untermalt mit Gesten und sonstigen Blödsinnigkeiten.
Der Unmensch im Traum war ich; d.h. am Anfang wollte ich eigentlich die Rolle dem Preußler zuschieben.
Wie er dazukomme, sein Gedicht nach Unterfranken zu schicken, habe ich ihn angemotzt und ob er denn nicht wisse, daß man Fase – jenes Wort, in dem das „a“ lang gesprochen wird –
mit „Ph“ schreibt.
„Reg mich nicht auf mit deinem Gefasel“, hat mir der Dichter entgegnet und ist von dannen geschwoben.
Ich blieb zurück, stand vorne am Pult und waltete meines Karrierebrecher-Amtes, voll programmiert auf das Zählen von Versprechern und Fehlgesten, insbesondere in der ersten Gedichtzeile, in die der Preußler seine Falle eingearbeitet hatte.
Und dann sind mir die Zügel entglitten. Mein Hofstaat tobte – ausgerechnet am Aschermittwochsvormittag, wo doch Fasten und Besinnlichkeit angesagt sind.
Mein Mängelzettel „I“ blieb leer, denn kein einziger versprach sich (für unterfränkische Zöglinge eine nahezu übermenschliche Leistung).
Lediglich mit der Gestikulation gab es hie und da kleinere Probleme, doch wie sich später herausstellte, waren jene tiefenpsychologisch bzw. religionsspezifisch motiviert, so daß Eintragungen auf Mängelzettel „II“ durch behördliche Anordnung umgehend revidiert werden mußten.
In meiner abschließenden Traumszene stand ich lammfromm bzw. belämmert herum, und selbst fünf Stunden nach dem Aufwachen kann ich nicht genau sagen, was mich im Traum so verärgert hat.
Die Kinder jedenfalls waren es nicht. Die haben eine Show abgezogen, über die ich noch in der Ewigkeit lachen werde.
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nos
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