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Stephan Fleischhauer
09.07.2004 10.47
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Hab mir übrigens gerade einen Käfig voller Ratten aufschwatzen lassen. Ich habe sie schon soweit, daß sie beim Laufen über den Schreibtisch den Weg gezielt über die Tastatur nehmen. Vielleicht werden sie zur Verteidigung von Skinner demnächst hier etwas veröffentlichen.

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Rolf Genzmann
09.07.2004 10.12
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In der Skinnerbox

Dem Fischer-Lexikon der Psychologie A-Z konnte man betreffend Lernen, Reiz-Reaktion entnehmen:
„Es scheint, daß die Ausbildung von Assoziationen dieses Typus schon bei einzelligen Lebewesen möglich ist,
sehr gut belegt ist sie bei Regenwürmern,
sogar nach Zerstörung des Kopfganglions.“
Die modernen Lehrpläne basieren auf einem „Rattenmodell der Lernpersönlichkeit.“ (Nicklis) Sie sind „ein Kind moderner Naturwissenschaft, an der Ratte abgelesen, nicht am Menschen.“ (Wirz)
„Die Progressiven produzieren Richtlinien, die Bildungsschrotthaufen gleichkommen“.(Nicklis).
Skinner, der Papst der amerikanischen Rattenlernforschung, schreibt, Freiheit und Würde des Menschen sind Produkte einer verantwortungslosen Freiheitsliteratur. Darunter verstand er wohl die auf unseren Gymnasien bereits weithin abgeschafften Goethe, Schiller, van Beethoven usw., vorausgesetzt, Skinner kannte die überhaupt.
Der ehemalige SPD-Kultusminister Fritz Holthoff: „und in solchen Skinnerboxes für Menschen bleibt dann freilich wenig Platz für die individuelle Aktivität und Produktivität des Schülers... Und in der Tat ist eine behavioristische Lernapparatur ein hervorragendes Instrumentarium für die Konditionierung des Menschen nach den Mustern der Neuen Linken.“
Nicklis meint, das neue Curriculum „erzieht Emanzipationsschwätzer und -gernegroße, die bei der erstbesten Gelegenheit Mitläufer neuer wohlklingender Doktrinen und Ideologen werden, die Emanzipationssurrogate zu verbilligten Preisen wohlfeil halten.“
Emil Bölte berichtete aus Amerika, daß die Abgänger der höheren Schule in gar nicht seltenen Fällen noch nicht einmal mehr richtig lesen gelernt haben. (Gen.-Anz. v. 21. 6. 77)
Sidney L. Pressey, 1962:

„Lehrmaschinen und programmiertes Lernmaterial werden gegenwärtig im ganzen Land in Schulen und Universitäten, bei der industriellen und militärischen Ausbildung verwendet. Herstellung und Verkauf solcher Produkte machen einen großen Teil des Geschäftes vieler Verleger und Instrumentenbauer aus. Ehrgeizige junge Leute haben ihr berufliches Fortkommen an diese Arbeit gebunden. Der ganze Fragenkreis wurde ein akzeptiertes Thema alltäglicher Gespräche. .......
Zum Erzschurken, der so viele Leute irreführt, wird die Lerntheorie erklärt.
Kein geringerer Vorwurf wird erhoben als der, daß die gesamte Tendenz der amerikanischen Erforschung und Theorie des Lernens von einer falschen Voraussetzung ausgeht, – daß nämlich die wichtigen Züge des menschlichen Lernens bei Tieren zu finden sind.
Tatsächlich ist es die wichtigste Tatsache, daß das menschliche Lernen das tierische übertroffen hat. Für diesen Schluß gibt es keinen geringeren Beweis als die ganze Geschichte der Zivilisation!
Im Grunde wichtiger als Skinners ausgezeichnete Forschung auf dem Gebiet des tierischen Lernens ist vielleicht die fast vergessene Feststellung von Kellogg und von Cathy Hayes, daß ein Affe, auch wenn er wie ein Kind im eigenen Hause aufgezogen wird, niemals sprechen lernen kann.
Weit bemerkenswerter als Skinners Tauben, die Pingpong spielen, ist der Durchschnittsmensch, der seine Zeitung überfliegt – der Stoff finden will, der ihn interessiert, der beurteilt, der verallgemeinert, der deutet, und das alles still lesend, ohne ein von außen bemerkbares Verhalten
oder Verstärkung.“
Was wußte Skinner über Sprache und deren Elementarteilchen? Nichts!
Was wußte er vom menschlichen Lernen? Nichts.
Was wußte er von der Psychologie, fast nichts.
Kannte er die weit fundierteren Ergebnisse des Tierverhaltensforschers Konrad Lorenz? Nein.
Kannte er die Ergebnisse der deutschen Gestaltpsychologie oder Ganzheitspsychologie? Nein.

Gerade im Erscheinen begriffen ist eine DVD des Films „Einer flog über das Kuckucksnest“.
Die Vertreterin Skinners, Mrs. Ratched, (ratschen, den Auslöser betätigen) kommt mit Verstärkungen nicht aus, nein, es müssen Elektroschocks eingesetzt werden gegen McMurphy, den Vertreter der Gestalten, – u. a. war Goethe Morphologe.
Das Drehbuch, herausgeschmuggelt aus der CSSR, wo Pawlows Sabberhund herrschte, wurde Kirk Douglas angeboten in den USA, wo konditionierte Mäuse, Ratten und Tauben herrschten.
Erst sein Sohn wagte es, den Film zu machen: Die Welt, ein Irrenhaus.


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Rolf Genzmann

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Detlef Lindenthal
09.07.2004 08.57
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Theodor Ickler schrieb:
Bei Herrn Lindenthal, dessen wohltönendes Organ ich im Ohr zu haben glaube, kommt vielleicht noch was Nordisch-Mundartliches hinzu?
Klar rede ich norddeutsch; und meine entsprechenden Klanggestalter sind in der rechten Gehirnhälfte ziemlich fest verdrahtet. Ebenso klar ist, daß ich beim Wort „Seejle“ vor allem an Menschen aus Ostpreußen denke – das j ist landschaftlich unterschiedlich ausgeprägt.
Gleichwohl hat jener Amerikaner recht, daß auch die übrigen Deutschen der Seele ein j einhauchen; täten sie es nicht, würden sie sprechen wie Russisch- oder Polnisch-Muttersprachliche, die diese Doppellaute nicht kennen. Sämtliche deutschen Dialekte unterscheiden in der von mir genannten Weise oder ähnlich zwischen kurzen und „langen“ Selbstlauten, nicht nur in meiner norddeutschen Aussprache.

Norddeutsch ist, jenen bekannten Brotaufschnitt „Kejse“ zu nennen (statt, z. B. sauerländisch, „Kääse“); dennoch wird im Sauerland die Küche mit dem Bejsen ausgefegt, und nicht etwa mit Beesen oder Bääsen.

Auf ein sprachvergleichendes Wiedersehen anläßlich einer Siegesfeier freue ich mich; vorher benötigen wir noch ein gerüttelt Maß an Strategie.
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Detlef Lindenthal

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Theodor Ickler
09.07.2004 08.19
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Vokale, Reißbretter

An der Phonologie ist selbstverständlich vieles konstruiert, und die Linguistik befaßt sich nur am Rande mit der naturwissenschaftlichen Beschreibung der Artikulation bzw. Akustik der Sprachlaute. Schon wenn wir Minimalpaare bilden, um die Phoneme festzustellen (rund 40 im Gegensatz zu Milliarden von phonetischen Möglichkeiten), tun wir etwas, was man wohl Konstruieren nennen muß.
Die Behauptung, daß Langvokale eigentlich diphthongisch auslaufen, sozusagen in einen Halbvokal münden, ist m. W. sehr umstritten. Fürs Englische scheint es zuzutreffen, und nicht zufällig hat ein amerikanischer Linguist (G. L. Trager war es, glaube ich) diese Beschreibung aufs Deutsche übertragen. Er glaubte, in „Seele“ eine Art „Seejle“ zu hören, eben nach amerikanischer Art ...
Ich bin kein Phonetiker, deshalb kann ich hier nur Vermutungen anstellen. Es gibt natürlich, wie zwischen allen Lauten in der gesprochenen Kette, Überlappungserscheinungen, Koartikulation, und wenn wir einen Vokal angefangen haben, dann müssen wir ihn auch wieder zu Ende führen, um den nächsten Laut auszusprechen (wobei ich aber nicht einmal glaube, daß unsere Wörter aus Lauten zusammengesetzt sind – aber das ist eine andere Geschichte). Diese Ende wird sich in vielen Fällen als gleitendes Schließen der vokalischen Öffnung darstellen. Bei Herrn Lindenthal, dessen wohltönendes Organ ich im Ohr zu haben glaube, kommt vielleicht noch was Nordisch-Mundartliches hinzu? Wir müßten uns mal alle treffen, vielleicht um das Ende der RSR zu feiern, und dann vergleichen wir mal unsere Aussprachegewohnheiten...
__________________
Th. Ickler

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Detlef Lindenthal
09.07.2004 07.04
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Nicht die Länge entscheidet


Stephan Fleischhauer schrieb::
Mit der Vokallänge geht im Deutschen auch eine ganz leichte Diphthonguierung einher. Darauf hat uns Detlef Lindenthal schon hingewiesen
Die Doppellautfolge bei sogenannten langen Selbstlauten ist nicht „ganz leicht“, sondern knüppeldicke:
Wenn Kinder nachdrücklich betteln, versuchen sie es zuweilen mit
    „Biiitte!“
Dies hat dann ein (zeitlich) langes i, das sich ganz anders anhört als das (doppelklang-)lange i in
    bieten.
Wenn sich bei letzterem das i nicht zum j verengen würde (und zwar recht kräftig), wäre bitten von bieten nicht zu unterscheiden; Duden- und Deutschfachleute (die nicht eben die Weltmeister im Zuhören und Mitdenken sind) verkennen das nach meiner Erfahrung durchweg.

Die sogenannte Längung geht, wenn ich es richtig sehe,
beim a durch größeren Mundraum,
beim e wie beim i als Doppellaut durch Verengung zum j,
beim o als Doppellaut durch Verengung zum u,
beim u durch anders geformten Mundraum.

Man vergleiche:
Falle und Fahne,
nennen und nehmen,
Mitte und Miete,
rott und rot,
Mutter und Mut.

Längungen gehen auch einher mit mehr oder weniger kräftiger Formung der Silbenmelodie, z.B. –– :
Wenn der Antwort „Ja!“ oder „Ja, ...“ keine Melodie aufmoduliert wird, hört sich das beleidigend-beleidigt-eingeschnappt oder einfach nur bescheuert an.

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Wolfgang Scheuermann
09.07.2004 06.58
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Hilfe zum Verständnis

Lieber Herr Ickler,
ich bitte Sie da doch noch um eine Präzisierung (weil ich es einfach nicht weiß). Ich hatte hier doch gestern eine Lexikon-Definition (Brockhaus) von Linguistik abgetippt. Danach lege die Linguistik allerhöchsten Wert auf quasi naturwissenschaftlich exakte Beschreibungsmethoden und definiere sich gleichsam aus dieser Präzision.
Dem entspricht die Heyse-Regel absolut nicht, weil sie die Realität des ß nach kurzem Vokal nicht nur nicht präzise beschreibt, sondern einfach ausblendet.
Sie sprechen jetzt von einem eingeschränkten, gleichwohl üblichen Verständnis von Linguistik, nach dem die Heyse-Regel linguistisch doch irgendwie hinnehmbar wäre.
Das müßte eine nicht-beschreibende Linguistik sein; Sie deuten mit dem Wort „Reißbrett“ ja an, daß dies eine Art von konstruierender Linguistik sein müßte, die ihre Regeln nicht aus der Sprache ableitet, sondern irgendwie aus sich selbst heraus entwickelt. Ist das so?

(Dann wäre die Brockhaus-Definition allerdings ziemlich falsch, zumindest in frappanter Weise unvollständig.)
__________________
Dr. Wolfgang Scheuermann

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Theodor Ickler
09.07.2004 06.23
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Nicht stark?

Lieber Herr Scheuermann,
ich habe, wenn ich mich recht erinnere, nur die linguistischen Argumente gegen Heyse „nicht stark“ o. ä. genannt. Wenn es darum geht, daß Rechtschreibung nicht nur linguistisch (am vielzitierten Reißbrett) in Ordnung sein sollte, dann bin ich der erste, der zustimmt. (Natürlich ist „linguistisch“ hier auch in einem eingeschränkten, allerdings üblichen Sinn gebraucht.) Und wie gesagt: Niemand hier braucht zu befürchten, daß ich etwa in meinem Wörterbuch (das übrigens gerade wieder im Druck ist) auf Heyse umschwenke oder ihn auch nur als Variante vorsehe.
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Th. Ickler

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Karin Pfeiffer-Stolz
09.07.2004 06.22
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Ausserdem die vielen Grüsse

Weshalb, aber zum Teufel nochmal, schreiben die Leute dann trotzdem falsch, sehr geehrter Herr Fleischhauer?

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Karin Pfeiffer-Stolz

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David
09.07.2004 02.48
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Halt! Ein wenig zurück!

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Stephan Fleischhauer
Liebe Frau Pfeiffer-Stolz,
der handschriftliche Fehler Aussland (nicht Außland, lieber David!)...


Halt! Habe niemals von dem Wort in Catos Brief gesprochen, meinte etwas ganz anderes! Mir ist das Wort „Außland“ schriftlich aus der „Feder“ eines Jugendlichen begegnet. Und zwar in einem ganz, ganz anderen Zusammenhang. Deswegen komme ich überhaupt darauf, daß dies ein gut nachzuvollziehbarer Fehler ist, besonders vor dem Hintergrund der „Reformregelungen“. Hoffe, ich irre mich da nicht.

Zitat:
Ursprünglich eingetragen Reinhard Markner
Richtig, aber man darf nicht außer acht lassen, daß sie es hauptsächlich deshalb für richtig halten, weil der Staat dies vorgibt.


Dazu nur kurz: Ich habe bislang sehr oft die Erfahrung gemacht, daß viele Leute gar nicht wußten, daß die RSR eigentlich nur für Schulen bzw. Behörden gilt.
Und an diesem Punkt des Unwissens anzusetzen und aufzuklären, das kann meiner Ansicht nach eine ganze Menge bewegen.
Auf der Seite von Hans-Jürgen Martin habe ich etwas sehr Deutliches diesbezüglich gelesen, am Beispiel der verordneten Schreibweise des Anredepronomens „Du“:
„Die Bedeutung eines Wortes (hier: du) per Erlaß ändern zu wollen, ist eine bestenfalls naive, schlimmstenfalls aber totalitäre, orwellsche¹ Vorstellung...“
(http://www.schriftdeutsch.de/ortr-gro.htm)

Selbes gilt für „Leid tun“ als verordnete Form für „leid tun“ (was ja mittlerweile wieder zum Teil zurückgenommen wurde).

Meiner Erfahrung nach werden auch große (meistens nur groß auftretene) Verfechter bzw. Sympathisanten der RSR bei dieser Argumentation ein wenig nachdenklicher.
(Ist übrigens ein herrliches Gefühl, das dann während einer Diskussion auch im Gesicht des anderen geradezu sehen zu können. Das nur am Rande. )

Noch kräftiger kann man dann ans demokratische Selbstverständnis appellieren, wenn man der Haltung, die Herr Markner beschrieb, die Überschrift gibt: „Was der Führer sagte, war immer richtig.“

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Stephan Fleischhauer
09.07.2004 01.02
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Kein Gespür für Vokallängen?

Mit Vokallänge und –kürze sind auch andere Eigenschaften fest verbunden, die die Identifizierung zusätzlich erleichtern. Ich meine, daß sich diese dazugehörigen Eigenschaften deshalb überhaupt erst entwickelt haben. Die Vokalqualität hatte ich in dieser Hinsicht schon angesprochen (kurze Vokale sind anders „gefärbt“ als ihre lange Entsprechung, so jedenfalls im Deutschen). Man kann auch die Silbengelenkhaftigkeit dazurechnen. Dadurch daß man die erste Silbe bei Hammer geschlossen spricht, wird die Vokalkürze noch deutlicher wahrnehmbar. Ich hatte dazu einmal etwas im „Ickler Wörterbuch“-Forum unter „Buchstaben und Laute“ geschrieben. Dagegen wurde eingewendet, daß ich bereits durch die Zerlegung in Einzellaute einen methodischen Fehler begangen habe. Würde man aber einer Versuchsperson das Wort Tinnel diktieren, und diese Person würde, obwohl sie dieses Wort nie zuvor gesehen oder gehört hat, tatsächlich Tinnel schreiben, warum sollte man ihr dann eine lautliche Unterscheidungsfähigleit absprechen? Wir werden zu sorgfältigem Sprechen und Zuhören durch unsere Umwelt gezwungen (waren da nicht die beiden berühmten Beispiele „in Massen“ und „in Maßen“, die exakt im gleichen Kontext vorkommen und sich nur durch Vokallänge unterscheiden?), und beim Schreibenlernen ergibt sich der Zwang zum genauen Zuhören und Vorsprechen (Sich-selbst-Vorsprechen) – zum „Rastern“ der Laute – gleich noch einmal. Skinner begreift den einzelnen Laut als kleinste sprachliche Verhaltenseinheit (auch die Pause zwischen Wörtern könnte man wohl dazu zählen). Ich zitiere ein wenig – zur Erklärung vorweg: Operant ist eine durch Konditionierung erworbene Verhaltenseinheit, Echo bedeutet etwa „Nachahmung“ (das Verhalten ähnelt dem stimulierenden Reiz).

„Was ist die kleinste Einheit des Sprachverhaltens? Es geht hier nicht um die Frage, was die kleinste akustische oder geometrische Einheit ist, mit der wir das Reden oder Schreiben als physische Ereignisse beschreiben. Vielmehr geht es um die kleinste Reaktion, die unter der funktionalen Steuerung einer einzigen Variablen steht. Für die Beantwortung dieser Frage bietet das Echoverhalten einen besonders günstigen Ausgangspunkt, denn hier kann die formale Entsprechung zwischen Reiz und Reaktionsprodukt auf der Ebene der „Sprachlaute“ oder akustischen Eigenschaften aufgewiesen werden.“

„Man ermuntert das Kind, solche Laute wie ä, sp usw. zu wiederholen. … Das Kind kann Reaktionen vom Umfang einer Silbe, eines Wortes oder sogar eines Satzes als einheitliche Echo-Operanten hervorbringen. Um aber einen neuen Reiz echohaft nachzuahmen, wird es auf das Repertoire einzelner Laute zurückgreifen.“

„… , wollen wir dies durch Bekräftigung der Reaktion Alligator in Gegenwart des Alligators tun. Aber wir können nicht warten, bis eine solche Reaktion zufällig einmal auftritt, und das Verfahren der allmählichen Herausformung könnte ebenfalls zu lange dauern. Können wir hingegen die Reaktion als Verbindung kleiner Echo-Einheiten hervorrufen, die zuvor noch nie in dieser Reihenfolge verbunden worden sind …"

„Kleinste Echo-Operanten scheinen natürlicherweise funktional zu werden, wenn ausgedehntere Operanten aufgebaut worden sind. Hat das Kind ein Dutzend komplexe sprachliche Reaktionen erworben, die alle mit dem Laut b beginnen, wird es mit Erfolg ein dreizehntes Muster echoen, das ebenfalls mit b beginnt, und damit auch die umfangreichere Reaktion mit b am Anfang. Wenn dies geschieht, müssen wir die funktionale Unabhängigkeit eines Echo-Operanten anerkennen, der nicht größer als b ist.“

„Wie groß ist die kleinste auf diese Weise erreichbare Einheit? Wenn ein Echo-repertoire Stück für Stück aufgebaut wird, wie es durch pädagogische Bekräftigungen geschieht, dann werden die einander entsprechenden Einheiten je für sich bekräftigt, aber es ist nicht klar, worin das endgültige Repertoire größerer Operanten oder auch nur kleiner pädagogischer Operanten besteht. (Es geht hier nicht um die Dimensionen, die man für die wissenschaftliche Aufzeichnung der Rede benötigt, denn diese können für das wirkliche Sprachverhalten funktionslos sein.) Der Sprachlaut – das „Phonem“ des Sprachwissenschaftlers – ist nicht notwendigerweise die kleinste Einheit. Ein geschickter Stimmenimitator verfügt über eine Art „feinkörniges“ Repertoire, das ihn in die Lage versetzt, neue Lautmuster genau zu echoen. Es erlaubt ihm auch, Intonationen, Akzente und persönliche Eigenheiten der Stimme nachzuahmen, ebenso wie nichtsprachliche Laute: Vogelstimmen und andere Tierlaute oder Maschinengeräusche.“

„Es ist wichtig, auf welchen Grad von Genauigkeit eine bestimmte bekräftigende Gemeinschaft Wert legt. Im allgemeinen tut der Sprecher nicht mehr, als von ihm verlangt wird. In einer Sprachgemeinschaft, die nicht auf genauer Entsprechung besteht, kann ein Echorepertoire unpräzise bleiben …"

(Skinner, Sprachverhalten, Kap. 4, dort „Der kleinste Echo-Operant“, Übers. Th. Ickler, vielen Dank noch einmal!)
Mit der Vokallänge geht im Deutschen auch eine ganz leichte Diphthonguierung einher. Darauf hat uns Detlef Lindenthal schon hingewiesen (Die Schreibung ie macht das noch deutlich). Und ist nicht gerade der sprachgeschichtliche Lautwandel zwischen Langvokal und Diphthong besonders typisch?

Vokallänge und –kürze sind also mehrfach gegen Verwechselung abgesichert! Und selbst wenn sich der Diphthong aus den offenen – „kurzen“ – Vokalqualitäten zusammensetzt, so sollte doch zumindest der Diphthong als Zwielaut wahrnehmbar sein. Die Nähe der Langvokale zum Diphthong (z.B. beim affektierten Sprechen) läßt sich vielleicht sogar besser belegen als dessen eingeschränkte Dehnbarkeit. Zudem folgt dem Diphthong nie ein Silbengelenk.

Es mag nicht immer klar zu entscheiden sein, ob ein Vokal kurz oder lang ist; wie steht es z.B. mit dem a in folgsamer? (Gibt es hier vielleicht ein Silbengelenk?) Für Fremdwörter gelten ohnehin andere Regeln (Kamera). Aber dort, wo es um das Heysesche ss geht, ist es immer völlig unzweifelhaft. Es handelt sich hier immer um betonte Stämme.

Die üblichen phonetischen Transskriptionen geben sicherlich nur die „Oberfläche“ des normalen, unaffektierten, deutlichen aber nicht „überdeutlichen“, „neutralen“ Sprechens wieder. Das ist aber nicht die gesamte Sprachwirklichkeit. Vielleicht kommt unter bestimmten Umständen auch Kind oder Brigg mit stimmhaftem Auslaut vor, ohne daß dies gleich eine Aussprache „nach der Schrift“ wäre. Durch den Besitz des Aussprache-Dudens werden wir nicht zu Phonetikern. Der Umkehrschluß kann aber nicht sein, daß der Sprecher von Aussprache nichts versteht.

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Rolf Genzmann
08.07.2004 21.59
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Zum ß



Habt guten Abend Alt u. Jung
Bin allen wohl bekannt genung.
Von drauß,’ vom Walde komm ich
........................................her,
Ich muß euch sagen es weihnachtet sehr.

Theodor Woldsen Storm schreibt mit ß, drauß’,muß, Nuß etc.

Quelle: Landesbibliothek Kiel, Signatur Cb 50. 24:09

Theodor Fontane, Von Zwanzig bis Dreißig, Insel Taschenbuch 2101, schreibt über Storm,
u. a. „... mich mehr als einmal ausrufen ließen:

„Ja, wenn wir doch die gleiche, jedes Wort zur Rechenschaft ziehende Gewissenhaftigkeit hätten.“ In der Tat, wir haben nur ganz wenige Schriftsteller, die wie die Brüder Goncourts verfahren, und unter diesen Wenigen steht Storm oben an.“


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Rolf Genzmann

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Wolfgang Scheuermann
08.07.2004 20.34
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Ich dachte eigentlich ...

... mein Beitrag von kurz vor fünf heute nachmittag erfülle zumindest insofern eine wichtige Anforderung in bezug auf Wissenschaftlichkeit, als er im Sinne Poppers klar falsifizierbar sein müßte.
Leider kann man aber daraus, daß sich hier keiner die Mühe der Falsifizierung gemacht hat, noch nicht im Umkehrschluß folgern, daß er nicht falsifizierbar wäre; er könnte ja auch schlicht gelangweilt (oder genervt) haben.
Nachdem es niemand sonst getan hat, will ich zumindest anmerken, daß die Linguistik-Definition meines Lexikons den Heyses (ich vermute, man muß sie hierin als Einheit sehen) nicht bekannt sein konnte.
Sie verstanden sich wahrscheinlich auch überhaupt nicht als Wissenschaftler, sondern mehr oder minder als „Schulleute“, die ihnen einfach erscheinende Regeln für Schüler entwickeln wollten. (Das wäre, nebenbei, eine bemerkenswerte Parallele zu den heutigen Reformern.)
Insofern würde meine deutliche Kritik den Heyses gegenüber ungerecht sein.
Das gilt aber nicht für die heutigen Reformer, die sich ja z.T. offenbar als Wissenschaftler sehen. Ihnen kann man diesen Bonus keineswegs zubilligen. Wenn man daher die Leistung der Heyses nach dem heutigen Verständnis als verzeihlichen Irrtum werten kann, so kann man diejenigen, die diesen Irrtum heute noch einmal (mit massiver Unterstützung der Obrigkeit) aufgewärmt haben, nicht mehr exkulpieren.
Mich erstaunt besonders die hier kundgetane Ansicht von Professor Ickler, er sei zwar nach wie vor gegen die Heyse-Schreibung, daß er aber dennoch der Wertung von Herrn Fleischhauer „nachdrücklich“ zustimme, die Argumente gegen die Heyse-Schreibung seien alle nicht „stark“.
Ich pflichte ihm zwar gerne bei, daß vieles andere an der Reform noch viel schlimmer ist, aber es ist schon von besonderer Qualität, einen selbst „seriösen“ Irrtum (dabei unterstellend, daß die Heyses nicht mit heutigen Kriterien von Wissenschaftlichkeit beurteilt werden dürfen) heute erneut zu propagieren (da die für die Heyses noch einzuräumenden Entschuldigungsgründe nicht mehr gelten).
Die aus heutiger Sicht unwissenschaftliche Vorgehensweise der Heyses (das Ausblenden der Realität des ß nach kurzem Vokal) – die man ihnen u.a. aus zeitbedingten Gründen noch verzeihen mag – kann man den heutigen Reformern nicht mehr nachsehen – und das ist ein ausgesprochen starkes Argument!

(Bei Licht besehen, ist das allein ein „Killer-Argument“ gegen die Reform! Und es handelt sich hier – wir alle wissen es – um das quantitativ bedeutendste Element der Reform. Wenn wir uns hier einigen könnten, so könnten wir die Reform allein an diesem Punkt aus den Angeln heben. Gerade hierin auf eine Kompromißlinie einzuschwenken, hielte ich jedenfalls für sehr kritisch.)
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Dr. Wolfgang Scheuermann

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Reinhard Markner
08.07.2004 19.35
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Zitat:
Mit dem schlichten Satz „Das sss ist so häßlich, daß wir und bis heute nicht daran gewöhnen können“ werden wir mehr Erfolg haben, als wenn wir den Leuten vermittels feinster Analysen nachzuweisen versuchen, daß sie Texte nach Heysescher Art weder flüssig lesen noch schreiben können.
Ich meine das ganz strategisch.
„Basssaxofon“ ist nicht schön, und es ist nicht gut lesbar. Das ist beides gleich einleuchtend, und es bedarf auch keiner „feinsten Analysen“, um es jemandem deutlich zu machen. Wenn Sie ästhetische Überlegungen an die Stelle von linguistischen stellen möchten, halte ich das nicht für erfolgversprechend. Interessanter ist doch eine andere außerlinguistische Frage. Nämlich : Warum sollte es Aufgabe des Staates sein, die Ersetzung des einen Systems der ss/ß-Schreibung durch ein anderes zu betreiben ?

Zitat:
Wir können jedenfalls nicht den Fehler der Reformer wiederholen und den Leuten das untersagen, was sie inzwischen für richtig halten – auch wenn’s der böse Heyse ist.
Richtig, aber man darf nicht außer acht lassen, daß sie es hauptsächlich deshalb für richtig halten, weil der Staat dies vorgibt.

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Reinhard Markner
08.07.2004 19.27
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Cato

Sie schreibt in lateinischer Schrift, daher nur mit ss. Das war damals ganz normal, mit Heyse hat es nichts zu tun.

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Karin Pfeiffer-Stolz
08.07.2004 17.37
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Aussland ist Russland

Was ich als „Aussland“ gelesen hatte, soll wohl „Russland“ heißen.

Doch sonst: ss-Schreibung.
Leider kein Wort mit ß dabei, oder habe ich etwas übersehen?

Ich suche gerade in alten Korrespondenzen meiner Eltern aus den Kriegsjahren nach. Vielleicht werde ich da fündig.

Was mir Kopfzerbrechen macht, ist die Umsetzung in der Schule. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, daß zwei konkurrierende s-Systeme zugelassen werden könnten. Wir haben sie zwar de facto, doch eher ungewollt.

Priorität sollte halt doch immer wieder die Ökonomie haben: gute Lesbarkeit, wenig Verwechslungsmöglichkeiten.

Aber welche Chance haben wir denn überhaupt mit solchen Wünschen? Finden hinter den Kulissen Beratungen statt?
__________________
Karin Pfeiffer-Stolz

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