Ist die deutsche Rechtschreibung semantisch (bedeutungsmäßig) überfrachtet?
Herr Prof. Augst behauptet das, erkennt aber nicht, daß das dann bei den zusammengesetzten Substantiven noch viel stärker der Fall wäre: Schweineschnitzel Jägerschnitzel, Baumwollzelt Bierzelt, Eisenbahn Autobahn, usw. Gerade hier braucht man Hintergrundwissen, um in Gedanken die richtigen Präpositionen aus, für, nach Art von usw. ergänzen zu können.
Man muß doch fragen, warum diese Zusammenfügungen entstanden sind. Um Wörter einzusparen, nicht nur bei Substantiven, sondern auch bei Adjektiven, Partizipien (Mittelwörtern zwischen Adjektiv und Verb), Verben, Adverbien, Präpositionen, das heißt, bei allen Wortarten. Das ist ein wichtiger Unterschied zu anderen Sprachen, z.B. den romanischen Sprachen und deswegen ein besonderes Merkmal der hochdeutschen Sprache, aber kein Fehler und keine Fehlentwicklung, wie die Reformer behaupten. Um diese angebliche semantische Überfrachtung zurückzudrehen, müßte man bis zum Althochdeutschen zurückgehen, als sich die hochdeutsche Sprache gerade von den anderen westgermanischen absonderte (vom Niederdeutschen, Niederländischen, Friesischen). Aber auch im Altenglischen finden sich viele Zusammensetzungen von Wörtern. Nur ist diese Entwicklung beim Mittel- und Neuenglischen (vielleicht durch den Einfluß des Französischen) nicht wieder aufgenommen worden.
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