Genau!
David bringt es auf den Punkt:
„Entweder liegt es daran, daß der Reformschrieb nicht richtig unterrichtet/an die Masse gebracht wird, oder daß er überhaupt nicht richtig unterrichtet/an die Masse gebracht werden kann, weil seine in Teilen scheinbare Logik sich in der Praxis als Blindgänger erweist.
Ich persönlich denke (und bin damit auch bestimmt nicht allein), es ist wohl klar, was der Fall ist: Ein nicht zu unterrichtendes System wird eben deshalb nicht richtig unterrichtet.“
Seit der Reform kursieren Millionen von Sprachbüchern mit falschen Reformregeln in den Schulen. Es sind Regeln, wie ich sie bereits am Beispiel eines Buches von Menze/Menze ins Forum gestellt habe.
Der Fehler der Reformer und ich glaube fast, die kapieren das wirklich nicht ist, daß sie die „Umlernregel“, also eine Teilregel, für das Ganze setzen:
Teilregel: ss nach kurzem Vokal
So steht es in allen Schulbüchern. So lernen es die Schüler. (Man will ja so tun, als sei die NR logisch und leicht.)
Um zu einer praktikablen Regel zu werden, bedarf es jedoch eines Nachsatzes:
ss nach kurzem Vokal statt ß
So kann man die Regel erst richtig anwenden. Aber dann müßte man den Schülern vorher beibringen, wie wir bis 1996 geschrieben haben.
Die Teilregel: „ss nach kurzem Vokal“ ist schlicht und einfach falsch und daher eine Zumutung für jeden Lernenden!
Genauso verhält es sich umgekehrt mit ß:
Teilregel: ß nach langem Vokal
Führt ebenso in die Falle, weil das so nicht stimmt! Es kann auch s stehen!
Die Regel mußte deshalb lauten:
ß nach langem Vokal, wo kein s geschrieben wird
Was für seinen Sinn aber macht so eine Regel?
Das ist keine Regel, sondern eine Möchtegernregel.
Das Problem besteht einfach darin, daß der ß-Laut in der klassischen RS nicht dazu da war, Längen von Vokalen zu kennzeichnen, sondern zwecks besserer Lesbarkeit das Wort- oder Silbenende markierte. Und daraus macht man jetzt eine Regel, die auf Aussprache basiert. Das geht nicht. Man hat die Funktion des ß verändert und setzt ihm gleich einen neuen Hut auf. Mir scheint, viele Schulbuchmacher und auch Lehrer haben das noch gar nicht begriffen.
Eigentlich kann man die s-Schreibung kaum mir Regeln unterrichten. Sie ist einzig durch Auswendiglernen zu beherrschen.
Früher hatte man noch eine wirkliche Regel, die half immer: ss am Schluß gibt Verdruß. Das war eine gute Regel, die half. Heute gibt es für das Lernen der s-Schreibung keine seriösen Regeln mehr. Denn die oben genannten sind keine.
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Karin Pfeiffer-Stolz
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