Ist das wirklich eine gute Lösung?
Ich befürchte, dann wird sich das Chaos auch in anderen Bereichen fortschreiben. Die meisten Leute verbinden ja gerade das ss mit der Reform. Und seit wir die „Reform“ haben, ist alles erlaubt, sozusagen. Für die Pädagogik ist das nicht akzeptabel.
Haben die Leute schon nicht mitbekommen, daß die Reform sich nicht nur auf den Ersatz von ß durch ss nach kurzem Vokal bezieht, wird man erst recht nicht verstehen, daß die anderen Tollheiten nicht mehr erlaubt sein sollen. Außerdem (Ausserdem) wird das ß zur Zeit ohnehin endgültig zu Grabe getragen. Es gibt immer noch sehr viele Personen, die glauben, es sei schon lange abgeschafft.
Damit kann ich mich nicht anfreunden, weil das ß auch in der Schule gute Dienste geleistet hat – sowohl was die Unterrichtbarkeit, als auch was die Lesbarkeit betrifft. Die Unterrichtbarkeit des ss nach kurzem Vokal mit all seinen Ausnahmen und Möglichkeiten ist eine fast nicht zu bewältigende Aufgabe. Aus all diesen Gründen kann ich die ss-Schreibung der klassischen s-Schreibung keinesfalls als ebenbürtig empfinden.
Ich bleibe dabei, daß die ss-Schreibung größere Nachteile hat als sie Vorteile birgt. Und die Verlage, die bis jetzt bei der traditionellen s-Schreibung geblieben sind, werden sich wahrscheinlich dann auch auf ss umstellen. Der Triumph, die Reform durchgeboxt zu haben, wird unsere Sozialideologen anspornen, noch weitere schädliche Eingriffe in die Pädagogik vorzunehmen.
Zum jetzigen Zeitpunkt einen Vorschlag in Richtung Heysesche s-Schreibung als Kompromiß zu unterbreiten, halte ich für einen Fehler.
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Karin Pfeiffer-Stolz
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