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30.8.2004
Gegen die Wand
Experten fordern Kompromiss im Streit um Rechtschreibreform
Berlin (dpa) Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung und andere Experten haben vor einer Spaltung der deutschen Sprache gewarnt und gleichzeitig einen Kompromiss im Streit um die Rechtschreibreform gefordert. Dafür müsse ein Expertenrat eingesetzt werden, der seine Vorschläge bis zum Ende der bisher festgelegten Übergangszeit im Sommer 2005 ausarbeiten sollte. Sie plädierten gestern in der Berliner Akademie der Künste auch dafür, die Übergangszeit um ein Jahr zu verlängern, damit die Ausgeburten bürokratischer Denkweisen bei der Reform beseitigt und der Angriff auf die deutsche Sprache abgewehrt werden könnten. Literaturverlage und Schulbuchkonzerne gerieten durch die Umsetzung der Neuregelung in eine komplizierte Lage, wie es in der in Berlin veröffentlichten Erklärung der 37 Mitglieder der Akademie der Künste und der Akademie für Sprache und Dichtung heißt. Auch der Potsdamer Sprachwissenschaftler Peter Eisenberg hält die alte Orthographie für besser als die neue und sogar besser als den jetzt vorgelegten Kompromiss, doch sei eine totale Umkehr politisch unrealistisch und sachlich auch äußerst schwer zu verwirklichen. " Mit der jüngsten Entscheidung mehrerer großer Zeitungen und Zeitschriften, die neue Rechtschreibung nicht anzuwenden, sei eine Diskussion wieder in Gang gekommen, die schon abgeschlossen schien die Karre fuhr mit Hochgeschwindigkeit gegen die Wand. Der Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, Klaus Reichert, sprach in diesem Zusammenhang von einer starren und vernagelten Haltung der Kultusminister. Die Vorschläge sehen vor, Elemente der neuen Rechtschreibung, die nicht allzu störend sind, beizubehalten und die schlimmen, unsere Sprache entstellenden Fehler zu beseitigen. Selbstverständlich müsse man anheimstellen zusammenschreiben dürfen, ebenso wie haltmachen. Eislaufen und Eis essen ebenso wie Kennenlernen und Laufen lernen oder wohlfühlen und wohl fühlen seien grammatikalisch nicht das gleiche. Die Verdreifachung von Konsonantbuchstaben anstelle der bisherigen Beschränkung auf zwei Buchstaben (Bettuch) führe teilweise zu grotesken, die Lesbarkeit störenden Wortbildern wie Schlammmasse oder Schwimmmeister. Auch gebe es keinerlei Grund für die Kleinschreibung von Höflichkeitsformen. Die SPD-Spitze hatte am Wochenende erklärt, dass sie im Interesse der Kinder und der Schulen an der Rechtschreibreform festhält. Dagegen begrüsste Ulrike Flach (FDP), Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Bildung, gestern den Kompromissvorschlag.
30.08.2004
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