Tom Appletons Computer will nur Stusssschreibung:
Mal wieder Ingeborg Bachmann Preis: Wer war das eigentlich?
War das nicht die mit der brennenden Zigarette? Doch genau, die war das.
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Und was hat sie geschrieben? Das dreißigste Jahr? Nein. Das war die Kaschnitz. Ach so, dann war sie das mit dem Alain Delon? Das war die Romy. Also, mal bei Wiki nachschauen. Studierte Philosophie, Psychologie, Germanistik und Rechtswissenschaften, Gruppe 47, Beziehung mit Max Frisch. Blah, langweilig die Tante. […]
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In diesem Jahr hat die Preisträgerin von 1998 die Laudatio gehalten. Sibylle Lewitscharoff. Jahrgang 54, geboren in Stuttgart, lebt in Berlin. Woran ich erkannt habe, dass sie den Text aus der Schublade gekramt hat, ohne ihn auch nur ein einziges Mal noch mal anzusehen? An den Schlangenlinien unter den Wörtern. Als ich den Text downloadete, fingen buchstäblich die Fairy Lights in meinem Computer an zu knistern. Ihm gefiel das daß" mit dem scharfen S so gar nicht. Ich kann es jetzt nicht einmal hinschreiben, ohne dass mein Rechtschreibprogramm dazwischen funkt. Und so durch den ganzen Text. Frau Lewitscharoff, als professionelle Schreiberin müssten Sie doch längst schon mal was von der neuen Rechtschreibung gehört haben?
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Komisch, ich hab wirklich geglaubt, der Bachmann-Preis hätte was mit junger Literatur zu tun. Leute unter 30. Stattdessen lauter gehobene Semester. […]
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Peter Wawerzinek, der Senior dieser Veranstaltung, Jahrgang 54, weg gegebenes Heimkind, aufgewachsen in der DDR. Schöner Text, ganze Seite im Feuilleton der SZ, alternativ dazu, Hörtext für den Rundfunk, obwohl ich befürchte, er wird dann klingen wie Günter Bruno Fuchs. [...]
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Joseph Kleindienst schreibt eine Short Story, als wollte er Michael Haneke Funny Games noch mal noch mal verfilmen lassen. Er lebt in Wien. Am besten hat mir der Text von Dorothee Elmiger gefallen, 25 Jahre alt, Schweizerin, 3.888 Wörter lang. Ich hätte auch weiter gelesen, wenn er doppelt so lang gewesen wäre.
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Sie lebt in Berlin. (Und sie sieht auch gut aus.) K. D. (siehe oben) hat übersetzt, da geht das Eine bruchlos ins Andere über.
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Also, ich würde diesen Preis nicht umbenennen, aber nach Berlin verlegen, die Anzahl der Juroren verringern, auf jeweils eine oder einen aus Österreich, Schweiz und Deutschland, das Preisgeld von 25.000 Euro auf das Doppelte steigern, das Alter der Teilnehmer und der Juroren auf maximal 30 festlegen, und den Leuten von DSDS eindeutig ein Teilnahmeverbot erteilen. Charlotte Roche würde ich aber einen Ehrenplatz einräumen, z. B. als Präsentatorin des Abends im TV.
Tom Appleton, 27.06.2010
http://www.heise.de/tp/blogs/6/147901
Für die „Vielen“, die Tom Appleton nicht kennen, Notizen des Unionsverlages:
Tom Appleton, gebürtiger Berliner, aufgewachsen in Teheran, Gymnasial- und Unijahre in Westdeutschland, danach Journalist, Performance-Poet, Theaterproduzent in Neuseeland, lebt, nach fast zwei Jahrzehnten in Wien, mittlerweile wieder in Wellington, Neuseeland.
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