NDR Norddeutscher Rundfunk
6.8.2004Rechtschreibreform: Großverlage kündigen Wende anDie Gegner der Rechtschreibreform haben am Freitag erneut Unterstützung erhalten. Sowohl der Spiegel“-Verlag als auch die Axel-Springer AG wollen alle ihre Publikationen zum nächstmöglichen Zeitpunkt wieder auf die alte Schreibweise umstellen. Beide Verlage begründeten dies mit der zunehmenden Verunsicherung und der mangelnden Akzeptanz des vor sechs Jahren eingeführten Regelwerks und riefen andere Verlage und die deutschsprachigen Agenturen auf, sich ihrem Schritt anzuschließen. Die Entscheidung der Hamburger Verlage stieß sowohl bei SPD-Politikern im Norden als auch bei der Kultusministerkonferenz auf Kritik.
Niedersächsische Regierung begrüßt Entscheidung
Zustimmung äußerte dagegen Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff. Der Unsinn dieser Reform ist nicht mehr zu halten“, zeigte sich Wulff überzeugt. Der CDU-Politiker kündigte erneut an, sich bei den Ministerpräsidenten der Länder für eine Rücknahme der Reform einzusetzen.
Auch Kultusminister Bernd Busemann stellte sich hinter die Gegner der Reform, obwohl er vor kurzem noch in der Kultusminister-Konferenz für die verbindliche Einführung zum 1. August 2005 gestimmt hatte. Sprache und Rechtschreibung sind etwas Fließendes, das man dem Volk nicht mit einem politischen Beschluss verordnen kann“, begründete Busemann seinen Sinneswandel. Die Kultusminister müssten aufpassen, dass sich nicht ein tiefer Graben zwischen dem gelernten und dem außerhalb von Schule gelesenen Deutsch auftut“. Der Minister sprach sich dafür aus, dass die Kultusministerkonferenz als ersten Schritt zumindest den Termin für die verbindliche Einführung zurücknimmt.
Andere Nordländer unterstützten Rechtschreibreform
Auf Kritik stieß die Entscheidung der beiden Hamburger Verlage bei den Landesregierungen von Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Die Schulbehörde der Hansestadt sieht nach Angaben eines Sprechers keinen Anlass“ die Reform zurückzunehmen. Es handele sich um eine reine Journalistendiskussion und keine Schuldiskussion“. In den Schulen gebe es keine Probleme mit der neuen Rechtschreibung, hieß es.
Von einer "überflüssigen Verunsicherung an den Schulen“ sprach die schleswig-holsteinische Kultusministerin Ute Erdsiek-Rave. Die neue Rechtschreibung werde weiterhin an den Schulen des Landes unterrichtet. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Harald Ringstorff verwies auf die hohen Kosten, die eine Abkehr von der Reform mit sich bringe. Zudem sei sie einstimmig von Bund und Ländern beschlossen worden.
Volksinitiative will Reform verhindern
Eine erst vor einigen Tagen in Hannover gegründete Volksinitiative setzt sich ebenfalls für die Rückkehr zur alten Schreibweise ein. Die Gruppe Wir gegen die Rechtschreibreform“ will ab September mindestens 70.000 Unterschriften von Reform-Gegnern sammeln, um das Thema so erneut in den niedersächsischen Landtag einbringen zu können. Auch dieser Schritt war von Ministerpräsident Wulff begrüßt worden. Einer der Initiatoren der nun gegründeten Initiative, Professor Carsten Ahrens, war mit einem anderen von ihm die Wege geleiteten Volksbegehren zum Stopp der Rechtschreibreform in Niedersachsen vor sechs Jahren gescheitert.
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