Niedersächsisches Kultusministerium
Vor der Konferenz der KMK in Mainz hatte ich eine Mail ins niedersächsische Kultusministerium gesandt. Da ich jetzt nach meinem Urlaub eine Antwort in der Post finde, möchte ich beide Texte hier veröffentlichen.
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To: bernd.busemann@mk.niedersachsen.de
Subject: Zur 306. Plenarsitzung der Kultusministerkonferenz am 03. und 04. Juni 2004
From: Astrid Schleicher astrid.schleicher@gmx.de
Date: Wed, 26 May 2004 21:03:13 +0200
Sehr geehrter Herr Dr. Busemann,
darf man Sie noch immer beim Wort nehmen?
http://www.neue-osnabruecker-zeitung.de/_archiv/noz_print/nordwest/2000/08/schreiben.html
03.08.2000 Nordwest
Lieber ein Ende mit Schrecken
Hannover (hab)
Die niedersächsische CDU-Landtagsfraktion hat eine Rücknahme der
Rechtschreibreform gefordert.
Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Die
Rechtschreibreform muss weg, ehe der Schaden noch größer wird,
erklärte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Bernd Busemann am
Mittwoch in Hannover. Der CDU-Politiker wertete die Reform als
folgenreiche Fehlentscheidung.
Laut Busemann hat die Neuordnung zu Chaos, Konfusion und
Beliebigkeit im Umgang mit der deutschen Schriftsprache geführt.
Jeder schreibt wie er will; es gibt keine einheitliche Schriftsprache
mehr, beklagte der Fraktionsvize. Mitverantwortlich machte Busemann
für das Reformwerk den heutigen Landtagspräsidenten und früheren
Kultusminister Rolf Wernstedt (SPD). Dieser habe dazu beigetragen, der
Bevölkerung die Rechtschreibreform aufzuzwingen.
Ich möchte Sie in wohl arbeitsreichen Tagen ungern belästigen, doch
die in der nächsten Woche anstehende Konferenz macht mir heftige
Bauchschmerzen. Meine Tochter ist Erstkläßlerin.
Da ich annehmen darf, daß Sie zu diesem so wichtigen Thema bestens
informiert sind, verzichte ich auf eine weitere langatmige
Argumentation über neben dem Schaden für die Schriftsprache durch
den rückwärtsgewandten, mutwilligen Eingriff an sich die eklatanten
inhaltlichen Fehler der Reform, die linksideologische Motivation der
Reformer, die empörenden kommerziellen Verstrickungen zwischen
Kommission und Wörterbuchverlagen, die ausgebliebene Fehlerreduktion
bei den Schülern, die Nichtakzeptanz unter den professionellen
Schreibern, den Schaden für die Demokratie durch diese Willkür und so
fort.
Nur diese Sätze von Hubert Spiegel aus der heutigen FAZ möchte ich
Ihnen mit auf den Weg nach Mainz geben:
Es gibt zahllose gute Gründe, die mißratene Rechtschreibreform
zurückzunehmen, und einige wenige Hindernisse, die den Weg zurück zu
den bewährten Regeln der deutschen Rechtschreibung versperren. Da wäre
zunächst die Kultusministerkonferenz, die aus Angst, ihr Gesicht zu
verlieren, an einer Fehlentscheidung festhält. Dabei übersehen die
Politiker geflissentlich, daß ihr Ruf in dieser Frage längst verspielt
ist. Allein die Geste, einen Fehler einzugestehen und zu korrigieren,
könnte der lädierten Institution wieder zu Ansehen verhelfen. Sie
würde die Kultusminister zu dem machen, was sie dem Anschein nach
nicht sein wollen: souveräne und verantwortungsvolle Politiker, also
Ausnahmegestalten.
Politiker mit Rückgrat als Ausnahmegestalten? Ist es hierzulande
wirklich schon so weit gekommen? Enttäuschen Sie bitte die Hoffnungen
nicht, die ich auf den Regierungswechsel in Niedersachsen gesetzt
habe.
Mit freundlichen Grüßen
Astrid Schleicher
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Niedersächsisches Kultusministerium, Albrecht Pohle
Hannover, 09.07.2004
Sehr geehrte Frau Schleicher,
Ihr o.g. Schreiben an Herrn Minister Busemann vom 26. Mai ist hier eingegangen. Darin setzen Sie sich vehement für die Rücknahme der Rechtschreibreform ein. Dazu kann ich Ihnen Folgendes mitteilen.
Die Kultusminister haben sich in den vergangenen Monaten bemüht, Konsensgespräche zwischen der Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung und der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung zustande zu bringen. Diese Bemühungen waren nicht ganz fruchtlos, aber sie haben nicht der erhofften Erfolg gehabt. Daher haben die Kultusminister Anfang Juni den 4. Bericht der Kommission mit einigen Ergänzungen, die das Ergebnis der Gespräche waren, verabschiedet. Zugleich haben sie aber deutlich gemacht, dass sie eine neue Gremienstruktur suchen, um den Wirrwarr von Kommission und bisherigen Beiräten zu beenden. Dazu werden Gespräche mit der Schweiz und mit Österreich aufgenommen. Auch der Rat der Akademie für Sprache und Dichtung wird eingeholt.
Inzwischen hat sich Ministerpräsident Wulff mit der Anregung zu Wort gemeldet, die Reform gänzlich zurückzunehmen. Herr Minister Busemann unterstützt diesen Vorschlag, weist aber auf die Schwierigkeiten eines abgestimmten Vorgehens hin. Niemand wird einen Alleingang Niedersachsens in dieser Frage wollen. Es bleibt abzuwarten, welche Resonanz der Vorstoß des Ministerpräsidenten in der Öffentlichkeit finden wird. Ob es eine Rückkehr zum Privileg des Duden geben kann und wird, ist zurzeit noch nicht abzusehen. Der Duden ist ein Privatunternehmen, der immer starke Konkurrenten hatte und auch heute noch hat.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrage
Pohle
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