Re: Blankes Entsetzen
Zitat: Ursprünglich eingetragen von Gabriele Ahrens
Zweitens: Reformgegner geben auf. Natürlich geben wir auf, und zwar die Volksinitiative! Was ist denn falsch daran, das zuzugeben? Wie vorsichtig hätten wir denn die Aufgabe formulieren sollen? Was gibt es da noch schönzureden? Sollen wir vielleicht weitermachen bis zum bitteren Ende, um dann die unweigerlich eingetretene Niederlage zu verkünden? Sollen wir noch mehr Privatvermögen in Anzeigen usw. stecken, noch mehr wertvolle Freizeit investieren, damit uns der Landtag falls es je 70.000 Unterschriften geworden wären unseren Antrag um die Ohren haut? Und überhaupt wer sind wir denn, daß wir uns hier für eine Pressemeldung rechtfertigen müssen?
Und vor wem? (Hier wäre ich beim drittens.) Wer ist überhaupt dieser (diese?) Agrescha, der (die?) da meint, diejenigen kritisieren zu müssen, die seit langem und immer wieder etwas gegen die Rechtschreibreform unternehmen? Hat Agrescha für die Initiative gespendet? Ist er (sie?) auf die Straße gegangen, um Unterschiften zu sammeln? Aus der Anonymität heraus ist leicht mit Schmutz zu werfen.
An dieser Stelle möchte ich mich nachdrücklich dafür aussprechen, endlich die Möglichkeit abzuschaffen, daß hier Hinz und Kunz unter irgendwelchen idiotischen Pseudonymen ihren Senf zu allem und jedem dazugeben. Wer eine Meinung hat, kann sie gerne vertreten, so dumm sie anderen auch vorkommen mögen. Nur sollte man auch dazu stehen und sich nicht hinter der Anonymität verkriechen.
Sehr geehrte Frau Ahrens!
Die von Ihnen und Ihrer Familie geleistete Arbeit respektiere ich in hohem Maße.
Leider bin ich außerstande zu verstehen, inwiefern ich in meinem Beitrag mit Schmutz geworfen haben soll und womit ich Ihren rüden Ton verdient habe.
Ich hatte auf einen Beitrag von Karin Pfeiffer-Stolz geantwortet, die in zwei Beiträgen vom 11. und vom 12.3. Bedenken gegen Ihre Pressemitteilung geäußert hat. Ich teile die grundsätzlichen Befürchtungen und Ansichten von Frau Pfeiffer-Stolz.
Als ich nun auf dem Site des NDR zufällig die Meldung mit exakt jener Überschrift gefunden habe, die Frau Pfeiffer-Stolz – wie ich annehme – als worst case erfunden hat („Gegner der Rechtschreibreform geben auf“), habe ich dies als Bestätigung gesehen: Aus Ihrer Pressemitteilung werden von interessierter Seite grundsätzliche Niederlagen-Eingeständnisse der Reformgegner destilliert. Solche plakativ verkürzten Meldungen haben in unserer Mediokratie ungute Breitenwirkung. Das sollte man einkalkulieren. Daher habe ich – zur Bestätigung der geäußerten Befürchtungen – die NDR-Meldung hier im Forum eingefügt, und habe angedeutet, welche unerwünschte Rezeption eine solche Meldung wohl haben wird. Inwiefern ich Sie damit mit Schmutz beworfen haben soll, bleibt mir, wie gesagt, unerfindlich – es sei denn, Sie bezeichnen jeden sacht geäußerten Einwand, der der Sorge um unser gemeinsames Anliegen entspringt, bereits als unzulässige Anmaßung und Beleidigung.
Eine solche Haltung scheint zu meinem Befremden aus Ihrer Bemerkung zu sprechen: Wer ist überhaupt dieser (diese?) Agrescha, der (die?) da meint, diejenigen kritisieren zu müssen, die seit langem und immer wieder etwas gegen die Rechtschreibreform unternehmen? Ich wußte nicht, daß ein in der Tat ehrenvoller, langer, öffentlicher Kampf gegen die Reform von vorneherein über jegliche Kritik erhaben macht.
Ich habe volles Verständnis und hohen Respekt für Ihre Haltung, nach Jahren des Kampfes, der Mühen, der Unkosten, der Anfeindungen und der Enttäuschungen ein aussichtslos erscheinendes Unterfangen nicht mehr weiterzubetreiben. Sie haben sich dafür keinesfalls und vor niemandem zu rechtfertigen; es ist Ihre vollkommen verständliche, nachvollziehbare und von niemandem zu kritisierende (wenn auch zu bedauernde) Entscheidung. Ich habe aber auch – anders, als Sie in Ihren rhetorischen Fragen unterstellen keinerlei Rechtfertigung von Ihnen verlangt und habe Ihre Entscheidung in der Sache auch nicht kritisiert; ich habe lediglich zu bedenken gegeben, daß in der gegenwärtigen Situation, in der die öffentliche Meinung eher von Apathie gekennzeichnet zu sein scheint, eine Wir-geben-auf-Meldung Wasser auf die Mühle der Reformer ist. Dies insbesondere, wenn sie von einer äußerst gewichtigen und wichtigen Symbolfigur des Widerstandes wie Ihnen stammt – ich sehe die Staatssekretäre von Frau Simonis und Herrn Koch, etc. etc., schmatzend die NDR-Meldung zu den Akten nehmen, zur allfälligen weiteren Verwendung.
Wenn Sie fragen: Was ist denn falsch daran, das zuzugeben? möchte ich gegenfragen: Welche Notwendigkeit gab es denn, dies gerade jetzt ungefragt öffentlich zu verkünden? Wir leben bekanntlich nicht in einer Welt, in der die Dinge einzig und allein nach sachlichen Gesichtspunkten geregelt werden. Ein solche Meldung, einmal in die Welt gesetzt, ist ein Statement zu einer Position, gewinnt Eigendynamik und kann mißbraucht werden; in eine gespaltene und inzwischen vom Rechtschreibstreit eher genervte Öffentlichkeit, in der Image leider alles ist, das Image der Niederlage hineinzuprojizieren, nutzt der Sache nicht sonderlich, wie sachlich korrekt es auch sein mag. Ich finde dies insbesondere im jetzigen Moment schade, wo sich mit dem Eintritt von Prof. Ickler in den Rat unerwartet wieder eine neue Perspektive auftut – in diesem Moment zu erklären, daß die Gegner aufgeben (so wird man es verstehen), erscheint mir unglücklich. Wie Frau Pfeiffer-Stolz eben schrieb: War es überhaupt nötig, eine Pressemeldung herauszugeben? Bei dieser meiner Meinung bleibe ich, auch wenn Sie sie leider von vorneherein wieder als dumm abqualifizieren.
Zur Anonymität: Es gibt diesen Streit in vielen Newsgroups. Wenn ein Forum die Anonymität nicht zulassen will, soll es entsprechende Zugangsregeln treffen. Wenn es sie zuläßt, hat es dafür seine Gründe; dann gegen die erlaubte Anonymität eines Teilnehmers anzugehen und dessen Meinungen wegen der gewählten Anonymität
abzuqualifizieren, ist unsinniger und schlechter Stil. Meine Meinung wird nicht klüger oder dümmer, wenn Sie meinen Klarnamen kennen. Die Anonymität im Internet ist ein zweischneidiges Schwert: Sie dient den Foren-Trollen, die sich dahinter verstecken; sie dient aber auch Teilnehmern, die sich gegen Spam und vor allem gegen private Angriffe schützen wollen. Das Internet ist nicht die heile Welt ehrenwerter Bürger mit ihrem hier steh ich, ich kann nicht anders, sondern nur allzuoft die Spielwiese unangenehmer Zeitgenossen. Von letzterem kann ich (in anderem Zusammenhang) ein Lied singen. Deswegen bevorzuge ich die Anonymität.
Aber wenn Sie es unbedingt wissen wollen und wenn es denn der Stringenz meiner Meinung dient: Ich heiße Annegret Schad (Agrescha ist also kein idiotisches Pseudonym, sondern ein Akronym meines Namens, das ich als eMail-Adresse verwende: agrescha(ät)hotmail.com (werde ich nach dieser Veröffentlichung nun nächste Woche evtl. aufgeben müssen)[nee, so schnell finden die Suchroboter Ihre Netzanschrift nicht; und ich habe aus @ ein (ät) gemacht; der Techniker]). Ich bin Deutschlehrerin und unterrichte im zweiten Jahr in Spanien an einer mehrsprachigen Schule bei Alicante; meine Wohnadresse ist z. Z. Romeu Palazuelos 14 in Alicante/Spanien; im Herbst werde ich wieder nach Deutschland zurückkommen. Derzeit bin ich also von der aktuellen Entwicklung etwas abgeschnitten. Mein Mann war lange Jahre in der Presseabteilung eines großen Konzerns, kennt das öffentliche Image-Gewerbe und findet Ihre Pressemeldung kontraproduktiv für das Anliegen der Reformgegner. Ich habe zwei Kinder im Alter von 13 und 17 Jahren. Ich habe mich in meinem kleinen schulischen Bereich seit Jahren gegen die Reform starkgemacht, durchaus im Widerspruch zu vielen meiner reformbegeisterten Kollegen. Ich kenne dieses Forum erst seit kurzer Zeit. Sie können z.B. meinen Brief an den grotesken SPD-Bundestagsabgeordneten Teiss hier im Archiv nachlesen; weitere Briefe ähnlichen Inhalts habe ich verschickt, aber hier nicht angegeben, um die Profis nicht zu langweilen. Sollten Ihnen diese Angaben zu meiner Person nicht genügen, um meine Meinung zu bedenken, weiß ich auch nicht weiter. Ich glaube allerdings auch nicht, daß meine Meinung nun gewichtiger wird, weil Sie dies alles über mich wissen.
Ich wußte auch nicht, daß man das orthographische Nahkampfabzeichen, den orthographischen Spendennachweis und den orthographischen Unterschriftensammelzeitnachweis vorweisen muß, ehe man hier eine leicht abweichende Meinung vortragen darf.
Falls ich Sie mit meinem Beitrag verletzt haben sollte, bedaure ich dies und entschuldige mich – es war nicht meine Absicht; mein Kommentar entsprang meiner Sorge um das, was aus einer Pressemeldung wie der Ihren gemacht werden kann. Ansonsten scheint es mir – die neuesten, eigenartigen Beiträge in diesem Forum lesend; die mir in ihren Hintergründen nicht ganz durchsichtigen Streitereien und Austritte betrachtend; die grotesken früheren Kabbeleien unter den zerstrittenen Reformgegnern im Archiv entdeckend; den rüden Ton erduldend – nicht mehr sinnvoll, mich hier weiter zu beteiligen. Ich werde Sie also nicht mehr mit meinen unqualifizierten dummen Meinungen behelligen.
Ich wünsche allen Gegnern der Reform alles Gute und verabschiede mich.
Agrescha, zur Gruppe Hinz und Kunz gehörig.
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