Es ginge viel klarer!
Liebe Sprach- und Schriftfreunde!
Ist hier eigentlich schon einmal jemandem aufgefallen, daß wir die meisten Uneindeutigkeiten in der S-Schreibung und die daraus resultierenden Probleme mit der Trennung, die oft als „reformbedürftig“ angesehen und deshalb als Rechtfertigung vorgebracht werden, nicht hätten, würden wir noch in der Altdeutschen Schrift (Fraktur) schreiben? Hier ein paar Beispiele, die man sich allerdings hier nur bedingt klarmachen kann, da die entsprechenden Zeichen nicht zur Verfügung stehen (Ich werde hier grundsätzlich „s“ schreiben, erkläre aber danach, welches S-Symbol verwendet werden soll):
„Wachs-tube“: mit rundem Schluß-S geschrieben
„Wach-stube“: mit langem S
„Häschen“: mit rundem S
„Häscher“: wieder mit langem
Die Regeln zur Setzung der drei S-Zeichen sind sogar unerwartet einfach:
Das lange S wird geschrieben:
1. In der Regel am Anfang oder im Wort
2. bei Verdoppellungen im Wort
3. bei Zusammensetzungen wie „st“, „sch“, „sp“ o.ä.
Das runde Schluß-S steht:
1. an einem Wortschluß, in zusammengesetzten Wörtern auch als Wortfuge: Haus, Hauswirtschaft, Arbeitsamt,Reisschale
2. bei Vorsilben und allgemein am Silbenende: ausgehen, Wespe
3. vor einer mit Konsonant beginnenden Nachsilbe
4. Das Schluß-s tritt nie mehrmals hintereinander auf.
Das scharfe S oder Esszett steht am gewohnten Platz.
Und das war schon der ganze Zauber. Nur bei Namen kann es allerdings manchmal Ausnahmen geben: in Oswald, Oskar, Dresden wird z.B. das runde S (eigentlich nur Schluß-S) geschrieben.
Durch diese Regeln ist z.B. das „st“ auch leicht zu wiederzuerkennen und zu unterscheiden, wenn die beiden Buchstaben in einer Zusammensetzung aufeinanderfolgen und getrennt werden müßten: Umzugs-termin, Hunds-tage u.s.w.
Analog:
„Ausschusssitzung“:
Erster Verbund: zuerst ein Schluß-S, dann ein langes S
Zweiter Verbund: Esszett und wieder ein langes S
Aussaat: Erst Schluß-S, dann ein langes
Übrigens ist die Altdeutsche Schrift von den Nazis als eine „Erfindung der Juden“ abgeschafft worden, ein Fehler, der später nie rückgängig gemacht wurde.
Bernhard Schühly
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