Ich mache mal munter weiter... Und zum Zeitpunkt des Absendens meiner Antwort hatten Herr Koch und margel bereits einige Punkte erläutert. Ich bitte also eventuelle inhaltliche Wiederholungen zu übersehen.
Zitat: Ursprünglich eingetragen von Rainer Petersen
Wo wird denn in der deuen Rechtschreibung nach kurzem Vokal "-ß" geschrieben, wo nehmen Sie denn da Bezug auf mein Beispiel??????? Das wurde doch glücklicherweise ausgemerzt, das "ß" nach kurzem Vokal...oder werfen Sie jetzt absichtlich die Beispiele durcheinander?
Ich glaube, wir haben da ein wenig aneinander vorbei geredet, was dann vielleicht auch mein Verschulden ist.
Also versuche ich es noch einmal etwas ausführlicher:
Nach kurzem Vokal Doppel-s so heißt es nach neuer Regelung. Und das soll eine Vereinfachung sein, weil damit die Unregelmäßigkeit ß" glücklicherweise ausgemerzt (Sie schreiben das wirklich so!!) wurde.
Daraus folgt, daß nach der neuen Regelung nach kurzem Vokal also überhaupt kein -ß- mehr steht, was die Sache also einfacher zu lernen machen soll.
Trugschluß.
Denn: Es gibt immer noch Ausnahmen (er hastet, das Zeugnis usf.); genauso kommt es auch nach Diphthong und Langvokal vor, daß kein -ß- steht (Ausland obwohl außen, der Reis usf.)
Das mag für diejenigen, die mit der alten Regelung vertraut gewesen sind, ja noch recht überschaubar sein, aber jemand, dem ein -ß- an den angesprochenen Stellen gar nicht mehr geläufig ist, der schreibt dann auch (ganz regelkonform!) Außland, er hasstet, ein Reißgericht, mein Zeugniss usw. Habe ich alles schon zur Genüge gesehen.
Ich glaube, Sie verstehen mich in einem wichtigen Punkt miß: Ich habe niemals behauptet, daß das s-ss-ß-Problem nach der alten Regelung klar geregelt gewesen ist. Es gab ein -ß- sowohl nach langem als auch nach kurzem Vokal. Vielfach muß es also wohl als Silbenschlußzeichen angesehen werden, schlichtweg als Schreibweise (in aller Vorsicht drücke ich das mal so aus!!!) also, die und das setze ich mal kursiv, um (Tatatataaa!) die Wichtigkeit hervorzuheben sich im Sprachgebrauch etabliert hatte.
Also versuchte man mit der neuen Regelung, etwas Unsystematisches allerdings gut Funktionierendes!! zu systematisieren.
Hat es hingehauen? Also gab es dadurch eine komplette Vereinfachung? Ist das Problem gelöst?
Nein, denn es gibt dort, wo man zuvor zwischen zwei Varianten entscheiden mußte (am Wortende, beispielsweise bei Wörtern wie Verriß" und Zeugnis), da es -ss- am Schluß eines Wortes generell nicht gab (außer bei Fremdwörtern i.w.S., die dann auch in eigedeutschter Form existent waren: Fitness Fitneß), die Wahlmöglichkeit zwischen gleich drei Möglichkeiten: ein Muss ein Mus vielleicht doch ein Muß??
Darin sehe ich keine Vereinfachung durch eine Regel, die etwas zuvor nicht logarithmisch Geregeltes nun auf ebendiese Art und Weise zu regeln versucht.
Und auch die oft angeführte Herleitung vom Wortstamm ist nicht eindeutig, weil die etymologische Richtung nicht immer eindeutig gegeben ist. Beispiel:
Hassen Doppel-ss. Also: Er hasst, der Hass.
Ist denn verbürgt, daß sich das Substantiv in seiner Schreibweise immer vom Verb ableitet, oder ist es eher umgekehrt:
Haß hassen, weil eine Infinitivendung folgt (gibt es hier vielleicht doch eine Regelmäßigkeit i.w.S.??), er haßt usw.
Außerdem funkt mir bei der scheinbaren Eindeutigkeit der Rechtfertigung mittels des Wortstammes der Diphthong dazwischen:
Wissen aber: ich weiß, nicht ich weiss.
Außen aber Ausland, nicht Außland.
Ist das denn wirklich einfacher??
Ist das denn alles nachvollziehbar für jemanden, der nicht einfach alt gegen neu eintauschen kann, weil er eben alt überhaupt gar nicht erst kennt??
Das wage ich doch zu bezweifeln!!
Diesbezüglich möchte ich auf einen externen Link verweisen: http://www.schriftdeutsch.de
Stöbern Sie dort einmal, es wird da vermutlich besser erläutert, als ich es hier wiedergebe.
Und auch auf diesen Seiten gibt es diesbezüglich schon genügend Diskussionen.
Zitat: ...die EBENSO in der alten Rechtschreibung als gegeben (und damit ja quasi auch 'aufdiktiert' wurden)
Nein, Herr Petersen! „Aufdiktiert“ wurde die sog. alte Rechtschreibung niemals!! Auch nicht „quasi“!!
Zitat: Was aber bitte schön hat das mit dem Dritten Reich zu tun?!?! Die beunruhigende methodische Ähnlichkeit beruht ja nicht auf einem nationalsozialistischen und diktatorischen System, die den gesamten Hintergrund der damaligen Zeit bildete, sondern eine Erleichterung vor dem Hintergrund einer Demokratie, in der wir HEUTE!!! leben.
Ich habe eine methodische, keine ideologische Ähnlichkeit erwähnt. Und zwar in der Durchführung, falls das nicht deutlich geworden sein sollte. Und das sollte jetzt Differenzierung genug sein.
Gibt da ein interessantes Buch zu diesem Thema, ich glaube, auf dieser Seite ist es irgendwo auch vermerkt.
Und noch eines: Ich habe niemals behauptet, daß Verbrechen und Greueltaten des Dritten Reiches mit der RSR nur irgendwie vergleichbar seien! Ich habe mich auf einen dezidiert abgesteckten Bereich differenziert (ich hoffe, ausreichend differenziert) bezogen.
Zitat: So gesehen könnte ich ja jede Änderung einer Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung, jede Sozialreform usw. als Orwellsche Schwarzmalerei bzw. Verschwörung/Bevormundung durch den Staatsapparat auffassen. Wir sollten aufhören, ständig auf diesen Zeitabschnitt zu verweisen, der immer wieder aufgekocht wird erst recht, wenn wir uns hier um aktuelle Änderungen im Sprachgefüge unterhalten. Wie unangemessen unabhängig davon, wie schlimm das Dritte Reich auch war und unbedacht ein solcher Vergleich polemisch in diesem Zusammenhang als Floskel gebraucht worden ist!!!!!
Wenn der Sprachgebrauch staatlich vorgegeben wird, dann ist es mehr als gerechtfertigt, doppelt und dreifach zu warnen! Sprache bedeutet Äußerung des Denkens. Und wenn man mir so etwas vorschreiben will, also das Denken quasi in seiner Äußerung staatlicher Kontrolle unterwirft – das finden Sie nicht im höchsten, im allerhöchsten Grade gefährlich???
Zitat: Ist die Demokratie nur noch eine Worthülse?
Was die Durchsetzung einer sog. RSR angeht: anscheinend ja.
Zitat: Würde ich, aufgewühlt wie ich bin, weil hier zwei Argumentationen aufgrund von Grundanschauungen bzw. Paradigmen einfach nicht zueinander finden , gerne lesen, denn ich habe das Belegexemplar gerade nicht zur Hand... Veni, vidi...wie geht's weiter????????
Es war wirklich ein spontaner Einfall, ich will es aber gerne zitieren:
Nachdem Kleopatra Caesar – auf gut deutsch – zusammengestaucht hat, weil er die Bauarbeiten an seinem Palast zu unterbinden sucht (ich hoffe, Sie kennen die Geschichte), fragt ein Zenturio den Großen Feldherren recht Kleinlaut: „Also...äh... was machen wir jetzt?“
Caesar brüllt ihn darauf hin an: „Die Belagerung aufheben und den Schaden reparieren, du Idiot!!!“
Wie gesagt, ich bitte dringend (wie ich schon erwähnte), die letzten beiden Worte Caesars zu streichen!! Und ich bitte, das groooße Augenzwinkern meinerseits zu beachten!!!
Zitat: Mal im Ernst: es geht hier doch um Sprache und im engeren Sinne um die Vermittlung von Regelwerk und Wissen. Sind wir Lehrer/Übersetzer/Journalisten denn unbewusst womöglich alle insgeheime Botschafter eines totalitären Systems? Haben Sie versucht, meine Kritik aus MEINER Warte zu betrachten?
Zu letzter Frage: Jaaa, habe ich. Und mir selbst droht ein ähnliches Schicksal, ich bin nämlich Lehramtsstudent.
Zu ersterer: Botschafter eines totalitären Systems... also so hätte ich das nicht ausgedrückt, zumindest nicht bezüglich des Wortes Botschafter. Unbewußte – in vielen Fällen – Handlanger auf dem Gebiet der Sprachverordnung (und nur dort!!) vielleicht schon eher...
Ich grüße zurück!
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