Übergänge
Manch ein Befürworter der Rechtschreibreform argumentiert die vermehrten Fehler in der s-Schreibung damit fort, daß dieses Phänomen sich nach der Übergangszeit schon verflüchtigen werde.
Ich fürchte, da wird eher das Gegenteil der Fall sein.
Unser Verlag arbeitet seit 1998 mit einer Auslieferung zusammen. Dort betreut uns eine nette Sachbearbeiterin, die bis vor kurzem ein fast fehlerloses Deutsch zu Papier gebracht hat. Ich habe viel mit ihr korrespondiert. Sie schrieb eine „modifizierte Reformschreibung“, das heißt: so genannt, im Voraus, aufwändig und vor allem die Heysesche s-Schreibung. Vor allem letzeres fehlerlos.
Seit einigen Wochen aber registriere ich in den Briefen der jungen Frau immer häufiger Fehler bei der s-Laut-Schreibung: Spass, Grüsse und so weiter. Fehler, die sie vorher nicht gemacht hat. Es ist offenbar so, daß bei jungen Leuten mit zunehmender Dauer des Reformexperiments die vormals vorhandene Rechtschreibsicherheit auch auf diesem Feld erodiert. Genau umgekehrt verhält es sich, als unsere Reformverteidiger glauben: Es wird immer mehr falsch gemacht, auch und vor allem bei der s-Schreibung.
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Karin Pfeiffer-Stolz
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