Suhrkamp
Zunächst einige Fundstücke an Bemerkungen, die auf diesen Seiten bisher zum Suhrkamp-Verlag gemacht wurden:
Zitat: Walter Lachenmann am 28.12.2001 im Strang "Süddeutsche Zeitung":
Zum einen schreiben die meisten Menschen, die nicht beruflich zur neuen Schreibung angehalten sind, weiterhin so wie sie es gelernt haben, und wenn Sie sich anschauen, wie es die Buchverlage handhaben, so werden Sie feststellen, daß so gut wie alle seriöseren Verlage, deren Bücher eine literarische Qualität oder eine längere Wirkungsdauer beanspruchen, bei der alten Rechtschreibung geblieben sind (Suhrkamp, Hanser, Beck, Ammann, Wagenbach, Diogenes, Aufbau usw.), andere wieder publizieren in verschiedenen Orthographien, aber meistens dann in der nicht reformierten, wenn an den Text höhere Ansprüche und eben die Erwartung einer längeren Nutzungs- und Wirkungsdauer gestellt werden.
Zitat: Theodor Ickler am 28.05.2002 im Strang "Von den Reizen der neuen Rechtschreibung":
Wenn nun, wie anzunehmenm ist, der gesamte Literatur-Kanon, den ein Verlagskonsortium unter Führung von Suhrkamp herausbringen wird, in der herkömmlichen Rechtschreibung gesetzt ist, und das mit Blick auf die Schulen und besonders den gymnasialen Deutschunterricht welche Folgen hat das für die schriftliche Kompetenz der nächsten Generation?
Zitat: Theodor Ickler am 20.07.2002 im Strang "Süddeutsche Zeitung":
Heute hat die SZ wieder einmal eine ganze Seite in der bewährten Rechtschreibung eine Erzählung von Cees Nooteboom. Darunter liest man: Die Beibehaltung der alten Rechtschreibung entspricht den Gepflogenheiten des Suhrkamp Verlags.
Zitat: Martin Reimers am 11.09.2002 im Strang "Rechtschreibreform und Gruppendynamik":
Einige werden dann eben nicht nur (zwangsumgestellte) Kinder- und Jugendbuchautoren und den schulüblichen Klamauk kennen wollen, sondern sicherlich auch einmal den einen oder anderen zeitgenössischen Schriftsteller lesen oder auch irgendein Buch von Suhrkamp in die Hand nehmen.
Zitat: Jörg Metes am 19.09.2002 im Strang "Zweiteilung der Schriftsprache":
(Titel von Verlagen wie C.H. Beck, Diogenes, Frankfurter Verlagsanstalt, Hanser, Luchterhand oder Suhrkamp, die ja ohnehin wenigstens, was ihre Literaturprogramme angeht bei der herkömmlichen Rechtschreibung geblieben sind, erwähne ich nicht extra)
Zitat: Wolfgang Scheuermann am 11.10.2002 im Strang "Von den Reizen der neuen Rechtschreibung":
Zwei kennzeichnende Sätze aus der Denkschrift: Als Siegfried Unseld, Verleger des Suhrkamp Verlages, die Anpassung von Brechts »Mutter Courage« abgelehnt habe, sei ihm gesagt worden, daß dann »Mutter Courage« als Schullektüre nicht mehr tragbar sei.
Ich werde zu Weihnachten das Suhrkamp-Taschenbuch Philosophie der Lebenskunst -- Eine Grundlegung von Wilhelm Schmid verschenken (suhrkamp taschenbuch wissenschaft 1385, 8. Auflage 2001 [1. Aufl. 1998]). Der Rückentext endet mit »... und deren konkrete Ausgestaltung den Individuen überlassen bleiben muß.
Wer darafhin vermutet, ein Werk in herkömmlicher Orthographie vor sich zu haben, irrt. Die Verwendung von 'ss' und 'ß' folgt weder dem herkömmlichen noch der reformierten Schema, wie folgende Stichprobe zeigt (Seitenzahlen in Klammern):
erschliessen (10)
schliesslich (11; 122; 209)
heisst (11)
Aussen (18; 71)
äussere (149; 192)
äusserliche (166)
heissen (166)
schliesst (233)
Ausserachtlassen (296)
Das 'ß' ist jedoch keinesfalls komplett abgeschafft, man findet
entblößte (15)
Mäßigung (104)
große (234)
Fazit aus der Stichprobe: Die Diphthonge scheinen systematisch ignoriert zu werden. Ob das wohl auf den Autor zurückgeht? (Ich werde ihn mal anmailen, aber erst nach Weihnachten.) Oder kann bereits jemand etwas dazu sagen? Sind Suhrkamp die wissenschaftlichen Texte etwa nicht literarisch genug, um sie in Qualitätsorthographie herauszubringen?
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Jan-Martin Wagner
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